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Zeit zu handeln: Für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit!

Es kommt auf uns alle an. Es kommt auf dich an

Die Bundestagswahl entscheidet darüber, wie unser aller Weg in den nächsten Jahren aussehen wird. Wir treten dafür an, dass deine Sorgen, Wünsche und Träume in diesem Land endlich ernst genommen werden.

Wir stehen für eine Politik der Verlässlichkeit und der Ehrlichkeit, aber auch des Mutes – wir wollen verändern.

Wir alle können gemeinsam Deutschland demokratischer und sozial gerechter machen. Wir haben es zusammen in der Hand. Unsere Wirtschaft muss in Deutschland, Europa und weltweit sozialer, demokratischer und umweltgerechter umgestaltet werden. Unsere Demokratie wird nur dann stärker, wenn alle Menschen an ihr teilhaben können. Unsere Zukunft kann nur dann eine solidarische sein, wenn wir anfangen, sie im Hier und Heute zu gestalten.

Du hast die Wahl!

Unser Wahlprogramm

Es kommt auf uns alle an. Es kommt auf dich an

Die Bundestagswahl entscheidet darüber, wie unser aller Weg in den nächsten Jahren aussehen wird. Wir treten dafür an, dass deine Sorgen, Wünsche und Träume in diesem Land endlich ernst genommen werden.

Wir stehen für eine Politik der Verlässlichkeit und der Ehrlichkeit, aber auch des Mutes – wir wollen verändern. Die Coronakrise hat die Ungerechtigkeiten des Kapitalismus deutlich zutage treten lassen: während die einen um ihren Arbeitsplatz, die Bildung ihrer Kinder und die Gesundheit bangen mussten, steigerten große Konzerne ihre Gewinne. Wir finden uns nicht mit diesen Verhältnissen ab und sind bereit, uns mit den Profiteur*innen anzulegen.

Wir alle können gemeinsam Deutschland demokratischer und sozial gerechter machen. Wir haben es zusammen in der Hand. Unsere Wirtschaft muss in Deutschland, Europa und weltweit sozialer, demokratischer und umweltgerechter umgestaltet werden. Unsere Demokratie wird nur dann stärker, wenn alle Menschen an ihr teilhaben können. Unsere Zukunft kann nur dann eine solidarische sein, wenn wir anfangen, sie im Hier und Heute zu gestalten.

Darum geht es bei dieser Wahl. Dafür kommt es auf eine starke LINKE an. Du hast die Wahl. In unserem Programm zeigen wir, welche Vorschläge wir haben. Wir laden dich ein, an der Veränderung mitzuwirken. Und es ist ein Versprechen an dich: DIE LINKE macht den Unterschied. Wir haben den Mut, die notwendigen Veränderungen zu wagen. Für mehr Gerechtigkeit, für Frieden und eine sichere Zukunft. Für dich. Mit dir.

Wir lassen niemanden zurück

Wir lassen niemanden zurück. Es geht um die Verwirklichung der sozialen und demokratischen Grundrechte und der Menschenwürde aller. Es geht um alle Menschen, um ihre Träume und ihr Recht auf ein gutes Leben, um die Verwirklichung des alten Menschheitstraums einer Welt des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit, für den so viele gekämpft haben und kämpfen. Wir wollen Sicherheit und Zukunft für alle unsere Mitmenschen, denen angst und bange wird, wenn sie an den Lohn, die Miete, die Stromrechnung oder an das Alter denken. Wir wollen Vertrauen und soziale Sicherheit für alle, die seit langem übersehen, missachtet und verletzt werden, weil ihre Sorgen und Nöte zu wenig zählen.

Wir bestehen darauf, dass sich die Dinge ändern, weil sie geändert werden können. Wir lassen niemanden zurück bei der Überwindung der Coronakrise. Wir wollen die Gesellschaft und die Demokratie krisensicherer machen. Es geht uns um Gerechtigkeit und Geborgenheit. Menschen brauchen wieder Anerkennung und sozialen Halt. Im Alltag, bei der Arbeit, in der Kommune und in der Kultur!

Wir lassen niemanden zurück beim Umsteuern gegen die Klimakatastrophe. Der Klimawandel weist unverändert und beschleunigt darauf hin, dass die kapitalistische Wirtschaftsweise mit Ressourcenverbrauch und Schadstoffemissionen, mit nachhaltiger Erwärmung des Weltklimas, mit unheilbarer Gefährdung der Artenvielfalt und der gesamten Biosphäre verbunden ist, die schon kurzfristig das Leben auf der Erde gefährden können. Wir wollen eine Gesellschaft, die für eine Wende zum Besseren – sozial und solidarisch – gerüstet ist. Denn Wandel braucht Hoffnung, dass er gelingen kann, dass alle mitmachen können und sich niemand ausgeschlossen fühlt. Veränderung braucht soziale Sicherheit in einer friedlichen Welt. Veränderung braucht aber auch Vertrauen. Dafür werben wir. Solidarisch schaffen wir es.

Was uns bewegt

Seit über einem Jahr beherrscht die Coronakrise unseren Alltag. Die Menschen machen sich Sorgen um ihre Liebsten und deren Gesundheit.

Die Pandemie trifft zwar alle, aber sie trifft nicht alle gleichermaßen. Millionen von Menschen arbeiten hart und viel – und bekommen wenig dafür. Das gilt im Besonderen in der Coronakrise. Von Armut bedrohte Menschen tragen ein höheres Risiko, Einkommen zu verlieren oder krank zu werden. Noch schneller als zuvor ist die soziale Ungleichheit zwischen dem globalen Norden und Süden verschärft worden. Gestützt durch die private Verfügung über Pharmapatente haben die zentralen Industriestaaten eine Art Impfnationalismus gegenüber ökonomisch benachteiligten Ländern hervorgebracht.

Es geht uns um alle, die unter dieser Jahrhundertkrise durch ein Virus leiden, aber es geht uns auch besonders um all jene, die jetzt alles geben und nur sehr wenig bekommen. Diejenigen, die den Laden zusammenhalten und wenig verdienen, müssen noch mehr arbeiten. Anerkennung muss sich auch auf dem Lohnzettel ausdrücken! Das gilt genauso für Angestellte im Einzelhandel, für Beschäftigte in der Gastronomie, in Kitas und in der Sozialarbeit, für die Reinigungskräfte, für Zusteller*innen. Es geht aber auch um Kunst und Kultur. Es geht um all jene, die sich ihren Traum der Selbstständigkeit zu erfüllen versuchen und Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen. Millionen wurden von dieser Jahrhundertkrise getroffen und sie alle brauchen jetzt ein sicheres Fundament und eine soziale Perspektive für ihre Existenzen und ihre Lebensträume. Wir müssen das ändern. Das können wir nur gemeinsam erreichen.

Seit über einem Jahr wissen die Menschen, was nötig wäre, um die Pandemie in den Griff zu bekommen, um Leben zu schützen und die Rückkehr in den Alltag zu ermöglichen. Aber die Bundesregierung hat dabei versagt, dieses Land aus der Krise herauszuführen: bei der Impfstoffbeschaffung, bei der Versorgung mit Tests, bei den Wirtschaftshilfen. Die Große Koalition hat Großkonzernen geholfen, aber viele Menschen sind durch die Maschen der Rettungsnetze gefallen. Die Kulturbranche liegt am Boden. Die Regierung hat in der Pandemiebekämpfung versagt, weil sie die Profitinteressen der Wirtschaft über den Gesundheitsschutz gestellt hat. Sie hat sogar einen Teil der Kosten der Pandemie bereits auf die Beschäftigten abgewälzt. Die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen tragen den Großteil der Kosten der Gesundheitsversorgung in der Pandemie. Zwar war sie bestrebt, die Infektionszahlen in einem Rahmen zu halten, der das kaputtgesparte Gesundheitswesen nicht zusammenbrechen lässt. Doch das Virus zirkuliert weiter, immer mehr Menschen erkranken und sterben. Das Land taumelt von einem halbherzigen Lockdown zum nächsten. 16 Jahre Angela Merkel haben einen Schleier über die sozialen Unterschiede gelegt, die unsere Gesellschaft so zerklüften, in Unruhe versetzen, die spalten und zu Wut und Ohnmacht geführt haben.

Wir sprechen diese Unterschiede an und zu kritisieren sie. Und wir wollen sie überwinden. Es geht um mehr soziale Gerechtigkeit und es geht um eine gerechtere Verteilung des Reichtums in diesem reichen Land und in der Welt. Wir können das ändern.

Die Coronapandemie hat die Krise unserer Infrastruktur und der öffentlichen Daseinsvorsorge offengelegt. Jahrzehntelang wurde kaputtgespart, was nun so dringend gebraucht wird. Zu Recht hatte Gesundheit niemals einen so hohen Stellenwert wie heute. All jene, die in den Krankenhäusern jetzt dafür einstehen, jeden Tag, Stunde um Stunde, dass nicht noch mehr Menschen der Pandemie zum Opfer fallen, brauchen bessere Arbeitszeiten, und sie brauchen mehr Lohn. Bessere Gehälter in der Pflege und in den Krankenhäusern hilft nicht nur konkret Beschäftigen, sondern ist eine Investition in das Wohlbefinden der ganzen Gesellschaft. Personalmangel und Dauerstress etwa im Gesundheits- und Bildungssystem dürfen nicht sein. Im Gesundheitswesen fehlt es an Pflegekräften, die Belastungen steigen, die Einkommen steigen nicht mit. Es waren politisch gewollte Entscheidungen, die dazu geführt haben, dass die Arbeit und die Lasten in dieser Gesellschaft so ungleich verteilt sind. Wir werden das ändern. Wir mit dir zusammen. Wir wollen mit dir dafür streiten, das Gemeinwohl zu stärken und die Kapitalinteressen zurückzudrängen. Wir kämpfen für ein neues Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell. Unsere Alternative ist der ökologische und demokratische Sozialismus.

Eine neue Politik für alle, die sie längst verdient haben

Unser Ziel: eine neue Politik für eine Mehrheit, die sie längst verdient hat. Wir kämpfen für eine starke soziale Infrastruktur. Wir wollen, dass die öffentliche Daseinsvorsorge und die Verwaltung in einem reichen Land auf Krisen wirklich vorbereitet sind. Wir wollen, dass alle damit rechnen können, in Krisen Schutz und Hilfe zu erhalten. Wir wollen Anerkennung für diejenigen, die die Gesellschaft am Laufen halten, und zwar auch im Portemonnaie: Löhne, die für ein gutes Leben reichen.

Unser Ziel: eine Gesellschaft des guten Lebens für alle. Wir wollen Arbeit für alle, die gut entlohnt, tariflich abgesichert und gerecht verteilt ist. Wir wollen einen starken demokratischen und zukunftsfesten Sozialstaat, der gerecht finanziert ist und alle schützt. Wir wollen eine neue Daseinsvorsorge für alle, die Gesundheit, Pflege, Bildung, Erziehung, Wohnen, Nahverkehr und Energieversorgung öffentlich organisiert, damit sie dem Gemeinwohl dienen und alle die Chance bekommen, ihre Träume zu leben.

Wir schlagen ein linkes Programm vor, das niemanden zurücklässt: einen Plan für den Neustart aus der Pandemie heraus. Einen Plan für einen sozial- und klimagerechten Umbau von Wirtschaft und Infrastruktur. Einen Plan für einen erneuerten Sozialstaat. Ein Angebot für eine krisensichere Gesellschaft, in der sich die Menschen wieder aufgehoben und geborgen fühlen.

Eine Politik, von der die überwiegende Mehrheit der Menschen in diesem Land profitieren würde. Die Einhaltung der sozialen Grundrechte ist eine unabdingbare Voraussetzung für ein würdevolles Leben in einer sozial gerechten Gesellschaft. Wir setzen uns für die Wahrung der sozialen Grundrechte auf allen gesellschaftlichen Ebenen ein.

Arbeitsplätze in der Krise verteidigen und gut bezahlte, klimagerechte Arbeit schaffen: Als Folge der Pandemie drohen in vielen Branchen Entlassungen und Kahlschlag in den Innenstädten. Wir wollen staatliche Unterstützung an Garantien für Arbeitsplätze und Tarifverträge binden – und zugleich Weichen für eine bessere Zukunft stellen, für sichere Arbeitsplätze und eine funktionierende öffentliche Infrastruktur. Wir wollen mit einem Investitionsprogramm die Ausstattung von Bildung, Erziehung, Gesundheit und Pflege deutlich ausbauen und mehr Personal einstellen. Breitbandnetzausbau investieren. Wir wollen für die Kommunen Investitionsmittel zur Verfügung stellen, damit in Solardächer, energieeffiziente Gebäude und bezahlbares Wohnen, in bezahlbare Mobilität, Kultur, Sport und in attraktive Innenstädte investiert wird. So können wir einen Kahlschlag als Folge des Lockdowns verhindern – und zugleich die Weichen für die Zukunft stellen. Wir schlagen einen öffentlichen Transformationsfonds vor, der klimagerechte Arbeitsplätze für die Zukunft sichert und ein ökologisches Umsteuern fördert. Mit unserem Zukunftsinvestitionsprogramm können wir bis 2025 eine Million gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen, die helfen, Wirtschaft und Infrastruktur bis 2035 klimaneutral zu machen.

Gute Arbeit, gerechte Bezahlung: Die vielen Menschen, die den Laden am Laufen halten und dennoch am Monatsende kaum über die Runden kommen, brauchen dringend höhere Löhne. Wir wollen den gesetzlichen Mindestlohn auf 13 Euro anheben, damit Einkommen aus Arbeit auch wirklich vor Armut schützt. Die Gehälter für Normal- und Geringverdienende müssen deutlich steigen. Dafür wollen wir Gewerkschaften stärken und es einfacher machen, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären. Leiharbeit und sachgrundlose Befristungen, Mini- und Midijobs drücken auf die Löhne und schwächen die Sozialversicherung. Wir wollen diese Jobs möglichst in reguläre, voll sozial abgesicherte Arbeitsverhältnisse überführen. Stress und Überbelastung, während andere ohne Job dastehen – das muss nicht sein. Arbeitszeitverkürzung sichert Arbeitsplätze in der Industrie und in von der Digitalisierung veränderten Branchen – sie ermöglicht neuen Wohlstand für alle. Wir unterstützen die Gewerkschaften in ihrem Kampf für eine deutliche Arbeitszeitverkürzung in Richtung einer 30-Stunden-Woche mit vollem Lohn- und notwendigem Personalausgleich. Den Weg dorthin wollen wir mit der Begrenzung von Überstunden und einer Absenkung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit flankieren.

Gute Gesundheitsversorgung und menschenwürdige Pflege für alle: Die Coronakrise ist auch Ergebnis der Vernachlässigung wichtiger Pfeiler einer funktionierenden Gesellschaft. Es ist falsch, dass Krankenhäuser nach Fallpauschalen und mit Gewinnorientierung wirtschaften müssen. In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen fehlen für eine gute Betreuung jeweils 100.000 Pflegekräfte. Wir wollen Krankenhäuser und Pflegekonzerne von der Börse nehmen. Private Krankenhäuser und Pflegebetriebe, die nicht gemeinnützig arbeiten, wollen wir in Gemeineigentum überführen. Sie müssen nach Bedarf und Gemeinwohl organisiert werden. Das System der Fallpauschalen wollen wir durch eine bedarfsgerechte Finanzierung ersetzen. Die Gehälter in der Pflege wollen wir erhöhen, das hilft auch gegen Fachkräftemangel. Die Zweiklassenmedizin wollen wir mit einer solidarischen Gesundheitsversicherung ablösen, in die alle einzahlen. Die Pflegeversicherung wollen wir zu einer Vollversicherung umbauen, die alle Leistungen übernimmt. Die Eigenanteile für die Versicherten oder ihre Angehörigen, die heute viele Menschen in Armut und Verzweiflung treiben, entfallen. Es darf nicht sein, dass Menschen durch Patente vom Zugang zu Medikamenten und Impfstoffen ausgeschlossen werden, nur um die Profite der Pharmakonzerne hoch zu halten. Gerade in der Pandemie zeigt sich, dass Pharmaforschung ein öffentliches Gut ist. Die Lizenzen für die Coronaimpfstoffe müssen freigegeben werden, damit die Impfstoffproduktion beschleunigt werden kann.

Für Bildungsgerechtigkeit: Corona zeigt die Versäumnisse in der Bildungspolitik – beim Personalschlüssel, bei digitaler Ausstattung und bei unzureichenden Schutzmaßnahmen. Gleich gute Bildung für alle Kinder gibt es nur mit einem Aufbauprogramm für mehr Erzieher*innen, Lehrer*innen und Sozialpädagog*innen. Ein Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz bedeutet auch: Anspruch auf gute Betreuung, kleine Gruppen, gut bezahlte und ausgebildete Erzieher*innen und keine Gebühren. Es sollte selbstverständlich sein, dass es nicht durchs Schuldach regnet, die Toiletten sauber sind und jedes Kind ein mobiles Endgerät sowie Zugang zu Datenvolumen hat.

Ein neuer Sozialstaat: Eine Gesellschaft, die Sicherheit schafft und Wandel ermöglicht, ist nur mit ausreichender und krisenfester sozialer Absicherung machbar. Die Pandemie hat gezeigt, dass Leistungen viel zu knapp bemessen sind. Wir wollen dafür sorgen, dass niemand im Monat weniger als 1.200 Euro zur Verfügung hat. Das ist unsere Grenze für ein gerechtes Mindesteinkommen. Wir wollen eine Versicherung gegen Erwerbslosigkeit, die auch Soloselbstständige absichert. Die Zeit von Hartz IV ist abgelaufen. Wir kämpfen für eine Mindestsicherung, die sanktionsfrei ist, also nicht gekürzt werden kann.

Weg mit der Altersarmut: Im Jahr 2000 lag das Rentenniveau noch bei 53 Prozent, wenn es nach der Bundesregierung geht, soll es auf 43 Prozent sinken. Das ist ein Programm für Altersarmut! Wir treten für eine gesetzliche Rente ein, die den Lebensstandard wieder annähernd sichert – in Ost und West gleichermaßen. Dafür wollen wir die Rentenkürzung zurücknehmen und die Regelaltersgrenze wieder senken. Das Rentenniveau wollen wir sofort auf 53 Prozent anheben. Wer derzeit die aktuelle Durchschnittsrente in Höhe von 1.048 Euro (netto) bekommt, erhält dann knapp 100 Euro mehr im Monat. Die Renten von Frauen und allen Menschen, die zu niedrigen Löhnen arbeiten, wollen wir aufwerten, damit auch ihre Lebensleistung endlich zählt. Und niemand soll im Alter von weniger als 1.200 Euro netto leben müssen. Auch Beamt*innen, Abgeordnete, Freiberufliche und Selbstständige sollen in Zukunft in die gesetzliche Rente einzahlen. Wir wollen neue gesetzliche Regelungen zur Anerkennung der Lebensarbeitsleistungen. Verschiedenen ehemaligen DDR-Bürger*innen sind willkürlich die Altersversorgungen begrenzt worden; das wollen wir aufheben.

Geschlechtergerechtigkeit – Zeit für ein selbstbestimmtes, sicheres und gerechtes Leben: Als LINKE stehen wir für einen Feminismus, der an die Wurzeln geht. Das heißt zuallererst, Arbeit und Zeit zwischen den Geschlechtern gerecht zu verteilen. Wir wollen eine Gesellschaft, in der alle frei, sicher und selbstbestimmt leben können, Zeit für Familie und Freund*innen haben und gleichzeitig einer sinnvollen und gut bezahlten Arbeit nachgehen können. Wir wollen eine Gesellschaft, in der die Frauen genauso an politischen Entscheidungen mitwirken können wie Männer und in der sich das Leben nicht nur um die Lohnarbeit dreht.

Keine Rendite mit der Miete: Corona hat viele Menschen dazu gezwungen, zu Hause zu bleiben oder dort zu arbeiten. Aber immer weniger können sich ihre Wohnungen leisten. Die Mieten sind in den vergangenen Jahren explodiert, durch die Städte walzt das Immobilienkapital und verspricht Renditen. Wir wollen Mietendeckel im gesamten Bundesgebiet möglich machen. Unser Ziel: die Explosion der Mieten nicht nur bremsen, sondern beenden und rückgängig machen. Besonders hohe Mieten müssen abgesenkt werden. Immobilienkonzerne wollen wir von der Börse nehmen. Es ist notwendig, dass im Jahr mindestens 250.000 zusätzliche Wohnungen geschaffen werden, die dauerhaft bezahlbar sind.

Ungleichheit verringern: Neue soziale Sicherheit, ein Neustart aus der Pandemie heraus und ein klimagerechtes Umbauprogramm sollten gerecht finanziert werden. Wir wollen hohe Vermögen und Erbschaften stärker besteuern. Statt einer Billigsteuer für Unternehmensgewinne wollen wir Profite wie alle Einkommen besteuern. Unser Grundgesetz sieht die Möglichkeit einer Vermögensteuer vor, wir wollen diese wieder erheben und Multimillionäre und Milliardäre mit einem progressiven Steuertarif von bis zu fünf Prozent in die Finanzierung einer gerechten Gesellschaft einbeziehen. Mit den Einnahmen können die Bundesländer dringend notwendige Investitionen in Bildung, Gesundheit und Wohnen leisten. Wir halten gemeinsam mit vielen Expert*innen die Schuldenbremse für volkswirtschaftlich schädlich und wollen sie abschaffen. Wir schlagen vor, die Steuerfreibeträge in der Einkommensteuer anzuheben: 1.200 Euro pro Monat werden von Steuern freigestellt. Das entlastet niedrige und mittlere Einkommen spürbar.

Neuer Aufbruch für den Osten: Das Versprechen des Grundgesetzes, es sollen gleichwertige Lebensverhältnisse herrschen, wollen wir endlich wahr machen. Wir streiten für einheitliche Tarifgebiete und gleiche Löhne in diesem Land. Der Rentenwert Ost muss sofort auf das Westniveau angehoben werden. Solange es noch starke Lohnunterschiede zwischen Ost und West gibt, soll die Umrechnung der Ostgehälter bei der Rente erhalten bleiben. Die Angleichung der Ostrenten darf kein Nachteil für die heutigen Beschäftigten sein. Wir wollen im Osten den Eigensinn, den Aufbruchsgeist und die Solidarität der Menschen stärken. Kein Umbau der Regionen mehr über die Köpfe der Menschen vor Ort hinweg! Wir schlagen Sozial- und Wirtschaftsräte vor, die den Menschen Mitbestimmung ermöglichen.

Digital geht auch sozial: Die Coronakrise zeigt, was wir schon länger wissen: Wer keinen schnellen digitalen Zugang hat, ist heutzutage faktisch von einem großen Teil gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen. Die digitale Spaltung unserer Gesellschaft vertieft nicht nur die bestehende Armut, sondern hängt all jene ab, an deren Wohnort das Internet zu langsam ist oder bei denen das Geld nicht für einen guten Anschluss reicht. So wie unsere Schulen und Behörden digital fit gemacht werden müssen, so haben alle Bürger*innen, ob in der Stadt oder im ländlichen Raum, das Recht auf einen schnellen Internetzugang. Datensouveränität und digitaler Zugang gehören zu einer staatlich garantierten Grundversorgung. Wir sagen: Sie müssen einklagbare soziale Grundrechte werden. Das bedeutet für uns auch, dass die digitale Teilhabe niemals die soziale Begegnung ohne digitale Geräte ersetzen darf.

Sozial- und klimagerechte Wirtschaftspolitik: Wir müssen den Umbau zu einer weitgehend kohlendioxidfreien, energie- und ressourcensparenden Wirtschaft und Infrastruktur so schnell wie möglich schaffen, um überhaupt die Chance zu haben, das 1,5-Grad-Ziel bei der Begrenzung der Erderwärmung noch zu erreichen. LINKE Wirtschaftspolitik setzt auf höhere Löhne und sichere Arbeitsverhältnisse sowie auf demokratische Entscheidung über Investitionen, mit denen wir eine gemeinwohlorientierte und klimaneutrale Wirtschaft auf den Weg bringen wollen. Die Industriestruktur muss regionaler, krisenfester und unabhängiger vom Export werden. Mit einem staatlichen Industrie-Transformationsfonds über 20 Milliarden Euro pro Jahr wollen wir den notwendigen ökologischen Umbau in der Industrie, insbesondere der Autozuliefererindustrie unterstützen. Von diesem Fonds profitieren Betriebe, die Arbeitsplätze sichern, gute Löhne und flächendeckende Tarifverträge haben.

Über die öffentliche Förderung sollen regionale Wirtschafts- und Transformationsräte entscheiden, in denen neben der Politik und den Unternehmen auch Gewerkschaften, Umwelt- und Sozialverbände gleichberechtigt Stimmrecht haben. Genossenschaften wollen wir besonders fördern.

Einzelhandel unterstützen: Nicht erst seit der Pandemie gefährden Onlinehandel, große Supermärkte und Lieferservice den Einzelhandel in den Städten. Wir wollen eine gesetzliche Regelung im Bund schaffen, sodass Länder und Kommunen rechtssicher Mietendeckel für Kleingewerbe, Handwerk, kulturelle Einrichtungen sowie für soziale und gemeinnützige Träger einführen können. Die Arbeitsbedingungen im Einzelhandel sind oft gekennzeichnet von schlechter Bezahlung, Überstunden und, befristeter, prekärer Beschäftigung. Die Tarifbindung ist rückläufig. Daher fordert DIE LINKE gute Löhne und Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten im Einzelhandel.

Sichere Jobs und Mitbestimmung: Wir wollen Garantien für Arbeitsplätze und Einkommen für die Beschäftigten. In der Krise und wenn Unternehmen auf klimagerechte Produktion umstellen, kann eine Arbeitszeitverkürzung mit Weiterbildungsoffensive die Arbeitsplätze sichern. Die Weiterbildung wird anteilig aus einem Solidarfonds von den Unternehmen und der Agentur für Arbeit bezahlt. Wir wollen ein Weiterbildungsgeld einführen. Staatliche Gelder, die als Hilfszahlungen oder Subventionen an Unternehmen gehen, wollen wir an langfristige Garantien von Arbeitsplätzen, Tarifverträgen und an verbindliche Investitionspläne für ökologischen Umbau binden. Öffentliche Aufträge binden wir an Tariftreue. Wir wollen Vetorechte der Beschäftigten gegen Kahlschlag in Unternehmen und wirksame Mitbestimmung bei Entscheidungen über Standortschließungen, Massenentlassungen und Zukunftsinvestitionen.

Konsequenter Klimaschutz und mehr Lebensqualität, Mobilitäts-, Agrar- und Energiewende: Wir wollen den öffentlichen Nahverkehr ausbauen, den Takt erhöhen und den Service verbessern – auch auf dem Land. Die Ticketpreise wollen wir bis zum Nulltarif senken. Wir schaffen gute Arbeitsplätze in der Produktion von Bus, Bahn und Schiene und für die Beschäftigten im ÖPNV. Wir beginnen mit Modellprojekten in 15 am meisten von Abgasen belasteten Städten. Wir verlagern Kurzstreckenflüge und Frachtverkehr auf die Schiene. Die Bahn muss ausgebaut und für alle bezahlbar werden. Unsere Verkehrswende sorgt für mehr Mobilität, aber mit weniger Verkehr. Wir wollen die Energieversorgung am Gemeinwohl ausrichten und in Stadtwerken und Genossenschaften organisieren. Die gesamte Energie sollte so schnell wie möglich aus erneuerbaren Quellen kommen. Kommunen wollen wir beim klimaneutralen Umbau und der Schaffung guter Arbeit unterstützen. Dazu bedarf es einer Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive im Handwerk, um den Bedarf an Fachpersonal in allen Bereichen zu decken. Wir wollen für alle Menschen eine gute Ernährung sichern und die Agrarindustrie zu einer krisenfesten ökologischen Landwirtschaft umbauen. Nur so können wir langfristig Zugang zu genug Wasser und Lebensmitteln garantieren.

Agrarland schützen: Wir wollen öffentlichen Besitz an land- und forstwirtschaftlichen Flächen stärken und Landraub wirksam verhindern. Wir schlagen unter anderem einen öffentlichen Bodenfonds vor, der an nachhaltig wirtschaftende, ortsansässige Agrarbetriebe zu fairen Konditionen verpachtet. Genossenschaftliche und gemeinnützige Nutzung wollen wir fördern, die Bodenpreise deckeln. Damit sichern wir regionale Nahrungsproduktion, ökologischen Umbau und die Zukunft von Landwirt*innen.

Antifaschismus ist eine Grundlage unserer Politik, die sich nicht zuletzt gegen die Strukturen richtet, die Faschismus hervorbringen: Wir stellen uns allen Formen der Menschenfeindlichkeit entgegen und verteidigen die Demokratie – auf der Straße, im Alltag, im Parlament. Wir wollen die Kräfte in der Zivilgesellschaft mit einem Demokratiefördergesetz stärken, die sich gegen Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und Neonazis engagieren.

Der sogenannte Verfassungsschutz schützt nicht die Demokratie, sondern oft rechte Strukturen. Wir wollen die Verfassungsschutzbehörden in dieser Form auflösen. Wir wollen antifaschistische Arbeit in der Zivilgesellschaft fördern und eine unabhängige Beobachtungsstelle einsetzen. Wir wollen einen Untersuchungsausschuss zum Rechtsterrorismus einsetzen und Ermittlungsschwerpunkte gegen militante Neonazis schaffen. Wir machen uns für eine antifaschistische Erinnerungskultur stark.

Gegen Aufrüstung und Krieg: Jede Waffe findet ihren Krieg. Wir wollen den Export von Waffen und Waffenfabriken verbieten. Rüstungsexporte in Länder, die an Kriegen beteiligt sind und Menschenrechte missachten, müssen sofort unterbunden werden. DIE LINKE ist der Friedens- und Entspannungspolitik verbunden. Zivile Konfliktlösung wollen wir stärken. Auslandseinsätze der Bundeswehr werden wir beenden und neue verhindern. Wir wollen Menschen aus Kriegsgebieten bei einer legalen und sicheren Möglichkeit zur Flucht unterstützen und treten für ein menschenwürdiges Leben außerhalb des Kriegsgebietes ein. Gerade in einer Pandemie sollte das Geld in Gesundheitsversorgung – auch international – und eine gerechtere Weltwirtschaft fließen, nicht in Panzer oder Drohnen. Statt mit Verweis auf das 2-Prozent-Ziel der NATO die Bundeswehr hochzurüsten, setzen wir uns für Abrüstung und Entspannung und vernunftorientierte, friedliche internationale Beziehungen ein; das schließt Russland und China ein.

Menschlichkeit ist für uns unteilbar: Viele Menschen werden wegen ihrer körperlichen Verfassung, ihrer Herkunft ihrer Armut, ihres Geschlechts, ihres Alters, Glaubens oder ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert, von sozialer und politischer Teilhabe ausgegrenzt. Oft sind sie psychischer und körperliche Gewalt ausgesetzt. Wir aber wollen ein Land, in dem alle gleichberechtigt zusammenleben und an den demokratischen Entscheidungen beteiligt werden. Wir setzen Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt unser Modell einer inklusiven und sozialistischen Gesellschaft entgegen. Deshalb setzen wir uns für Bleiberecht und gleiche Rechte ein. Wir wollen Fluchtursachen bekämpfen, nicht Geflüchtete. Elend und Sterben an den europäischen Außengrenzen müssen ein Ende haben: Seenotrettung und die Flüchtlingskonvention der Vereinten Nationen einzuhalten, muss selbstverständlich sein. Wir wollen die Lager evakuieren, in denen Geflüchtete unter unmenschlichen Bedingungen eingesperrt sind und kämpfen gemeinsam für die vollständige Wiederherstellung des Rechts auf Asyl.

Für mehr Demokratie streiten: Die Coronakrise hat auf allen Ebenen die Defizite der bestehenden parlamentarischen Demokratie aufgezeigt. Wir wollen eine Krisenbewältigung mit mehr und nicht mit weniger Demokratie. Die parlamentarischen Rechte müssen gestärkt werden. Alle Einschränkungen müssen demokratisch entschieden, kontrolliert, transparent und regelmäßig überprüft werden.

Mut zur Veränderung

Unser Programm für eine sozialökologische Wende, die niemanden zurücklässt, ist nicht bescheiden. Wir stehen für eine gesellschaftliche Entwicklung, in der die Vorherrschaft des Kapitals durch demokratische, soziale und ökologische Kräfte überwunden wird und die Gesellschaft des demokratischen Sozialismus entsteht.

Bei dieser Bundestagswahl geht es um die Zukunft. Es geht um eine Entscheidung über den Weg, den dieses Land einschlägt und zu gehen beginnt. Dafür braucht es große Ideen und den Mut zur Veränderung. Wir wollen mitbestimmen. Unsere Vorschläge sind machbar.

Denn so, wie es ist, darf es nicht weitergehen. Es wird bei dieser Wahl darum gehen, wer am Ende für die Kosten der Pandemie zahlt. Wir wollen zur Bewältigung der Krisenkosten eine Vermögensabgabe und Multimillionär*innen und Milliardär*innen gerecht besteuern.

Wir wollen Löhne, die für ein gutes Leben reichen. Wir wollen Mieten deckeln und die Renten so erhöhen, dass die Rentner*innen und die kommenden Generationen im Alter gut leben können. Wir wollen, dass sich alle gute Ernährung leisten können. Es geht um gleiche Lebensverhältnisse und gleiche Lebenschancen für alle Kinder, um Gerechtigkeit in der Bildung und gute Schulen und Kitas in allen Stadtteilen. Es geht uns um gleiche Rechte für alle. Alle, die in diesem Land leben und arbeiten – und die es oft schwer haben, eine Wohnung zu finden. Die von Rassismus im Alltag und den gesellschaftlichen Strukturen betroffen sind. Es geht um soziale Sicherheit für alle und darum, ohne Angst verschieden sein zu können.

Wir stehen vor großen Umbrüchen. Wir sehen darin eine Chance. Wir wissen, dass die Mehrheiten in diesem Land für mehr Gerechtigkeit, für soziale Sicherheit und für Klimagerechtigkeit sind. Hier liegt für uns LINKE eine Verantwortung in den zu erwartenden Klassenkämpfen: das Potenzial von Veränderungen auch zu nutzen. Wir stehen für einen gesellschaftlichen Aufbruch nach der Pandemie – nach Jahren der Kürzungspolitik und Jahrzehnten ökologischer Zerstörung: Gemeinwohl vor Profite. Solidarität, die diesen Namen verdient, statt Bereicherung und Korruption. Wir brauchen einen gesellschaftlichen Aufbruch. Einen Aufbruch für soziale Sicherheit und eine funktionierende Infrastruktur, für Frieden, für soziale und für Klimagerechtigkeit.

Der notwendige Wandel unserer Wirtschaft darf nicht auf Kosten der Beschäftigten und der breiten Bevölkerung erfolgen. Weder hierzulande noch anderswo. Wir wollen eine Wirtschaft, in der sich kein*e Arbeiter*in zwischen dem Job und der Zukunft der eigenen Kinder entscheiden muss. Wir wollen eine Gesellschaft, in der sich Arbeiter*innen und Angestellte den Klimaschutz auch leisten können. Der Schutz der Lebensgrundlagen braucht ein Fundament: soziale Sicherheit. Ohne Sicherheit und Vertrauen können wir unsere Gesellschaft nicht klimaneutral machen.

Eine sozialökologische Transformation braucht deshalb gerechte Übergänge. Wir wollen Arbeitsplatz- und Einkommensgarantien und eine Million gut bezahlte und sinnvolle klimaneutrale Arbeitsplätze schaffen. Wir können die Klimakatastrophe gemeinsam bewältigen, wenn wir es radikal, realistisch und gerecht machen. Wir wollen die Weichen so stellen, dass unsere Infrastruktur und Wirtschaft, Kommunen und Industrie bis Mitte des nächsten Jahrzehnts klimaneutral werden.

Wir haben keine Zeit mehr, auf bessere Zeiten nur zu warten. Es geht mehr denn je um linke Politik im Hier und Heute, um einen Aufbruch für mehr soziale Demokratie und mehr Klimagerechtigkeit. Wir stehen dafür ein, dass das längst Überfällige an sozialen, demokratischen und ökologischen Veränderungen auch verwirklicht wird. Wir sagen nicht nur, wie es besser gemacht werden könnte. Wir wollen es auch anders machen.

Wandel braucht Experimente. Wir setzen auf eine neue Kultur im politischen Handeln. Wer immer meint, allein recht zu haben, kann die Welt nicht verändern. Das gilt für demokratische Parteien und für progressive Mehrheiten besonders. Wir setzen deshalb auf gesellschaftliche Bündnisse und Bewegungen. Wir vertrauen auf mehr Demokratie durch offenen Dialog mit zivilgesellschaftlichen Initiativen und Bürger*innenräten. Wir wollen mehr Teilhabe durch Volksentscheide. Lebendige Demokratie heißt für uns, aus Widersprüchen und Kritik zu lernen. Wir selbst wollen beim Voranschreiten und Verändern selbstkritisch bleiben und lernfähiger, bereitwilliger und entschlossener werden, wenn es darum geht, Forderungen aus aktuellen Bewegungen aufzunehmen und weiter zu erarbeiten.

Druck von der Straße braucht Adressat*innen und Multiplikator*innen im Parlament. Politik in Institutionen braucht den Treibstoff des gesellschaftlichen Aufbruchs, um voranzukommen. Wir stehen an der Seite von Gewerkschaften, sozialen Bewegungen, Mieter*inneninitiativen, Fridays for Future, Black Lives Matter, Seebrücke, Antifagruppen, queeren Initiativen, von Sozialverbänden und den Friedensbewegungen. Wir stehen für unteilbare Solidarität mit Mehrheiten, die jeden Tag mit ihrer bezahlten und unbezahlten Arbeit, mit Herzblut und Hoffnung diese Gesellschaft am Laufen halten.

Wir zeigen unmissverständlich Haltung gegen Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und jede Form von Menschenfeindlichkeit, gegen Hetze und Gewalt von rechts.

Wir wollen einen sozialökologischen und friedenspolitischen Politikwechsel einleiten. Wir wollen einen politischen Neuanfang in unserem Land. Dafür stehen wir bereit, und das wollen wir machen. DIE LINKE ist kompromissbereit, was die Schrittlänge angeht. Doch die Richtung des Schrittes muss stimmen. Wir gehen keinen Schritt in Richtung Sozialabbau, Aufrüstung, Privatisierung oder Kampfeinsätze der Bundeswehr. Unsere Richtung ist soziale Gerechtigkeit, Frieden und Umweltschutz. Lass uns diesen Weg gemeinsam beschreiten. Wir wollen nicht über Menschen reden, sondern gemeinsam mit ihnen etwas erreichen. Wir wollen Neugier und Lust auf Veränderung wecken bei denen, deren Leben durch linke Politik besser wird. Wir wollen die gewinnen, die von Wahlen schon längst nichts mehr erwarten. Wir wollen Veränderung heute. Wir machen den Unterschied. Das ist DIE LINKE. Mach mit, es lohnt sich.

DIE LINKE kämpft dafür, dass alle erwerbstätigen Menschen von ihrer Arbeit gut und sicher leben können. Arbeitsbedingungen müssen sich an Menschen und ihren Familien orientieren, nicht an den Profitinteressen der Unternehmer. Die Unternehmerverbände nutzen die Krise, um Rechte von Beschäftigten einzuschränken, Löhne weiter zu drücken und Überstunden durchzusetzen. Wenn Unternehmen in der Coronakrise riesige Wirtschaftshilfen bekommen und dann Beschäftigte entlassen oder die Standorte schließen, sagen wir Nein! DIE LINKE steht an der Seite der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften. Wir wollen Arbeitsplätze und Tarifverträge verteidigen und die Tarifbindung ausbauen, das Hartz-IV-System als Druckinstrument auf Löhne abschaffen, Entlassungen stoppen und die Arbeitswelt vom Kopf auf die Füße stellen: Gute Arbeit, die zum Leben passt, muss für alle die Regel sein, statt die Ausnahme.

Dafür wollen wir folgende zentrale Forderungen umsetzen:

■ Löhne, die für ein gutes Leben reichen! Wir schaffen den Niedriglohnsektor ab und stärken Tarifverträge. Wir schaffen einen Rechtsanspruch auf eine Vollzeitstelle für alle Beschäftigten.

■ Soziale Absicherung in allen Arbeitsverhältnissen! Wir drängen Befristungen zurück und sichern sämtliche Tätigkeiten über die Sozialversicherungen ab. Das schließt Beschäftigte über Plattformen, Soloselbstständige und Saisonbeschäftigte ein.

■ Arbeitszeiten, die zum Leben passen! Mehr Personal statt Dauerstress. Wir unterstützen die Gewerkschaften in ihrem Kampf für deutliche Arbeitszeitverkürzung in Richtung eines neuen Normalarbeitsverhältnisses mit 30 Stunden pro Woche. Wir setzen uns für ein Mitbestimmungsrecht bei der Personalbemessung und eine Antistressverordnung ein.

■ Recht auf Weiterqualifizierung mit sozialer Absicherung! Wir schaffen einen Weiterbildungsanspruch für alle und sichern das Einkommen während Weiterbildungszeiten mit einem Weiterbildungsgeld.

Erweiterung der Mitbestimmung von Belegschaften und Öffentlichkeit in wirtschaftlichen Fragen. Unternehmen, die öffentliche Hilfen in Anspruch nehmen, dürfen nicht gleichzeitig Dividenden an ihre Anteilseigner*innen oder Boni an die Vorstände auszahlen.

Löhne, die für ein gutes Leben reichen. Schluss mit dem Niedriglohn

Der gesetzliche Mindestlohn wird auf 13 Euro erhöht. Zuschläge für Sonntags-, Schicht- oder Mehrarbeit sowie Sonderzahlungen dürfen nicht mit dem Mindestlohn verrechnet werden. Sämtliche Ausnahmen vom Mindestlohn müssen gestrichen werden. Durch die Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung und häufigere Kontrollen muss die Einhaltung des Mindestlohns durchgesetzt werden. Die Zahl der Kontrolleure bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls muss auf 15.000 verdoppelt werden. Die Bundesregierung soll ein offizielles Meldeportal gegen Mindestlohnbetrug einrichten.

Tarifbindung muss für alle Unternehmen und Branchen gelten. Dafür muss die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften gestärkt und dafür müssen Tarifverträge leichter für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Letzteres muss auf Antrag einer Tarifvertragspartei möglich sein. Das Vetorecht der Arbeitgeber*innenseite im Tarifausschuss gehört abgeschafft, und es muss als »öffentliches Interesse« gelten, Tarifverträge in ihrer Reichweite zu stärken und einen Unterbietungswettbewerb zulasten von Löhnen und Arbeitsbedingungen zu verhindern. Per Rechtsverordnung gemäß Arbeitnehmerentsendegesetz sollen zudem auch in Tarifverträgen geregelte komplette Entgelttabellen auf nicht tarifgebundene Unternehmen erstreckt werden können. Alle – gegebenenfalls auch bloß für einen regionalen Geltungsbereich – für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge müssen zwingend auch für temporär nach Deutschland entsandte Beschäftigte gelten.

Lohndumping durch Werkverträge und Leiharbeit beenden. Wir wollen Leiharbeit verbieten. Bis zum Verbot der Leiharbeit müssen Leiharbeiter*innen ab dem ersten Tag die gleichen Löhne wie Festangestellte plus eine Flexibilitätszulage von 10 Prozent erhalten. Die Vergabe von Werkverträgen und der Einsatz von Leiharbeit müssen an die Zustimmung des Betriebsrats und die Einhaltung der im Kernbetrieb gültigen Tarifverträge gebunden werden. Um den Missbrauch von Werkverträgen zu unterbinden, muss die Beweislast künftig bei den Arbeitgeber*innen liegen. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz muss an den Arbeitsplatz statt an die Person der Beschäftigten gebunden werden. Es muss ein Ende haben, dass Arbeitsagenturen und Jobcenter Erwerbslose in solch unwürdige Arbeitsverhältnisse zwingen.

■ Wir wollen einen Rechtsanspruch auf eine Vollzeitstelle.

■ Um gleiche Entgelte für Frauen und Männer durchzusetzen, muss der Auskunftsanspruch im Entgelttransparenzgesetz durch ein Verbandsklagerecht ergänzt werden. Gewerkschaften müssen für ihre Mitglieder gleiche Entgelte einklagen können.

■ Bei Betriebsübergängen in nicht tarifgebundene Unternehmen und bei Auslagerungen müssen die bisherigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung unbefristet geschützt bleiben und auch für neu Eingestellte gelten.

■ Ein Bundestariftreuegesetz muss die Einhaltung von Tarifverträgen zur zwingenden Voraussetzung für öffentliche Aufträge machen und auch von den beauftragten Firmen eingesetzte Subunternehmen einschließen.

■ Wir wollen verbindliche Obergrenzen für Manager*innen- und Vorstandsgehälter: Sie dürfen nicht mehr als das Zwanzigfache des niedrigsten Gehalts im Unternehmen betragen. Manager*innengehälter können steigen, wenn die untersten Lohngruppen angehoben werden. Jahresgehälter über einer halben Million Euro dürfen nicht mehr steuerlich abzugsfähig sein.

Soziale Absicherung in jedem Arbeitsverhältnis

Die soziale Absicherung steht allen Beschäftigten zu, unabhängig von ihrer Herkunft und der Art ihres Arbeitsverhältnisses:

Befristungen stoppen! Sachgrundlose Befristungen müssen im Teilzeit- und Befristungsgesetz ersatzlos gestrichen werden und zulässige Sachgründe eng begrenzt werden. Bei öffentlicher Finanzierung soll die Befristung der Haushaltsmittel oder von Projektgeldern kein zulässiger Grund mehr für die Befristung von Arbeitsverträgen sein. Der dritte Arbeitsvertrag bei demselben Arbeitgeber oder derselben Arbeitgeberin muss zwingend unbefristet sein.

Mini- und Midijobs wollen wir in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse überführen. Ab dem ersten Euro muss für Unternehmen eine volle Pflicht zur Sozialversicherung gelten.

Plattformen müssen Arbeitgeber*innenpflichten erfüllen und Sozialversicherungsbeiträge für über sie Beschäftigte abführen.

■ Der Betriebsbegriff und der Arbeitnehmerbegriff müssen aktualisiert und an die heutigen Arbeitsverhältnisse und Betriebsstrukturen angepasst werden, damit die Arbeitsrechte und die Betriebsverfassung für alle wirtschaftlich abhängig Beschäftigten gelten.

■ Auftraggeber*innen müssen auch für Soloselbstständige, die als Kleinunternehmer*innen, Freiberufler*innen, Handwerker*innen, Schausteller*innen und Gewerbetreibende arbeiten, Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Dazu schaffen wir bundesweite branchenspezifische Mindesthonorarregelungen, die einem ruinösen Preiswettbewerb entgegenwirken und Soloselbstständige schützen. Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote speziell für Soloselbstständige müssen verbessert werden.

■ Für ausländische Saisonbeschäftigte müssen sämtliche Ausnahmen in der Sozialversicherung gestrichen werden.

Arbeitszeiten, die zum Leben passen

Gutes Leben besteht aus mehr als Arbeit. Viele Beschäftigte werden krank durch zu viel Arbeit und Überstunden, während Millionen Menschen von Erwerbsarbeit ausgeschlossen sind oder unfreiwillig in Teilzeit abgedrängt werden. Es ist Zeit für ein neues Normalarbeitsverhältnis. Wir wollen Arbeit in der Gesellschaft und zwischen den Geschlechtern gerecht verteilen.

Wenn die Arbeit gerechter verteilt wäre, könnten statt Überstunden und Dauerstress über eine Million Arbeitsplätze in kurzer Vollzeit mit 30 Stunden pro Woche geschaffen werden. Eine solche Umverteilung der Arbeitszeit erhöht die Lebensqualität für alle.

Die gesetzliche Höchstarbeitszeit wollen wir auf maximal 40 Stunden pro Woche begrenzen.

■ Ausnahmen von der täglich zulässigen Höchstarbeitszeit von 8 Stunden wollen wir stärker begrenzen. Eine Verkürzung der erforderlichen Ruhezeiten von 11 Stunden lehnen wir ab.

■ Arbeitgeber*innen müssen Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit sowie die Dauer der gewährten Ruhepausen jeweils am Tag der Arbeitsleistung aufzeichnen. Dienstreisen und in der Freizeit erbrachte Arbeitsleistungen müssen vollständig als Arbeitszeit angerechnet werden. Stärkere Kontrollen durch Arbeitsschutzbehörden müssen gesetzlich vorgeschrieben werden.

■ Arbeit auf Abruf wird aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz gestrichen.

■ Betriebs- und Personalräte brauchen ein zwingendes Mitbestimmungsrecht bei der Personalbemessung, um regelmäßige Überstunden und Leistungsverdichtung zu verhindern.

■ Wir wollen ein Recht auf vorübergehende Arbeitszeitverkürzung für alle Beschäftigten.

■ Es braucht einen Rechtsanspruch auf familiengerechte Arbeitszeiten für alle, die Verantwortung in Erziehung und Pflege übernehmen (vgl. Kapitel »Familien dort unterstützen, wo sie es brauchen«).

■ Wir brauchen für alle Beschäftigten einen Rechtsanspruch auf eine sechswöchige Pflegezeit mit Lohnfortzahlung durch die Arbeitgeber*innen (vgl. Kapitel »Für einen linken Feminismus«).

■ Den Mindesturlaubsanspruch im Bundesurlaubsgesetz wollen wir schrittweise von 24 auf 36 Werktage (Samstage eingeschlossen) anheben. Jedem und jeder Beschäftigten sollen mindestens sechs Wochen Urlaub zustehen.

■ Feiertage, die auf ein Wochenende fallen, sollen durch Ersatzfeiertage in der Woche nachgeholt werden.

■ Alle Beschäftigten sollen durch ein Recht auf Homeoffice einen Teil ihrer Arbeit zu Hause erledigen können, sofern die Art ihrer Tätigkeit das zulässt. Die Bedingungen für Homeoffice müssen per Tarifvertrag oder per Betriebs-/Dienstvereinbarung geregelt werden. Arbeitsschutz und die gesetzliche Unfallversicherung müssen auch im Homeoffice uneingeschränkt gelten. Recht auf Pausen und Recht auf Feierabend muss es auch im Homeoffice geben! Beschäftigte dürfen jedoch nicht zum Homeoffice verpflichtet werden.

Recht auf Auszeiten: Beschäftigte sollen zweimal in ihrem Berufsleben die Möglichkeit haben, für ein Jahr auszusteigen (Sabbatjahr), verbunden mit einem Rückkehrrecht.

Gute Arbeitsbedingungen, weniger Belastungen

Arbeit darf nicht krank machen. Das Leistungsniveau in Betrieben muss so sein, dass die Gesundheit ein ganzes Arbeitsleben lang erhalten bleibt. Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Unternehmen, die Arbeit so zu gestalten, dass die Gefährdung der psychischen und physischen Gesundheit möglichst vermieden wird. Es scheitert allerdings oft an der Durchsetzung. Wir wollen einen Schutz gegen Dauerstress und Überlastung schaffen:

■ Wir brauchen eine Verordnung zum Schutz vor Gefährdung durch psychische Belastung bei der Arbeit (Antistressverordnung). Betriebsräte müssen die Regeln des Arbeitsschutzgesetzes zur Verhütung psychischer Belastung sowie ganzheitliche Gefährdungsbeurteilungen und vor allem Abhilfemaßnahmen leichter durchsetzen können.

■ Das Mitbestimmungsrecht von Betriebsräten muss sich auch auf die Prävention von Belastungen erstrecken. Die Beschäftigten brauchen ein individuelles »Vetorecht« bei gesundheitsgefährdender Überlastung, um auch Beschäftigte in Betrieben ohne Betriebsrat zu schützen.

■ Die Arbeitsschutzbehörden müssen finanziell und personell besser ausgestattet werden und besser mit der Mindestlohnkontrolle zusammengeführt werden, um wirksame und regelmäßige Kontrollen zu ermöglichen. Kontrollen müssen öfter stattfinden. Sie sollten zwingend im Betrieb und nicht nach Aktenlage stattfinden. Die Bußgelder für Verstöße gegen den Gesundheitsschutz der Beschäftigten müssen deutlich angehoben werden. Im Arbeitsschutzgesetz muss klargestellt werden, dass es strafbar ist, trotz vorheriger behördlicher Abmahnung weiter die Gesundheit der Beschäftigten zu gefährden.

■ Belegschaften müssen pro Monat zwei Stunden Beratungszeit während der Arbeitszeit erhalten, um sich über Arbeitsgestaltung, Arbeitszeit, Mitbestimmung und Arbeitsschutz auszutauschen, für Kontaktaufnahme mit den Arbeitsschutzbehörden und um Initiativen zur Mitbestimmung entwickeln zu können.

■ Die Anerkennung von Berufskrankheiten muss erleichtert werden. Das schließt psychische Erkrankungen ein. Wir fordern eine widerlegliche Vermutungsregelung zugunsten der Versicherten, um die Beweisführung in Berufskrankheiten-Verfahren zu erleichtern. Unabhängige Beratungsstellen müssen eingerichtet werden und Versicherte dabei unterstützen, ihre Ansprüche durchzusetzen. Erwerbsunfähigkeitsrenten müssen verbessert werden. Schwerbelastete Beschäftigte müssen früher in Rente gehen können (vgl. Kapitel »Gute Rente, gutes Leben«).

■ Gute Arbeit und Einkommen, von denen man leben kann, auch für Menschen mit Behinderung. Menschen mit Behinderung sind überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen – aufgrund fehlender Barrierefreiheit und aufgrund anderer Diskriminierungen. Wir kämpfen für einen inklusiven Arbeitsmarkt ohne Sonderstrukturen.

Kein Umbau auf dem Rücken der Beschäftigten: Weiterbildungsanspruch für alle

Unternehmen nutzen die Einführung neuer Technologien und Produkte, den Klimaschutz und die Digitalisierung als Anlass, um auf dem Rücken der Beschäftigten umzustrukturieren, Beschäftigte zu entlassen oder die Belegschaften zu erpressen. Gleichzeitig führen der ökologische Umbau und die Digitalisierung zu neuen Tätigkeitsfeldern und verändern die Anforderungen an Beschäftigte. Die Verantwortung für Aus- und Weiterbildung dürfen Unternehmen nicht auf die Beschäftigten und die Allgemeinheit abschieben. Fortbildungsmaßnahmen, die im Interesse der Unternehmen sind, müssen auch von ihnen finanziert werden. Beschäftigte, deren Arbeitsplätze wegfallen, müssen abgesichert werden. Wir wollen eine soziale und ökologische Transformation mit Arbeitsplatz- und Einkommensgarantien für die Beschäftigten.

Vetorecht gegen Kahlschlag, Mitbestimmung über die Zukunft. Beschäftigte und Betriebsräte brauchen Mitbestimmung auch bei wirtschaftlichen Fragen. Das gilt besonders für Betriebsänderungen, Standortänderungen und Entlassungen. Auch in Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, des betrieblichen Umweltschutzes, bei der Planung und Gestaltung von Tätigkeiten und von Arbeitsbedingungen, bei der Änderung von Arbeitsplätzen sowie der Arbeitsintensität braucht es zwingende Mitbestimmungsrechte.

■ Das Recht der Betriebsräte auf Verhandlungen mit den tatsächlichen Entscheidungsträgern muss auch in internationalen Konzernen klargestellt werden. Es darf nicht sein, dass Unternehmen durch Holdingstrukturen, bei denen Geschäftsführungen vor Ort nur als Befehlsempfänger*innen agieren, demokratische Mitbestimmungsrechte unterlaufen.

■ Betriebsräte brauchen ein erzwingbares Mitbestimmungs- und Initiativrecht für betriebliche Aus-, Weiter- und Fortbildung – und bei der Neuausrichtung der Unternehmen. Betriebe mit über 100 Beschäftigten müssen verpflichtend eine qualifizierte Personalplanung durchführen, die eine Weiterbildungsplanung für die Beschäftigten einschließt.

Alle Beschäftigten müssen zum Zwecke der Weiterbildung einen Rechtsanspruch erhalten, ihre Arbeitszeit zeitweise zu reduzieren oder zeitlich begrenzt ganz aussetzen zu können. Die Arbeitgeber*innen müssen während der Bildungsteilzeit einen teilweisen Lohnausgleich von mindestens 70 Prozent des Nettogehalts und Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Der Staat muss Bildungsteilzeit von Beschäftigten durch eine stärkere Berücksichtigung bei den Rentenansprüchen und der Höhe von Ansprüchen auf ALG I unterstützen. Für Geringverdienende muss ein vollständiger Lohnausgleich durch staatliche Zuschüsse garantiert werden.

■ Damit sich alle Unternehmen gleichermaßen an der Finanzierung beruflicher Weiterbildung beteiligen, schlägt DIE LINKE einen Weiterbildungsfonds vor, in den alle Unternehmen einer Branche einzahlen.

Berufsschulen und Hochschulen müssen gesetzlich verpflichtet und in die Lage versetzt werden, Angebote der beruflichen Fortbildung zu schaffen, die allen Beschäftigten unabhängig vom bisherigen Bildungsabschluss offenstehen.

■ Weiterbildungsangebote der Arbeitsagentur und Jobcenter müssen ausgebaut werden. Das Ziel schneller Vermittlung Erwerbsloser muss gestrichen werden, stattdessen müssen Erhalt der Qualifikation und Weiterbildung Vorrang bekommen. Für die Zeit der Weiterbildung wird ein Weiterbildungsgeld in Höhe von 90 Prozent des letzten Nettoentgelts gezahlt. Die Zeit der Weiterbildung wird nicht auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld angerechnet (vgl. Kapitel »Soziale Garantien«).

Betriebe, die nicht ausbilden, müssen eine Ausbildungsumlage zahlen (vgl. Kapitel »Gut ausgebildet«).

Gleiche Rechte für Saisonbeschäftigte und Beschäftigte in Privathaushalten

Besonders gravierend sind die Verstöße gegen Arbeitsschutz und gute Arbeitsbedingungen für mobile Beschäftigte aus dem Ausland. Durch die Koppelung des Aufenthaltsrechts an den Arbeitsvertrag sind sie besonders von extremer Ausbeutung bedroht und können ihre Rechte schwerer durchsetzen. Wir wollen gleiche Schutzrechte für alle und gleichen Lohn für gleiche Arbeit.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ab dem ersten Tag muss auch für Saisonarbeiter*innen und aus dem Ausland entsendete Beschäftigte gelten. Um Lohnbetrug zu vermeiden, müssen Unternehmen zur elektronischen Zeiterfassung verpflichtet werden, die für die Beschäftigten einsehbar ist. Gleichzeitig brauchen wir einen legalen Aufenthaltsstatus für alle hier Beschäftigten, damit Kontrollen dem Schutz der Beschäftigten dienen und nicht zu ihrem Nachteil werden. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses darf nicht zum Verlust des Aufenthaltsrechts führen. Der Zugang zu Informationen über bestehende Arbeitsrechte muss erleichtert werden und Initiativen, die mobile Beschäftigte in ihren Muttersprachen beraten, müssen stärker gefördert werden.

Für von den Arbeitgeber*innen gestellte oder vermittelte Unterkünfte muss es eine klare Begrenzung der zulässigen Kosten geben. Diese sollen sich nach den geltenden Sachbezugswerten aus dem Sozialversicherungsrecht richten. Abzüge für Unterkunft und Verpflegung müssen auf der Lohnabrechnung transparent dargestellt sein, um den Beschäftigten die Überprüfung zu ermöglichen. Die Einhaltung von Hygienestandards in den Unterkünften muss von den Aufsichtsbehörden regelmäßig kontrolliert werden.

■ Sämtliche gesetzlichen Ausnahmen vom Sozialversicherungsschutz für ausländische Beschäftigte müssen gestrichen werden. Wir wollen Sozialdumping bei der Entsendung nach Deutschland beenden: Sozialversicherungsbeiträge sollen künftig im Zielland bezahlt werden und die Anmeldung soll eine Woche vor Einsatzbeginn beantragt werden müssen.

■ DIE LINKE will die Rechte von Beschäftigten in Privathaushalten stärken. Arbeit in Privathaushalten (u.a. Reinigung, Pflege, Kinderbetreuung) soll vor allem über zertifizierte Agenturen, gemeinwohlorientierte oder kommunale Träger organisiert werden. Sie müssen Tarifverträge, unbefristete Beschäftigung, das Recht auf eine vertragliche Mindeststundenzahl, Arbeitsschutz und Weiterbildung für Beschäftigte garantieren. Um Ausbeutung zurückzudrängen, müssen Beschäftigte in Privathaushalten ohne Arbeits- und Aufenthaltsrecht die Möglichkeit einer Legalisierung erhalten.

■ Die Ausbeutung zumeist osteuropäischer Arbeitskräfte in der 24-Stunden-Pflege muss beendet werden. Pflege muss arbeitsrechtskonform organisiert werden.

Union Busting stoppen, Gegenwehr stärken, Mitbestimmung ausweiten

DIE LINKE will die Demokratie in der Gesellschaft, im Betrieb und in der Wirtschaft stärken. Die letzte bedeutende Reform des Betriebsverfassungsgesetzes gab es 1972. Damals gab es keine Leiharbeit, kein Outsourcing und keine Standortverlagerungen ins Ausland. Es gab keine sachgrundlosen Befristungen, Minijobs oder Arbeit auf Abruf. Beschäftigungsformen wie Crowd- und Clickwork waren unbekannt und Arbeitgeber*innen konnten sich nicht – als Plattformen getarnt – sozialpolitischer Verantwortung entziehen.

■ Unsere heutige Arbeitswelt ist geprägt von Digitalisierung, Globalisierung, Deregulierung und der Notwendigkeit eines ökologischen Umbaus. Wir wollen Betriebsratswahlen erleichtern und die Arbeitsfähigkeit von Betriebsräten sichern. Wir wollen Schwerpunktstaatsanwaltschaften mit ausreichend Personal für Straftatbestände aus dem Arbeitsrecht und Betriebsverfassungsrecht schaffen, sowie schärfere Sanktionen gegen Arbeitgeber*innen und Anwaltskanzleien, die sich auf die Verhinderung von gewerkschaftlicher Organisierung spezialisiert haben. Wir wollen in Fällen von Union Busting bei erstmaligen Betriebsratswahlen die Möglichkeit der direkten Einsetzung von Betriebsräten durch das Arbeitsgericht. Wir wollen den Betriebsbegriff anpassen und den Arbeitnehmerbegriff erweitern. Zusätzliche Arbeitnehmervertretungsstrukturen sollen durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung bestimmt werden können. Die zwingende Mitbestimmung wollen wir ausweiten auf Fragen der Arbeitsorganisation, der Personalbemessung, prekärer Beschäftigung und der Qualifizierung.

■ Die Transformation der Arbeitswelt ist eine umfassende gesellschaftliche Umstrukturierung mit gravierenden Auswirkungen auf die Arbeitsbeziehungen. Sie vollzieht sich nicht klassenneutral, sondern als Verteilungsauseinandersetzung, untrennbar mit der Eigentumsfrage verbunden. Deshalb ist die Ausweitung zwingender Mitbestimmung auf wirtschaftliche Fragen zentral. Beschäftigte und ihre Betriebsräte sollen die Initiative ergreifen können bei Investitionsentscheidungen, Fertigungstiefen, Aus- und Verlagerungen, Schließungen von Betrieben und Betriebsteilen, Rationalisierungsvorhaben und neuen Arbeitsmethoden und Steuerungsmechanismen. Denn nur so werden Beschäftigte bei der bevorstehenden Transformation mitgenommen, nur so wird prekäre Arbeit eingedämmt, nur so Klima- und Umweltschutz in den Betrieben realisiert und die Digitalisierung im Sinne der Beschäftigten und auch des Allgemeinwohls vorangetrieben.

■ DIE LINKE setzt sich dafür ein, die Wahl von Betriebsräten zu erleichtern. Der Kündigungsschutz muss auf alle Organe der Betriebsverfassung ausgeweitet und verlängert werden. Für Beschäftigte im öffentlichen Dienst müssen die gleichen Mitbestimmungsrechte gelten.

■ In allen privaten, öffentlichen und gemeinwirtschaftlichen Unternehmen ab 500 Beschäftigten wollen wir eine echte paritätische Mitbestimmung im Aufsichtsrat verpflichtend einführen. In diesen Unternehmen müssen die Eigentümer*innen und die Beschäftigten zu gleichen Teilen vertreten sein. Den Vorsitz übernimmt eine weitere Person, auf die sich beide Seiten verständigen müssen. Fragen von erheblicher Bedeutung für die Belegschaft – wie Verlagerungen – müssen durch Belegschaftsabstimmung bestätigt werden.

Gewerkschaften stärken

■ Die Gewerkschaften müssen ein umfassendes Verbandsklagerecht zur Einhaltung von Tarifverträgen und gesetzlichen Bestimmungen erhalten sowie das Recht zu Kollektivbeschwerden nach dem Protokoll der Europäischen Sozialcharta.

■ Zur Verteidigung des Streikrechts muss der Anti-Streik-Paragraf 160 des SGB III abgeschafft werden. Das Tarifeinheitsgesetz muss zurückgenommen werden, da mit ihm eine Einschränkung des Streikrechts verbunden ist.

Solidaritätsstreiks mit Beschäftigten anderer Betriebe und Branchen und politische Streiks zur Durchsetzung sozialer Verbesserungen und zur Verteidigung von Demokratie und Frieden müssen ins Streikrecht eingeschlossen werden. Das Streikrecht muss auch für Beamt*innen gelten. OT-Mitgliedschaften (»ohne Tarif«) in Arbeitgeberverbänden müssen abgeschafft werden.

Die betrieblichen Mitbestimmungsrechte und das Streikrecht müssen auch für die Beschäftigten in Kirche, Diakonie und Caritas uneingeschränkt gelten. Der Paragraf 118 des Betriebsverfassungsgesetzes muss gestrichen werden. Vertrauensleutearbeit muss ähnlich der Arbeit von Betriebsräten geregelt werden.

Wir wollen eine gesetzliche Rente, die den Lebensstandard wieder sichert und vor Armut schützt. Das ist für viele Menschen die Grundlage für ein sorgenfreies und selbstbestimmtes Leben. Forderungen, dass wer länger lebt, erst später in Rente gehen soll, weisen wir zurück.

Die Rente darf nicht über Kapitalmärkte »gesichert« werden – dann ist sie unsicher. Die Alterssicherung muss zu gleichen Teilen von Unternehmen und Beschäftigten finanziert werden. Noch im Jahr 2000 lag das Rentenniveau bei 53 Prozent, jetzt soll es bis auf 43 Prozent sinken. Das ist ein Programm der Bundesregierung für Altersarmut!

Wir wollen den Rentenabbau beenden und das Garantieversprechen der gesetzlichen Rentenversicherung wiederherstellen. Drei zentrale Maßnahmen sind der Einstieg:

Wir wollen das Rentenniveau wieder auf 53 Prozent anheben. Das bedeutet in Geld: Wer derzeit die aktuelle Durchschnittsrente von 1.048 Euro bekommt, erhält dann 1.148 Euro, also knapp 100 Euro mehr im Monat. Das Rentenniveau von derzeit 48,4 Prozent (ohne Revisionseffekt) kann problemlos innerhalb einer Wahlperiode auf 53 Prozent angehoben werden. Das kostet Beschäftigte und Arbeitgeber*innen bei einem durchschnittlichen Verdienst von 3.462 Euro nur je circa 33 Euro mehr im Monat. Der Beitrag für eine private Riester-Rente (124 Euro) kann dafür entfallen. Durchschnittsverdienende hätten also 90,50 Euro mehr in der Tasche. Bei der Rentenanpassung stellen wir die Lohnbezogenheit wieder her.

■ Als LINKES Kernprojekt beziehen wir alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Dazu haben wir ein Konzept entwickelt, das Solidarität und soziale Gerechtigkeit mit finanzieller Solidität und Stabilität verbindet. Wir stärken damit die gesetzliche Rentenversicherung und verhindern Armut im Alter und bei Erwerbsminderung. Unser Konzept der Solidarischen Erwerbstätigenversicherung bietet eine gesetzliche Alterssicherung auch für bislang nicht versicherte Selbstständige, Freiberufler*innen, Beamt*innen, Manager*innen und Politiker*innen. Wir wollen, dass alle Erwerbstätigen Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung zahlen.

■ Als Garantie führen wir eine Solidarische Mindestrente von 1.200 Euro für all jene ein, die trotz der Reformmaßnahmen in der Rente ein zu niedriges Alterseinkommen haben, um davon leben zu können. Denn wer heute auf lange Phasen mit schlechten Löhnen, Erwerbslosigkeit oder Krankheit zurückblicken muss, hat trotzdem Anspruch auf ein würdevolles Leben im Alter. Die Solidarische Mindestrente wird deshalb von der Rentenversicherung an alle Menschen im Rentenalter gezahlt – bei Erwerbsminderung als Zuschlag, im Einzelfall auch als Vollbetrag –, die im Alter weniger als 1.200 Euro Nettoeinkommen haben. Die Solidarische Mindestrente ist einkommens- und vermögensgeprüft. Sie wird aus Steuern finanziert. Die Unterhaltsansprüche nach dem BGB werden berücksichtigt. Mit Vermögensfreibeträgen stellen wir sicher, dass soziale Härten vermieden werden und normales, selbstgenutztes Wohneigentum unangetastet bleibt. Unser Versprechen lautet: Niemand soll im Alter von weniger als 1.200 Euro leben müssen. Die Solidarische Mindestrente wird regelmäßig am 1. Juli eines jeden Jahres im selben Maße erhöht, wie alle anderen gesetzlichen Renten auch.

Mit unserem Konzept der Solidarischen Erwerbstätigenversicherung stellen wir die Weichen für eine gerechte, stabile und inklusive Alterssicherung der Zukunft, die für alle Erwerbstätigen da ist. Sie wird von folgenden Einzelmaßnahmen flankiert:

■ Die Beitragsbemessungsgrenze (für die allgemeine und die knappschaftliche Rentenversicherung sowie für die alten und die neuen Bundesländer) wird zunächst vereinheitlicht und dann in mehreren Schritten drastisch angehoben. Die Höhe der Rentenansprüche über dem Doppelten des Durchschnitts soll abgeflacht werden (im höchsten verfassungsgemäß zulässigen Rahmen). Deshalb soll eine »Beitrags-Äquivalenzgrenze« eingeführt werden.

■ Die private Riester-Rente ist gescheitert. Sie kann die in die gesetzliche Rente gerissenen Lücken nicht schließen. Die Beiträge und Zuschüsse wandern in die Kassen der Versicherungskonzerne, statt in die Portemonnaies der Rentner*innen. Millionen Menschen mit normalem und niedrigem Einkommen können sich eine private Rentenversicherung nicht leisten. Die Riester-Rente überführen wir auf freiwilliger Basis in die gesetzliche Rente. Wer eingezahlt hat, soll seine Ansprüche behalten und in die gesetzliche Rente überführen können. Die staatlichen Subventionen von knapp 4 Milliarden Euro jährlich beenden wir und erhöhen damit die Zuschüsse an die gesetzliche Rentenversicherung. Außerdem soll es Versicherten und ihren Arbeitgeber*innen erleichtert werden, bis zu einer bestimmten Grenze freiwillig zusätzliche Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen.

■ Die Beschäftigten dürfen nicht den Risiken auf dem Kapitalmarkt ausgesetzt werden. Wir lehnen es ab, die Arbeitgeber*innen im Rahmen kapitalgedeckter betrieblicher Altersvorsorge und sogenannter Zielrenten aus der Haftung zu entlassen. Das gilt auch für den Verzicht auf Rentengarantien zugunsten einer reinen Beitragszusage.

■ Statt einer überwiegend von den Beschäftigten finanzierten betrieblichen Altersvorsorge wollen wir eine überwiegend von den Arbeitgeber*innen finanzierte betriebliche Altersversorgung (als betriebliche Sozialleistung). Dafür sollen verbindliche tarifvertragliche Regelungen die Grundlage sein.

■ Wir fordern, die Doppelverbeitragung mit Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträgen bei betrieblicher Altersvorsorge sofort zu beenden. Klar ist: Betriebsrenten dürfen nicht frei von Sozialabgaben sein. Aber sie sollen in der Ansparphase bezahlt werden und nicht in der Rentenphase. Mit der Entgeltumwandlung werden die Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung jedoch geschwächt, und die Rentenansprüche aller Versicherten – egal ob sie über den Betrieb vorsorgen oder nicht – sinken. Die Ungleichheit wird so verschärft. Darum wollen wir die Entgeltumwandlung für die Zukunft abschaffen.

■ Die Doppelbesteuerung der Renten wollen wir abschaffen. Wir wollen das steuerfreie Existenzminimum auf 14.400 Euro im Jahr anheben – kleine bis mittlere Renten wären damit steuerfrei. DIE LINKE fordert eine Verlängerung des Übergangszeitraums bis 2070, eine außerordentliche Rentenerhöhung und eine Neuberechnung des individuellen Rentenfreibetrags. Denn die Rente muss nach jahrzehntelanger Beitragszahlung auch netto den Lebensstandard wieder sichern.

Unser Nachbarland Österreich zeigt: Ein gesetzliches Rentensystem kann vor Armut schützen, den Lebensstandard sichern und zugleich finanzierbar sein. Statt einen Teil der Alterssicherung vom Kapitalmarkt abhängig zu machen, wurde in Österreich das gesetzliche Rentensystem zu einer Erwerbstätigenversicherung ausgebaut. Das wollen wir auch in Deutschland erreichen.

Wir wollen zügig weitere Verbesserungen bei der Rente durchsetzen. Unser Rentenkonzept sieht vor:

Solidarausgleich für Niedriglohn: Zeiten niedriger Löhne wollen wir ausgleichen. Die von der Großen Koalition beschlossene sogenannte Grundrente greift hier zu kurz. Wir wollen die »Rente nach Mindestentgeltpunkten« auch für Zeiten nach 1992 einführen und verbessern. Vollzeiterwerbstätige mit 13 Euro Stundenlohn erhielten dann in der Regel eine Rente von rund 1.200 Euro. Bei einem Rentenniveau von 53 Prozent hätte zum Beispiel eine Einzelhandelskauffrau mit einem Gehalt von 2.200 Euro brutto dadurch nach 45 Jahren Arbeit monatlich knapp 198 Euro mehr als nach geltendem Recht mit der sogenannten Grundrente – ohne eine Einkommensprüfung! Davon würden vor allem Frauen und in Ostdeutschland Beschäftigte profitieren.

Ausbildungszeiten werden besser anerkannt und führen zu höheren Renten.

■ Zeiten der Erwerbslosigkeit, der Kindererziehung und der Pflege bewerten wir höher, damit sie nicht zu Armutsrenten führen.

Für jedes Kind werden drei Entgeltpunkte – Zur Zeit gibt es über 102 Euro sogenannter Mütterrente – auf dem Rentenkonto gutgeschrieben. Egal ob ein Kind 1960 oder 2010, egal ob es in Frankfurt am Main oder in Frankfurt an der Oder geboren wurde. Diese Verbesserung muss als gesamtgesellschaftliche Aufgabe vollständig aus Steuern finanziert werden.

■ Alle pflegenden Angehörigen erwerben zusätzliche Rentenansprüche aus ihrer Pflegetätigkeit für die gesamte Dauer der Pflegesituation, auch im Pflegegrad 1, nach Erreichen der Regelaltersgrenze und ohne Kürzung, wenn zusätzlich professionelle Pflegedienste genutzt werden. Die Leistungsbeträge werden angehoben.

■ Für regelmäßig geleistete freiwillige und unbezahlte Arbeit von Bürger*innen im organisierten anerkannten Rettungsdienst, im Brandschutz, im Katastrophenschutz und im Technischen Hilfswerk (THW) werden durch den Staat angemessene Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt.

■ Die Rente erst ab 67 muss zurückgenommen werden. Forderungen nach einer noch höheren Regelaltersgrenze sind unrealistisch und unverantwortlich. Arbeiten bis zum Umfallen wollen wir verhindern. Jede*r muss wieder spätestens ab 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen dürfen. Das ist finanzierbar. Wenn Menschen 40 Jahre lang Beiträge gezahlt haben, sollen sie bereits ab 60 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können.

■ Wer krank wird, darf nicht noch eine niedrige Rente befürchten müssen: Der Zugang zu den Erwerbsminderungsrenten muss erleichtert werden. Die beschlossene Anhebung der Zurechnungszeit (die Zeit, die »hinzugerechnet« wird, weil der oder die Versicherte wegen der Erwerbsminderung nicht einzahlen konnte) für Rentenzugänge ab 2019 muss auch für die Menschen gelten, die schon 2018 und früher eine Erwerbsminderungsrente bezogen haben. Wir fordern, die unsozialen Abschläge auf Erwerbsminderungsrenten zu streichen oder sie durch eine wirkungsgleiche Maßnahme zu kompensieren.

■ Für Langzeiterwerbslose müssen endlich wieder Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt werden.

■ Wir wollen die Benachteiligung der ostdeutschen Rentner*innen endlich beenden. Wir fordern die sofortige Angleichung des »aktuellen Rentenwertes (Ost)« an das Westniveau, ohne zukünftige Rentner*innen zu benachteiligen (vgl. Kapitel »Gerechtigkeit für die Menschen in Ostdeutschland«).

■ Wir streiten dafür, dass die seit Jahrzehnten hierzulande lebenden jüdischen Kontingentflüchtlinge und Aussiedler*innen, die bis 2012 in Rente gegangen sind, aus dem derzeit entstehenden Härtefallfonds mindestens eine Einmalzahlung von jeweils10.000 Euro pro Person erhalten, die nicht auf die »Grundsicherung im Alter« und andere Sozialleistungen angerechnet wird.

■ Wir wollen die rückwirkende Einbeziehung der DDR-Altübersiedler*innen in die Gesetzgebung zur Rentenüberleitung abschaffen und dafür sorgen, dass sie ihre von der Bundesregierung versprochenen Renten nach dem Fremdrentengesetz erhalten.

Wir wollen einen starken, demokratischen Sozialstaat, der alle Menschen wirksam gegen die Lebensrisiken von Krankheit, Unfall, Alter, Pflegebedürftigkeit und Erwerbslosigkeit schützt. Corona hat die Lücken unserer sozialen Sicherungssysteme gezeigt: Für Hartz-IV-Bezieher*innen sind Mehrausgaben zum Beispiel für Homeschooling und Sicherheitsmasken nicht erschwinglich, schon die Regelbeträge sichern nicht gegen Armut. Freiberufler*innen bleiben ohne soziale Absicherung. Obdachlose in Sammelunterkünften sind hohen Infektionsrisiken ausgesetzt. Die soziale Ungleichheit hat zugenommen. Wir wollen einen demokratischen Sozialstaat, der soziale Rechte gibt, das gesellschaftliche Leben durch soziale Dienstleistungen und öffentliche Infrastrukturen stärkt und für gute und planbare Erwerbsarbeit sorgt, die sicher ist und zum Leben passt. An einer Regierung, die Privatisierungen der Daseinsvorsorge oder Sozialabbau betreibt, deren Politik die Aufgabenerfüllung des öffentlichen Dienstes verschlechtert, werden wir uns nicht beteiligen.

Das sind die drei Säulen unseres Sozialstaats der Zukunft:

Soziale Rechte für alle, die vor Armut schützen und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen: Wir stärken den Sozialstaat durch soziale Garantien auf Basis solidarischer Umlagesysteme, die alle Menschen wirksam gegen die Risiken des Lebens schützen. Wir garantieren einen guten Lebensstandard für alle in allen Lebensphasen und Lebenssituationen – auch in der Rente. Wir wollen einen garantierten Schutz vor Armut. Sanktionen und entwürdigende Antragsverfahren schaffen wir ab. Zusammengefasst wollen wir ein garantiertes Mindesteinkommen von 1.200 Euro in jeder Lebenssituation, in der es gebraucht wird.

Soziale Dienstleistungen und öffentliche Infrastrukturen, die Zugang für alle ermöglichen: Soziale Dienstleistungen – zum Beispiel im Gesundheits-, Pflege-, Bildungs- und Sozialwesen – und öffentliche Infrastrukturen – zum Beispiel Bibliotheken, Theater, Schwimmbäder, Straßen, Nahverkehr – sind deshalb zentral für den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft. Als Teil des gesellschaftlichen Reichtums sind sie öffentliche Güter, die allen Mitgliedern der Gesellschaft zugutekommen und deshalb gemeinwohlorientiert verfasst sein sollen. Wir verstehen diese Dienstleistungen und Infrastrukturen als Sozialeigentum aller Bürger*innen.

Ein »neues Normalarbeitsverhältnis« für gute und planbare Erwerbsarbeit, die sicher ist und zum Leben passt: Sinnhafte Erwerbsarbeit, kürzere Arbeitszeiten und Löhne, die für ein gutes, planbares und sicheres Leben reichen. So können wir auch die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern zurückdrängen. Gute Arbeit sichert auch Steuereinnahmen und Versicherungsbeiträge für die Ausweitung des demokratischen Sozialstaats.

Soziale Rechte: Eine gerechte Versicherung gegen Erwerbslosigkeit

Die Erwerbslosigkeit in Deutschland ist durch die Coronakrise wieder gestiegen. Der Anstieg fiel in den neuen Bundesländern höher aus als in den alten. Für viele Erwerbslose bedeutet das den Absturz in Hartz IV. Wer jahrelang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, ist trotzdem von Armut bedroht.

Lang erworbene Versicherungsansprüche werden vernichtet. Wir wollen eine Arbeitslosenversicherung, die den zuvor erreichten Lebensstandard annähernd sichert. In die Versicherung zahlen Beschäftigte und Arbeitgeber*innen ein. Ziel unserer Verbesserungen der Arbeitslosenversicherung ist es, möglichst viele Menschen gut abzusichern. Dies schließt auch die Erwerbstätigen ein, die bislang von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung noch ausgeschlossen sind (zum Beispiel Soloselbstständige und Freiberufler*innen). Dazu erweitern wir das bereits bestehende Arbeitslosengeld und führen ein neues Arbeitslosengeld Plus ein.

■ Wir wollen ein Recht auf Erwerbsarbeit mit einem einklagbaren individuellen Rechtsanspruch. Das schließt auch das Recht ein, eine konkrete Erwerbsarbeit abzulehnen.

■ DIE LINKE setzt sich für die Stärkung der Arbeitslosenversicherung ein: Alle Menschen – insbesondere Berufseinsteiger*innen – sollen schneller einen längeren Anspruch auf Arbeitslosengeld erhalten und langjährig Beschäftigte sollen davor bewahrt werden, nach kurzer Zeit in das Hartz-IV-System wechseln zu müssen.

■ Zumutbare Arbeitsangebote müssen sich am Grundsatz »Gute Arbeit« orientieren.

Sperrzeiten und Sanktionen werden ausnahmslos abgeschafft. Insbesondere sollen Beschäftigten keine Sperrzeiten drohen, wenn sie selbst kündigen oder konkrete Arbeitsangebote ablehnen. Qualifizierung und Weiterbildung sollen gestärkt, das Arbeitslosengeld soll auf einheitlich 68 Prozent erhöht und ein Arbeitslosengeld Plus (58 Prozent) eingeführt werden, ebenfalls beitragsfinanziert, Bezugsdauer noch mal so lang wie vorher das Arbeitslosengeld, bei langjährig Versicherten dauerhaft. Jährlicher Inflationsausgleich soll eine Absenkung des Lebensstandards durch Preissteigerungen verhindern.

■ Wir wollen die Kurzarbeit als schnell wirkendes Mittel zur Sicherung von Arbeitsplätzen dauerhaft ausbauen. Kurzarbeitergeld wird in Höhe von 90 Prozent des letzten Einkommens gezahlt, die Sozialversicherungsbeiträge werden in voller Höhe ohne Unterbrechung gezahlt. Unternehmen, die Kurzarbeitergeld von der Agentur für Arbeit beziehen, dürfen keine betriebsbedingten Entlassungen vornehmen und keine Dividenden an ihre Anteilseigner*innen auszahlen.

■ Auch die Erwerbstätigen, die bislang von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung noch ausgeschlossen sind (zum Beispiel Soloselbstständige und Freiberufler*innen), werden in diese einbezogen. Beiträge und Leistungen richten sich dabei nach dem tatsächlichen Einkommen, Auftraggeber*innen sind analog den Arbeitgeber*innen an den Beiträgen zu beteiligen.

■ Menschen, die derzeit keiner regulären Beschäftigung nachgehen können, wollen wir neue Perspektiven geben. Dafür schaffen wir einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor mit zusätzlichen existenzsichernden, sozialversicherungspflichtigen und tariflich abgesicherten Arbeitsplätzen. Die Angebote sind für die Erwerbslosen freiwillig.

Bedarfsdeckende und sanktionsfreie individuelle Mindestsicherung

Wir wollen das Hartz-IV-System abschaffen und es ersetzen durch Gute Arbeit (vgl. Kapitel »Gute Arbeit«), eine bessere Erwerbslosenversicherung (siehe oben) und eine bedarfsgerechte individuelle Mindestsicherung ohne Sanktionen.

■ Um sicher gegen Armut zu schützen, muss sie derzeit 1.200 Euro betragen. Sie gilt für Erwerbslose, aufstockende Erwerbstätige, Langzeiterwerbslose und Erwerbsunfähige ohne hinreichendes Einkommen oder Vermögen.

■ Sonderbedarf, zum Beispiel für chronisch Kranke oder Menschen mit Behinderung, wird im Rahmen der Solidarischen Gesundheitsversicherung bzw. des Bundesteilhabegesetzes gewährt. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt werden zusätzlich zur Mindestsicherung auch höhere Wohnkosten übernommen.

■ Die Höhe der sanktionsfreien Mindestsicherung muss jährlich entsprechend den Lebenshaltungskosten angehoben werden (Inflationsausgleich). Einmal in der Legislaturperiode wird die Höhe der Mindestsicherung überprüft, wobei sichergestellt sein muss, dass gesellschaftliche Teilhabe und Schutz vor Armut garantiert sind. Für Kinder wollen wir eine eigenständige Grundsicherung einführen (siehe unten).

■ Alle Personen, die sich gegenwärtig in Deutschland aufhalten, haben ein Recht auf existenzsichernde Sozialleistungen. Das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) wird abgeschafft. Asylbewerber*innen und hier lebende EU-Bürger*innen werden in die individuelle Mindestsicherung einbezogen.

Sofortmaßnahmen: Erhöhung der Regelsätze und Abschaffung der Sanktionen

Als Zwischenschritt bis zur Einführung einer sanktionsfreien Mindestsicherung wollen wir die sofortige Erhöhung der derzeitigen Grundsicherungsleistungen auf 658 Euro plus Übernahme der Wohn- und Stromkosten in tatsächlicher Höhe. Zudem fordern wir für die Dauer der Coronapandemie einen pauschalen Mehrbedarfszuschlag von 100 Euro pro Monat für alle Bezieher*innen von Hartz IV und Grundsicherung. Diese Forderung teilen wir mit vielen Sozialverbänden und Gewerkschaften.

■ Langlebige Gebrauchsgüter wie Kühlschrank und Waschmaschine (sogenannte weiße Ware) sind nicht vom Regelbedarf abzudecken. Ihre Anschaffung muss im Bedarfsfall voll übernommen werden.

■ Die Mittel für Mobilität müssen den realen Preisen entsprechen. Wir treten für ein Sozialticket im öffentlichen Nahverkehr ein. Perspektivisch wollen wir einen entgeltfreien öffentlichen Nahverkehr für alle.

Alle bisherigen Bundesregierungen haben gezielt kleingerechnet, was die Menschen zum Leben brauchen. Damit muss Schluss sein. Da sind wir uns mit vielen Sozial- und Fachverbänden einig.

■ Die Kosten der Unterkunft und Heizung müssen in einem Maße übernommen werden, das dem tatsächlichen Angebot an Wohnungen vor Ort entspricht (und nicht nur die vom Jobcenter als »angemessen« erachteten). Aktuell werden die angemessenen Wohnkosten von den Kommunen oft viel zu niedrig angesetzt. Die Beiträge für Mitgliedschaften in Mieter*innenvereinen sollen vom Jobcenter übernommen werden.

■ Das bisherige Prinzip der sogenannten Bedarfsgemeinschaften ist nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen es durch individuelle Ansprüche (unter Beachtung der gesetzlichen Unterhaltsansprüche) ersetzen.

■ Die digitale Anbindung ist eine zwingende Voraussetzung für soziale Teilhabe in unserer Gesellschaft geworden. Deshalb fordern wir einmalige Leistungen für die digitale Ausstattung von Erwachsenen. Die laufenden tatsächlichen Kosten für Digitales müssen in den Regelsätzen enthalten sein.

■ Schulpflichtige Kinder im Leistungsbezug sollen als Sofortmaßnahme einen einmaligen Zuschuss für Computer, Drucker und weitere IT-Ausstattung bekommen. Der Zuschuss soll 500 Euro betragen und unbürokratisch gewährt werden. Den IT-Zuschlag überführen wir in unsere eigenständige Kindergrundsicherung, sobald sie aufgebaut ist (vgl. unten).

Sanktionsfreiheit! Alle Sanktionen, also Kürzungen des Existenzminimums, müssen ausgeschlossen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 5. November 2019 bereits eine notwendige rote Linie gegen die bisherige Sanktionspraxis gezogen. Das Grundrecht auf soziale Teilhabe muss auch für Bezieher*innen von Grundsicherungsleistungen umgesetzt werden.

■ Die bisherigen Sanktionsregelungen im SGB II sowie die Leistungseinschränkungen im SGB XII müssen gestrichen werden. Das sozialkulturelle Existenzminimum ist ein Grundrecht und darf nicht durch Sanktionen unterschritten werden.

■ Damit auch Menschen mit geringem Einkommen rechtlicher Beistand ermöglicht wird, fordern wir den Ausbau der Prozesskosten- und Beratungshilfe. Die Eigenanteilzahlung zur Beratungshilfe wollen wir abschaffen. Wir wollen die Kriterien für die Bewilligung sowie für den Einsatz von Einkommen und Vermögen zugunsten tatsächlich bedarfsdeckender Beträge verändern. Die über vier Jahre andauernde nachgelagerte Überprüfung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wollen wir abschaffen. Zudem setzen wir uns für gebührenfreie und unabhängige Beratungsstellen ein. Damit niemand allein zum Amt muss, und um den Austausch von Betroffenen zu erleichtern, braucht es ein bundesweites Netz an selbstorganisierten Sozialberatungsstellen. Deren Betrieb muss durch Bundeszuschüsse finanziert werden.

Prekäre Beschäftigung und Erwerbslosigkeit, hohe Mieten und Krankheit treiben die Menschen in die Armuts- und damit zwangsläufig auch in die Schuldenfalle. Die Reform des Verbraucherinsolvenzverfahrens von 2020 ist nicht ausreichend. Wir sagen: Raus aus der Schulden- und Armutsfalle!

Menschen, die schon durchgehend seit mindestens 72 Monaten im »Schuldturm« (öffentliches Schuldnerverzeichnis) eingetragen sind, sollen eine verkürzte vollständige Restschuldbefreiung von 12 Monaten erhalten. Schufa und andere private Auskunftsdateien sollen bei Wohnungsbewerbungen keine Auskünfte mehr über Schulden und laufende Kredite der Bewerber*innen erteilen dürfen. Für Vermieter*innen muss die Mietschuldenfreiheitserklärung als Kontrollinstrument ausreichen.

Wir wollen Schulden verhindern, bevor sie entstehen. Dafür wollen wir Schuldnerberatungsstellen stärken und eine mobile Schuldnerberatung in ländlichen Gebieten einführen. Wir wollen kostenfreie juristische Hilfe für jeden betroffenen Verbraucher ohne Bedingungen.

Alle in der Partei DIE LINKE sind dem grundlegenden Ziel verpflichtet, alle Menschen sicher vor Armut zu schützen und gesellschaftliche Teilhabe zu garantieren. Diese Garantie macht für viele die Idee eines Grundeinkommens attraktiv. Viele andere halten diese Idee dagegen für ungeeignet. Für uns ist dieses Ziel der Grund, uns für ein sanktionsfreies Mindesteinkommen von 1.200 Euro einzusetzen, für alle, die es brauchen: ob in Rente, Kurzarbeit, Erwerbslosigkeit oder im Studium – kein volljähriger Mensch soll weniger haben. Wir führen die gesellschaftlichen Diskussionen über ein bedingungsloses Grundeinkommen kontrovers und entscheiden im kommenden Jahr mit einem Mitgliederentscheid, ob wir unsere Haltung dazu ändern.

Kinderarmut überwinden: Kindergrundsicherung

Kinderarmut ist immer Einkommensarmut der Eltern. Eine gute soziale Infrastruktur, gute Löhne und soziale Garantien sind wichtige Bestandteile im Kampf gegen Kinderarmut. Dazu kommen eine starke Kinder- und Jugendhilfe und eine armutsfeste Kindergrundsicherung. Wir beseitigen Kinder- und Jugendarmut mit zwei Ansätzen:

■ mit finanzieller Unterstützung bei materieller und monetärer Armut,

■ mit infrastrukturellen Angeboten (ÖPNV, Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen, Musikschulen, Bibliotheken etc.) werden Türen geöffnet und es wird Teilnahme am gesellschaftlichen Leben hergestellt – niedrigschwellig, barrierefrei, wohnortnah im Lebensumfeld und möglichst gebührenfrei.

Gemeinsam mit Sozialverbänden, Gewerkschaften und anderen gesellschaftlichen Akteuren fordern wir eine eigenständige Kindergrundsicherung. Sie muss leicht verständlich, transparent und gerecht sein. Bei der Ausgestaltung orientieren wir uns am Modell des Bündnisses Kindergrundsicherung. Die Höhe fällt abgestuft aus. Beginnend bei 630 Euro für die ärmsten Kinder wird sie je nach Einkommenssituation bis auf 328 Euro abgeschmolzen. Das entspricht dem erhöhten Kindergeld, das wir für alle Kinder als Sofortmaßnahme fordern. Es wird einkommensunabhängig an alle Familien monatlich gezahlt.

Als Sofortmaßnahme erhöhen wir das Kindergeld für alle Kinder auf 328 Euro monatlich. Es wird einkommensunabhängig an alle Familien gezahlt. Kinder aus armen Familien erhalten zusätzlich als Sofortmaßnahme zum Kindergeld einen nach Alter gestaffelten Zuschlag bis zu 302 Euro. Außerdem sollen auch für Kinder die tatsächlichen Unterkunftskosten sowie einmaliger und besonderer Bedarf (Klassenfahrten, IT-Ausstattung u.ä.) berücksichtigt werden.

Die Kindergrundsicherung gilt für alle Kinder und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und für junge Volljährige bis zur Vollendung ihrer ersten Schulausbildung (inkl. Abitur). Mit unserer Kindergrundsicherung ersetzen wir die bestehenden bürokratischen, restriktiven und intransparenten sozialen Sicherungssysteme für Kinder einkommensarmer Familien. Der Unterhaltsvorschuss bleibt bestehen. Die Kindergrundsicherung ist eine Leistung ausschließlich für das Kind. Sie wird weder beim Bezug von Sozialleistungen noch innerhalb des Steuerrechts als Einkommen der Eltern oder anderer Haushaltsangehöriger angerechnet.

Die Angebote für Kinder und Jugendliche zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und zur persönlichen Entwicklung wollen wir ausbauen – barrierefrei, lebensnah und möglichst gebührenfrei. Die Kommunen sind entsprechend finanziell zu unterstützen, um Angebote der Kinder- und Jugendhilfe, Sportanlagen, Frei- und Hallenbäder, Kultur- und Bildungseinrichtungen vorzuhalten sowie den ÖPNV stärker auf die Bedürfnisse der jungen Menschen auszurichten. Wir wollen ein wirkliches Teilhabegesetz für Kinder und Jugendliche. Die jetzigen Bestimmungen in Paragraf 13 SGB VIII sind bloße Absichtserklärungen. Wir wollen sie zu einem Rechtsanspruch auf soziale Teilhabe machen.

Familien dort unterstützen, wo sie es brauchen

Niedrige Löhne und Erwerbslosigkeit haben Familien-, Kinder- und Jugendarmut zur Folge. Besonders dramatisch ist die Situation für alleinerziehende Mütter und Väter, die sich im Hartz-IV-Bezug befinden. LINKE Familienpolitik zielt darauf ab, allen Menschen ein gutes, planbares Leben ohne Zukunftsangst zu ermöglichen – für alle Familienformen, unabhängig der Herkunft, sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität (vgl. Kapitel »Reproduktive Gerechtigkeit«). Dafür wollen wir soziale und öffentliche Infrastrukturen und Dienstleistungen ausbauen und gute soziale Sicherungen einführen, damit Familie und Beruf besser vereinbar werden.

Gebührenfreie öffentliche Kinderbetreuung für Kinder aller Altersgruppen: Eltern brauchen Betreuungseinrichtungen, die flexible Öffnungszeiten haben, damit eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleistet ist. Gleichzeitig brauchen Beschäftigte gute Arbeitsbedingungen, gute Löhne und bessere Betreuungsschlüssel. Die öffentlichen Betreuungsangebote, insbesondere für Kinder ab dem ersten Lebensjahr, müssen ausgebaut werden, damit ihr Rechtsanspruch auf pädagogische Förderung eingelöst werden kann (vgl. Kapitel »Bildung«).

Mindestelterngeld, längere Laufzeit: Um Familie und Beruf besser zu vereinbaren, wollen wir den Elterngeldanspruch auf 12 Monate pro Elternteil (bzw. 24 Monate für Alleinerziehende) verlängern. Der Elterngeldanspruch gilt individuell und ist nicht auf den anderen Elternteil übertragbar. Er gilt bis zum siebten Lebensjahr des Kindes. Außerdem wollen wir den Mindestbetrag des Elterngelds auf 400 Euro und beim Elterngeld Plus entsprechend auf 200 Euro anheben.

Keine Anrechnung des Elterngeldes auf Transferleistungen: Seit 2011 wird Elterngeld zum Beispiel auf Hartz IV angerechnet. Insbesondere Familien mit geringem oder gar keinem Einkommen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, sind seitdem von der Leistung ausgeschlossen.

Arbeitszeitmodelle, die es Müttern und Vätern ermöglichen, ihren Beruf mit Familie und Privatleben unter einen Hut zu bringen. Statt einer Flexibilisierung der Arbeitszeit, die sich lediglich an betrieblichen Erfordernissen orientiert, brauchen die Beschäftigten Zeitautonomie und eine Erwerbsarbeit, die zum Leben passt und sich an die Anforderungen der unterschiedlichen Lebensphasen anpassen kann (vgl. Kapitel »Arbeit, familienfreundliche Arbeitszeiten«). Eltern brauchen besonderen Kündigungsschutz bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres des Kindes.

Mehr Kinderkrankentage: Aufgrund der Coronapandemie wurden die Kinderkrankentage befristet bis Ende 2021 für gesetzlich versicherte Elternteile um zehn weitere Tage je Kind und für Alleinerziehende um zusätzlich zwanzig Tage je Kind verlängert. Wir wollen eine dauerhafte Verlängerung der Kinderkrankentage. Das muss auch für Beschäftigte in Mini- und Midijobs, Soloselbstständige und Freiberufler*innen gelten!

Zusätzlicher Elternschutz: Wir wollen einen zusätzlichen Elternschutz von zehn Tagen bezahlter Freistellung für den zweiten Elternteil nach der Geburt des Kindes.

Geschlechtergerechte Steuermodelle statt Ehegattensplitting. Das nicht ausgeschöpfte steuerliche Existenzminimum soll zwischen Eheleuten bzw. Lebenspartner*innen übertragbar sein.

Im Sorge- und Umgangsrecht muss das Kindeswohl im Mittelpunkt stehen und weiterhin im Einzelfall geprüft werden.

■ Wir wollen Kinderrechte im Grundgesetz verankern.

Mehr Personal in Jugendämtern: Eltern benötigen fachkundige Beratung und Begleitung. Das sind Aufgaben der Jugendämter, die sie wegen Personalmangels und Unterausstattung oft nicht leisten können. Wir fordern eine bedarfsdeckende personelle und sachliche Ausstattung von Jugendämtern. Dies gilt insbesondere für psychologisches Personal sowie Mediator*innen.

Selbstbestimmt im Alter

Wie die Menschen im Alter leben wollen, in wohlverdienter Ruhe, aktiv und sozial engagiert, einbezogen in die Familie oder in andere solidarische Beziehungen, muss ihre freie Entscheidung sein. Dabei müssen ältere Menschen in alle sie betreffenden Lebensbereiche einbezogen werden – als Expert*innen ihres Lebens. Die Möglichkeit der gesellschaftlichen Teilhabe älterer Menschen muss unter Beachtung der Besonderheiten dieses Lebensabschnittes uneingeschränkt gewährleistet werden. Kommunikations-, Verwaltungs- und Gemeinschaftsangebote sollen altersgerecht und barrierefrei verfügbar sein. Wir streiten für eine solidarische Gesellschaft, in der die Jungen und Alten nicht gegeneinander ausgespielt werden. Eine Gesellschaft, in der Menschen in Würde altern können (vgl. Kapitel »Rente«).

Altersgerechte, gemeinnützige (zum Beispiel genossenschaftliche), inklusive und vielfältige Wohn- und Betreuungsformen schaffen. Sie sollen das Zusammenleben unterschiedlicher Generationen, Nationalitäten, Religionen, Geschlechter, von Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung oder Befähigung ermöglichen. Ältere Menschen sollen so lange wie gewünscht in ihrer eigenen Wohnung und im gewohnten Wohnumfeld bleiben können.

■ Wirksame Hilfen und Konzepte gegen soziale Isolation und Einsamkeit im Alter. Kommunale aufsuchende Angebote für Senior*innen und gemeinschaftliche Begegnungsorte sind öffentlich und müssen gefördert werden.

■ Gute und altersgerechte gesundheitliche Versorgung, aufsuchend und aufklärend ohne Verletzung der Selbstbestimmung der Patient*innen. Die individuelle Entscheidungskompetenz durch Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen soll unabhängig vom sozialen Status gefördert werden. Die gesundheitliche und pflegerische Betreuung muss professionell, wohnort- und patientennah sein und zur kommunalen Pflichtaufgabe gemacht werden.

Mitbestimmungsrechte für Senior*innen auf Bundes-, Länder-, Kreis- und Kommunalebene wollen wir stärken. Insbesondere sollen die Rechte der Senior*innenvertretungen ausgebaut und bundeseinheitlich gestärkt werden.

■ Wir wollen ein eigenständiges Teilhabegesetz für Senior*innen, das den Rechtsanspruch auf volle soziale Teilhabe festschreibt, zum Beispiel den Anspruch auf barrierefreies Wohnen und wohnortnahe Gesundheitsversorgung im Alter, und die Kommunen dafür in die Pflicht nimmt. Es soll die bisherigen Leistungen und Angebote aus Paragraf 71 SGB XII aufnehmen und unter den Aspekten der Selbstbestimmung und Selbstermächtigung weiterentwickeln.

■ Gute Infrastruktur: Auch in ländlichen Regionen und in Pflegeheimen müssen Menschen Zugang zu öffentlicher Verwaltung, Einzelhandel und Versorgungseinrichtungen haben. Der öffentliche Nahverkehr, Rufbusse und mobile Versorgungsangebote sollen ausgebaut werden. Schnelles Internet und Hardware für digitale Teilhabe sind eine Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben im Alter und sollen öffentlich gefördert altersgerecht ausgebaut werden.

Die Coronakrise hat allen vor Augen geführt, dass das Gesundheitssystem falsch organisiert ist: Die eilig eingerichteten Notfallkrankenhäuser konnten vielerorts nicht betrieben werden, weil es nicht genügend Personal gab. Weil ausreichend Schutzkleidung fehlte, infizierten sich viele Pfleger*innen und medizinisches Personal. Das verschärfte den Pflegenotstand, und teilweise wurde gegen Grundrechte der Menschen mit Pflegebedarf verstoßen. Die Bundesregierung hätte es nach dem Frühjahr besser wissen können. Doch sie hat das Personal in Krankenhaus und Pflege nicht aufgestockt, sie hat den Pharmakonzernen keine klaren Vorgaben für die Produktion des Impfstoffs gemacht. Schon vor Corona war Normalzustand in deutschen Krankenhäusern: kaum Zeit für Zuwendung, mangelnde Hygiene, mehr Unfälle und vermeidbare Todesfälle. Die Bundesregierung hat keine Strategie vorgelegt, wie der Pflegenotstand in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen gestoppt werden kann. Die Politik der Bundesregierungen, die dafür sorgt, dass private Konzerne und Investoren mit unseren Versicherungsbeiträgen, Zuzahlungen, Eigenanteilen und der Ausbeutung der Beschäftigten im Gesundheitswesen das große Geld machen können, gefährdet unsere Gesundheit! Damit muss Schluss sein! Wir alle sind potenzielle Patient*innen und Menschen mit Pflegebedarf.

Wir erwarten, dass wir in Pflegeheimen, Krankenhäusern und im ambulanten Bereich gut versorgt werden. DIE LINKE steht an der Seite der Beschäftigten, die seit Jahren für diese Ziele kämpfen. Der Pflegenotstand muss endlich gestoppt werden!

100.000 Pflegekräfte mehr in den Krankenhäusern und 100.000 Pflegekräfte mehr in den Pflegeheimen und 500 Euro mehr Grundgehalt! Die vielen Ausgebildeten, die den Beruf verlassen haben, sollen mit attraktiven Arbeitsbedingungen zurückgewonnen werden.

Wir brauchen eine gesetzliche Personalbemessung für alle Berufe im Krankenhaus und in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen!

■ In den Krankenhäusern wollen wir Personalabbau und Outsourcing stoppen und rückgängig machen. Wir unterstützen die Kämpfe der Beschäftigten für die Rücknahme von Ausgliederungen und Privatisierungen (etwa der Küchen- und Reinigungsdienstleistungen oder der Logistik). Es muss gelten: Ein Haus, ein Tarif!

■ Die momentane Finanzierung der Krankenhäuser über das System der sogenannten Fallpauschalen (DRG) schafft falsche Anreize: Diagnosen, die sich lohnen, werden öfter gestellt. Krankenhäuser werden unter Wettbewerbsdruck gesetzt. Der individuelle gesundheitliche Bedarf steht nicht mehr im Mittelpunkt. Wir fordern die Abschaffung der Fallpauschalen! Die Betriebskosten müssen von den Krankenkassen vollständig refinanziert werden.

■ Wir wollen Krankenhäuser in kommunale, öffentliche oder gemeinnützige Hand überführen. Gewinne aus dem Betrieb von Krankenhäusern dürfen nicht in die Taschen von Eigentümern und Aktionären fließen. Deshalb brauchen wir ein Verbot der Entnahme von Gewinnen. Mögliche Überschüsse müssen im Betrieb bleiben. Wenn keine Gewinnentnahmen mehr möglich sind, verlieren private Konzerne den Anreiz, Krankenhäuser zu betreiben. Wir fordern einen Fonds des Bundes zur Rekommunalisierung, um eine weitere Privatisierung zu verhindern und Entprivatisierungsbestrebungen zu unterstützen. Die Planungsrechte der Bundesländer müssen gegenüber den Krankenhausträgern gestärkt werden. Wir erleichtern und fördern, dass kommunale Krankenhausverbünde geschaffen werden.

In den Pflegeeinrichtungen wollen wir gute Arbeitsbedingungen durchsetzen. Dazu soll der Pflegevorsorgefonds in einen Pflegepersonalfonds umgewandelt werden. Medizinische Behandlungspflege, muss auch in stationären Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der Behindertenhilfe vollständig von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden. Zusätzliche Pflegekräfte können so regulär beschäftigt und besser bezahlt werden. Grundlage dafür muss ein allgemeinverbindlicher Flächentarifvertrag, mindestens auf dem Niveau der Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (TVÖD/TV-L), für alle Beschäftigten sein, der auch für private und kirchliche Träger wie Caritas und Diakonie gilt. DIE LINKE fordert ein bedarfsgerechtes, hohes Fachkraftniveau auch in der Nachtschicht in Pflegeeinrichtungen, das bundesweit verbindlich umgesetzt und dessen Einhaltung wirksam kontrolliert wird. Bis zur Einführung der wissenschaftlichen Personalbemessung in der Altenpflege gilt eine Fachkraftquote von mindestens 50 Prozent.

■ Menschenwürdige Pflege kann und darf nicht auf Profit ausgerichtet sein. Aktuell ist der überwiegende Teil der Pflegeheimplätze und der ambulanten Pflegedienste privatwirtschaftlich organisiert. Der gesetzlich verankerte Anspruch auf Gewinn, der sogenannter Risikozuschlag, für den der Staat im Zweifel bezahlt, muss ersatzlos gestrichen werden. Die Kostenspirale der immer weiter steigenden Eigenanteile muss gebrochen werden. Bis zur Einführung einer Pflegevollversicherung müssen die Eigenanteile sofort deutlich gesenkt und gedeckelt werden.

Keine transnationalen Pflegekonzerne: Wir brauchen eine Zulassungssteuerung, die einen Steuernachweis im Inland enthält. Pflegeeinrichtungen müssen gemeinnützig arbeiten.

■ Gute Pflege wird vor Ort erbracht: Die Kommunen müssen in die Lage versetzt werden, Pflegeeinrichtungen in öffentliche oder gemeinnützige Verantwortung und unter demokratische Kontrolle zu bringen.

■ DIE LINKE lehnt die Einführung von Pflegekammern ab.

■ Bund und Länder müssen ihrer Investitionspflicht nachkommen und die notwendige Infrastruktur gewährleisten. Für eine umfassende Planung der Pflegelandschaft wollen wir eine Pflegebedarfsplanung analog zur Krankenhausbedarfsplanung einführen.

Ambulante Pflegedienste und soloselbstständige Pflegende wollen wir durch Organisation auf gemeinnützigen Plattformen und Durchsetzung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen absichern.

■ DIE LINKE setzt sich für eine Stärkung der Qualifizierung und für eine bessere Bezahlung der Gesundheits- und Heilberufe ein. Aus- und Fortbildung in Gesundheitsberufen muss gebührenfrei sein und Arbeitsleistungen während der Ausbildung müssen vergütet werden. Bei der Weiterbildung sollen die Beschäftigten nach ihrem Grundberuf bezahlt werden. Für Psychotherapeut*innen in Aus- und Weiterbildung muss dies während ihrer gesamten praktischen Tätigkeit gelten.

■ DIE LINKE unterstützt das gewerkschaftliche Engagement für bundesweite Ausbildungsverordnungen und Ausbildungsvergütungen in der Gesundheitsbranche. Wir fordern bundeseinheitliche Regelungen für die Anerkennung von Heilerziehungspfleger*innen als Fachkräfte in der Behindertenhilfe.

Eine neue solidarische Gesundheitsversicherung!

Das Allgemeinwohl muss bei Gesundheit und Pflege im Vordergrund stehen – nicht die Profitmöglichkeiten einzelner Konzerne. Der tatsächliche Bedarf muss für die Planung unserer Gesundheits- und Pflegelandschaft ausschlaggebend sein, nicht die Frage, ob Investoren sich Rendite versprechen. Die Finanzierung muss auf neue Füße gestellt werden. Wir brauchen eine Solidarische Gesundheitsvollversicherung. Alle zahlen ein, Beiträge werden auf alle Einkommen erhoben, alle werden gut versorgt. Zuzahlungen und Eigenanteile fallen in Zukunft weg.

■ Mit der Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze sinkt der Beitrag für die Krankenversicherung von circa 15 Prozent auf etwa12 Prozent des Bruttolohns. Bis zur Einführung einer Solidarischen Gesundheitsversicherung müssen sich die Beiträge für Selbstständige und andere freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Versicherte stärker am realen Einkommen orientieren.

Für Menschen mit einem Monatseinkommen unter 6.200 Euro sinken die Beiträge in absoluten Zahlen. Der allergrößte Teil der Bevölkerung wird durch dieses Konzept finanziell entlastet, auch viele Selbstständige und Rentner*innen. Arbeitgeber*innen und Versicherte zahlen jeweils die Hälfte, also dann weniger als sechs Prozent.

Schluss mit der Zweiklassenmedizin: Wir wollen die Trennung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung abschaffen. In die Solidarische Gesundheitsversicherung zahlen alle entsprechend ihren gesamten Einkünften (Erwerbs-, Kapital- und anderen Einkommen) ein und bekommen alle medizinisch notwendigen Leistungen, auch vollumfänglich Medikamente, Brillen, Zahnersatz oder Physiotherapie. Medizinisch unnötige Behandlungen privat Versicherter für den Profit gehören der Vergangenheit an.

■ Einige Hunderttausend Menschen haben immer noch keinen Krankenversicherungsschutz – fast vierzehn Jahre nach Einführung der Krankenversicherungspflicht!

Deshalb fordern wir, dass alle in Deutschland lebenden Menschen notwendige gesundheitliche Leistungen uneingeschränkt erhalten. Menschen ohne Krankenversicherung müssen ohne Verschuldung aufgenommen werden können. Die Beiträge für Selbstständige und andere freiwillig in der GKV Versicherte müssen sich deutlich stärker am realen Einkommen orientieren.

■ Wir fordern, dass die Kostenerstattung von nicht evidenzbasiert Behandlungsmethoden durch die GKV beendet wird.

Eine solidarische Pflegevollversicherung

Die Pflegeversicherung deckt die Kosten der Pflege nicht, sie ist eine Teilleistungsversicherung. Immer mehr Menschen können sich gute Pflege nicht leisten, müssen sich verschulden oder geraten in die Sozialhilfe. Wir wollen die Pflegeversicherung grundlegend umbauen: Mit einer verlässlichen, gerechten und zukunftsfesten Finanzierung können wir gute Arbeitsbedingungen und gute Pflege nach wissenschaftlichen Standards sicherstellen. Die Kommunen werden entlastet, weil weniger Menschen durch die Pflegekosten von Sozialhilfe abhängig werden. Wir stehen zum teilhabeorientierten Pflegebegriff: Zeit für aktivierende Pflege und zum Zuhören, für Zuwendung und Förderung muss sein. Zu den Pflegeleistungen gehört Assistenz für Menschen mit Behinderung. Assistenzleistungen sollen möglichst lang die Teilhabe am öffentlichen Leben sichern.

■ Unsere Solidarische Pflegevollversicherung deckt alle pflegerischen Leistungen ab. Menschen mit Pflegebedarf und ihre Familien müssen keinen Eigenanteil zahlen. Keine Pflegeleistung darf aus Kostengründen verweigert werden.

■ Pflegeleistungen sollen in hoher Qualität von gut bezahlten Fachkräften erbracht werden. Familiäre Pflege und nachbarschaftliches Engagement können ergänzend und sollen nicht aus der Not heraus geleistet werden. Wer auf Sozialhilfe angewiesen ist, erhält dieselben Leistungen wie alle anderen Menschen mit Pflegebedarf.

■ Die private Pflegeversicherung muss in die gesetzliche überführt werden. Die finanziellen Lasten müssen gerecht auf allen Schultern verteilt werden. Auch Beamt*innen, Abgeordnete und Selbstständige müssen entsprechend ihren Einkommen in die Solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung einzahlen: auch auf Einkommen aus Kapitaleinnahmen und ohne eine Beitragsbemessungsgrenze, die die Millionär*innen schont. Damit schaffen wir die finanzielle Grundlage für die Solidarische Pflegevollversicherung.

■ Gegen Ausbeutung müssen Beschäftigte in Privathaushalten ohne Arbeits- und Aufenthaltsrecht die Möglichkeit einer Legalisierung erhalten. Bevorzugt soll Pflegearbeit in Privathaushalten als reguläre Beschäftigung über öffentliche Agenturen, Pflegeplattformen, gemeinwohlorientierte oder kommunale Träger organisiert werden. Diese müssen tarifliche Bezahlung, unbefristete Beschäftigung, das Recht auf eine vertragliche Mindeststundenzahl, Arbeitsschutz und Weiterbildung für Beschäftigte garantieren (vgl. Kapitel »Arbeit«).

■ Für einen Urlaub in EU-Staaten sollen die Kosten für ausländische Pflegesachleistungen von der deutschen Pflegeversicherung übernommen werden.

Pflegende Angehörige entlasten!

Die Lücken in unserem Pflegesystem werden durch unbezahlte Arbeit von Angehörigen ausgeglichen.

Meist sind es die Frauen – Ehe- und Lebenspartnerinnen, Töchter und Schwiegertöchter. Im Alltag kämpfen viele pflegende Menschen mit Dauerstress, Erschöpfung und Geldsorgen. Viele schränken ihre Berufstätigkeit ein oder geben sie auf. Das verringert das Einkommen und die eigenen Rentenansprüche und führt die Pflegenden in die Altersarmut. Das im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD angekündigte Entlastungsbudget wurde nicht eingeführt.

■ Die größte Entlastung sowohl für Menschen mit Pflegebedarf als auch für ihre pflegenden Angehörigen sind wohnortnahe, nicht kommerzielle und von einer Solidarischen Pflegevollversicherung abgedeckte professionelle Tages- und Kurzzeitpflege sowie unbürokratisch zugängliche Entlastungsangebote. Sie müssen ausgebaut und zusammengeführt werden. Menschen mit Pflegebedarf und pflegende Angehörige sollen selbst entscheiden können, welche Versorgungsform und welche Unterstützungsleistung sie in welchem Mix in ihrer Lebensführung brauchen und wollen.

■ Die Interessenvertretungen pflegender Angehöriger und Menschen mit Pflegebedarf brauchen in allen Pflegegremien auf Bundesebene, – wie dem Qualitätsausschuss – und in allen regionalen Pflegekonferenzen einen Sitz mit Stimmrecht. Im Rahmen der Solidarischen Pflegeversicherung wollen wir einen Beirat für Menschen mit Pflegebedarf und pflegenden Angehörigen schaffen, der bei allen sie betreffenden Vorhaben anzuhören ist und ein Vorschlagsrecht für Gesetzesinitiativen erhält. Pflegeinitiativen vor Ort müssen im Rahmen der Selbsthilfe dauerhaft öffentlich finanziert werden.

■ Für mehr Transparenz, Vernetzung und Selbstbestimmung brauchen wir Pflegeplattformen, die Pflegekräfte sozialversichert und tariflich abgesichert beschäftigen. Die verbreitete 24-Stunden-Pflege durch nur eine Betreuungsperson, die im Haushalt des Menschen mit Pflegebedarf lebt, basiert auf systematischem Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz. Aktuelle Vorschläge, diese Betreuungsform durch das Beschäftigungsmodell der arbeitnehmerähnlichen Selbstständigkeit sozialversicherungspflichtig zu machen, lehnen wir ab. Sie beheben das grundlegende Problem nicht, sondern verfestigen es und ändern nichts am System der organisierten Ausbeutung.

Es darf nicht sein, dass osteuropäische Betreuungskräfte durch den Verzicht auf Mindestlohn und Sozialleistungen pflegende Angehörige finanziell entlasten und den deutschen Pflegenotstand abfedern! DIE LINKE erkennt den Wunsch älterer Menschen nach Autonomie im Alter und Leben in der eigenen Wohnung ausdrücklich an. Eine Unterstützung bei der Bewältigung des Alltags durch häusliche Betreuung, die dafür notwendig ist, muss auf dem Boden des geltenden Arbeitsrechts neu aufgestellt werden.

■ Aktuell gibt es keine echten Lohnersatzleistungen für pflegende Angehörige, die noch im Beruf stehen. Wir wollen für alle Beschäftigten sechs Wochen Freistellung bei vollem arbeitgeberfinanziertem Lohnausgleich beim ersten Auftreten eines familiären Pflegefalls. Auch bei längerer Übernahme häuslicher Pflege müssen Pflege und Beruf vereinbart und Armut verhindert werden können. Gemeinsam mit den Interessenvertretungen pflegender Angehöriger, Sozialverbänden und Gewerkschaften entwickelt DIE LINKE ein Konzept für eine Freistellung berufstätiger pflegender Angehöriger und Zugehöriger mit Lohnersatz. Die Schwellenwerte im Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz wollen wir abschaffen. Es braucht einen bundesweiten Rechtsanspruch auf familiengerechte Arbeitszeiten für alle, die Verantwortung in Erziehung und Pflege übernehmen, eingeschlossen ein Rückkehrrecht auf den eigenen oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz (vgl. Kapitel »Familien dort unterstützen, wo sie es brauchen«).

Öffentlichen Gesundheitsdienst stärken!

Jahrelang ist an der personellen und sachlichen Ausstattung des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) gespart worden. Im Laufe der Coronapandemie zeigte sich, wie unverantwortlich das war: Wichtige Aufgaben, wie z.B. die Einschulungsuntersuchungen bei allen Kindern eines Jahrgangs, wurden nicht mehr erledigt. Die Kapazitätsgrenzen waren schnell erreicht. Statt sich bei der Bundeswehr Helfer*innen zu holen, muss für extreme Notsituationen das Technische Hilfswerk (THW) besser ausgestattet werden. DIE LINKE will eine finanzielle Stärkung des ÖGD und eine bessere Koordinierung. Im Mittelpunkt der Arbeit des ÖGD muss die soziale Komponente von Gesundheit stehen. Pandemie- und Katastrophenschutzpläne müssen fortgeschrieben und auf kommunaler Ebene durch den ÖGD regelmäßig auf ihre Funktionalität überprüft werden. Im Mittelpunkt der Arbeit des ÖGD muss die soziale Komponente von Gesundheit stehen. Er muss eine tragende Rolle bei Fragen der Prävention erhalten. Der Bund muss die Mittel für die Schaffung von Landesgesundheitsämtern in den Bundesländern bereitstellen.

■ Der Bund muss dafür sorgen, dass Vorhaltekosten für Material und Behandlungskapazitäten komplett gedeckt werden.

■ Wir wollen, dass der ÖGD für niedrigschwellige Impfangebote und bei der Prophylaxe gegen Infektionen in Kitas, Schulen und Betrieben die tragende Rolle übernimmt.

■ In allen Bundesländern braucht es eine gesetzliche Regelung für ein verbindliches Einlade- und Meldewesen zur Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen für Kinder.

■ Hygieneprodukte für Menstruation sollen von den öffentlichen Gesundheitsstellen kostenlos zur Verfügung gestellt werden (vgl. Kapitel »Feminismus«).

Gesundheitliche Ungleichheit bekämpfen!

Gesundheit ist eine zentrale Voraussetzung für die gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung jedes Einzelnen. Es ist bekannt, dass die soziale Lage einen entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit hat: Wer arm ist, wird häufiger krank und stirbt früher. Die Schere zwischen Arm und Reich geht in Deutschland besonders schnell auseinander, mit der Folge, dass Ungleichheit der Gesundheitschancen weiter ansteigt. Gesundheit wird maßgeblich durch die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen bestimmt. Diese Entwicklung wurde durch die Coronapandemie und den Umgang der Bundesregierung damit verschärft. Medizinische Forschung und Behandlung von Krankheiten werden durch einen Gender Data Gap (Datenlücke zwischen den Geschlechtern) bestimmt, wobei der männliche Körper als Norm gilt. Dadurch erhalten Frauen häufig z.B. eine Behandlung und Dosierung von Medikamenten, die für sie gesundheitsschädlich oder gar lebensgefährlich ist.

■ Der Zusammenhang zwischen sozialer Lage und Gesundheit muss im Mittelpunkt der Gesundheitspolitik stehen. Das betrifft einerseits den Zugang zu guter pflegerischer und gesundheitlicher Versorgung. Noch wichtiger ist aber, die Förderung von Gesundheitschancen als Aufgabe aller Politikbereiche von Bildung über Verkehr und Umwelt, bis hin zu Verbraucherschutz und Außenpolitik zu begreifen. Wir wollen daher, dass jede gesetzliche Initiative von einer unabhängigen Stelle auf ihre Auswirkungen auf gesundheitliche Ungleichheit untersucht wird.

■ Wir fordern die Einführung des anonymen Krankenscheins, der illegalisierten Menschen den Zugang zur Gesundheitsversorgung ermöglicht.

■ Das Gesundheitswesen wollen wir konsequent von Barrieren befreien. Das bedeutet nicht nur, Hindernisse beim Zugang zu Arztpraxen, Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen zu beseitigen, sondern auch, Untersuchungstechniken und Kommunikation den besonderen Bedürfnissen von älteren Patient*innen und Menschen mit Behinderung anzupassen. Leichte Sprache, lesbare und verständliche Patienteninformationen sowie entsprechende Beratungsleistungen müssen selbstverständlich werden. Um medizinischem und pflegerischem Fachpersonal mehr Sicherheit im selbstverständlichen, bedarfsgerechten und diskriminierungsfreien Umgang mit Menschen mit Behinderungen zu vermitteln, setzen wir uns für die Implementierung spezieller Module in Aus-, Fort- und Weiterbildung ein. Sie sollen von fachkundigen Peerkräften durchgeführt werden.

■ Die Selbstbestimmungsrechte von Menschen mit Behinderung in der Pflege und in (teil-)stationären Einrichtungen müssen garantiert werden. Das schließt auch die Mitnahme persönlicher Assistenz zu medizinischen Untersuchungen und stationären Krankenhausaufenthalten sowie zum Besuch von Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen ein, auch wenn sie nicht über das Arbeitgebermodell organisiert wird.

■ Patient*innen müssen im Zentrum des Gesundheitswesens stehen. Was für viele eine Phrase ist, wollen wir mit Leben füllen. Keine Entscheidung über Gesundheits- und Pflegeversorgung darf ohne aktive Mitwirkung der Vertreter*innen der Patient*innen gefällt werden.

■ Damit die Selbsthilfe ihre Unabhängigkeit sichern und den großen Verbänden und Unternehmen im Gesundheitswesen auf Augenhöhe begegnen kann, muss sie angemessen finanziert werden. Die Förderverfahren sind transparent und unbürokratisch auszugestalten.

■ Wir stärken die Patientenverfügung: Eine umfassende Selbstbestimmung muss auch in Extremsituationen möglich sein, und alle Jugendlichen sollten frühzeitig über ihre dahingehenden Rechte aufgeklärt werden.

■ Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen wollen wir vor dem Gesetz und in den Sozialversicherungen gleichstellen und ihnen Zugang zu einem inklusiven Arbeitsmarkt ermöglichen.

■ Wir wollen eine gewaltfreie Psychiatrie und die Abschaffung diesbezüglicher Sondergesetze. Die räumlichen Bedingungen und die personelle Ausstattung müssen eine Behandlung ohne Zwang und Gewalt ermöglichen. Wir wollen einen geschlechtersensiblen Blick auf Gesundheit und Krankheit in Forschung und Fortbildung fördern.

■ Der Patient*innen-Datenschutz muss auch für privatversicherte Jugendliche gelten

■ POC und Menschen mit Migrationsgeschichte haben Anspruch auf diskrimminierungs- und gewaltfreie Behandlung.

Ambulanter Bereich: Gute Versorgung vor Ort, in Stadt und Land

Deutschland hat durchschnittlich eine hohe Arztdichte, trotzdem müssen nicht nur in ländlichen Regionen teils lange Wege und lange Wartezeiten in Kauf genommen werden. DIE LINKE tritt für eine gute, flächendeckende, barrierefreie und bedarfsdeckende gesundheitliche Versorgung in Stadt und Land ein. Kriterien für eine gute gesundheitliche Versorgung müssen sein: Wohnortnähe und Erreichbarkeit mit ÖPNV, kurze Wartezeiten auf einen Termin und eine gute Notfallversorgung, Barrierefreiheit und Altersgerechtigkeit.

Regionale Versorgungszentren sollen mittelfristig zum Rückgrat der wohnortnahen Gesundheitsversorgung werden. Sie sollen sowohl ambulante als auch akutstationäre, notfallmedizinische, psychotherapeutische, (gemeinde-)pflegerische und weitere therapeutische Behandlungen in einer Region koordinieren und als zentrale Anlaufstelle für alle Patient*innen dienen. So wollen wir eine Versorgung aus einer Hand und ein berufsübergreifendes Arbeiten mit familienfreundlichen Arbeitszeiten fördern. Die regionalen Gesundheitszentren bilden wichtige Schnittstellen zu anderen Versorgungsbereichen wie Jugendhilfe, Eingliederungshilfe, Suchthilfe und weiteren Angeboten. Sie sollen auch präventiv und gemeinwesenorientiert arbeiten, gerade in Bezug auf die sozialen, ökonomischen und ökologischen Voraussetzungen von Gesundheit.

■ Wir wollen, dass stationäre und ambulante Versorgung gemeinsam nach Gemeinwohlinteressen geplant und gestaltet wird. Auch Psychotherapeut*innen, Physio- und Ergotherapeut*innen, Logopäd*innen, Podolog*innen, Hebammen und Apotheken müssen überall erreichbar sein. Wir wollen gemeinsame Planungsgremien auf Landesebene unter Beteiligung von Patient*innenvertretung, Ländern und Kommunen, Ärzt*innen, Krankenhäusern und Krankenkassen einrichten.

■ Wir wollen die Möglichkeit prüfen, Kaufpreise für »Kassensitze« für Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen zu begrenzen.

■ Wir unterstützen Modellprojekte für neue Versorgungsformen wie die bestehenden und entstehenden Stadtteilgesundheitszentren und Polikliniken. Damit sie ihren Anspruch an eine integrierte, multiprofessionelle und sozialraumorientierte Versorgung erfüllen können, setzen wir uns für die Einführung einer neuen Form von Leistungserbringung im Sozialgesetzbuch ein.

■ Wir wollen einen öffentlichen Haftungsfonds, um Hebammen unabhängig von privaten Versicherungen zu machen. Hebammen sollen erste Ansprechpartnerinnen für Schwangere und die Schwangerenvor- und -nachsorge sein – wie in den Niederlanden. Hebammen sind die begleitenden und betreuenden Fachkräfte bei der Geburt. Wir unterstützen die Forderung des Hebammenverbandes nach einem Geburtshilfestärkungsgesetz mit dem Ziel einer Eins-zu-eins-Betreuung während der Geburt. Die Kosten für den laufenden Betrieb in den Geburtshilfeabteilungen müssen von den Krankenkassen so finanziert werden, dass diese Abteilungen ihre Vorhaltekosten decken und die Hebammen bei gutem Stellenschlüssel leistungsgerecht bezahlen können.

■ Die psychotherapeutische Versorgung deckt in vielen Regionen bei Weitem nicht den Bedarf. Die Bedarfsplanung muss gerade in diesem Bereich dringend überarbeitet werden. Auch die Finanzierung der Therapie muss den Bedarf decken. Die fragwürdige Kostenerstattungspraxis der Kassen wollen wir so überflüssig machen.

■ Durch den Betrieb von medizinischen Versorgungszentren versuchen sich Konzerne Profitmöglichkeiten im ambulanten Bereich zu schaffen. Diese Entwicklung wollen wir rückgängig machen.

Die Macht der Pharmaindustrie brechen! Gesundheitsforschung demokratisieren!

Die gesetzlichen Krankenkassen geben in Deutschland über 41 Milliarden Euro für Arzneimittel aus – mit schnell steigender Tendenz. Für Krebs-, Rheuma- und Mittel gegen Multiple Sklerose werden im ersten Jahr nach der Zulassung Fantasiepreise gezahlt.

■ Arzneimittelpreise müssen effektiv und per Gesetz begrenzt werden.

Patient*innen werden durch hohe Zuzahlungen belastet. Die meisten nicht verschreibungspflichtigen Medikamente müssen sie komplett aus eigener Tasche bezahlen, selbst wenn diese ärztlich verordnet wurden.

■ Wir wollen, dass alle Patient*innen mit sicheren und wirksamen Arzneimitteln nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft versorgt werden – unabhängig von ihrem Einkommen und ihrer Erkrankung.

■ Alle Medikamente mit nachgewiesenem Nutzen müssen vollständig erstattet werden. Dafür muss eine Positivliste eingeführt werden.

Arzneimittelforschung bestimmt nicht nur, ob Medikamente entwickelt werden, die wirklich gebraucht werden, sondern auch, wer die Eigentumsrechte besitzt, welche Preise aufgerufen werden, ob die Forschungsergebnisse transparent gemacht werden und nicht zuletzt, ob Menschen im Globalen Süden Zugang zu Innovationen erhalten können. Für DIE LINKE ist Arzneimittelforschung eine öffentliche Aufgabe.

Wir wollen den Einfluss der Pharmakonzerne zurückdrängen. Das betrifft Werbung und Beeinflussung von Ärzt*innen, Wissenschaft und Patientenorganisationen. Wir fordern eine transparente, gesetzliche Regelung über Zuwendungen der Pharmaindustrie an Mediziner*innen und Heilberufe.

■ Wir wollen Korruption im Gesundheitswesen bekämpfen. Ergebnisse von Arzneimittelstudien müssen veröffentlicht werden. Negative Studienergebnisse dürfen nicht unterdrückt werden.

■ Die Herstellung von Medikamenten und medizinischen Geräten darf nicht den Profitinteressen von Aktionär*innen unterworfen sein. Die Pharmaindustrie muss dem Gemeinwohl verpflichtet und unter demokratische Kontrolle gestellt werden.

■ Patente können tödlich sein. Dass unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft eine international ungleiche Verteilung des Covid-19-Impfstoffs durchgesetzt wurde, ist ein Skandal. Wir wollen, dass mit öffentlichen Mitteln geförderte Forschung im Rahmen des Equitable Licensing (der sozialverträglichen Patentverwertung) zu sozialen Konditionen an ärmere Länder und Generikaproduzenten abgegeben wird. Produktentwicklungspartnerschaften müssen nachhaltig und in voller Breite des Krankheitsspektrums unterstützt werden. Die Kompetenzen der WHO in diesem Bereich wollen wir ausweiten.

■ Alle Medikamente dürfen nur durch wissenschaftliche Studien ihre Zulassungen bekommen. Sonderwege ohne wissenschaftliche Grundlagen müssen abgeschafft werden.

■ Rabattverträge und andere Selektivverträge wollen wir abschaffen.

■ Forschungsprogramme sollen zukünftig in einem transparenten und partizipativen Prozess entwickelt werden, der neben Expertenwissen die Allgemeinheit einbindet. Nur so kann Versorgung verbessert sowie eine patient*innenorientierte und interdisziplinäre Forschung gestärkt werden.

■ Souveränität für gute Gesundheitsversorgung statt Abhängigkeit von Big Pharma! Corona hat gezeigt: Angesichts des Marktversagens bei der weltweiten Versorgung mit den dringend benötigten Covid-19-Impfstoffen und der Gefahr zukünftiger Pandemien dürfen wir die Produktion von Impfstoffen nicht mehr Konzernen überlassen. Daher schlagen wir den Aufbau einer öffentlichen Impfstoffproduktion (im Sinne von Regional Vaccine Manufacturing Hubs) vor, weltweit koordiniert von WHO und UN. Die Kosten für den Aufbau von Produktionskapazitäten für eine schnelle und ausreichende Versorgung mit Impfstoffen, belaufen sich auf einen Bruchteil der Kosten für Aufrüstungsprojekte wie den Eurofighter.

■ Wir wollen gezielt Gelder bereitstellen, um die Gesundheitswissenschaften (Public Health) und die nichtkommerzielle klinische Forschung zu stärken. DIE LINKE fordert, dass die Forschung zur Therapie von Langzeitsymptomen einer Covid-19-Infektion (»Long Covid«) finanziell und bedarfsgerecht gefördert wird.

Mietenwahnsinn und Verdrängung stoppen. Hohe Mieten senken und gemeinnützige Wohnungswirtschaft aufbauen. Spekulation mit Grund und Boden beenden.

Eine Wohnung zu haben, in der man gut leben kann, sollte selbstverständlich sein. Doch Bodenpreise und Mieten sind in vielen Städten explodiert, inzwischen steigen sie selbst in kleineren Orten stark an. Das gilt für Wohnungen wie Kleingewerberäume. Corona hat diese Situation verschärft. Der Lockdown hat gezeigt, dass viele Wohnungen zu eng und die Mieten oft zu hoch sind, erst recht bei Erwerbslosigkeit und Kurzarbeit. In eine passende Wohnung umzuziehen, ist für viele Menschen ausgeschlossen: Die Mietpreise haben sich innerhalb eines Jahrzehnts vielerorts verdoppelt. Über 11 Millionen Menschen sind durch Wohnkosten überlastet. Sie müssen immer mehr Geld für die Miete ausgeben, das dann woanders, bei der Bildung, den Kindern, der Freizeit oder nötigen Anschaffungen, fehlt. 50.000 Menschen sind hierzulande bereits obdachlos und leben auf der Straße, mindestens 650.000 Menschen sind wohnungslos. Auch Orte des alltäglichen Zusammenhalts wie Kitas, Kulturräume und Kneipen werden vielerorts verdrängt, weil Eigentümer und Investoren versuchen, mehr Geld aus ihren Immobilien zu pressen. Öffentlicher Raum wird kommerzialisiert und privatisiert. Gutverdiener und große Ketten machen immer mehr Menschen zu Statisten in einem Umfeld, das auf Konsum, Tourismus und möglichst viel Umsatz ausgerichtet wird.

Der Grund für Wohnungskrise, Verdrängung und Mietenexplosion ist nicht einfach, dass es zu »wenige Wohnungen« gibt, und die Lösung ist nicht »bauen, bauen, bauen« – die Bevölkerung ist nicht sprungartig gewachsen. Fast 2 Millionen Wohnungen stehen leer, weil das Finanzkapital aufgrund der ungleichen Verteilung des Reichtums und der Blasen auf den Finanzmärkten nach lukrativen Anlagemöglichkeiten sucht. Da kommt das »Betongold« gerade recht. Gebaut wird vor allem im Luxussegment. Wo kein Profit winkt, wird hingegen gar nicht investiert – an vielen Orten auf dem Land verfällt Wohn- und Gewerberaum. Auch aus ökologischen Gründen wären kluge Mechanismen der Umverteilung vorhandenen Wohnraums und die Umwandlung von Altbeständen in Sozialwohnungen den Neubauten vorzuziehen. Doch die letzten Bundesregierungen haben gegen diese Entwicklung nichts getan. Mehr noch: Sie haben den sozialen Wohnungsbau systematisch heruntergefahren, öffentlichen Wohnraum privatisiert sowie Städte und Gemeinden zur Spekulation freigegeben.

Die Rechte von Mieter*innen sind immer noch viel zu schwach. Die »Mietpreisbremse« der Bundesregierung wirkt nicht. Bauminister Horst Seehofer gibt dreimal so viel Geld aus Steuermitteln für das »Baukindergeld« aus, um Gutverdienende beim Kauf von Eigentum zu unterstützen, wie für den sozialen Wohnungsbau. Wie es gehen kann, zeigt dagegen Berlin, wo DIE LINKE mitregiert: Mieten mit harten Obergrenzen deckeln, Wohnungen zurück in öffentliches Eigentum bringen, sozialen Wohnungsbau fördern und die Immobilienwirtschaft gemeinnützig machen! In Berlin sind die Mieten erstmals seit Jahren wieder gesunken. Doch die Lobby der Immobilienwirtschaft versucht, effektiven Mieter*innenschutz in Ländern und Kommunen zu unterlaufen. Das zeigt: Es braucht einen Politikwechsel im Bund, damit Menschen mit geringerem Einkommen nicht mehr an den Rand gedrängt werden, damit Städte und Gemeinden nicht weiter veröden und als Profitcenter der Immobilienwirtschaft missbraucht werden. Unsere Städte und Gemeinden sollen ein Zuhause und Lebensraum für Menschen sein, kein Erpressungswerkzeug in den Händen von Maklern und Immobilienlobby.

DIE LINKE kämpft in breiten Bündnissen für eine Neuausrichtung der Mieten- und Stadtentwicklungspolitik. Wir stehen an der Seite der Mieter*innen sowie der vielen Initiativen, die sich gegen Verdrängung und für ein Recht auf Wohnen einsetzen. Wir stehen für lebenswerte Städte und Dörfer für alle. Unser Ziel ist klar: Mietenexplosion und Verdrängung stoppen, die Mieten wieder senken und langfristig eine gemeinnützige Wohnungswirtschaft aufbauen – für ein gutes Zuhause für alle.

Mieten deckeln bundesweit!

■ Wir wollen Mietendeckel im gesamten Bundesgebiet möglich machen. Unser Ziel: die Explosion der Mieten nicht nur bremsen, sondern beenden und rückgängig machen. Besonders hohe Mieten müssen abgesenkt werden.

■ Die Mietpreisbremse der Regierung funktioniert nicht. Wir unterstützen die Kampagne »Mietenstopp« und fordern bundesweit überall dort, wo es einen angespannten Wohnungsmarkt gibt, einen Mietenstopp für bestehende Mietverträge. Dort müssen die Mieten eingefroren werden. Kommunen sollen ermächtigt werden, einen angespannten Wohnungsmarkt festzustellen.

■ Auch für Kleingewerbe wollen wir die Voraussetzungen vereinfachen: Der Bund muss dafür sorgen, dass Länder und Kommunen rechtssicher Mietendeckel für Kleingewerbe, Handwerk, kulturelle Einrichtungen sowie für soziale und gemeinnützige Träger einführen können.

Sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau schaffen!

Derzeit fehlen mehr als fünf Millionen Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen, von denen viele in Einpersonenhaushalten leben. In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Zahl von Sozialwohnungen fast halbiert. Denn geförderte Sozialwohnungen dürfen teilweise schon nach 15 Jahren wieder teuer vermietet werden.

■ Mit 15 Milliarden Euro im Jahr wollen wir dagegenhalten – indem wir den sozialen Wohnungsbau retten, den kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbau ankurbeln, den vorhandenen Wohnungsbestand energetisch und demografiefest umbauen, über Förderung und Belegungsrechte die soziale Wohnraumversorgung stärker nutzbar machen und einen nicht profitorientierten Wohnungssektor aufbauen. Die öffentliche Hand werden wir mit einer Reform des Baugesetzbuches dazu befähigen, den Bau von Sozialwohnungen gegenüber Investoren auch tatsächlich durchzusetzen.

■ Ehemalige Kasernen umwandeln in Sozialwohnungen: Da sich diese Gebäude in öffentlicher Hand befinden, wollen wir sie nicht der Privatwirtschaft überlassen, sondern zu günstigem Wohn- und Gewerberaum umgestalten.

■ Mit der Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit binden wir die Förderung und steuerliche Vergünstigungen dauerhaft an Mietobergrenzen, eine Pflicht zur Reinvestition von Gewinnen sowie demokratische Mitbestimmungsrechte für Mieter*innen. So können bis zu 250.000 Sozialwohnungen und weitere kommunale und genossenschaftliche Wohnungen pro Jahr entstehen. Für sie gilt: Einmal gefördert, immer gebunden. Genossenschaften wollen wir so stärker fördern und demokratisieren.

■ Wir wollen neue Wohnformen wie Mietshäusersyndikate und Mieter*innengemeinschaften fördern. Der Bund soll neue Mietshäusersyndikate mit Zuschüssen und zinslosen Darlehen fördern. Fördermittel sollen gezielt zum Bau von Wohnungen eingesetzt werden, die für Menschen mit geringem Einkommen erschwinglich sind.

■ Für alleinstehende Frauen, die in (Alters-)Armut leben, für alleinerziehende Frauen und für Frauen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, muss preiswerter und sicherer Wohnraum geschaffen werden.

■ Wir wollen überall einen prozentualen Mindestanteil von Sozialwohnungen, um eine Mischung der Viertel sicherzustellen und den Trend zur Bildung von Parallelgesellschaften der Reichen in Innenstädten und Villenvierteln zu stoppen. 50 Prozent des Wohnungsbestands in öffentlicher und gemeinnütziger Hand. Das Modell Wien zeigt: Günstiger Wohnraum in gutem Zustand und mit hoher Wohnqualität für die Mehrheit der Menschen ist möglich. Perspektivisch wollen wir den Wohnungsbestand komplett dem Markt entziehen.

■ Der Kündigungsschutz für Gewerbemietverträge muss grundlegend geändert werden. Es braucht öffentliche Gewerberaumanbieter zur Sicherung gemeinnütziger Mieter*innen. Die generelle Befristung von Gewerbemietverträgen wollen wir abschaffen. Die Kündigung durch die Vermieterseite wollen wir rechtlich einschränken.

■ Wir wollen bezahlbaren Wohnraum vorrangig im Bestand schaffen. Bauordnungen müssen hierfür neu ausgerichtet werden, sodass Bauen im vorhandenen Bestand erleichtert wird.

■ Bei Entscheidungen über die Zulässigkeit von Abriss- und Neubaumaßnahmen müssen soziale Ziele und Ziele der energetischen Nachhaltigkeit mehr Gewicht bekommen.

Wohnen ist keine Ware. Rechte von Mieter*innen stärken!

■ Wir wollen ein weitgehendes Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen. Der Wunsch nach Wohneigentum darf nicht auf Kosten derjenigen gehen, die schon in den Wohnungen wohnen.

■ Mietwohnungen in Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt dürfen nicht als Ferienwohnung angeboten werden. Für nichtkommerziellen Wohnungstausch von privat zu privat wollen wir eine Fairbnb-Alternative zu Anbietern wie Airbnb schaffen, die Wohnraum zweckentfremden, nur auf Profite zielen und an den Börsen notiert sind.

■ Die Mieten von Mikroapartments und möblierten Wohnungen, mit denen die Mietpreisbremse umgangen und noch mehr Profit aus den Immobilien gepresst wird, wollen wir deckeln.

■ Das Recht auf Kündigung wegen Eigenbedarf darf nur noch für die engste Familie gelten. Vorgetäuschter Eigenbedarf wird bestraft. Menschen, die seit langer Zeit in ihrer Wohnung leben oder über 70 Jahre alt sind oder an einer schweren Erkrankung leiden sowie Alleinerziehenden soll gar nicht mehr wegen Eigenbedarf gekündigt werden dürfen.

■ Den Kündigungsschutz wollen wir verbessern: Wenn Rückstände bei der Miete beglichen sind, darf nicht gekündigt werden.

■ Der Milieuschutz muss ausgeweitet werden.

■ Gegen Mietwucher, Entmietung und andere Formen des Missbrauchs sind wirksame Kontrollen, eine öffentliche Beschwerdestelle und deutlich mehr Personal nötig, um die Rechte der Mieter*innen effektiv durchzusetzen. Vermieter*innen, die gegen den Mietendeckel verstoßen, müssen bestraft werden. Die strafrechtliche Verfolgung von Mietwucher wollen wir erleichtern.

■ Mieter*innen sollen auch als Gemeinschaft und im Gewerberecht ein Vorkaufsrecht auf ihre Häuser erhalten.

■ In allen öffentlichen Unternehmen braucht es demokratische Mieterräte. Bundesweit wollen wir ein neues Mieter*innen-Mitbestimmungsrecht.

■ Es braucht kollektive Mieter*innenrechte und ein Recht auf Mietstreik.

Klimagerechtigkeit statt Verdrängung!

Der Klimaschutz bei Gebäuden ist entscheidend: Hier wird ein großer Teil der Treibhausgase verursacht. Doch bisher wird energetische Sanierung allzu oft für eine Mietsteigerung benutzt und führt dann auch zu Verdrängung. Das schadet der Akzeptanz des Klimaschutzes.

Klimaschutz ohne Mieterhöhung! Die Modernisierungsumlage wollen wir abschaffen, sie dient der Mietsteigerung – nicht dem Klimaschutz. Aufschläge auf die Miete sollen nur noch in Höhe der erreichten Einsparung bei Heizung und Warmwasser zulässig sein.

Auch arme Menschen haben ein Recht auf energetisch sanierten Wohnraum. Wir wollen kurzfristig eine Klimakomponente bei den Kosten der Unterkunft und Heizung einführen und das Wohngeld angemessen erhöhen.

■ Wir wollen einen bundesweiten Klimacheck aller Gebäude bis 2025. Mit verbindlichen gebäudescharfen Stufenplänen, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt flexibel zu erreichende Energieeffizienzniveaus zum Inhalt haben, wollen wir bis 2035 einen klimaneutralen Gebäudebestand garantieren und viele neue Arbeitsplätze schaffen. Hierzu bedarf es eines umfassenden Aufbaus von Produktionskapazitäten und Qualifikationen. Dieser muss u.a. die gezielte Förderung der Ausbildung im Handwerk, die Schaffung und Ausweitung von spezialisierten Studiengängen, staatlich geschaffene Produktionskapazitäten und Preiskontrollen zur Vermeidung von Mitnahme- und Blockadeeffekten umfassen. Die CO2-Steuer darf nicht auf die Miete umgelegt werden.

■ Die Sanierungsquote muss mindestens verdreifacht werden und zwar sozialverträglich, also nahezu warmmietenneutral und mietrechtlich abgesichert.

■ Vermieter*innen, die die Kosten einer energetischen Sanierung nicht tragen können, können sich unter den Schirm der Wohnungsgemeinnützigkeit begeben. Dadurch erhalten sie Zugang zur vollen öffentlichen Förderung der Sanierungskosten und verpflichten sich im Gegenzug zur gemeinnützigen Bewirtschaftung ihrer Wohnungen.

■ Wir wollen die Förderkulisse auf ein Sofortprogramm klimagerechte und sozialverträgliche Erneuerung von Siedlungsbauten der Nachkriegszeit (erbaut zwischen 1949 und 1978) ausrichten. Dafür sollen – zusätzlich zur Aufstockung der laufenden Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) auf dauerhaft mindestens 10 Milliarden Euro jährlich – noch einmal 5 Milliarden Euro pro Jahr bereitgestellt werden.

Sanierungsberater*innen sollen innerhalb eines Sozialplanverfahrens gemäß Paragraf 180 BauGB an Klimastützpunkten beratend (für die Mieter*innen schützend) tätig sein und sozialverträgliche Quartierssanierungskonzepte koordinieren.

■ Wir wollen Weiterbildungs- und Zertifizierungsprogramme für Handwerker und Baubetriebe auflegen, um zu qualitativ guten und preiswerten energetischen Sanierungen zu kommen.

■ Die Neubaustandards wollen wir gesetzlich auf den Effizienzstandard KfW 40 anheben. Fördermittel, die gegenwärtig noch in die Neubaueffizienzförderung fließen, müssen vollständig umgeleitet werden in die sozialverträgliche energetische Sanierung.

■ Neben der Steigerung der Gebäudeeffizienz ist der Restenergiebedarf schrittweise – aber mit deutlich höherem Tempo – durch regenerative Energie zu decken. Die zentrale Rolle spielt für uns dabei die Wärmepumpe. Der Einbau fossiler Heizungen muss dabei schnellstmöglich gestoppt werden. Wir wollen auch in dicht besiedelten Räumen die Nutzung der Erdwärme möglich machen: durch vom Staat und den Kommunen betriebene Erdwärmeanlagen, die jeweils mehrere Wohnblocks versorgen.

■ Hindernisse für ökologische Baumaterialien im Baurecht werden wir beseitigen. Zugleich braucht es eine Ökobilanz für Neubauprojekte, um stärker im Bestand zu bauen und Ressourcen zu sparen. Schluss mit dem Abriss von preisgünstigen Wohnungen mit erhaltenswerter Bausubstanz zugunsten von teuren Neubauten! Ökologische Baumaterialien (z.B. Holzbauweise) werden wir, wo es sinnvoll und möglich ist, im Baurecht verbindlich vorschreiben.

■ Bei der Vergabe von Fördermitteln zur energetischen Sanierung ist nicht nur die Reduzierung des Energieverlusts pro Quadratmeter, sondern auch die Reduzierung des Energieverbrauchs bei der Produktion und Verarbeitung von Baustoffen über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg zu berücksichtigen. Die Förderung energetischer Sanierung ist auf die Nutzung nachhaltiger Baumaterialien auszuweiten. Verwendete Baumaterialien müssen klar und nachvollziehbar dokumentiert werden, um Sanierungen zu erleichtern.

Bauland in Gemeinschaftshand!

Eine der zentralen Ursachen für steigende Mieten ist die Explosion der Bodenpreise. Seit 1964 sind die Bodenpreise durchschnittlich um mehr als 1.800 Prozent gestiegen. Allein in den vergangenen Jahren haben sich die Preise in den großen Städten fast verdreifacht. Dagegen braucht es dringend Maßnahmen, um das sich immer schneller drehende Spekulationskarussell mit Grund und Boden anzuhalten und endlich wieder bezahlbaren Wohnungsbau zu ermöglichen.

■ Die Bodenpreise für den sozialen Wohnungsbau müssen in den Städten und für Familienwohnen auf dem Land zweckgebunden gedeckelt werden. Nur mit bezahlbarem Boden sind auch bezahlbare Mieten möglich.

■ Die Privatisierung öffentlicher Grundstücke wollen wir mit einem Bodensicherungsgesetz ausschließen. Öffentlichen Boden wollen wir nur noch in Erbbaurecht vergeben.

■ Um den Anteil öffentlichen Eigentums am Boden zu erhöhen, fordern wir ein Ankaufprogramm in Höhe von zwei Milliarden Euro jährlich, aus dem Bund, Länder und Kommunen Mittel für den Erwerb von Boden erhalten.

■ Die Liegenschaftspolitik muss von der Finanzpolitik entkoppelt werden, damit die öffentliche Hand auch Bodenbevorratung betreiben kann. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und das Bundeseisenbahnvermögen (BEV), die bisher der finanziellen Verwertung öffentlicher Liegenschaften verpflichtet sind, wollen wir auf soziale, ökologische und gemeinnützige Zwecke festlegen.

■ Das Vorkaufsrecht der Kommunen wollen wir stärken: Es soll überall ohne Ausnahme und innerhalb von bis zu sechs Monaten ausgeübt werden können.

■ Wir brauchen ein preislimitiertes Vorkaufsrecht, das sich nicht am spekulativen »Marktpreis« orientiert, sondern an bezahlbaren Mieten (sozialer Ertragswert) für die Bewohner*innen.

Spekulation stoppen – Gewinne abschöpfen!

Spätestens seit der Finanzkrise sind die Städte und Gemeinden massiv ins Visier von Spekulanten geraten. Den Preis für das immer schnellere Karussell von Immobilienkäufen und -verkäufen zahlen am Ende die Mieter*innen und die öffentliche Hand.

■ Den Spekulationskreislauf, an dem sich wenige auf Kosten der Vielen bereichern, wollen wir mit einem Anti-Spekulations-Gesetz durchbrechen: Wohnraum darf kein Spekulationsobjekt an der Börse mehr sein, Immobilien- und Hedgefonds wollen wir die Zulassung entziehen.

■ Spekulationen mit Bauland wollen wir stoppen. Deshalb wollen wir leistungslose Gewinne durch den Wertzuwachs an Grundstücken über eine Bodenwertzuwachssteuer abschöpfen.

■ Steuertricks beim massenhaften Kauf und Verkauf von Wohnungen, wie sogenannte Share Deals, wollen wir unterbinden.

■ Gewinne durch Spekulation, Unternehmensbeteiligungen und Immobilienverkäufe werden wir stärker besteuern und abschöpfen. Bilanztricks werden wir in Zukunft unter anderem durch Angleichung der Bilanzierungen verhindern.

■ Private Immobilienverkäufe dürfen auch nach zehn Jahren bis auf einen individuellen Freibetrag nicht mehr steuerfrei sein.

■ Zudem fordern wir ein öffentlich einsehbares Immobilienregister. Mit der Intransparenz bei den Eigentumsverhältnissen muss endlich Schluss sein.

Zweckentfremdung von Wohn- und Gewerberaum muss verboten werden, leerstehenden Wohn- und Gewerberaum wollen wir beschlagnahmen und der Zwischennutzung zuführen. Die zivilgesellschaftliche Wiederaneignung von zweckentfremdeten Räumen (»Besetzungen«) wollen wir legalisieren.

■ Wir streben an, dass grundsätzlich die Besetzung von seit mindestens einem Jahr leerstehendem Wohnraum zu einem dauerhaften Wohnrecht führt, es sei denn, die Eigentümer*innen verpflichten sich, den Wohnraum zu sozialverträglichen Mieten zur Verfügung zu stellen.

■ Die Immobilienkonzerne gehören zu den Krisengewinnern. Sie müssen daher überdurchschnittlich an den Kosten beteiligt werden. Deshalb fordern wir eine einmalige Sonderabgabe auf Immobilienerträge, die vor allem große Konzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen treffen soll.

Immobilienkonzerne an die Kette legen!

■ Großen Wohnungskonzernen wie Vonovia und Deutsche Wohnen, die systematisch Mietwucher betreiben, wollen wir das Handwerk legen. DIE LINKE ist deshalb Teil der Kampagne »Deutsche Wohnen & Co enteignen«.

■ Mit einem Vergesellschaftungsgesetz wollen wir die Möglichkeit verbessern, Wohnungen, Grund und Boden großer Wohnungsgesellschaften in öffentliches Eigentum zu überführen. Dazu wollen wir einen Rekommunalisierungsfonds aufsetzen.

■ Mit einer neuen Wohnungswirtschaftsgesetzgebung wollen wir das Geschäftsmodell von Immobilienfonds beenden, die Mieten kassieren, Renditen ausschütten, kaum investieren und nur auf die Steigerung der Immobilienpreise setzen. Ein wesentlicher Teil der Miete steht dann als Bauerneuerungsrücklage nicht mehr für Finanzmarktspekulation, sondern für nötige Instandhaltung zur Verfügung.

Wohnen ist ein Grundrecht – Wohnungen zuerst!

■ Niemand soll ohne Obdach sein. Als kurzfristige Nothilfe bis zur Durchsetzung bezahlbarer Mieten wollen wir das Wohngeld erhöhen und umbauen.

■ Die Coronakrise ist nicht vorbei: Das Moratorium für Kündigungen und Räumungen muss verlängert werden. Mietrückstände müssen erlassen werden.

■ Wir werden die Angemessenheitsgrenzen für die Kosten der Unterkunft deutlich anheben.

Räumung in die Wohnungslosigkeit wollen wir grundsätzlich verbieten, das Recht auf Wohnen wollen wir ins Grundgesetz aufnehmen.

■ Die unwürdige Unterbringung von Geflüchteten, Wohnungslosen oder Saison- und Wanderarbeiter*innen in Massenunterkünften werden wir beenden. Jeder Mensch hat das Recht auf eine eigene Wohnung!

■ Wir wollen den Ansatz Housing First in der Bekämpfung von Obdachlosigkeit verankern. Er bedeutet, Obdachlose schnell und als ersten Schritt in Wohnungen unterzubringen. Dazu braucht es auch die weitere Institutionalisierung niedrigschwelliger Beratungsangebote und -strukturen.

Städte zukunftsfest machen – Leben in die Dörfer bringen!

Während vielerorts die Mieten explodieren, stehen in einigen ländlichen Regionen Wohnungen und Häuser leer. Es wird zu wenig investiert, der Mietwohnraum in strukturschwachen Regionen ist immer weniger bedarfsgerecht. Nicht erst seit Corona gibt es auf dem Land wie in den Städten Ladensterben und kulturelle Verödung.

■ Für den sozialökologischen Umbau und die Belebung von Innenstädten und Dorfkernen brauchen wir eine neue Ausrichtung von Regionalpolitik und Städtebauförderung des Bundes. Schwerpunkt der Investitionen soll auf Zukunftsaufgaben liegen, wie der Gebäudesanierung, der Verbesserung des Wohnumfelds, dem altersgerechten und barrierefreien Umbau von Gebäuden sowie der Förderung nachhaltiger Mobilität.

■ Wir wollen den Ausbau einer frauengerechten und familienentlastenden Infrastruktur in zentraler und ortsnaher Lage mit guter Erreichbarkeit.

■ Zukunftsfeste Städte heißt auch schönere Städte ohne Werbung. Wir werden uns für ein Verbot gewerblicher Außenwerbung in Innenstädten einsetzen.

■ Den kommunalen Eigenanteil bei Aufwertungsmaßnahmen wollen wir streichen. Um die Nahversorgung im Wohnumfeld zu sichern, wollen wir leerstehendes Gewerbe in kommunale oder genossenschaftliche Hand überführen und zu sozialen Zentren weiterentwickeln. Der Bund soll das durch einen Rekommunalisierungsfonds finanziell absichern.

■ Landkreise, Städte und Gemeinden müssen beim Aufbau digitaler Infrastrukturen unterstützt werden. Smart City darf kein Geschäftsmodell großer Konzerne bleiben. Neue Technologien gehören in Bürger*innenhand, um ihre Teilhabe bei der Entwicklung des Wohnumfelds zu verbessern.

■ Der Verdrängung von Kleingärten stellen wir uns mit einem Kleingartensicherungsprogramm entgegen. Wir wollen flächensparend und ökologisch bauen. Stadtgrün wie Parks, Kleingärten und Gemeinschaftsgärten (Urban Gardening) wollen wir durch Investitionen fördern.

■ Wir wollen anders planen, weg von Flächenfraß und Zersiedelung der Landschaft und hin zu einer Dorf- und Stadtplanung, die Lebensqualität für alle in den Mittelpunkt stellt. Eine Politik, die im Interesse von Investoren große Einkaufszentren und Malls fördert, lehnen wir ab (vgl. Kapitel »Mobilität für alle mit weniger Verkehr«). Den Flächenfraßparagrafen 13b BauGB wollen wir abschaffen.

■ Wir wollen die ungerechtfertigten Altschulden aus dem DDR-Wohnungsbau endlich streichen. Gerade Unternehmen in strukturschwachen Regionen befinden sich in wirtschaftlicher Schieflage und können nicht investieren. Dabei müssen gerade in Grundzentren und Siedlungsschwerpunkten in ländlichen Räumen Mietwohnraum und ein annehmbares Wohnumfeld bedarfs- sowie klimagerecht gesichert werden. Durch bundesweite Förderprogramme wollen wir den Erhalt von Mietangeboten im ländlichen Raum stärken. Das stoppt Wegzug und entlastet Ballungsräume und Städte mit Wohnungsnot.

■ Stadt- oder Dorfentwicklung ist mehr als Wohnen, es braucht sowohl öffentliche Räume und Plätze der Begegnung als auch soziale und kulturelle Einrichtungen. Hier müssen Anwohner*innen mitentscheiden können. Das ermöglicht Austausch, daraus kann gemeinsames Handeln und Solidarität wachsen.

■ Es braucht ein Investitionsprogramm für den Stadtumbau, um die einseitige Fokussierung auf Automobilität zu überwinden und die Lebensqualität zum Beispiel durch Spielstraßen zu steigern.

Wir stellen sozialer Spaltung in der Bildung, Leistungsdruck und Unterfinanzierung eine andere Idee entgegen. Durch den Zugang zu Bildung sollen soziale Benachteiligungen abgebaut, nicht noch verstärkt werden. Wir wollen gemeinsames solidarisches Lernen statt Konkurrenz und Notendruck. DIE LINKE setzt sich für ein inklusives Bildungssystem ein, in dem Menschen individuell gefördert werden. Wir wollen Bildung und Wissenschaft, die den Einzelnen gerecht wird und dazu beiträgt, gesellschaftliche Fragen zu beantworten. Wie stoppen wir die Klimakrise? Wie können wir so leben und produzieren, dass alle genug zum Leben haben und die Umwelt geschont wird? Mit neuen Herausforderungen entstehen neue Anforderungen an Bildung. Wir wollen die Hochschulen öffnen, die Weiterbildung und den Rechtsanspruch auf berufliche Bildung stärken und Programme auflegen, damit alle eine berufliche Zukunftsperspektive haben.

Seit Jahrzehnten wissen wir: Der Zugang zu Bildung ist in Deutschland stark von der sozialen Herkunft abhängig. Die Coronakrise hat Probleme verschärft, die es schon vorher gab. Während manche Kinder ein eigenes Zimmer und einen Laptop zum Lernen haben, müssen sich andere beides mit Geschwistern teilen oder Aufgaben auf dem Handy lösen und hoffen, dass das Datenvolumen zum Herunterladen reicht. Das deutsche Bildungssystem verstärkt die soziale Spaltung der Gesellschaft, statt ihr entgegenzuwirken. Wer wohlhabende Eltern hat, hat bessere Chancen, Abitur zu machen und zu studieren. 74 Prozent der Akademikerkinder beginnen ein Studium, aber nur 21 Prozent der Kinder ohne Akademikereltern. Bei den Bachelor-Absolvent*innen beträgt ihr Anteil 15 Prozent, beim Master nur noch 8 Prozent. Für viele Kinder fällt schon nach der Grundschule die Entscheidung, welche weiterführende Schulform sie besuchen werden, und damit auch, welche Türen ihnen künftig verschlossen bleiben. Und in Bildung wird viel zu wenig Geld investiert. Unsanierte Schulen mit schlechter Ausstattung sind ein sichtbares Zeichen dafür. Das betrifft besonders ärmere Stadtteile, in denen Familien das kaum durch private Ausgaben für Ausstattung oder Nachhilfe ausgleichen können. Die Schuldenbremse hat diese Probleme noch verschärft. Allein der Sanierungsbedarf bei Schulen wird bundesweit inzwischen auf fast 50 Milliarden Euro geschätzt. An den Hochschulen müssten von 2017 bis 2025 etwa 35 Milliarden Euro investiert werden, um den Modernisierungsstau abzubauen. Hörsäle und Seminarräume sind häufig überfüllt, und es gibt zu wenig Personal. Und wie andere Dienstleistungen wurde auch die Schulreinigung vielerorts ausgelagert. Die Folge: Die Reinigung wird an die billigsten Anbieter*innen vergeben, Reinigungskräfte arbeiten unter Druck und schaffen es nicht, in der vorgegebenen Zeit fertig zu werden. Toiletten und Klassenräume sind dreckig, Schüler*innen und Lehrer*innen leiden darunter.

■ Wir kämpfen für mehr Personal in Bildung und Erziehung. DIE LINKE fordert eine Offensive des Bundes für mehr Lehrkräfte, Erzieher*innen und Schulsozialarbeiter*innen. Wir brauchen 100.000 Lehrkräfte und 200.000 Erzieher*innen zusätzlich und Schulsozialarbeit an jeder Schule!

■ Wir wollen die Gebäude sanieren, ausbauen und dem Bedarf für inklusive Bildung anpassen.

■ Das Bildungssystem ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und muss ausreichend vom Staat finanziert werden.

Privatisierungen – auch von öffentlichen Bildungseinrichtungen – müssen gestoppt und rückgängig gemacht werden.

■ Bildung ist mehr als die Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt. Der Trend zur immer stärkeren Ökonomisierung von Bildung muss gestoppt werden.

■ Wir wollen, dass Bund, Länder und Kommunen in der Bildung zusammenarbeiten können. Durch das Kooperationsverbot ist das nur eingeschränkt möglich. Wir wollen das Verbot komplett aufheben und Bildung als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz verankern, damit für alle Kinder und Jugendlichen Bildungsgerechtigkeit hergestellt werden kann.

■ Wir wollen ein Bildungsrahmengesetz des Bundes für alle Bildungsbereiche, damit gleiche Rechtsansprüche, soziale und personelle Rahmenbedingungen in allen Ländern gesichert werden können und Abschlüsse, gleich wo sie erworben wurden, überall anerkannt werden.

DIE LINKE steht für gute Bildung, die nicht vom Geldbeutel und der Herkunft abhängt. Wir wollen wirkliche Lehr- und Lernmittelfreiheit, kostenfreie Verpflegung in Kita und Schule und kostenfreie Beförderung von Schüler*innen.

Gute Kitas

Allen Kindern muss von Anfang an ganztägig das gemeinsame Leben und Lernen mit anderen Kindern in Kindertageseinrichtungen ermöglicht werden. Unabhängig davon, ob und wie lange die Eltern arbeiten. Kinder brauchen einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz in einer Kita. Insbesondere während der coronabedingten Kitaschließungen wurde deutlich, wie wertvoll frühkindliche Bildung für alle ist. Noch immer wird der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz nicht überall umgesetzt. Das kann zu Benachteiligungen führen, die sich in der gesamten Bildungsbiografie fortsetzen. Derzeit fehlen 34.000 Plätze für unter Dreijährige und bald bis zu 740.000 Plätze für alle Kinder bis zur Einschulung. Die Gruppen sind oft zu groß. Erzieher*innen werden weiter viel zu schlecht bezahlt. Mit einer Schmalspurausbildung von oft nur wenigen Wochen werden Erziehungshelfer*innen ausgebildet, um den massiven Fachkräftemangel zu retuschieren. Zur Sicherung der Qualität der Einrichtungen und für den weiteren Ausbau von Kitaplätzen muss der Bund mehr Geld zur Verfügung stellen. Wir brauchen ein Kitaqualitätsgesetz, das beim Kitaausbau die Belange der Kinder und der Beschäftigten in den Mittelpunkt rückt:

■ DIE LINKE fordert einen bundesweit einheitlichen Betreuungsschlüssel in Kindertagesstätten von mindestens eine*r anwesenden Erzieher*in auf maximal drei Kinder im Alter bis zu drei Jahren und mindestens eine*r Erzieher*in auf maximal acht Kinder ab drei Jahren.

■ Wir wollen gute, gebührenfreie Kitas (Elternbeitragsfreiheit). Allen Eltern muss von der Kommune ein Angebot für einen Kitaplatz unterbreitet werden.

■ Alle Kinder sollen täglich kostenloses gesundes, warmes Essen erhalten, wie es in einigen Städten bereits praktiziert wird (vgl. Kapitel »Landwirtschaft und Ernährung«).

■ Wir brauchen dringend mehr Erzieher*innen für eine gute Bildung, Erziehung und Betreuung. 191.000 Erzieher*innen fehlen derzeit.

Sozial- und Erziehungsberufe müssen aufgewertet werden. Sie verdienen größere Wertschätzung, bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen. Dazu gehören auch die Anrechnung von Vor- und Nachbereitungszeiten sowie Fortbildung und eine Vertretung im Krankheitsfall. Der Betreuungsschlüssel muss an Personalstärke und Zeitkontingent angepasst werden. Wir wollen die Ausbildung als Erzieher*in in der frühkindlichen Bildung auf Hochschulniveau anheben. Auch Menschen ohne Hochschulzugangsberechtigung sollen Zugang zum Erziehungsberuf haben. Für die derzeitige Ausbildung zur Erzieher*in wollen wir eine Vergütung und die Abschaffung des Schulgeldes, um den Beruf attraktiver zu machen.

■ Beschäftigte in der Kindertagespflege sollen aus prekären Beschäftigungslagen herausgeholt und sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden.

Ganztagsbetreuung im Grundschulalter: Die Große Koalition hat im Koalitionsvertrag einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter ab 2025 vereinbart. Der Rechtsanspruch lässt sich nur mit schnellen und erheblichen Investitionen in den Ausbau von Einrichtungen und die Ausbildung und Einstellung von mehr Personal einlösen.

Eine Schule für alle: inklusiv

Wesentliche Ursache der sozialen Spaltung in der Bildung ist die frühe Aufteilung der Schüler*innen in unterschiedliche Schulformen. In der Coronazeit hat sich gezeigt, wie unterschiedlich die Voraussetzungen der Schüler*innen sind: Einige haben ein eigenes Zimmer und einen Laptop, andere müssen sich beides teilen. Nicht alle bekommen wertvolle Unterstützung zu Hause. Schüler*innen mit Behinderungen kämpfen mit zusätzlichen Barrieren. Wir wollen eine Schule für alle: Eine Gemeinschaftsschule, die kein Kind zurücklässt und sozialer Ungleichheit entgegenwirkt. Die Gemeinschaftsschule fördert die Kinder individuell und umfassend. Sie ist ganztägig organisiert und bietet alle Schulabschlüsse an.

Schule sollte so organisiert sein, dass die sozialen Unterschiede nicht noch verstärkt, sondern möglichst ausgeglichen werden. Wir wollen eine Schule, die ohne Hausaufgaben auskommt und private Nachhilfe überflüssig macht. Im schulischen Alltag muss Raum und Zeit dafür geschaffen werden. Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter*innen, Erzieher*innen, Schulpsycholog*innen und medizinisches Fachpersonal sollen in multiprofessionellen Teams zusammenwirken. Die Gemeinschaftsschule ist demokratisch organisiert mit einer wirklichen Mitbestimmung von Schüler*innen.

■ Jede*r Schüler*in muss die Möglichkeit haben, eine Ganztagsschule zu besuchen, idealerweise eine Gemeinschaftsschule.

■ Der Rechtsanspruch auf inklusive Bildung und das Recht auf das gemeinsame Lernen in einer Regelschule gehört in jedes Schulgesetz. Alle Schulen müssen über barrierefreie Zugänge für alle Kinder verfügen, die nicht nur auf die baulichen Voraussetzungen beschränkt werden dürfen. Sie müssen über adäquate Ausstattung und Qualifizierung bei Personal, Assistenzleistungen, Lehr- und Lernmittel sowie sonstige Hilfsmittel für jedes Kind verfügen. Wir wollen ein Zwei-Lehrer*innen-System umsetzen, als eine der Rahmenbedingungen, mit der wir Förderschulen überflüssig machen. Inklusion darf nicht davon abhängig gemacht werden, wie viel sie kostet! Bund, Länder und Kommunen müssen ein Investitionsprogramm »Inklusive Bildung« auflegen, um Bildungseinrichtungen umfassend barrierefrei umzubauen und auszustatten. DIE LINKE will eine inklusive Schule, in der alle Kinder und Jugendlichen willkommen sind und gemeinsam mit- und voneinander lernen. Inklusion ist eine Aufgabe, die sich nicht auf einzelne Gruppen bezieht – weder auf Schüler*innen mit Behinderungen, noch auf diejenigen nicht deutscher Herkunft noch auf solche, die aus anderen Gründen von Teilhabe ausgeschlossen werden. Heute wird vielfach besonderer Förderbedarf festgestellt. Es werden aber zu wenige und ungenügende Hilfen für diesen Förderbedarf angeboten. Das muss sich ändern. Statt immer mehr Kindern den Stempel eines Förderbedarfes aufzudrücken, wollen wir das mehrgliedrige Schulsystem Schritt für Schritt abbauen und alle Kinder ohne abwertende Etikettierung umfassend fördern.

■ Tausende geflüchtete und zugewanderte Kinder und Jugendliche gehen in Deutschland in die Schule oder machen eine Ausbildung. Wir fordern ein Programm, das vom Bund mitfinanziert wird und Aus- und Weiterbildung von zusätzlichen Lehrkräften umfasst, die Deutsch als Zweitsprache unterrichten, eine Erstausstattung an Schulbedarf für alle Kinder, zusätzliche Sprach- und Alphabetisierungskurse auch für geflüchtete Erwachsene und Informationen zu Berufsausbildungen, die für Geflüchtete in der Bundesagentur für Arbeit angeboten werden. Den Kommunen müssen dafür entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden.

■ Eine mehrsprachige Sozialisation wird in Deutschland nur bei ökonomisch als wichtig erachteten Sprachen geschätzt. Wir sehen die Mehrsprachigkeit bei Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund als eine Bereicherung und eine Chance, die von den Schulen anerkannt und für gemeinsames Lernen genutzt werden soll. Die Muttersprache beim Erlernen weiterer Sprachen einzubeziehen, ist wichtig, um in diesen Sprachen einen sicheren Stand zu erwerben. Die Herkunftssprache soll bei Prüfungen als erste oder zweite Sprache anerkannt werden. Wir betrachten Regional- oder Minderheitensprachen als Ausdruck des kulturellen Reichtums und fördern ihr Angebot in Schulen.

■ Schulsozialarbeit muss ein fester Bestandteil von schulischer Arbeit werden – an jeder Schule und dauerhaft. Dafür muss sie im Jugendhilferecht als Regelaufgabe verankert werden. Durch ein Programm zur Schulsozialarbeit wird der Einsatz mindestens einer Fachkraft für Schulsozialarbeit je 150 Schüler*innen garantiert. Diese sollen gut mit Berufs- und Studienberatungsstellen vernetzt sein, um Schüler*innen, die nicht aus Akademikerfamilien kommen, den Weg an die Hochschulen zu erleichtern.

■ Der Personalmangel an Schulen führt zu Unterrichtsausfall und Stress. Das Personal muss Engpässe mit regulär beschäftigten Lehrkräften ausgleichen können. Dazu braucht es 10 Prozent Vertretungsreserve. Um die Personalnot an Schulen zu beenden, müssen überall deutlich mehr Lehrkräfte ausgebildet und eingestellt werden.

■ Neue, hybride Lernformen, wie sie während des Coronalockdowns praktiziert wurden, dürfen nicht zu einer neuen sozialen Spaltung führen, weil nicht alle Lernenden zu Hause gleich gute Lernbedingungen zu Hause haben.

■ Wir wollen, dass jedes Kind einen Laptop als Teil der Bildungsausstattung zur Verfügung hat und frühzeitig mit digitalen Technologien vertraut gemacht wird. Jedes Kind muss weiterhin einen Drucker inklusive aller Verbrauchsmaterialien zur Verfügung haben sowie mit einem kostenfreien Bildungstarif Zugang zum Internet zu Hause erhalten. Die Urteile der Sozialgerichte müssen endlich umgesetzt werden. Das gilt auch für Familien, die knapp oberhalb des Hartz-IV-Einkommens liegen. Der DigitalPakt Schule mitsamt aller Zusatzvereinbarungen zu Geräten und Administration muss verstetigt werden.

■ Hybride Lernformen sind nicht weniger arbeitsintensiv als Formen des Präsenzlernens. Sie eignen sich nicht als Sparmodell. Wir brauchen mehr Lehrer*innen für einen guten Unterricht, auch und gerade angesichts neuer Lernformen.

■ Die IT-Infrastruktur an Schulen muss durch Fachpersonal betreut werden. Entsprechende Planstellen sollen kurz- und mittelfristig geschaffen werden. Die IT-Infrastruktur aller Schulen und Hochschulen muss mit schnellen und leistungsfähigen Breitbandanschlüssen, WLAN für alle, Lern- und Arbeitsräume und einer zeitgemäßen Hard- und Softwareausstattung ausgebaut werden. Offene Software und Open Educational Resources (OER) sind zu fördern.

■ Medienkompetenz muss umfassend gestärkt werden: in der vorschulischen Bildung, in Schule und Unterricht, in der Arbeitswelt, in zivilgesellschaftlichen Projekten und bis ins hohe Alter.

■ Viele Schüler*innen lernen nicht mehr Schwimmen, weil viele Schwimmbäder baufällig sind und gesperrt werden müssen. Hier wollen wir sanieren. Schulschwimmen und Sportunterricht müssen wieder gesichert werden. Wir wollen in barrierefreie, energieeffiziente und schön gestaltete Schulräume und Sportstätten investieren.

■ Mindestens 50 Milliarden Euro sind nötig, um die Schulen zu sanieren. Gerade in sogenannten Brennpunktschulen fehlt das Geld. Wir wollen den Königsteiner Schlüssel als Verteilungsinstrument für Fördermittel des Bundes für Bildung durch einen Sozialindex ersetzen. Der Sozialindex soll Mittel bedarfsgerecht auf die Länder und innerhalb der Länder auf Kommunen verteilen, damit genug Geld da ankommt, wo es auch wirklich gebraucht wird.

■ Wir wollen Lobbyismus in Schule und Unterricht unterbinden. Akteure der Wirtschaft drängen seit Jahren aus reinem Eigennutz in die Schulen und bestimmen Lerninhalte zunehmend mit. Darunter leidet die Vielfalt in der Bildung. Kommerzielle Werbung an Schulen muss gesetzlich untersagt werden. Schulen müssen im Gegenzug besser mit Lehrmitteln ausgestattet werden, damit sie nicht auf tendenziöse Angebote von Konzernen und Interessengruppen zurückgreifen müssen.

Bildung ohne Bundeswehr! Die Bundeswehr soll nicht mehr in Schulen oder Universitäten werben oder auftreten dürfen. Stattdessen brauchen wir mehr politische und friedenspädagogische Bildung durch Lehrkräfte.

■ Alle Lehrämter sollen gleichgestellt werden. Es gibt keinen Grund, Lehrkräfte an Grundschulen niedriger zu werten als Lehrkräfte zum Beispiel an Gymnasien.

■ Lernende, Lehrende und Eltern sollen über Schule mitentscheiden können. Wir wollen Demokratie, Selbstverwaltung der Schulen und insbesondere die Mitbestimmungsrechte der Schüler*innen an den Schulen stärken.

■ Die Schulreinigung wollen wir flächendeckend wieder in die öffentliche Hand bringen – für saubere Schulen und gute Arbeitsbedingungen. In der Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig gute Hygienestandards in den Schulen sind.

Öffentlich-private Partnerschafen (ÖPP) lehnen wir grundsätzlich ab. Sie stellen einen besonders fatalen Ausverkauf öffentlichen Eigentums dar. Auch bei Schulen muss gelten: öffentliche Aufgaben in öffentliche Hand.

Gut ausgebildet

Jedes Jahr werden Zehntausende junge Menschen in Deutschland bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz vertröstet. Sie finden keinen Ausbildungsplatz mit Perspektive oder hängen in endlosen Warteschleifen fest. Fast zwei Millionen junge Menschen haben keine Berufsausbildung. Besonders Hauptschüler*innen und Migrant*innen werden benachteiligt. Die Wirtschaft unterschreitet die Zielmarke von 500.000 jährlich zu schaffenden Ausbildungsplätzen. Viele Arbeitgeber klagen über mangelnde Fachkräfte und Ausbildungsbetriebe finden keine Azubis. Aber: Der Fachkräftemangel ist hausgemacht, weil viele potenzielle Azubis als nicht ausbildungsreif eingestuft und in Warteschleifen »geparkt« werden. Auf der anderen Seite klagt mehr als die Hälfte der Auszubildenden über zu hohe Belastung, viele gehen auch krank zur Arbeit oder werden als billige Arbeitskräfte ausgebeutet. Wegen der Pandemie und finanzieller Schieflage mancher Unternehmen haben viele Ausbildungsbetriebe ihre Ausbildung eingestellt oder deutlich gekürzt. Damit verschärft sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Wir wollen, dass alle, die eine Ausbildung begonnen haben, sie auch beenden können. Dafür muss der Bund Mittel und Möglichkeiten bereitstellen. Die Bedingungen und die Qualität der Ausbildung müssen verbessert und Ausbildungsberufe aufgewertet werden. Auch hier benötigen wir mehr Personal. Laut der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) müssen an den berufsbildenden Schulen bis zum Jahr 2030 160.000 Lehrkräfte eingestellt werden, um den Bedarf zu decken.

■ Jetzt gilt erst recht: DIE LINKE setzt sich für das Recht auf eine gebührenfreie und vollqualifizierende Ausbildung für alle ein. Anonymisierte Bewerbungsverfahren sollen sicherstellen, dass alle die gleichen Chancen auf eine Ausbildung haben.

■ Auszubildende brauchen eine Ausbildungsvergütung, die zum Leben unabhängig von den Eltern reicht. Wir fordern eine Mindestausbildungsvergütung, die sich aus 80 Prozent der durchschnittlichen tariflichen Ausbildungsvergütung aller Branchen des jeweiligen Ausbildungsjahres ergibt. Wir unterstützen die Gewerkschaften und Gewerkschaftsjugenden bei ihrem Kampf für bessere tarifvertragliche Lösungen. Die Ausbildung in den Berufen, die nicht dual geregelt ist also zum Beispiel in allen Sozial-, Gesundheits- und Erziehungsberufen, muss besser finanziert werden. Schulgeld soll grundsätzlich entfallen und ein am Tarif orientiertes Ausbildungsgeld gezahlt werden. Wir wollen den Bau öffentlicher Auszubildendenwohnheime fördern, insbesondere im ländlichen Raum.

■ DIE LINKE fordert die unbefristete Übernahme nach Ausbildungsende und den Wegfall der Probezeit bei Übernahme im selben Betrieb.

■ Wir wollen eine solidarische Umlagefinanzierung, die alle Betriebe in die Pflicht nimmt, damit ausreichend duale und qualitativ hochwertige Ausbildungsplätze geschaffen werden.

■ Am Ende von berufsvorbereitenden Maßnahmen muss ein verbindliches Ausbildungsangebot stehen. Die »Warteschleife« im Übergangssystem wollen wir abschaffen.

■ Menschen ohne abgeschlossene Ausbildung sollen einen anerkannten Berufsabschluss machen können – unabhängig von ihrem Alter. Das Kriterium der »Ausbildungsreife« der Bundesagentur für Arbeit wollen wir abschaffen. Es versperrt den Zugang zur Berufsausbildung.

■ Wir wollen eine grundlegende Reform des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), in der die Verbesserung der Ausbildungsqualität in den Mittelpunkt gerückt und ein Rechtsanspruch auf eine vollqualifizierende Ausbildung verankert wird.

■ Die Mitbestimmung der Auszubildenden wollen wir stärken. Ihre Mitwirkung in den Personalvertretungen muss garantiert werden.

■ Wir wollen einen Berufsbildungspakt, damit längst überfällige Investitionen für gute Qualität an beruflichen Schulen getätigt werden. Und es braucht deutlich mehr Personal.

■ Politische Bildung muss auch Teil der beruflichen Ausbildung sein.

■ Sozialarbeit und sozialpsychologische Begleitung sollen auch in der Ausbildung gestärkt werden.

■ Die Lehr- und Lernmittelfreiheit muss im Berufsbildungsgesetz verankert werden – auch bei Schulbüchern für den Berufsschulunterricht.

■ Weil der Ausbildungsmarkt immer noch in sogenannte Frauen- und Männerberufe gespalten ist, sind außerdem die Hürden für Jugendliche groß, eine untypische Berufswahl zu treffen. Dem wollen wir entgegenwirken: durch geschlechtersensible Bildung und indem Bereiche aufgewertet werden, in denen die Löhne niedrig sind und viele Frauen arbeiten.

Gute Weiterbildung

Wir setzen uns für lebenslanges, lebensbegleitendes Lernen ein: als Angebot, nicht als Pflicht zur Selbstoptimierung. Die allgemeine, kulturelle, politische und berufliche Weiterbildung ist ein wichtiger Teil davon. Sie dient der Entwicklung der Einzelnen und der beruflichen Fortbildung oder Umorientierung und befördert die gesellschaftliche Teilhabe. Das Recht auf Weiterbildung muss gesetzlich abgesichert sein. Der sozialökologische Umbau kann bedeuten, dass viele Menschen eine zukunftssichere Perspektive erhalten. Die Weiterbildung spielt hier eine entscheidende Rolle. Hier müssen bei der beruflichen Weiterbildung und an den Hochschulen neue Möglichkeiten geschaffen werden.

Volkshochschulen, die oft in kommunaler Hand sind oder mindestens gemeinnützig arbeiten, können unabhängig von den Profitinteressen privater Bildungsanbieter Angebote für die vielfältigen Bereiche der allgemeinen Weiterbildung, der politischen Bildung und für das Nachholen von Schulabschlüssen anbieten. Dazu sollen die Volkshochschulen finanziell gestärkt werden, damit sie ihr Leistungsangebot ausbauen und kostenfrei anbieten können. Wichtig ist, dass Angebote zur sprachlichen Förderung von Zugewanderten erbracht werden können.

Eine entscheidende Voraussetzung sind gute Arbeitsbedingungen und gute Entlohnung bei allen Trägern und Bereichen der Erwachsenenbildung. In der Erwachsenenbildung sind die Arbeitsverhältnisse oft prekär. Das wollen wir ändern.

■ Lehrkräfte in der Weiterbildung brauchen einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag, der sich am öffentlichen Dienst orientiert, für alle Bereiche der Weiterbildung.

■ Honorarverträge sollen in feste Stellen umgewandelt werden. Honorarverträge, soweit sie noch nötig oder von den Beschäftigten gewollt sind, müssen an den TVöD angepasst werden. Das gilt auch für Lehrkräfte in den Sprach- und Integrationskursen.

■ Die Arbeitsagenturen und andere öffentliche Auftraggeber müssen bei der Vergabe die Qualität von Bildung und eine gute Bezahlung der Lehrkräfte in den Mittelpunkt stellen. Bei der Vergabe von Bildungsdienstleistungen durch die Bundesagentur für Arbeit sollen die geltenden tariflichen Bestimmungen für alle Anbieter verbindlich sein.

■ Volkshochschulen und andere öffentlich geförderte Weiterbildungseinrichtungen müssen ausreichend und dauerhaft finanziert werden. Lehrkräfte dürfen sich nicht von einem befristeten Projekt zum nächsten hangeln müssen. Vielmehr sind für Daueraufgaben auch Dauerstellen zu schaffen.

■ DIE LINKE will eine Bildungsfreistellung für alle Beschäftigten und alle Weiterbildungsbereiche bundesweit gesetzlich sichern, nicht nur für die berufliche Weiterbildung.

■ Menschen ohne abgeschlossene Ausbildung sollen einen anerkannten Berufsabschluss machen können. Dazu sollen Umschulungen bedarfsgerecht verlängert und der Zugang zur Externenprüfung soll erleichtert werden.

■ Wir fordern ein Weiterbildungsgeld: Wer sich im Rahmen des sozialökologischen Umbaus neu orientieren oder weiterqualifizieren muss oder möchte, erhält dafür ausreichend Zeit und Finanzierung (vgl. Kapitel »Sozialer und ökologischer Systemwechsel«).

Gutes Studium, gute Arbeitsbedingungen, gute Forschung

Das Studium ist von Leistungsdruck und Zeitdruck geprägt. Das führt zu Stress bei Studierenden und Beschäftigten. Dazu kommt: Viele Studierende haben in der Coronakrise ihre Nebenjobs verloren und wissen nicht, wie sie die Miete aufbringen sollen. Das trifft vor allem diejenigen hart, die nicht aus wohlhabenden Familien stammen. Viele werden von vornherein durch Zugangshürden vom Studium ausgeschlossen. Weiter hat die pandemiebedingte Schließung der Hochschulen die seit Jahren andauernde Konkurrenz und Vereinzelung im Studium weiter befördert. Das ist politisch gewollt. Es muss aber nicht so bleiben. DIE LINKE setzt sich für eine soziale, demokratische, offene und inklusive Hochschule und Wissenschaftslandschaft ein. Wir stehen an der Seite von Initiativen und Bewegungen, die für bessere Bedingungen kämpfen: für eine Entfristung und faire Bezahlung von wissenschaftlichem Personal, gute Studien- und Lebensbedingungen für Studierende und dafür, dass die Coronakrise auch an den Hochschulen solidarisch bewältigt wird. Es bleibt viel zu tun. Seit Jahren werden die Hochschulen und Universitäten unter dem Druck der öffentlichen Finanzierungssysteme zur unternehmerischen Hochschule ausgebaut. Das Ziel ist es, Wissen, Bildung und Forschung wirtschaftlich verwertbar zu machen. Durch die chronische Unterfinanzierung bleibt der Raum für unabhängige und gesellschaftskritische Forschung und Lehre und damit eine wesentliche Funktion von Wissenschaft auf der Strecke. Forschung ohne Drittmittel ist kaum noch möglich. DIE LINKE fordert eine ausreichende Finanzierung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen durch den Staat.

■ Wir wollen die Hochschulen weiter öffnen. Ein Studium soll mit einem bestandenen Fachabitur, der allgemeinen Hochschulreife, einer abgeschlossenen beruflichen Ausbildung oder einem vergleichbaren Abschluss möglich sein.

■ Jegliche Form von Studiengebühren für Menschen mit und ohne deutschen Pass schaffen wir ab.

■ Das BAföG muss an die Lebenswirklichkeit angepasst werden und die Ausbildung umfassend finanzieren. Nur noch 11 Prozent der Studierenden erhalten überhaupt BAföG, nur 8 Prozent den Höchstsatz. Wir setzen uns für ein rückzahlungsfreies, elternunabhängiges und bedarfsgerechtes BAföG ein, das alle erreicht, die es brauchen. Bildungsentscheidungen sollen frei von Finanzsorgen oder Vorlieben der Eltern getroffen werden können. Der BAföG-Fördersatz muss regelmäßig und automatisch an die tatsächlichen und steigenden Lebenshaltungs- und Wohnkosten angepasst werden. Wir wollen die Altersgrenzen beim BAföG abschaffen und die Bezugsdauer an die reale durchschnittliche Studiendauer anpassen. Ebenso muss die Kopplung des BAföG an Leistungsüberprüfungen abgeschafft werden. Förderlücken müssen geschlossen werden. Menschen mit Duldung, Aufenthaltsgestattung und mit humanitären Aufenthaltstiteln müssen mit Aufnahme des Studiums oder der Ausbildung Zugang zur Ausbildungsförderung haben.

■ Zugangs- und Zulassungsbeschränkungen wie Numerus clausus, Auswahlgespräche, IQ-Tests oder Bewerbungsgespräche müssen abgeschafft werden. Wir schlagen dazu ein Hochschulzulassungsgesetz vor.

■ Der Zugang zum Master muss für Bachelor-Absolvent*innen überall zulassungsfrei sein. Dafür müssen Masterstudienplätze bedarfsgerecht ausgebaut werden.

■ Für Geflüchtete soll die Aufnahme des Studiums einfacher werden. Dafür müssen zusätzliche Studienplätze geschaffen werden und im Ausland erworbene Bildungsabschlüsse schnell und unbürokratisch anerkannt werden. Die Aufnahme eines Studiums muss ein Bleiberecht sicherstellen und vor Abschiebung schützen. Auch Wissenschaftler*innen, die politisch verfolgt sind, wollen wir die Fortführung ihrer wissenschaftlichen Arbeit an Hochschulen in Deutschland ermöglichen.

■ Den Zugang für ausländische Studierende wollen wir vereinfachen. Den Verein uni-assist e.V. wollen wir in eine Anstalt öffentlichen Rechts überführen, die der Bund finanziert.

■ Wir wollen ausfinanzierte und demokratisch wirkmächtige Fachschaften, die die Studierendenschaft organisieren. Und ein zusätzliches Mentoringprogramm für Studierende aus Nichtakademikerfamilien.

■ Wir fordern ein Weiterbildungsprogramm für den sozialökologischen Umbau, das durch den Bund und durch eine Unternehmensumlage mitfinanziert wird: Wer sich beruflich umorientieren möchte, soll die Möglichkeit erhalten, an einer Hochschule ein Studium oder eine Zusatzqualifizierung in einem sozialen oder ökologischen Bereich zu absolvieren, in dem zukünftig mehr Beschäftigte benötigt werden. (vgl. Abschnitt »Weiterbildung« im Kapitel »Arbeit«)

■ Inhalte von Lehre und Forschung orientieren sich immer stärker an wirtschaftlicher Verwertbarkeit und Konzerninteressen. Wir wollen Hochschulen in gesellschaftlicher Verantwortung und setzen uns für kritische Wissenschaft und Lehre ein, die im Sinne einer sozial gerechten, ökologisch nachhaltigen und friedlichen Welt eingreift.

Demokratisierung der Hochschulen: Wir streiten bundesweit für verfasste Studierendenschaften mit allgemeinpolitischem Mandat. Hochschulgremien sollten öffentlich tagen, wo es möglich ist. Sie müssen paritätisch besetzt werden, sodass alle Statusgruppen, auch die Studierenden, gleich stimmberechtigt vertreten sind. Statt einseitiger Stärkung der Hochschulleitung brauchen wir eine Stärkung der demokratisch durch alle Hochschulangehörigen gewählten Hochschulgremien. Gremien, die sich an Aufsichtsräte anlehnen – wie Hochschulräte – gehören abgeschafft. Den demokratischen Austausch der Hochschule mit zivilgesellschaftlichen Akteuren, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen, Sozialverbänden wollen wir stärken. Hochschulen sollen offene Orte der gesellschaftlichen Debatte sein. Das muss Vorrang vor kommerzieller Nutzung der Hochschulräume haben.

Gute Wissenschaft braucht Gute Arbeit

■ Dazu muss der wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Unter- und Mittelbau gestärkt werden. Daueraufgaben müssen auf Dauerstellen bearbeitet werden. Prekäre Arbeit, Lehre zu Dumpingvergütung und die Ausbeutung von Lehrbeauftragten und nichtwissenschaftlichen Beschäftigten lehnen wir ab. Die Honorare für Lehraufträge wollen wir erhöhen, sie müssen auch die Vor- und Nachbereitung abdecken. Zentrale Lehraufgaben müssen auf festen, unbefristeten Stellen geleistet werden.

Frist ist Frust. Rund 90 Prozent der Beschäftigten im wissenschaftlichen Mittelbau sind befristet beschäftigt. Das Sonderbefristungsrecht für wissenschaftliches Personal wollen wir abschaffen: Unbefristete Arbeitsverhältnisse müssen die Norm werden.

■ Statt von einzelnen Professor*innen abhängig zu sein, soll der wissenschaftliche Nachwuchs Abteilungen (Departments) zugehören. Wir wollen mehr feste Stellen neben der Professur schaffen. Qualifikationsstellen von Doktorand*innen müssen mit 100 Prozent vergütet werden.

■ Wir brauchen einen flächendeckenden Tarifvertrag für studentische Beschäftigte sowie deren Vertretung im Personalrat.

■ Studentische Beschäftigte müssen mittelfristig in den TV-L eingegliedert werden. Wir unterstützen die TVStud-Initiativen in ihrem Anliegen nach kurzfristig eigenen Tarifverträgen.

■ Frauen stärken: Wir wollen eine 50-prozentige Frauenquote auf jeder Karrierestufe durchsetzen und das Professorinnenprogramm zu einem Programm für die Förderung von Frauen auf allen Karrierestufen weiterentwickeln.

■ Die Hochschulen werden zu einem wesentlichen Teil durch nicht wissenschaftliches Personal in der Verwaltung, dem Gebäudemanagement und dem Forschungsbetrieb mitgetragen. Wer von Arbeitsbedingungen an Universitäten spricht, darf diesen Teil der Beschäftigten nicht vernachlässigen. Aus der Krise lernen heißt auch zu erkennen, dass es einen Personalaufbaupakt für die Hochschulverwaltung braucht. Auch in der Hochschulverwaltung gilt für uns: Dauerstellen für Daueraufgaben.

■ Steuermittel zur Forschungsförderung dürfen nur an tarifgebundene Einrichtungen gehen. Das schafft auch Anreize, dass die Institute der Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft und Leibniz-Gemeinschaft Mitglied in einem Arbeitgeberverband werden.

Investitionen in die soziale Infrastruktur

■ Der Bund muss dauerhaft Mitverantwortung für die Grundfinanzierung der öffentlichen Hochschulen übernehmen. Wir wollen den Zukunftsvertrag entfristen und zu einem Dauerzuschuss weiterentwickeln. Die Exzellenzstrategie befeuert ein konkurrenzorientiertes Denken in der Wissenschaft. Der aufwendige Bewerbungs- und Auswahlprozess schadet einer gesellschaftlich verantwortungsbewussten Wissenschaftskultur. Wir wollen stattdessen Studium und Wissenschaft flächen- und fächerdeckend ausfinanzieren.

■ Wir wollen Fachhochschulen bzw. Hochschulen für angewandte Wissenschaften deutlich besser ausstatten. Für Studierende an Fachhochschulen wird nicht genug Geld zur Verfügung gestellt, obwohl es immer mehr werden. Es braucht ausreichend Finanzierung statt »Billigstudienplätze«. Fachhochschulen sollen das Promotionsrecht erhalten.

■ Die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau muss wieder im Grundgesetz verankert und ein Sonderprogramm für den Neubau von Wohnheimplätzen gestartet werden. Die Lehre soll durch eine Grundfinanzierung gesichert werden, die sich an der Zahl der tatsächlichen Studienanfänger*innen und an den Kosten des Studienplatzes bemisst.

■ DIE LINKE fordert einen Hochschulsozialpakt: Geld für mehr bezahlbare Plätze in Wohnheimen, Mensen und Hilfe für Studierendenwerke, die durch die Coronakrise in eine Schieflage geraten sind. Wir wollen ein finanzielles Unterstützungsprogramm für kostengünstige Semestertickets für Studierende. Perspektivisch fordern wir einen ticketfreien öffentlichen Nahverkehr für alle.

■ Das duale Studium muss öffentlich-rechtlich akkreditiert werden und zu gleichwertigen Abschlüssen führen. Dual Studierende müssen einen Ausbildungsvertrag mit einer Mindestvergütung bekommen. Der Zugang zum dualen Studium muss ohne Abitur möglich sein.

Transparente Forschung und gesellschaftliche Verantwortung

■ Kooperationsvereinbarungen, Sponsoring und sonstige Verträge, die öffentliche Bildungs- und Forschungseinrichtungen mit privaten Unternehmen oder Stiftungen abschließen müssen offengelegt werden. Sie nehmen direkt oder indirekt Einfluss auf Wissenschaft.

■ Der Ausbau der IT muss einhergehen mit einer besseren Ausbildung von Lehramtsstudierenden und aktiven Lehrkräften: Digitale Kompetenzen und Unterrichtsmethoden müssen fester Bestandteil des Studiums werden. Auch danach braucht es Fortbildungsangebote.

■ Digitale Infrastruktur ausbauen: Für einen schnelleren Aus- und Aufbau digitaler Infrastrukturen an den Hochschulen sollen von Bund und Ländern zusätzliche finanzielle Mittel durch einen Hochschuldigitalpakt zur Verfügung gestellt werden. Statt Leuchtturmprojekten braucht es eine Digitalisierungsoffensive für die Hochschulen bundesweit. Doch Technik allein macht noch keine gute Onlinelehre. Lehrenden muss der Zugang zu Fort- und Weiterbildung für digitale Lehr- und Lernangebote erleichtert werden.

■ Digitale Medien dürfen nicht zum Einfallstor für Privatisierung der Bildung durch private kommerzielle Anbieter, Unternehmen oder Verlage werden. In Bildungseinrichtungen eingesetzte Software sollte freie Software sein.

■ Forschung für Frieden statt für Krieg und Rüstungsindustrie: Wir fordern die Verankerung von Zivilklauseln an allen Hochschulen und allen wissenschaftlichen Einrichtungen sowie die Förderung von Friedensforschung.

■ Um dem neoliberalen Mainstream in den Wirtschaftswissenschaften kritisches Denken zur Seite zu stellen, wollen wir plurale Ansätze in Forschung und Lehre an Hochschulen, Universitäten und in der Politikberatung fördern. Dazu gehören (post-)keynesianische, marxistische, ökologische und feministische Wirtschaftstheorien. Wir fordern im Rahmen der Forschungs- und Innovationsförderung des Bundes die Einrichtung eines Forschungsclusters zu sozialökologischer Transformation mit heterodoxer Ausrichtung der Forschung. Auch müssen plurale Ansätze bei der Förderung von Promovierenden stärker berücksichtigt werden. Die Theorie- und Forschungsansätze sollen auch bei der Ausschreibung und Vergabe von wissenschaftlichen Beratungsleistungen durch die öffentliche Hand beachtet werden.

■ Wir brauchen eine staatlich finanzierte Forschungsförderung, die sich den gesellschaftlichen Herausforderungen durch die Beachtung kritischer und pluraler Forschung stellt.

Forschung und Wissenschaft müssen zur Lösung von sozialer Spaltung, Klimawandel und Umweltproblemen beitragen. In diesem Sinne wollen wir die milliardenschwere Innovations- und Technologieförderung des Bundes, auch die gemeinsam von Bund und Ländern finanzierte außeruniversitäre Forschung strategisch ausrichten. Neben technischen sind dabei besonders soziale Innovationen wichtig. Wir wollen diese Forschungslandschaft stärker mit der Arbeit der Hochschulen verknüpfen.

Die ökologische Krise ist die große Überlebensfrage des 21. Jahrhunderts. Gleichzeitig ist sie eine Klassenfrage.

Es geht längst nicht nur um den Klimawandel: Umweltforscher*innen gehen davon aus, dass von neun planetaren Grenzen (also physikalischen Grenzen des ökologischen Erdsystems) einige bereits überschritten sind. Das betrifft insbesondere die Erderwärmung, das massenhafte Artensterben, die Veränderung der Landnutzung sowie die Störung der Phosphor- und Stickstoffkreisläufe. Jedes dieser Probleme hat das Potenzial, unserer Gesellschaft die materielle Grundlage zu entziehen. Die Coronapandemie zeigt: Die Zerstörung natürlicher Lebensräume lässt die Wahrscheinlichkeit von Pandemien rasant steigen. Diesen verheerenden Prozess der Naturzerstörung müssen wir stoppen.

Der Klimawandel ist auch ein medizinischer und pflegerischer Notstand: Die Zahl hitzebedingter Behandlungen und von Hitzetoten wächst. Luftverschmutzung verschärft chronische Krankheiten, Trinkwasserreservoirs versiegen. Der Wohlstand der Industrieländer ist untrennbar mit der Ausbeutung des Globalen Südens verbunden. Dreckige Industrieprozesse und ausbeuterische Jobs sind in Entwicklungs- und Schwellenländer ausgelagert worden, während die Produkte und Profite in den Globalen Norden wandern.

Die Umweltzerstörung ist von den sozialen Verhältnissen im Kapitalismus nicht zu trennen. Studien weisen schon lange darauf hin, dass der ökologische Fußabdruck extrem ungleich verteilt ist. Das gilt nicht nur für das Verhältnis zwischen reichen und armen Staaten, sondern auch für Deutschland selbst. Während die Reichsten für einen überdurchschnittlichen Anteil der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, sind die Armen von Umweltveränderung und Verschmutzung am stärksten betroffen. Wer Vermögen besitzt, kann sich vor Hitze, Trockenheit und Überschwemmung in Sicherheit bringen. Die Armen können das nicht. Die Naturzerstörung bedroht materielle Lebensgrundlagen und wird selbst zur sozialen Frage.

Den ökologischen Umbau planen

Um die Naturzerstörung zu stoppen, müssen Ressourcenverbrauch und Emissionen auf ein nachhaltiges Niveau abgesenkt werden. Ökosysteme haben Belastbarkeitsgrenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Unter den Bedingungen des »freien« Weltmarkts ist Nachhaltigkeit auf Dauer nicht möglich. Statt einer Wirtschaft, die für Profite arbeitet, brauchen wir eine Wirtschaft, die klaren sozialen und ökologischen Zielen folgt, die mit den verbleibenden Ressourcen haushalten kann und die für die Bedürfnisse der Menschen arbeitet. Alle Erfahrungen der letzten Jahrzehnte belegen es: Technologische Erfolge – zum Beispiel durch den Ausbau erneuerbarer Energien oder durch bessere Antriebssysteme – werden durch sogenannte Reboundeffekte sofort wieder wettgemacht. Verbrennungsmotoren werden effizienter, dafür werden die Fahrzeuge schwerer. Die Digitalisierung erlaubt umweltfreundlichere Formen des Arbeitens, hat aber gleichzeitig einen ökologisch verheerenden Bergbauboom ausgelöst. Selbstverständlich sind grüne Technologien Teil des sozialökologischen Systemwechsels, aber sie allein werden die Naturzerstörung nicht stoppen.

Wir brauchen deshalb politische Maßnahmen, die den Ressourcenverbrauch und Emissionen deckeln und absenken. Am dringendsten gilt das für die klimaschädlichen Emissionen. Für sie müssen verbindliche Obergrenzen durchgesetzt werden, die den Unternehmen, aber auch der Gesellschaft klare Vorgaben machen. Unser Planet hat physikalische Grenzen – diese Erkenntnis muss sich endlich auch in Wirtschaft und Politik durchsetzen.

Sozialökologische Investitionsoffensive

Um Ressourcenverbrauch und Emissionen nachhaltig absenken zu können, brauchen wir einen gezielten Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft. Mit sozialökologischen Investitionen wollen wir dafür sorgen, dass dieser Umbau nicht auf Kosten der Beschäftigten und der breiten Bevölkerung erfolgt. Wir schlagen deshalb ein Sofortprogramm gegen die soziale und Wirtschaftskrise vor, das zugleich die Weichen für eine bessere, klimagerechte Zukunft für alle stellt und die Gesellschaft durch eine starke öffentliche, soziale Infrastruktur krisenfester macht. Es geht um Anerkennung für diejenigen, die die Gesellschaft am Laufen halten – und um ein besseres Leben für alle. Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gehören für uns untrennbar zusammen. Ohne soziale Gerechtigkeit kann keine große Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft gelingen, weil die Menschen gar nicht in die Lage versetzt werden, den Klimaschutz in ihrem Alltag umzusetzen und sich dafür einzusetzen. Ohne Klimagerechtigkeit gibt es jetzt und in Zukunft keine soziale Gerechtigkeit, denn die Klimakrise trifft die zuerst, die sozial schlecht gestellt sind.

Es ist Zeit, den Profitmechanismus prinzipiell infrage zu stellen, damit die Vielen eine Zukunft haben. Ressourcenverbrauch darüber hinaus ist weder möglich noch nötig. Es ist Zeit, dass endlich diejenigen von der notwendigen Transformation zu einer klimagerechten und solidarischen Gesellschaft profitieren, die es in den letzten Jahren schwer hatten: Beschäftigte im Niedriglohnsektor, in der Industrie oder auf dem Bau, in sozialen Dienstleistungen und der »systemrelevanten« Infrastruktur, Mieter*innen, Menschen, die ihre Angehörigen und Freund*innen pflegen. Unser Programm für eine sozial gerechte und klimagerechte Gesellschaft setzt deshalb auf Löhne, die für ein gutes Leben reichen. Wir wollen mit Investitionen Einstiege schaffen in ein neues, sozial gerechtes, klimagerechtes und geschlechtergerechtes Wohlstandsmodell mit einer gerechten Verteilung von Arbeit und Reichtum. Statt blinden Wachstums der Profite wollen wir mehr Zeit und weniger Stress für alle durch kürzere Arbeitszeiten mit Lohn- und Personalausgleich.

Die Infrastruktur in vielen Kommunen und Regionen wurde kaputtgespart. Es mangelt an Einrichtungen, Dienstleistungen und Personal. Das betrifft besonders gering verdienende Menschen und führt im Alltag bei vielen zu Stress. Mit einer sozialökologischen Investitionsoffensive wollen wir das ändern. Wir wollen attraktive Dienstleistungen und öffentliche Angebote für Gute Arbeit schaffen – inklusiv, demokratisch und gemeinwohlorientiert. Wir setzen dabei auf eine Erneuerbare-Energien- und Mobilitätswende für ökologische und bezahlbare Energieversorgung und Mobilität für alle. Auf Investitionen in bezahlbare, energieeffiziente Wohnungen, die von gut bezahlten Beschäftigten gebaut werden. Auf einen klimaneutralen Umbau der Kommunen, der wohnortnahe Versorgung, funktionierende Infrastruktur und mehr Lebensqualität ermöglicht.

Die Bundesregierung schaut zu, wie Arbeitsplätze in Deutschland vernichtet werden. Mit Klimapolitik hat das nichts zu tun, umso mehr mit Renditen der Aktionäre der Konzerne. Milliarden von Steuergeldern aus Hilfspaketen und Subventionen gehen an die Konzerne, ohne Bedingungen, ohne Jobgarantien. Eine massive gesellschaftliche Richtungsauseinandersetzung ist längst im Gange: Renditen für Aktionäre auf Kosten der Belegschaften und der Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder – oder eine »soziale, ökologische und demokratische Transformation« (so die IG Metall). Die produktive Arbeit und das Wissen der Beschäftigten in der Industrie sind eine unverzichtbare Grundlage für ein sozial gerechtes und klimagerechtes Wohlstandsmodell der Zukunft. Zugleich brauchen wir ein anderes Produktionsmodell, das nachhaltige Lebensweisen und hohe Lebensqualität für alle ermöglicht. Eine Produktion, die auf Rüstungsgüter und teure Eigentumswohnungen setzt, die Autos mit immer mehr PS, Energie- und Ressourcenverbrauch baut, hat ebenso wenig eine Zukunft wie die Herstellung von Wegwerfprodukten (zum Beispiel Elektro- und IT-Geräte mit wenigen Monaten Haltbarkeit).

Investieren in gut bezahlte, klimaneutrale Jobs und die Infrastruktur für ein besseres Leben

Für den notwendigen Umbau der Wirtschaft sind Regeln und Konzepte notwendig – Anreize, Subventionen und Steuererleichterungen reichen nicht aus. Nur mit massiven öffentlichen Investitionen können wir den Umbau hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Infrastruktur in anderthalb Jahrzehnten schaffen. LINKE Wirtschaftspolitik setzt auf sichere Arbeitsverhältnisse, auf eine gute Versorgung aller und auf demokratische Entscheidung über Investitionen, die eine gemeinwohlorientierte, bedarfsgerechte und klimaneutrale Wirtschaft auf den Weg bringen sollen.

Statt Privatisierungen und öffentlich-private »Partnerschaften«, die sich nach dem Profit weniger richten, wollen wir Investitionen so gestalten, dass die verwendeten Steuergelder allen zugutekommen. Die Investitionen müssen die Lebensqualität der Menschen spürbar verbessern. Es fehlen 100.000 Pflegekräfte in den Krankenhäusern und bezahlbarer Wohnraum in vielen großen und mittleren Städten. Das wollen wir ändern. Wir werden jährlich über 120 Milliarden Euro in die öffentliche Daseinsvorsorge und Infrastruktur investieren. Durch höhere Einnahmen aus Steuern und Sozialbeiträgen können diese Ausgaben mindestens zur Hälfte refinanziert werden. Durch mehr öffentliche Investitionen auf kommunaler, Bundes- und Länderebene und durch eine gerechte Verteilung der Arbeit können über eine Million neuer Arbeitsplätze in kurzer Vollzeit (mit 30 Stunden pro Woche) geschaffen werden.

Mit dem sozialökologischen Investitions- und Zukunftsprogramm investieren wir in:

Mehr Personal in Pflege und Gesundheit: Wir wollen den Pflegenotstand beenden, der der Gesundheit von Pflegekräften schadet und Menschenleben gefährdet. Dafür wollen wir 100.000 Pflegekräfte in Krankenhäusern sowie 100.000 in Pflegeeinrichtungen und Pflegediensten einstellen. Den öffentlichen Gesundheitsdienst wollen wir krisenfest machen und ausbauen (vgl. Kapitel »Gesundheit und Pflege«).

Gute Bildung für alle: Wir stellen 200.000 zusätzliche Erzieher*innen ein, um allen Kindern einen guten Kitaplatz zu garantieren und flächendeckende Ganztagsbetreuung zu gewährleisten. An den Schulen wollen wir zudem 100.000 neue Stellen für Lehrer*innen und Sozialpädagogen*innen schaffen. Wir wollen Gebäude sanieren, Kitas, Schulen und Unis bedarfsgerecht und zukunftsfähig ausstatten und Inklusion fördern – pro Jahr 58 Milliarden Euro (vgl. Kapitel »Bildung«).

■ Wir schaffen einen Neustart im sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau. Wir schaffen mindestens 250.000 bezahlbare Wohnungen pro Jahr, deren Mieten sich ganz normale Beschäftigte leisten können. Wir investieren in ein Förderprogramm für sozial gerechte ökologische Modernisierung von Gebäuden (vgl. Kapitel »Wohnen und Mieten«).

Erneuerbare Energiewende: Um das Klima zu retten, müssen erneuerbare Energien bis 2035 das System der fossilen Energien ersetzen. Erneuerbare Energien sind begrenzt durch Ressourcen und verfügbare Flächen. Deshalb ist die Begrenzung des absoluten Verbrauchs notwendig. Die Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz wird so ausgerichtet, dass es auch für Kleinbetreiber und Kommunen rentabel ist. Die großen Energiekonzerne werden entmachtet und Energieversorgung wird am Gemeinwohl ausgerichtet. Durch die Energiewende in öffentlicher und genossenschaftlicher Hand können bis 2030 über 100.000 hochwertige und gut bezahlte Arbeitsplätze in der Produktion, Installation und Wartung dieser Anlagen geschaffen werden. Investitionen in die Energiewende stärken insbesondere die regionale Wirtschaft (vgl. Kapitel »Klimagerechtigkeit und Energiewende«).

■ Wir bauen Bus und Bahn aus und senken die Preise drastisch. Im Nahverkehr führen wir ein 365-Euro-Jahresticket ein, schrittweise machen wir ihn für die Nutzer*innen vollständig kostenlos. Sind Menschen nicht mehr auf den motorisierten Individualverkehr angewiesen, können Autos durch ökologische Verkehrsmittel ersetzt werden. Wir brauchen weniger Autos und Modelle mit einem geringeren ökologischen Fußabdruck. Dieser Umbau darf nicht dem Markt und privaten Konzernen überlassen werden. Kurzstreckenflüge und große Teile des Güterverkehrs verlagern wir auf die Schiene. Wir investieren in Radwege, Fußwege und Stadtumbau, fördern kurze Wege und schaffen vernetzte Mobilität (vgl. Kapitel »Gerechte Mobilität«).

Starke Kommunen mit klimaneutraler, sozialer Infrastruktur für ein besseres Leben: Wir entlasten die Kommunen, fördern benachteiligte Regionen und investieren in gleichwertige Lebensverhältnisse in Ost und West, in allen Regionen des Landes. Bei Investitionsmitteln wird ein Vorrang für strukturschwache Regionen und sozial abgehängte Kommunen und Stadtteile eingeführt. Wir schaffen Zugang zu schnellem Internet überall und investieren in Barrierefreiheit: im Verkehr, in öffentlichen Gebäuden und beim Wohnungsbau. Regionale Wirtschaftsförderung und Wirtschaftskreisläufe schaffen Arbeitsplätze, soziale Infrastrukturen erleichtern das Leben. Durch Strom-, Mobilitäts- und Wärmewende entstehen sozial gerechte und klimaneutrale Kommunen mit mehr Lebensqualität für alle: bezahlbares Wohnen, gute wohnortnahe Gesundheitsversorgung, kurze Wege, weniger Lärm, mehr Parks und Urban Gardening, Spielplätze und Sportanlagen, preiswerte und klimafreundliche Naherholungsangebote.

Rettungsschirm für Industriearbeitsplätze: Von unserem Industrietransformationsfonds profitieren Betriebe, die den sozialökologischen Umbau vorantreiben und gleichzeitig Arbeitsplätze zu guten Bedingungen sichern.

Sozial und ökologisch gerecht in Europa: Wir wollen die Europäische Zentralbank an dem Ziel der Förderung guter und sinnvoller Arbeit, der Vollbeschäftigung und sozialökologischen Transformation in der EU ausrichten. Die EZB muss Kreditprogramme zur Verfügung stellen, damit die öffentlichen Investitionsbanken der Mitgliedstaaten einen klimaneutralen Umbau der Wirtschaft bis 2035 unterstützen und investieren können in Gesundheitsversorgung und Bildung, erneuerbare Energien, Bahn und Nahverkehr und sozialen und ökologischen Wohnungsbau (vgl. Kapitel »Europa«).

Arbeitsplatz- und Einkommensgarantien: Einstieg in ein neues Wohlstandsmodell

Es geht auch um ein neues Wohlstandsmodell: Mit der sozialökologischen Investitionsoffensive und einer allgemeinen Arbeitszeitverkürzung in Richtung der kurzen Vollzeit (28 bis 35 Stunden bei vollem Lohn- und notwendigem Personalausgleich) schaffen wir sichere und sinnvolle Arbeit für alle und mehr Zeitwohlstand. Dadurch können wir im Laufe von zehn Jahren über 2 Millionen neue, gut bezahlte Arbeitsplätze mit Zukunft schaffen. Arbeitsplätze, die mittelfristig durch Digitalisierung und Rationalisierung, Strukturwandel und ökologische Modernisierung verloren gehen, werden mehr als kompensiert. Ökologisch zerstörerische oder von den Beschäftigten als sinnlos erlebte Arbeit, schlecht bezahlte Mc-Jobs, werden durch gute und sinnvolle Arbeit ersetzt. Die Menschen, die die Gesellschaft am Laufen halten, werden besser bezahlt. Damit geht die Aufwertung der sozialen Berufe einher. Unser sozialökologischer Systemwechsel ist deshalb auch ein Weg zu mehr Geschlechtergerechtigkeit.

Zu einer gerechten Transformation gehört, dass sich Beschäftigte, die den Beruf und die Branche wechseln, weiterqualifizieren können, ohne ihr Einkommen zu gefährden. Für die Zeit der Weiterbildung wollen wir ein Weiterqualifizierungsgeld einführen, das 90 Prozent des letzten Gehalts beträgt. Das Weiterbildungsgeld wird anteilig über die Agentur für Arbeit und einen Fonds finanziert, in den Unternehmen einzahlen. Die Zeit der Weiterbildung wird nicht auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld angerechnet. Die Fachhochschulen und Universitäten wollen wir für Beschäftigte in der Industrie öffnen und durch eigene Weiterqualifizierungsmöglichkeiten für Zukunftsberufe und Schlüsselqualifikationen in Zusammenarbeit mit Betriebsräten und Gewerkschaften attraktiver machen.

Industriearbeitsplätze mit Zukunft schaffen

Die Zukunft von Industriestandorten berührt viele Regionen. Familien und Nachbarschaften sind betroffen, die Einnahmen der Kommunen und ihre soziale Infrastruktur. Die Industriepolitik der Bundesregierung folgt den Interessen des Kapitals: An erster Stelle stehen die Profite der großen Exportkonzerne, nicht die mittelfristige Zukunft der Beschäftigten, Klimaschutz und der Nutzen für die Gesellschaft. Die Abhängigkeit der Industriestruktur in Deutschland vom Export und von der Autoindustrie ist eine wirtschafts- und industriepolitische Sackgasse.

Die Industriestruktur muss regionaler, krisenfester und unabhängiger vom Export werden – und die Industrie perspektivisch klimaneutral produzieren. Anders als Konzepte von Strukturwandel in der Vergangenheit geht es nicht um Subventionen von Konzernen und eine gewisse »soziale Abfederung« der Folgen von Krisen, sondern um eine bessere Zukunft für die Beschäftigten in der Industrie: sinnvolle und sichere Arbeit, Löhne, die für ein gutes Leben reichen, weniger Stress und mehr freie Zeit.

Unser Ziel ist es, dass die Industrie bis 2035 klimaneutral, nachhaltig und energieeffizient produziert und die Industriestruktur in Deutschland unabhängiger vom Export von Autos, Waffen, Sicherheitstechnik und umweltschädlichen Formen der Chemieproduktion wird. Wir wollen mit den Gewerkschaften zusammen einen Prozess der Rüstungskonversion auf den Weg bringen (vgl. Kapitel »Frieden«). Dabei muss sichergestellt werden, dass neue, gleichwertige Arbeitsplätze in den betroffenen Regionen geschaffen werden.

Wir fordern statt Subventionen für Aktionärsrenditen einen Rettungsschirm für Industriearbeitsplätze, der für sichere und sinnvolle Arbeit in der Zukunft sorgt:

Keine Steuergelder ohne Gegenleistung. Staatliche Gelder (egal ob direkte Hilfszahlungen oder versteckte Subventionen) müssen an langfristige Garantien von Arbeitsplätzen, Tarifverträgen und an verbindliche Investitionspläne gebunden werden, um den notwendigen ökologischen Umbau der Produktion voranzutreiben, Planungssicherheit und sichere Einkommen für die Beschäftigten zu garantieren.

Vetorechte gegen Kahlschlag, Mitbestimmung über die Zukunft. Die Belegschaften müssen bei Entscheidungen über Standortverlagerungen, – schließungen und – auslagerungen, bei Massenentlassungen und bei Entscheidungen über Zukunftsinvestitionen mitbestimmen! Betriebsräte müssen auch in wirtschaftlichen Fragen ein Mitbestimmungsrecht bekommen und alle wichtigen Unternehmensentscheidungen müssen von Belegschaftsversammlungen bestätigt werden.

■ Die Bundesregierung muss, zusammen mit den Belegschaften, den Gewerkschaften, Wissenschaft, Umwelt- und Sozialverbänden einen verbindlichen Zukunftsplan für die Industrie entwickeln, der für eine klimaneutrale Industrieproduktion bis 2035 sorgt und mit Arbeitsplatz- und Einkommensgarantien für die Beschäftigten verbunden ist. Die Industriekonzerne müssen verpflichtet werden, diesen Umbau in die Wege zu leiten – sie sind gemäß dem Grundgesetz auf das Gemeinwohl zu verpflichten. Bei der Finanzierung der ökologischen Modernisierung der Produktion wollen wir die Konzerne und Aktionäre in die Pflicht nehmen. Zur Erinnerung: Allein Daimler, VW und BMW hatten im vergangenen Jahr Gewinnrücklagen in Höhe von knapp 180 Milliarden Euro.

Ein Industriefonds über 20 Milliarden Euro im Jahr: Mit einem staatlichen Transformationsfonds über 20 Milliarden Euro im Jahr soll der notwendige ökologische Umbau insbesondere in der Autozulieferindustrie unterstützt werden. Von diesem Fonds profitieren nur Betriebe, die Arbeitsplätze sichern, gute Löhne und flächendeckende Tarifverträge haben.

■ Ein Investitionsprogramm für einen zukunftssicheren Umbau hin zu einer klimaneutralen Stahl- und Grundstoffindustrie, unter anderem mit Einsatz von grünem Wasserstoff. Staatliche Hilfsgelder darf es nur mit demokratischer Kontrolle und im Gegenzug zu öffentlichen Eigentumsanteilen an den Stahlkonzernen und einer stärkeren Mitbestimmung der Belegschaften geben.

■ Wir wollen ein sozial wie klimagerecht ausgerichtetes Lieferkettengesetz. Das Gesetz muss das Pariser Abkommen sowie eigenständige umweltbezogene Sorgfaltspflichten für Unternehmen verankern (vgl. Kapitel »Soziale Gerechtigkeit weltweit«).

■ Wir setzen uns für einen europäischen CO2-Grenzausgleichsmechanismus ein, der den Import CO2-intensiver Produkte bepreist. So verhindern wir, dass die Dekarbonisierung der Industrie in Deutschland und der Europäischen Union zulasten der hiesigen Beschäftigten geht und zur Verlagerung von CO2-intensiver Produktion in Drittstaaten führt.

Demokratie in der Wirtschaft. Genossenschaften und solidarische Ökonomie fördern

Wir wollen mehr Demokratie auch in der Industrie fördern: Gelder für Forschung und Entwicklung, für die Stärkung einer regionalen Industriestruktur sollen durch regionale Wirtschafts- und Transformationsräte kontrolliert werden, in denen neben der Landesregierung und Unternehmen auch Gewerkschaften, Umwelt- und Sozialverbände gleichberechtigtes Stimmrecht haben.

Demokratische öffentliche und genossenschaftliche Eigentumsformen können in Zukunft im Mittelpunkt einer nicht kapitalistischen Wirtschaftsweise stehen. Genossenschaften und Belegschaftsbetriebe bauen auf Wissen, Erfahrung und Kompetenzen der Beschäftigten auf und geben ihnen mehr Möglichkeiten, über Art und Inhalt der Produktion mitzubestimmen. Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, müssen unsere Lebensverhältnisse einschließlich der (Rüstungs-)Industrie umgebaut werden. Betriebliche Mitbestimmung entwickeln wir zu echter Wirtschaftsdemokratie weiter. Das ist auch notwendig, weil Impulse aus Politik und Wirtschaft nicht ausreichen werden, das Klima in der gebotenen Geschwindigkeit zu schützen.

■ Staatliche Fördergelder müssen vorrangig für ökologische Modernisierung, regionale Strukturpolitik in wirtschaftlich abgehängten Regionen und für Genossenschaften verwendet werden. Genossenschaften müssen in allen Bereichen der staatlichen Wirtschaftsförderung gleichberechtig berücksichtigt werden.

■ Wir fördern Unternehmen, die ganz oder zum Teil im kollektiven Eigentum der Belegschaft stehen, durch Bevorzugung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Im Forschungsförderungsgesetz wollen wir einen verbindlichen Anteil für Grundlagenforschung im Bereich der solidarischen Ökonomie verankern. Zudem wollen wir eine sozialökologische Wirtschaftskammer einrichten, die regionale Leuchtturmprojekte und Unternehmensgründungen im Bereich solidarischer Ökonomie durch Beratung und finanzielle Förderung unterstützt.

■ Auch bei Unternehmen in der Krise wollen wir Belegschaften fördern, die das Unternehmen kollektiv weiterführen wollen: Staatliche Subventionen an Unternehmen und Hilfen in wirtschaftlichen Krisen müssen, wo die Belegschaften das befürworten, in Form von kollektiven Belegschaftsanteilen vergeben werden. Beim Verkauf von Unternehmen müssen die Belegschaften ein Vorinformations- und Vorkaufsrecht erhalten.

DIE LINKE kämpft dafür, Unternehmen der Daseinsvorsorge, Banken und Versicherungen, Energiekonzerne, Unternehmen der Pharma- und medizinischen Industrie, der Post, der Telekommunikationsinfrastruktur sowie weiterer Schlüsselindustrien in öffentliche (oder genossenschaftliche) Hand und in gesellschaftliche Eigentumsformen zu überführen. Wir wollen die großen Stromkonzerne entmachten und in öffentliches Eigentum überführen. Die Energiewirtschaft soll durch Stadtwerke organisiert werden, die in den Kommunen dezentral und demokratisch gestaltet werden.

Die sozialökologische Transformation braucht gesamtheitliche Projekte und konkrete Orte, die Menschen aus verschiedenen Bereichen zusammenbringen, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Wir wollen Zentren schaffen, die eine aktive gesellschaftliche Teilhabe an der Transformation ermöglichen und fördern. Diese Transformationszentren sollen Ausbildung und Weiterbildung für faire und Gute Arbeit nach den Anforderungen der Umwelt- und Klimagerechtigkeit bieten.

Wir wollen bezahlbare und klimafreundliche Mobilität für alle. Der Verkehrssektor spart als einziger kein CO2 ein und ist Treiber der Klimakrise. Gleichzeitig fehlt das Geld für gute Alternativen wie Busse, Bahnen, Fuß- und Radwege.

Unsere Vision: Wir bauen Bus und Bahn aus. Den Nahverkehr machen wir attraktiver und schrittweise kostenlos. In die Schiene wird investiert und Bahnfahren wird billiger. In den Städten fahren weniger Autos, dafür werden mehr Ziele mit bedarfsgerechten öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß und mit dem Rad erreichbar. Lieferverkehr wird öffentlich organisiert, und die Arbeitsbedingungen werden verbessert. Bis 2030 ist in Städten und auch in den ländlichen Regionen die Mehrheit der Menschen nicht mehr auf Autos angewiesen, sodass deren Zahl insgesamt deutlich reduziert werden kann.

Gerade in der Coronakrise hat sich gezeigt, wie wichtig eine höhere Taktung im ÖPNV, bezahlbare Preise, gute Arbeitsbedingungen und gut ausgebaute Radwege sind – doch passiert ist fast nichts. Vielerorts sind Verkehrsbetriebe in eine finanzielle Notlage/Schieflage geraten, weil es weniger Fahrgäste gab. Statt in klimafreundliche Mobilität für alle zu investieren, wurde die Lufthansa mit Milliarden gerettet – ohne Beschäftigungssicherung. Die Belastung durch Autos und Lkw trifft vor allem diejenigen, die es sich nicht leisten können, von der Hauptverkehrsstraße wegzuziehen. Durch die Luftverschmutzung sterben jährlich Millionen Menschen frühzeitig, allein in Deutschland sind es 80.000.

Diese Verhältnisse wollen wir ändern. Und wir sind nicht allein: Bürgerinitiativen gegen zerstörerische Verkehrsprojekte, für bessere Bahnangebote oder sichere Rad- und Fußwege sind überall im Land aktiv. Von Umweltverbänden gibt es Unterstützung. Die Klimaziele machen eine sozialökologische Verkehrswende zwingend.

Mobilität für alle – mit weniger Verkehr

Wir wollen bezahlbare und wirklich barrierefreie Mobilität für alle – mit wenig Aufwand an Zeit und Energie. Im Mittelpunkt steht für uns deshalb das öffentliche Mobilitätsangebot. Diejenigen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, brauchen bessere Bedingungen. Niemand soll auf das (eigene) Auto angewiesen sein.

Unser Ziel ist der solidarisch finanzierte Nulltarif im ÖPNV für alle. Erste Schritte sind deutlich günstigere Fahrpreise (zum Beispiel ein 365-Euro-Jahresticket), flächendeckend Sozialtickets für Haushalte mit geringem Einkommen, eine Sozial-Bahncard sowie kostenlose Tickets für Schüler*innen, Auszubildende, Studierende und Menschen in Weiterbildung. Schwarzfahren soll entkriminalisiert und nicht härter bestraft werden als Falschparken.

■ Der ÖPNV muss flächendeckend und barrierefrei ausgebaut werden. Bis 2030 wollen wir die Zahl der Nutzer*innen verdoppeln (im Vergleich zu vor Corona). Dafür brauchen wir wesentlich mehr Mittel vom Bund. Es braucht neben Schienen und Fahrzeugen mehr Stellen, gute Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Knapp 200.000 Beschäftigte müssen innerhalb der nächsten zehn Jahre im Fahrdienst, in der Instandhaltung und in weiteren Bereichen der Verkehrsbetriebe eingestellt werden, damit der Ausbau des Angebots und eine ökologische Mobilitätswende gelingen.

■ Wir treten für kommunale, demokratisch kontrollierte Nahverkehrsunternehmen ein. Der Vorrang eigenwirtschaftlicher Betriebe muss abgeschafft werden. Statt Profite für Uber und Co wollen wir neue Mobilitätsangebote ausschließlich unter öffentlicher (zum Beispiel kommunaler) Hoheit als Teil des Nahverkehrs in enger Abstimmung oder Kooperation mit den Taxibetrieben. Alle Angebote sollen in einer öffentlichen Plattform zu buchen sein (vgl. Kapitel »Digitalisierung«).

■ Wir wollen eine Mobilitätsgarantie für den ländlichen Raum: Anbindung der Gemeinden untereinander und zum nächsten städtischen Zentrum mindestens im Stundentakt von 6 bis 22 Uhr. Dabei können Angebote wie Bürgerbusse oder Anrufsammeltaxis sowie moderne Flächenrufbussysteme und auch Taxen einbezogen werden oder die Grundversorgung ergänzen. Zusätzlich sollten Mobilitätsstationen mit einer Auswahl von geteilten Verkehrsmitteln aufgebaut werden.

■ Wir wollen Radfahren und Zufußgehen im Alltag attraktiver und sicherer machen: Mehr Platz auf den Straßen, mehr sichere und intakte Rad- und Fußwege und mehr Fahrradabstellanlagen sind nötig. Das verbessert die Lebensqualität und Verkehrssicherheit. Die Straßenverkehrsordnung wollen wir fußgänger- und fahrradfreundlicher gestalten.

■ Deutschland braucht ein flächendeckendes bundesweites Radverkehrsnetz. In den Städten und Ballungsgebieten müssen Radschnellwege mit grüner Welle geschaffen werden. Dafür muss der Bund ausreichend zweckgebundene Mittel für die Kommunen bereitstellen. DIE LINKE setzt sich für weitgehend autofreie Innenstädte ein. Die Kommunen erhalten dafür erheblich mehr Spielraum. Sie müssen die Verkehrswende vor Ort eigenständig gestalten können.

■ Wir fordern eine frauengerechte Verkehrsinfrastruktur, zum Beispiel Frauennachttaxen sowie sichere Haltestellen und Bahnhöfe, damit sich Frauen rund um die Uhr im öffentlichen Raum angstfrei bewegen können.

■ Wir wollen ein umfangreiches Programm zur Erforschung der gesellschaftlichen und technischen Voraussetzungen sowie Konsequenzen einer sozialökologischen Verkehrswende hin zu einer gemeinwohlorientierten Mobilität.

Bahn für alle! Soziale und ökologische Verkehrsplanung

Das Angebot und Streckennetz der Bahn muss flächendeckend ausgebaut werden und bezahlbar sein, sodass alle Ziele bequem mit der Bahn erreichbar sind. Bahntickets machen wir billiger und führen eine Sozial-Bahncard ein, die die Ticketpreise halbiert.

■ DIE LINKE tritt für eine bedarfsdeckende Finanzierung der Bahn und für den Ausbau ein. Wir fordern verlässliche, getaktete Fahrpläne und barrierefreie und nutzerfreundliche Bahnhöfe und Züge mit Servicepersonal. Wir setzen uns für gute Arbeit der Beschäftigten ein, mit guten Löhnen und Arbeitsbedingungen, die nicht krank machen.

■ Die Geschäftspolitik der Deutschen Bahn wollen wir am Gemeinwohl und der ökologischen Nachhaltigkeit ausrichten, statt am Bilanzgewinn. Der Schienenverkehr muss öffentlich organisiert werden. Alle Privatisierungen, Ausgliederungen und Aufspaltungen bestehender Eisenbahngesellschaften und auch die Umwandlung der DB in eine Aktiengesellschaft müssen rückgängig gemacht werden. Wir wollen eine demokratische Bürgerbahn, bei der auch die Kompetenz und Erfahrung der Beschäftigten zum Tragen kommt.

■ Wir wollen die öffentlichen Investitionen in die Schieneninfrastruktur um das Fünffache erhöhen. Alle bisher nur von Dieselfahrzeugen befahrbaren Bahnstrecken müssen zügig elektrifiziert oder auf alternative und nachhaltige Antriebstechnologien umgestellt werden (zum Beispiel Wasserstoff- oder batterieelektrische Antriebe).

■ Güterverkehr muss auch unter 300 Kilometer Entfernung wieder auf die Bahn.

■ Es werden angemessene Lärmschutzwände gebaut. Deren Außenseiten können lokalen Kunstprojekten zur Verfügung gestellt werden.

■ Wir wollen mit einem Reaktivierungsprogramm zahlreiche in den letzten Jahrzehnten stillgelegte Bahnstrecken wieder aufbauen und so ganze Regionen wieder ans Gleisnetz anschließen. Mobilität mit der Bahn muss auch im ländlichen Raum möglich sein.

■ Die Trassenpreise für den Personenverkehr müssen mindestens halbiert werden, damit mehr Verkehr auf die Schiene kommt und Bahnfahren billiger werden kann. Die Regelungen zur Bahncard der DB im Nahverkehr passen wir so an, dass sie auf alle Tickets und Tarifstufen der regionalen Verkehrsverbünde anwendbar sind.

■ ICE-Strecken wollen wir perspektivisch auf moderne Trassen für bis zu 250 km /h mit mindestens stündlichem Takt ausbauen. Der ÖPNV in Mittelzentren und Kleinstädten soll die ICE-Bahnhöfe mindestens stündlich anbinden. Die DB soll alle Großstädte auch mit Nachtzügen (Liegewagen) anfahren.

■ Wir setzen uns außerdem für ein europaweites Nachtzugnetz ein, damit Reisen auch ohne Flugzeug bequem und ökologisch möglich ist. Bis 2030 müssen alle europäischen Großstädte im abgestimmten Taktfahrplan per Fernbahn erreichbar sein.

■ Wir sind gegen teure und unsinnige Prestigeprojekte, mit denen die Bahn Milliarden verpulvert. Es ist sinnvoller, das Geld gezielt in die Strecken- und Netzmodernisierung zu investieren, um die notwendigen Kapazitätssteigerungen zu erreichen.

Statt neue Autobahnen zu bauen, wollen wir den Ausbau des ÖPNV sowie des Rad- und Fußverkehrs in den Kommunen und Regionen finanzieren und demokratisch gestalten:

■ Bei der Planung von Verkehrsprojekten wollen wir Bürger*innen und Interessenvertretungen von Anfang an voll einbeziehen und wirkliche Alternativen zur Diskussion stellen. Wir wollen Bürgerräte auf Bundes-, regionaler und kommunaler Ebene einführen, um die Verkehrsplanung zu demokratisieren.

■ Stopp für den Neu- und Ausbau von Autobahnen. Wir wollen einen alternativen Verkehrswegeplan, mit dem die sozialökologische Mobilitätswende vollzogen wird und bei dem der schienengebundene Personen- und Güterverkehr im Mittelpunkt steht. Struktur- und Transformationsbeihilfen des Bundes sollen nicht für Straßenneu- und -ausbauprojekte eingesetzt werden.

Wir lehnen alle direkten oder indirekten Privatisierungen von Verkehrsinfrastruktur ab. Auch öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) verursachen langfristig Mehrkosten, sind ein Risiko für die öffentliche Hand und schränken die Demokratie ein. Die Autobahn GmbH des Bundes lehnen wir ab. Sie ermöglicht Privatisierung durch die Hintertür. Die Autobahnraststätten gehören wieder in die öffentliche Hand. Die Privatisierung von Tank & Rast war und ist ein schlechtes Geschäft für Reisende, Beschäftigte und die öffentlichen Kassen.

Die Pendlerpauschale wollen wir in ein sozial gerechtes Mobilitätsgeld umwandeln und zusätzlich einen Anreiz zum Benutzen des Umweltverbunds bieten.

■ Das steuerliche Dienstwagenprivileg wollen wir abschaffen, damit nicht weiterhin vor allem Gutverdienende, Arbeitgeber*innen und die Automobilindustrie auf Kosten der Allgemeinheit und der Umwelt profitieren.

■ Um Menschen und Klima zu schützen, brauchen wir endlich auch Tempolimits: 120 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf Landstraßen und eine Regelgeschwindigkeit von 30 km/h innerorts.

DIE LINKE will Umgebungslärm, Straßen-, Schienen- und Flugverkehrslärm mit einem verbindlichen Lärmschutzgesetz regeln und verringern. Die Mittel für den Lärmschutz müssen aufgestockt werden (vgl. oben). Lärm macht krank!

Automobilindustrie sozial und ökologisch umbauen

Der LINKE sozialökologische Umbau bietet einen Ausweg aus der Krise der Autoindustrie, der den Belegschaften mehr nutzt als die Politik der Bundesregierung, die die großen Autokonzerne stärkt, am Individualverkehr festhält und nur den Antrieb wechseln will. Durch Investitionen des Bundes in Bahninfrastruktur und öffentlichen Personennahverkehr können in den nächsten Jahren über 200.000 gut bezahlte Industriearbeitsplätze geschaffen werden. Vorrang hat die Produktion von Fahrzeugen für kollektive Mobilitätskonzepte wie E-Busse, Züge und Straßenbahnen.

Antriebswechsel: Der Ausstieg aus dem fossilen Verbrennungsmotor bis spätestens 2030 ist nicht nur klimapolitisch alternativlos, sondern schafft auch Planungssicherheit für die Beschäftigten und für Investitionen in die Zukunft. Spätestens ab 2030 dürfen keine Pkw mit Verbrenner mehr neu zugelassen oder exportiert werden.

■ E-Mobilität darf nicht zu einer Rückkehr der Atomkraft führen. Die Energieversorgung muss durch erneuerbare Energien und gemeinwohlorientiert in öffentlichem und genossenschaftlichem Eigentum erfolgen.

■ Kaufprämien für Autos lehnen wir ab. Die Anschaffung gewerblich genutzter, rein elektrisch betriebener Fahrzeuge für Handwerksbetriebe, soziale Dienste, Taxibetriebe und weiteres Kleingewerbe kann im Ausnahmefall nach Abhängigkeit der individuellen betrieblichen Situation subventioniert werden. Der Staat muss die Schaffung eines angemessenen Ladenetzes für Elektrofahrzeuge – auch mit den Ländern der EU – koordinieren.

■ Wir fördern Elektromobilität im öffentlichen Verkehr, das heißt für Straßenbahnen, Züge, Busse, auch mit Oberleitungen.

■ Wir wollen die Forschung für eine längere Einsatzdauer und Nutzbarkeit von Fahrzeugen, für energieeffiziente Elektrofahrzeuge, nachhaltige und umweltfreundliche Batterieproduktion und verbessertes Recycling und für Wasserstoff- Brennstoffzellen-Antrieb für (Klein-)Busse ausbauen.

■ Wir wollen ein Werbeverbot für Pkw mit CO2-Emissionen, die über dem jeweils aktuellen EU-Zielwert liegen.

■ Nachhaltigkeit muss oberste Priorität haben. Keine weitere Rodung für Autobahnen. Wir sind solidarisch mit den Protesten im Dannenröder Forst.

Flugverkehr reduzieren

Fliegen schadet dem Klima. Viele Strecken könnten leicht mit der Bahn zurückgelegt werden, aber die Bundesregierung subventioniert weiterhin den Flugverkehr und hat in der Coronakrise 22 Milliarden Euro in die Lufthansa gesteckt, ohne Garantien für die Beschäftigten zu erreichen.

■ Wir wollen den innerdeutschen und innereuropäischen Flugverkehr so weit wie möglich auf die Schiene verlagern. Wir wollen ein Verbot von Flügen zu Zielorten, die mit dem Zug in bis zu 5 Stunden erreichbar sind und die nicht weiter als 500 Kilometer entfernt sind. Onlinekonferenzen können viele Dienstreisen überflüssig machen. Wir setzen uns dafür ein, dass verkehrspolitisch weiterhin notwendige Flughäfen in öffentlicher Regie betrieben werden.

■ Wir wollen die Bundesbeteiligungen an Lufthansa und Bahn in eine bundeseigene Gesellschaft überführen. Diese muss ihre Möglichkeiten nutzen, um den Bahnverkehr auszubauen und im Gegenzug Inlandsflüge schrittweise deutlich und auf null zu reduzieren. Arbeitsplätze, die im Luftverkehr wegfallen, können so durch den Ausbau der Bahn und des ÖPNV erhalten werden.

■ Wir treten für ein striktes Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr ein, insbesondere für stadtnahe Räume. Dieses Nachtflugverbot muss im Luftverkehrsgesetz verankert werden. Flugrouten müssen in einem transparenten, öffentlichen, demokratischen und bundesländerübergreifenden Verfahren ausgearbeitet werden.

■ Ein Einstieg in die Neuorganisation des Flughafensystems ist die Stilllegung von defizitären Regionalflughäfen. Wir wollen den Ausbau weiterer Flugkapazitäten beenden.

■ Den sozialen und ökologischen Dumpingwettbewerb im Luftverkehr wollen wir unterbinden. Wir wollen eine einheitliche Kerosinsteuer in der EU. Auf Flugtickets ins Ausland soll der volle Mehrwertsteuersatz fällig werden.

■ Die staatliche Milliardensubvention von Dieseltreibstoff, Flugbenzin und »Biokraftstoff« wollen wir abschaffen.

■ Die Bereitstellung öffentlicher Mittel für die Entwicklung von Flugtaxis und Lieferdrohnen lehnen wir ab.

Güterverkehr verringern und auf die Schiene bringen

Die internationalen Konzerne sorgen dafür, dass immer mehr Transportkilometer in den Produkten stecken, weil die profitabelsten Bedingungen überall auf der Welt genutzt werden. Regierungen subventionieren Verkehr, während längere Wege die Unternehmen zu wenig kosten. Der Preis dafür ist hoch: Unfälle, Lärm, Abgase, Klimawandel und Umweltzerstörung. Die Kosten dafür werden der Allgemeinheit aufgebürdet – sie summieren sich auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr und belasten vor allem die Krankenkassen und die Umwelt. Wir wollen diese Entwicklung umkehren, Transporte verteuern und die regionale Wirtschaft stärken.

■ Die Lkw-Maut wollen wir auf alle Straßen ausweiten und erhöhen. Die externen Kosten wie Luftverschmutzung und Lärmbelästigung müssen einbezogen werden.

■ Wir wollen die Nutzung von Bundes- und Landstraßen für Lkw untersagen, wenn eine Bundesautobahn parallel vorhanden ist. Die Zulassung von Gigalinern (Lang-Lkw) lehnen wir ab. Ebenso lehnen wir staatlich geförderte Projekte zur Erprobung und Einführung von Oberleitungen für Hybrid-Lkw mit Stromabnehmern auf Autobahnen und elektronischen Deichseln für Kolonnenfahrten von Lkw und anderen Nutzfahrzeugen als falsche Weichenstellung ab.

■ Wir wollen längere Ruhezeiten und bessere Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer*innen durchsetzen.

■ Wir wollen die Innenstädte vom Lieferverkehr entlasten. Die Anschaffung von E-Lastenfahrrädern soll ebenso gefördert werden wie Kombibusse oder Straßenbahnen, die auch Pakete transportieren. Wir wollen Kommunen darin unterstützen, lokale Logistikzentren mit guten Arbeitsbedingungen einzurichten. Von dort kann die Verteilung erfolgen, am besten zu Fuß oder per Lastenrad. Für gemeinschaftlich genutzte Lastenfahrräder soll es eine erhöhte Kaufprämie für alle geben. Große Industrie- und Gewerbegebiete sollen verpflichtend einen angemessenen Gleisanschluss vorhalten.

■ Staatliche Hilfen für die Schifffahrt müssen an soziale und ökologische Kriterien geknüpft werden. Billigflaggen für deutsche Reedereien wollen wir verbieten. Die Konkurrenz der Häfen muss durch eine enge Kooperation abgelöst werden.

■ In die Hoheitsgewässer der EU sollen nur noch mit Diesel oder umweltfreundlichen Antriebsarten betriebene Fracht- und Kreuzfahrtschiffe einfahren dürfen. Die Verwendung von stark umweltschädlichem Schweröl wird damit eingeschränkt.

■ DIE LINKE will den Import von »Biokraftstoffen« verbieten, weil damit Nahrungsmittelproduktion in Ländern des Globalen Südens verdrängt und Biotope zerstört werden. Regionale Pflanzenölkraftstoffe sollten nur im Agrarbereich und beim ÖPNV eingesetzt werden dürfen.

Um das Klima zu retten, ist ein grundlegender Wandel unserer Gesellschaft notwendig. Aber die Regierung verzögert mit falschen Weichenstellungen im Interesse von Konzernen die Klima-, Energie- und Verkehrswende. Der Kohleausstieg kommt zu spät. Mit der Politik der Großen Koalition kann das 1,5-Grad-Ziel bei der Begrenzung der Erderwärmung nicht erreicht werden. Obwohl Alle wissen, dass das Klima so nicht gerettet werden kann.

Die Kosten der Klimakrise wollen CDU, SPD und Grüne auf die Menschen abwälzen. Dabei sind es die Konzerne, die mit ihren klimaschädlichen Geschäftsmodellen Profite machen: 100 Unternehmen sind für 70 Prozent des globalen industriellen CO2-Ausstoßes verantwortlich. DIE LINKE steht für einen sozialökologischen Systemwechsel: Dafür, dass Mensch und Natur nicht ausgebeutet werden. Dafür, dass nicht der Geldbeutel entscheidet, ob man sich einen ökologischen Lebensstil leisten kann.

Der Klimawandel ist auch eine Frage von Arm und Reich. Auch in Deutschland ist eine sozialökologische Wende eine Frage der Gerechtigkeit. Je höher die Einkommen sind, desto höher sind die verursachte Umweltbelastung und der CO2-Ausstoß pro Haushalt. Den Preis dagegen zahlen die Armen, die sich nicht gegen Klimaschäden versichern oder bei steigenden Lebensmittelpreisen sich das Essen nicht mehr werden leisten können. Wir wollen eine sozialökologische Wende, von der alle Menschen durch bezahlbare Energie, erschwingliche Mobilität, gesunde Nahrungsmittel und mehr Lebensqualität profitieren. Dafür wollen wir die großen Konzerne entmachten und die Produktion an sozialen und ökologischen Zielen ausrichten.

Ein sozialökologischer Systemwechsel in Deutschland ist auch eine Frage der globalen Gerechtigkeit. Die Länder des Globalen Südens sind von der Klima- und Umweltzerstörung besonders stark betroffen und am wenigsten dafür verantwortlich. Insbesondere Frauen und Kinder leiden überdurchschnittlich unter der Klimakatastrophe und den Umweltschäden. Klimagerechtigkeit bedeutet auch, Rohstoff- und Ressourcenverbrauch hierzulande zu verringern und sich für eine gerechte Verteilung von Rohstoffen und Ressourcenverbrauch einzusetzen.

Auch in der Klimakrise sind Konzerne die Krisengewinner. Dieselben Konzerne, die riesige Summen an Steuergeldern für die Abschaltung und den Rückbau der Atomkraftwerke bekommen haben, kassieren nun erneut für das Abschalten von Kohlekraftwerken. Das Gleiche droht beim zukünftigen Wechsel der Energieerzeugung weg vom Erdgas.

Unsere Hoffnung sind die Millionen Menschen, die in den letzten Jahren auf der Straße waren und für Klimagerechtigkeit gestreikt haben. Wir stehen an der Seite der Klimabewegung und unterstützen Forderungen nach einer sozial gerechten Klimawende hin zu Klimaneutralität bis 2035. Klimaneutralität heißt für uns auch internationale Klimagerechtigkeit. Deutschland darf sein CO2-Budget nicht überziehen oder sich in anderen Ländern freikaufen. Mit »business as usual« ist das Restbudget spätestens in fünfzehn Jahren aufgebraucht. Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts weist den richtigen Weg: Die Politik muss auch Verantwortung für die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen übernehmen.

Unser Programm für konsequenten Klimaschutz und Klimagerechtigkeit:

■ Wir beschleunigen die Energiewende und steigen so schnell wie möglich vollständig auf Erneuerbare um. Wir wollen den Kohleausstieg bis spätestens 2030. Wir wollen die Energiekonzerne entmachten und eine Energiewende in Bürgerhand, in öffentlichem oder genossenschaftlichem Eigentum.

■ Für eine klimaneutrale Gesellschaft muss dem Ausstieg aus Atom und Kohle auch ein Ausstieg aus der Verbrennung von fossilem Erdgas folgen. DIE LINKE will dafür ein Erdgasausstiegsgesetz mit verbindlichem Ausstiegspfad und sozialer Absicherung betroffener Beschäftigter und Regionen.

■ Wir wollen, dass die Bundesrepublik bis 2035 klimaneutral ist. Bis 2030 müssen die Emissionen um mindestens 80 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt sein. Das Ziel muss im Klimaschutzgesetz festgeschrieben werden. Emissionshandel bietet keinen wirksamen Klimaschutz.

■ Den Emissionshandel als Leitinstrument im Klimaschutz lehnen wir ab. Primär müssen verbindliche Klimaziele und Emissionsgrenzen den Konzernen klare Vorgaben machen. Förderprogramme und staatliche Infrastrukturprogramme müssen den Umbau unterstützen.

■ Strom, Gas, Wasser, Heizung dürfen nicht abgestellt werden. Energiesperren, die einkommensarme Haushalte treffen, wollen wir verbieten und ein preisgünstiges Grundkontingent für Strom, Wasser und Heizstoffe einführen.

■ Wir fordern, dass Umwelt- und Klimaschutz als Erweiterung der Grundrechte in die Verfassung aufgenommen werden. Alle Entscheidungen der Politik und die Verfügung über Eigentum müssen am Gemeinwohl ausgerichtet werden, dazu gehören Klimaschutz und der Abbau von sozialer Ungleichheit. Verbindliche Klimaziele und Emissionsgrenzen müssen den Konzernen klare Vorgaben machen.

■ Der Staat darf Klimazerstörung nicht weiter mit Steuergeldern unterstützen. Wir fordern darum Divestment, also den Rückzug des Staates aus Finanzanlagen, Investitionen und Subventionen, die in Vorhaben fließen, die der fossilen und atomaren Energiewirtschaft dienen.

Raus aus der Kohle, Übergänge gerecht gestalten

Wir wollen die Lebensgrundlagen schützen und das Pariser Klimaabkommen durchsetzen: Das geht nur, wenn die Kohleverstromung bis spätestens 2030, nicht erst 2038 beendet wird, wie die Große Koalition 2019 im Kohleausstiegsgesetz beschlossen hat. Der schrittweise Ausstieg aus der Braunkohleverstromung muss arbeitsmarkt-, wirtschafts- und sozialpolitisch begleitet werden. Interessenvertreter*innen der Beschäftigten vor Ort und der Region müssen eingebunden und Kündigungen vermieden werden. DIE LINKE fordert die Novelle des nationalen Kohleausstiegsgesetzes mit folgenden Eckpunkten:

■ Der schrittweise Kohleausstieg beginnt sofort. Spätestens 2030 muss der letzte Kohlemeiler vom Netz. Der Neubau von Kohlekraftwerken, der Neuaufschluss und die Erweiterung von Braunkohletagebauen wird verboten. Das 2020 neu in Betrieb genommene Steinkohlekraftwerk Datteln 4 wird sofort vom Netz genommen.

■ Der Strukturwandel in den Tagebauregionen darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten in den Revieren und der ortsansässigen Bevölkerung erfolgen. Es braucht in den nächsten Jahren 40 Milliarden Euro, um die Übergänge gerecht zu gestalten. Wir fordern einen geschlechtergerechten Strukturwandel.

In vom Strukturwandel besonders betroffenen Regionen wollen wir Transformationsräte einrichten, die den sozialen und ökologischen Umbau der Wirtschaft fachlich begleiten. Sie sollen Initiativrecht über die Gelder aus dem Transformationsfonds und der regionalen Infrastrukturpolitik haben. Die Räte müssen finanziell angemessen ausgestattet sein, um ihre Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten. Sie setzen sich zusammen aus Vertreter*innen von Wissenschaft, Umwelt- und Verbraucherverbänden, Gewerkschaften sowie zur Hälfte aus direkt gewählten Bürger*innen und Vertreter*innen der Belegschaften. Eine wirksame Beteiligung von Kindern und Jugendlichen insbesondere auch im ländlichen Raum wollen wir vorantreiben.

■ Für den Braunkohleabbau dürfen keine weiteren Dörfer abgebaggert werden, der Hambacher Forst darf nicht weiter zerstört werden.

■ Wir fordern die Förderung des Hanfanbaus in ehemaligen Braunkohlegebieten. Der Anbau von Hanf ist eine aussichtsreiche Chance, innerhalb des Strukturwandels einer ökologischen Nutzung der Bergbaufläche bei gleichzeitigem Angebot von Arbeitsmöglichkeiten unserer Forderung nach einem sozialökologischen Wandel gerecht zu werden.

■ Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass die Betreiber ihren Verpflichtungen aus dem Bergrecht nachkommen: Tagebaue müssen wieder nutzbar gemacht und Kosten für Bergbaufolgeschäden von den Konzernen übernommen werden.

■ Bis der notwendige Ausstieg aus der Kohle erreicht ist, müssen die Folgen des Abbaus von Braunkohle begrenzt werden. DIE LINKE tritt für eine Reform des Bundesberggesetzes ein: Statt der Konzerninteressen müssen Umwelt und die Menschen vor Ort an erster Stelle stehen und mitentscheiden können.

■ Das Verbot der Errichtung und Inbetriebnahme neuer Stein- und Braunkohleanlagen in Deutschland wird ergänzt durch ein analoges Verbot der Errichtung und Inbetriebnahme neuer Stein- und Braunkohleanlagen im Ausland durch Unternehmen mit Sitz in Deutschland, einschließlich ihrer Tochterunternehmen. Der Export und Verkauf von Steinkohle- und Braunkohleförderanlagen und entsprechender Technologie ins Ausland wird gesetzlich untersagt, diesbezügliche Förderungen und Garantien des Bundes sind unzulässig.

■ Wir stehen an der Seite der Klimabewegung und treten einer Kriminalisierung von Klimaaktivist*innen entgegen.

Die Bundesregierung muss sich im Zusammenhang mit der Neufestlegung der EU-Klimaschutz- und EU-Energieziele für 2030 für eine deutlich stärkere Minderung der Treibhausgasemissionen gegenüber dem Jahr 1990 und für einen deutlich höheren Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch einsetzen. Auf EU-Ebene unterstützen wir eine Reform des EU-Emissionshandels, die zur Anhebung der Klimaschutzziele in den Emissionshandelssektoren auf die Paris-Ziele führt und jeden Missbrauch des Instruments ausschließt. Eine Ausdehnung des Systems des Emissionshandels auf die Sektoren Wärme und Verkehr lehnen wir ab.

In erneuerbare Energie investieren, Energiekonzerne entmachten

Die Energiewende wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie sozial gerecht und durch die Bürger*innen selbst gestaltet ist. Die Vormachtstellung von Großkonzernen in der Energieversorgung muss ein Ende haben. Die Energieversorgung wollen wir bürgernah und als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge organisieren. Energieversorgung muss dem Gemeinwohl dienen und der Profitgewinnung entzogen werden. Ungerechtfertigte Industrierabatte bei Ökosteuer, Netzentgelten, Emissionshandel und im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) müssen entfallen. Sie verhindern den notwendigen Strukturwandel. Die erneuerbaren Energien müssen so ausgebaut werden, dass auf Importe von fossil erzeugten Energien verzichtet werden kann.

Strom- und Wärmenetze müssen in die öffentliche Hand überführt und demokratisch kontrolliert werden. Große Energiekonzerne werden vergesellschaftet. Wenn der Kohleausstieg beschleunigt und eine dezentralisierte Energieversorgung mit Speichersystemen vorangebracht wird, ist ein deutlich geringerer Netzausbau erforderlich, als er jetzt – getrieben von den Profitinteressen der Übertragungsnetz- und Kohlekraftwerksbetreiber – geplant ist.

■ Wir wollen eine strukturelle Reform des EEG. Der Ökostromanteil muss so schnell wie möglich auf 100 Prozent erhöht werden. Ausschreibungssysteme sind für Bürgerenergieprojekte teuer, riskant und aufwendig, wir lehnen sie für Projekte bis 18 Megawatt bzw. fünf Anlagen ab.

■ Der Zubau an erneuerbaren Energien muss in der nächsten Legislaturperiode und in den Folgejahren stetig gesteigert werden. In den Jahren bis 2025 wollen wir pro Jahr mindestens 10 Gigawatt (GW) Fotovoltaik installieren, sowie 7 GW Windenergie an Land und 2 GW auf See.

■ DIE LINKE unterstützt eine regional ausgerichtete und in der Bevölkerung verankerte Energiewende, zum Beispiel Energiegenossenschaften und Bioenergiedörfer. Institutionen, Einrichtungen, Betriebe, Städte und Kommunen sollen das gesetzliche Recht zum Kauf der von ihnen für die Energieerzeugung und -eigenversorgung genutzten Netze erhalten. In kommunalen Stadtwerken unter direkter demokratischer Mitgestaltung der Bevölkerung können ökologische Energiegewinnung und bezahlbare Energiepreise am besten erreicht werden. Gleichzeitig werden damit Grundlagen zur Förderung regionaler Wirtschaftsstrukturen geschaffen.

■ Investoren müssen verpflichtet werden, den Standortgemeinden eine Beteiligung an neuen Windkraftanlagen, Fotovoltaikkraftwerken und Energiespeichern anzubieten. Die Kommunen werden dadurch Mitbesitzerinnen. Sie müssen so oder durch Betreiberabgaben an Standortkommunen an finanziellen Erträgen der Ökostrombetreiber beteiligt werden.

■ Um die Energiewende voranzubringen, wollen wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Hauseigentümer, Mietervereinigungen, Betriebe und Kommunen verbessern, die ihre Energieversorgung in die eigene Hand nehmen wollen. DIE LINKE unterstützt Mieterstromkonzepte einer hauseigenen Stromversorgung durch Fotovoltaikanlagen auf dem Dach. Wir wollen eine Solarpflicht für Neubauten sowie für Bestandsbauten nach einer umfassenden Dachsanierung und wenn eine technische Eignung zur Solarstromerzeugung besteht.

■ Bioenergie aus eigens hierzu angebauten Energiepflanzen oder neu geschlagenem Holz sollte nicht mehr generell als ökologisch gelten und keine staatliche Förderung als erneuerbare Energie erhalten.

Atomausstieg sofort: Der Ausstieg aus der Atomkraft muss im Grundgesetz festgeschrieben und alle in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke müssen unverzüglich abgeschaltet werden. Atomexporte müssen verboten werden. Die Konzerne müssen die Langzeitkosten der Atomwirtschaft tragen.

■ Wir setzen uns für den Atomausstieg in Europa und überall auf der Welt ein. Es braucht einen gesamteuropäischen Plan zur Stilllegung von Atomkraftwerken. Die staatliche deutsche Förderbank KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) darf keine Atomkraftwerke im Ausland fördern.

■ Den Im- und Export von Uranbrennstoffen wollen wir verbieten. Die Fertigung von Uranbrennstoff in den vom Atomausstieg bislang ausgenommenen Anlagen in Gronau und Lingen muss beendet werden.

■ Keine Lagerung im »Endlager« Schacht Konrad in Salzgitter. Für den zu bergenden Atommüll aus dem Skandalatommülllager Asse II im Landkreis Wolfenbüttel braucht es eine faire Standortsuche für ein Zwischenlager mit größerem Abstand zur Wohnbebauung als bislang geplant. Atommülllagerung kann nicht von oben und ohne Beteiligung der Betroffenen und der Aktiven in der Antiatombewegung durchgesetzt werden. Dafür braucht es umfassende Mitsprache und Klagerechte in allen Phasen des zu entwickelnden Suchverfahrens.

■ Die Kosten für die Stilllegung und den Rückbau von Atomanlagen müssen die Atomkonzerne tragen. Dabei muss ein Höchstmaß an Strahlenschutz und Sicherheit gelten sowie eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung ermöglicht werden, die über das bestehende Atomrecht hinausgeht.

■ Öffentliche Gelder, inklusive der Pensionsrücklagen und Rentenkassen, müssen umgehend aus Anlagen in Unternehmen der fossil-atomaren Energiebranche abgezogen werden. Öffentliche Institutionen dürfen nicht in fossile und nukleare Energieunternehmen investieren.

Mit ihrem Fracking-Erlaubnisgesetz vom Juni 2016 haben CDU/CSU und SPD Fracking im Sandgestein (sogenannten Tight Gas Reservoirs) zugelassen. Wir wollen Fracking ohne Ausnahmen verbieten. Nachdem Kohle- und Atomausstieg beschlossen sind, gilt es nun, einen Fahrplan für einen ökologischen und sozialverträglichen Erdgasausstieg auf den Weg zu bringen, um die Klimaneutralität 2035 zu erreichen.

■ Wir setzen uns dafür ein, dass auch die unterirdische Verpressung von CO2 (Carbon Capture and Storage, CCS) verboten wird.

■ CCS darf nicht für die Grünfärbung (Greenwashing) von Erdgas oder Wasserstoff zur Verfügung stehen. Für Restemissionen (das sind CO2-Emissionen, die auch in Zukunft und dauerhaft nicht verhindert werden können, wie in der Landwirtschaft oder Zementindustrie) werden Senken zur Kompensation gefördert, zum Beispiel durch Moor- und Forstmanagement.

Strompreise stärker kontrollieren, Energie für alle bezahlbar machen

Der Zugang zu Energie ist ein Grundrecht. DIE LINKE will Energiearmut verhindern. Zahlungsschwierigkeiten dürfen nicht dazu führen, dass Menschen im Dunkeln sitzen oder frieren müssen.

■ Für den durchschnittlichen Verbrauch von elektrischem Strom, Wasser und Heizenergie wollen wir preisgünstige Sockeltarife schaffen. Was über den durchschnittlichen Verbrauch hinausgeht, wird teurer. Damit werden Anreize zum Stromsparen geschaffen.

■ Die Strompreise müssen stärker überwacht und sozial gerechter gestaltet werden. Der zuständigen staatlichen Behörde soll daher ein Beirat zur Seite gestellt werden, in dem Verbraucher*innen, Umwelt- und Sozialverbände sowie Gewerkschaften vertreten sind.

■ Wir wollen ein bundeseinheitliches Netzentgelt über alle Spannungsebenen einführen, damit die Netzentgelte in Regionen mit vielen Ökostromanlagen nicht höher sind als in Regionen mit wenigen Ökostromanlagen.

■ Wir fordern ein schärferes Wettbewerbs- und Kartellrecht für Strom-, Gas- und Mineralölkonzerne.

Wir wollen den Strompreis für Endkunden senken, indem wir:

■ die Förderung erneuerbarer Energien zu wesentlichen Teilen über den Bundeshaushalt statt über die jetzige Ökostromumlage (EEG-Umlage) finanzieren und die Stromsteuer für private Verbraucher*innen senken.

■ Wohngeld soll auf der Basis der Bruttowarmmiete gezahlt und um eine Komponente für Stromkosten erweitert werden. Die Heiz-, Warmwasser- und Stromkostenkomponente soll im Wohngeld zu einer Energiekostenkomponente (»Klimawohngeld«) zusammengeführt werden. So wird Energiearmut verhindert.

■ Wir wollen eine Öko-Abwrackprämie für Haushaltsgeräte auflegen. Die zu ersetzenden Elektrogeräte müssen mindestens zehn Jahre alt sein und die Neugeräte die beste Stromeffizienz aufweisen. Die Förderprämie für den Austausch von Kühlschränken in einkommensschwachen Haushalten wird von 100 auf 200 Euro erhöht, für Wasch- und Spülmaschinen werden zusätzliche Förderprämien gezahlt.

Am preiswertesten und umweltfreundlichsten ist immer noch die Kilowattstunde, die nicht bereitgestellt werden muss. Es braucht Standards, die den maximalen Energieverbrauch von Produkten, Produktionsweisen und Gebäuden vorgeben. Es dürfen nur langlebige, reparaturfreundliche, material- und energiesparende Produkte hergestellt werden. Ein Energieeffizienzfonds kann den Umstieg auf eine effiziente Wirtschaftsweise unterstützen und sozial begleiten. Der Altbaubestand muss bis 2035 nahezu vollständig energetisch saniert werden. Dafür wollen wir sozial gerechte Förderprogramme ausbauen (vgl. Kapitel »Keine Profite mit der Miete«).

Grüner Wasserstoff in der Energiewende

Mithilfe von Wasserstoff können Kohle und Erdgas auch dort ersetzt werden, wo der direkte Einsatz von Ökostrom nicht möglich ist. Strategien, künftig auch Autos und Gebäudeheizungen mit Wasserstoff zu betreiben, sind weder sozial noch ökologisch: Seine Herstellung verbraucht zu viel Energie.

■ DIE LINKE fordert, Wasserstoff und dessen Folgeprodukte künftig nur auf Basis von Ökostrom zu gewinnen und ausschließlich dort einzusetzen, wo keine effizienteren Alternativen dazu vorhanden sind, so etwa bei der Dekarbonisierung der Stahlindustrie, von Teilen der Chemiewirtschaft, im Flug- und im Seeverkehr sowie zur Rückverstromung während Dunkelflauten.

■ Wo die Elektrolyseanlagen öffentlich gefördert sind, müssen sie mindestens anteilig öffentlich betrieben werden.

■ Den Import und die Förderung von Wasserstoff aus Atomkraft oder fossilen Quellen lehnen wir ab.

Lebensmittel werden oft Hunderte oder Tausende Kilometer transportiert, bevor sie auf den Tisch kommen. In der Lebensmittelkette dominieren große Konzerne, die ihre Gewinne auf Kosten von Menschen und Umwelt machen. Kleine und ökologische Betriebe haben es schwer. Die Agrarwirtschaft wird europaweit immer stärker auf den Export ausgerichtet. Dies trägt zur Zerstörung lokaler landwirtschaftlicher Strukturen in vielen Ländern des Globalen Südens, aber auch hier vor Ort bei. Wir wollen eine sozial gerechte und auf das Gemeinwohl orientierte Landwirtschaft fördern, mit dem Schwerpunkt auf regionaler Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung. Und: In Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung braucht es gute Arbeitsbedingungen. Vier große Einzelhandelskonzerne bestimmen 85 Prozent des Lebensmittelverkaufs in Deutschland und machen fette Profite, während viele Landwirt*innen kaum über die Runden kommen.

■ Wir setzen uns für gute Arbeitsbedingungen und Einkommen durch flächendeckende Tarifverträge in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ein. Auch in der Landwirtschaft muss man von der Arbeit gut leben können – als Familienarbeitskraft, in der Saisonarbeit wie auch in Vollzeit.

■ Wir wollen bezahlbare und gesunde Nahrungsmittel für alle. Wir wollen regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen als Gegenstrategie zur Marktmacht von Schlachthof-, Molkerei- und Handelskonzernen. Konzernmacht beschränken wir durch ein effektives, gemeinwohlorientiertes Kartellrecht. Verbindungen zwischen Wirtschaft und Politik müssen – nicht nur in der Landwirtschaft – durch ein verpflichtendes Lobbyregister offengelegt werden. Wir fördern bäuerliche, genossenschaftliche und ökologische Landwirtschaft. Den Ökolandbau bauen wir aus auf mindestens 25 Prozent der Agrarfläche bis 2030. Genossenschaftliche Landwirtschaft, Formen der solidarischen Landwirtschaft sowie Erzeuger- und Vermarktungsgemeinschaften sind besonders zu unterstützen.

■ Wir wollen Boden verfügbar machen für regional verankerte Landwirtschaftsbetriebe und ländliche Bevölkerung. Bauernland gehört nicht in die Hand landwirtschaftsfremder Investoren. Öffentlichen Besitz an land- und forstwirtschaftlichen Flächen wollen wir stärken und Flächen der Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) in Ostdeutschland in Länderhand übergeben. Wir wollen einen öffentlichen Bodenfonds einführen, der an nachhaltig wirtschaftende, ortsansässige Agrarbetriebe zu fairen Konditionen langfristig verpachtet. Junglandwirt*innen und genossenschaftliche Konzepte wollen wir fördern. Das wollen wir mit einer umfassenden Reform der ordnungs-, steuer-, förder- und preisrechtlichen Regelungen zum Boden angehen. Der Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen soll grundsätzlich an Landwirt*innen sowie gemeinnützige Landgesellschaften erfolgen – und zwar zu Preisen, die dem Ertragswert entsprechen.

■ DIE LINKE setzt sich für eine grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik ein. Ab der kommenden Förderperiode sollen die Zahlungen konsequent an wissenschaftlich fundierte Umwelt- und Sozialkriterien und an den Tierschutz gebunden werden. Nur Betriebe, die diese Vorgaben umsetzen, sollen Direktzahlungen erhalten – egal ob groß oder klein, ökologisch oder konventionell. Es darf nur noch Geld für konkret nachweisbare öffentliche Leistungen geben. Die Schaffung und der Erhalt sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze soll unterstützt und renditeorientierte Investoren müssen ausgeschlossen werden. Mit höheren Erzeugerpreisen wollen wir die Abhängigkeit der Landwirtschaftsbetriebe von Fördermitteln reduzieren und über eine gerechte Gewinnverteilung in der Wertschöpfungskette sichern, dass Lebensmittel bezahlbar bleiben.

■ DIE LINKE will Patente auf Leben verbieten. Zur Sicherung der genetischen Vielfalt sollen alte Pflanzensorten und Tierrassen erhalten und freie Nachbaurechte gesichert werden. Die gentechnikfreie klassische und ökologische Züchtung wollen wir mit höheren Forschungsmitteln stärken. Wir wollen den Anbau und den Handel mit gentechnisch veränderten Pflanzen auch aus neuen Gentechnikverfahren verbieten. Klonen von Tieren muss verboten bleiben. Wir wollen eine Kennzeichnung von importierten Lebensmitteln, die aus geklonten Tieren und ihren Nachkommen hergestellt werden. Wir wollen den Anbau und den Handel mit sowie den Import von gentechnisch veränderten Pflanzen verbieten. Wir wollen uns für ein globales Moratorium über die Freisetzung von Gene-Drive-Organismen einsetzen.

■ Glyphosat und Neonikotinoide müssen verboten werden. Wir wollen Transparenz und ein strenges Regelwerk für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. In der EU nicht zugelassene Pestizide und Pestizidwirkstoffe dürfen weder in Deutschland produziert noch exportiert werden. Durch eine ambitionierte Pestizidreduktionsstrategie sind die Agrarbetriebe beim Umbau zu umweltfreundlichem Ackerbau zu unterstützen.

■ Die heimische Produktion von Tierfutter, regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen wollen wir stärken.

■ Wir wollen Anbausysteme fördern, die Klima, Böden, Tiere und Pflanzen besonders schützen (zum Beispiel Ökolandbau, Paludikulturen, Permakultur, Agroforstsysteme, tief wurzelnde Nutzpflanzen). Dazu wollen wir ein umfassendes Förder- und Weiterbildungsprogramm für Landwirt*innen entwickeln, das nicht nur finanzielle Unterstützung leistet, sondern Wissen für die sozialökologische Agrarwende schafft.

■ Wir wollen eine Tierhaltung, die flächengebunden und auf die einheimische Nachfrage bezogen ist. Für Regionen und Standorte führen wir Bestandsobergrenzen ein. Megaställe lehnen wir ab. Wir stärken die Bürgerbeteiligung bei Genehmigungsverfahren für den Bau von Mastställen. Den Umbau zu einer gesellschaftlich akzeptierten und klimagerechten Tierhaltung leiten wir ein. Dabei muss eine sozial faire Finanzierung gesichert werden. Die bisher profitierenden Konzerne beteiligen wir angemessen an den Umbaukosten.

■ Wir wollen ein Verbot von Lebendtiertransporten, die über das Höchstmaß von vier Stunden hinausgehen. Der nächstgelegene Schlachthof soll stets bevorzugt werden. Häufigere unangekündigte Kontrollen und härtere Strafen bei Verstößen sind nötig. Mehr regionale Schlachtmöglichkeiten einschließlich mobiler Schlachtung und Schlachtung auf der Weide werden gebraucht. Schlachtverfahren müssen schmerz- und stressärmer werden.

■ Qualzucht und nicht kurative Eingriffe an Tieren (Schnäbel, Hörner, Schwänze) wollen wir verbieten. Das gilt auch für das Schreddern von Küken, die Anbindehaltung für Rinder und Käfighaltung. Zuchtsauen dürfen nicht im Kastenstand gehalten werden. Schluss mit tierquälerischen Kastrationsmethoden!

■ Der Einsatz von Antibiotika in der Landwirtschaft muss auf kranke Tiere nach ärztlicher Verschreibung begrenzt werden, Tierschutzkontrollen müssen verschärft und Verstöße härter bestraft werden. Um Missbrauch vorzubeugen, sind Verschreibung und Verkauf von Antibiotika zu trennen. Lebenswichtige Reserveantibiotika sind nicht in der landwirtschaftlichen Tierhaltung einzusetzen. Die Agrarforschung wollen wir stärken. Durch die Verbesserung der epidemiologischen Forschung wollen wir den Ausbruch und die Verbreitung von Tierseuchen schneller erkennen und eingrenzen. Wir fordern dafür ein interdisziplinäres epidemiologisches Zentrum, um zum Beispiel ein Frühwarnsystem für Pandemierisiken zu entwickeln.

■ Wir wollen bundesweit eine kostenlose Kita- und Schulverpflegung einführen, die auf regionale und ökologisch nachhaltige Lebensmittel setzt. Schul- und Selbsterntegärten wollen wir stärken. Das ist auch ein Beitrag für kurze Wege in der Versorgung mit Nahrungsmitteln.

■ DIE LINKE setzt sich für eine Vereinfachung der Lebensmittelkennzeichnung ein: Ein verpflichtendes Label auf der Vorderseite der Verpackung sollte Auskunft über den Zucker-, Salz- und Fettgehalt des Produktes geben. Eine verbindliche, staatliche Haltungskennzeichnung hilft, damit auch Verbraucher*innen zu mehr Tierschutz beitragen können.

■ Lebensmittel müssen sicher sein und dürfen nicht krank machen. Wir setzen uns deshalb für mehr und unangekündigte Lebensmittelkontrollen ein. Die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen müssen veröffentlicht werden. Das Inverkehrbringen verunreinigter Lebensmittel muss härter bestraft werden.

■ Um Lebensmittelverschwendung zu verringern, setzen wir uns für verbindliche Reduktionsziele entlang der gesamten Wertschöpfungskette ein. Supermärkte müssen verpflichtet werden, aussortierte, aber noch genießbare Lebensmittel kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

Die Vielfalt der Ökosysteme der Erde scheint schier endlos. Sie bilden die Grundlage für alles Leben auf unserem Planeten und sind deshalb entschlossen und wirksam zu schützen. Es geht schon längst nicht mehr nur um den Schutz von einzelnen Biotopen und Arten. Es geht um die Wiederherstellung, die Entwicklung und den Schutz der Ökosysteme des Planeten. Häufig stehen kurzfristige Interessen von Unternehmen und ihrer Lobby dem entgegen. Das haben die Auseinandersetzungen um den Hambacher und Dannenröder Forst prominent gezeigt. Wälder werden zerstört, und das mitten in der Klimakatastrophe. Umwelt, Natur und Klima werden weltweit den Profiten geopfert, mit drastischen Folgen. Etwa 150 Tier- und Pflanzenarten sterben täglich aus. Durch Wildtierhandel und das unkontrollierte Vordringen des Menschen in natürliche Lebensräume erhöhen wir das Risiko, dass Viren von Tieren auf den Menschen überspringen. Das kann zu neuen Pandemien führen. DIE LINKE steht für eine schnellstmögliche Kehrtwende. Das geht nicht ohne klare Regeln für Unternehmen und Gesellschaft.

■ Wir wollen natur- und umweltzerstörende Subventionen abbauen und die frei werdenden Gelder in Natur- und Umweltprogramme investieren.

■ Naturschutz- und Biodiversitätsziele müssen verbindlich in andere Politikbereiche integriert werden, um den Erhalt von Natur und Biodiversität zu gewährleisten. Zur Kontrolle müssen die Umweltverwaltungen mit mehr Fachpersonal ausgestattet werden. Damit die EU-Naturschutzrichtlinien und ihre nationalen Entsprechungen eingehalten werden, müssen sie finanziell gestützt werden. Das Bundesprogramm »Biologische Vielfalt« wollen wir aufstocken.

■ Wir wollen die UN-Konvention zur biologischen Vielfalt umsetzen und ein bundesweites, koordiniertes Programm zur Überwachung der biologischen Vielfalt realisieren (Biodiversitätsmonitoring). Es soll den Gesamtbestand an Tier- und Pflanzenarten und ihre Entwicklung deutschlandweit erfassen und die Grundlage für mehr Naturschutz auf allen Ebenen schaffen.

■ Die Landschaftsplanung ist ein zentrales Instrument des Naturschutzes, aber verbesserungswürdig. Wir wollen Naturschutz in der Fläche verwirklichen. Landschaftsplanung werden wir verstärkt mit finanziellen und personellen Mitteln ausstatten. Studiengänge in Bereichen wie Landschaftsplanung, Umweltplanung, Landschaftsökologie sollen ausgebaut werden.

■ Wir setzen uns für die gesetzliche Verankerung und vollumfängliche Ausweitung des Verbandsklagerechts für Umwelt-, Natur- und Tierschutzvereinigungen und Einzelne im Sinne der Aarhus-Konvention ein.

■ Naturschutzflächen gehören in öffentliche Hand und sollen an Naturschutz- und Umweltverbände in Erbpacht vergeben werden.

■ Das nationale Naturerbe wollen wir sichern und ausweiten – finanziert durch einen Naturerbefonds. Um das 2020-Ziel von 2 Prozent Wildnis zu erreichen, müssen auch über diese Flächen hinaus Gebiete zur Wildnisentwicklung ausgewiesen werden. Wir wollen mehr Biotopenverbünde herstellen.

■ Insekten müssen als wichtiger Teil des Ökosystems geschützt, erhalten und die Biodiversität muss gefördert werden. Dafür muss der Pestizideinsatz drastisch reduziert werden (vgl. Kapitel »Landwirtschaft«).

■ Der Wald ist eine zentrale und wichtige CO2-Senke und muss erhalten werden. Das gelingt mit einer naturnahen Waldbewirtschaftung, die auf Mischwälder mit vielfältiger Altersstruktur und europäischen Baumarten setzt.

■ Wir werden Umweltkriminalität konsequent verfolgen und bekämpfen.

Tiere wirksam schützen: Tierschutz als Staatsziel

Unser Umgang mit Tieren hängt oft von Profitinteressen ab. Tiere sind unserem Handeln unterworfen, deshalb tragen wir die Verantwortung, ihr Leid zu vermindern und zu vermeiden. Die aktuelle Politik und die bestehenden Gesetze entsprechen weder den Wünschen der Bevölkerung noch den wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Empfindungsfähigkeit von Tieren.

■ Wir setzen uns für eine umfassende Reformierung des Tierschutzgesetzes im Sinne des im Grundgesetz verankerten Staatsziels Tierschutz und für die Beseitigung des Vollzugsproblems und für seine Durchsetzung ein.

■ Wir wollen die Demokratisierung des Tierschutzes: Entscheidungen müssen im Parlament getroffen werden und nicht über Verordnungen.

■ Wir brauchen höhere Standards ohne Schlupflöcher, mehr Transparenz in der Tierindustrie (zum Beispiel durch eine Veröffentlichungspflicht für Verwaltungsakte etc.) sowie die Durchführung unabhängiger Kontrollen und entsprechendes Personal. Ein Stall wird im Schnitt nur alle siebzehn Jahre kontrolliert. Das ist auch für den Seuchen- und Umweltschutz problematisch.

■ Wir fordern das bundesweite Verbandsklagerecht und die Einführung eine*r unabhängigen Bundestierschutzbeauftragte*n, angesiedelt im Justizministerium, die an der Gesetzgebung beteiligt wird und durch Kampagnen die Parlamente und Öffentlichkeit aufklärt. Angestellte in relevanten Behörden müssen weitergebildet und sensibilisiert werden. Tierquälerei muss härter bestraft werden.

■ Qualzucht, auch bei Haustieren, und medizinisch nicht notwendige Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit wollen wir verbieten.

■ Wir fordern einen verbindlichen Ausstiegsplan aus den Tierversuchen mit konkreten Schritten und festgesetzten Terminen. Tierversuche des Schweregrads »schwerst« und »schwer« müssen sofort verboten werden. Um Forschungsstandorte langfristig zu sichern, sollen Steuern nur noch in tierfreie Methoden fließen.

■ Haltungsstandards in Zoos, im Gewerbe und in Haushalten müssen auf ein Mindestmaß an die Grundbedürfnisse der jeweiligen Art angepasst werden. Soziale Tiere sollen nur noch in Ausnahmefällen einzeln gehalten werden dürfen. Wir fordern ein sofortiges Verbot von Delfinarien, Wildtieren in Zirkussen sowie ein Verbot der Tierhaltung auf Jahrmärkten und an ähnlichen Orten.

■ Der Tierhandel (insbesondere im Internet) muss streng reguliert, Wilderei und illegaler Wildtierhandel müssen bekämpft werden.

■ Der Handel mit Pelz muss verboten werden.

■ Wir brauchen echten Schutz für wilde Tiere durch flächendeckende Biotopverbindungen sowie Tierkorridore und -passagen, auch zum Beispiel durch Zäune an Autobahnen und Geschwindigkeitsbegrenzung zur Minderung von Wildunfällen.

■ Natur- und Meeresschutzgebiete müssen als Lebensräume auf ein Maximum erweitert werden. Auch in den Städten sollen Lebensräume für Tiere erhalten bleiben.

■ Die Freizeitjagd wollen wir begrenzen.

Die Jagd auf Hunde und Katzen sowie Prädatoren wie Füchse wollen wir untersagen.

Böden und Meere schützen

Naturnahe und intakte Böden sind die Basis für einen intakten Planeten. Sie bilden das Fundament der natürlichen Lebensgrundlagen und sind selbst Schätze der biologischen Vielfalt. Böden erfüllen verschiedenste Funktionen, von Kohlenstoffsenken, Wasserspeichern und Schadstofffiltern über die Grundlage für alle menschlichen Nutzungen bis hin zum wertvollen Archiv der Erdgeschichte. Die Meere bedecken 70 Prozent der Erdoberfläche und haben einen enormen Einfluss auf das Klima. Meeres-, Gewässer- und Bodenökosysteme beherbergen eine große Zahl an Lebewesen und Lebensräumen, die für das Leben auf unserem Planeten unersetzbar sind. Die Folgen der enormen Zerstörung und Beeinträchtigung von Böden, Gewässern und Meeren sind bereits sichtbar und bedrohen das Leben auf der Erde. Die Nutzung von Böden, Gewässern und Meeren muss endlich ökologisch nachhaltig werden, denn Boden- und Meeresschutz ist auch gelebter Klimaschutz.

■ Die Neuversiegelung von Boden muss deutlich verringert werden. Neuversiegelung darf nur genehmigt werden, wenn sie mit einer mindestens ebenso großen Flächenentsiegelung in der Region einhergeht. Straßenneubau darf es nur bei einem unabhängig ermittelten Bedarf geben. In den Flächennutzungs- und Landschaftsplänen müssen Entsiegelungspotenziale festgehalten werden. Es muss ein Fonds eingeführt werden, um belastete Flächen von Altlasten zu befreien.

■ In Deutschland sind circa 90 Prozent der Moore degradiert und machen dadurch bis zu 5 Prozent unserer CO2-Emissionen aus. Der Erhalt bzw. die Renaturierung und Wiedervernässung von Mooren kann einen großen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele leisten und muss deshalb gefördert werden.

■ Wir wollen Grund- und Oberflächengewässer besser schützen. Das EU-Ziel, bis 2015 alle Gewässer in einen guten ökologischen Zustand zu bringen, wurde verfehlt. Noch immer werden Flüsse und Grundwasser als Müllhalde zum Beispiel für die Kaliindustrie verwendet. Zu viele Nährstoffe aus den Klärwerken und der Landwirtschaft werden in Flüsse und Grundwasser eingetragen.

■ Die Meere sind stark belastet, die Klimakatastrophe verschärft die Situation deutlich. Gemeinsam mit Umweltschutzverbänden fordern wir eine Meeresoffensive: Keine Überfischung, effektiver Schutz mariner Arten und Lebensräume. Meeresschutzgebiete müssen erhalten und ausgebaut werden – mindestens 50 Prozent der Schutzräume müssen aus der wirtschaftlichen Nutzung genommen werden. Und es braucht mehr Geld und Personal, um Maßnahmen umzusetzen.

■ Die Privatisierung der Wasserversorgung und des Zugangs zu See- und Meeresflächen lehnen wir ab (vgl. Kapitel »Internationales«).

■ Wir wollen die Wasserrahmenrichtlinie vorantreiben. Dazu gehören die Erhaltung bzw. Wiederherstellung naturnaher Strukturen, die Reduzierung des Schadstoffeintrags durch Düngemittel und Pestizide in Flüsse und Meere und die Sicherung von Auenflächen. Der Nationale Aktionsplan Pflanzenschutz (NAP) soll zu einem wirkungsvollen Plan zur Reduktion von Pestiziden in Deutschland umgestaltet werden.

■ Das Bundesprogramm »Blaues Band Deutschland« wollen wir weiterführen, umsetzen und finanziell absichern.

■ Die Umweltbelastung von Gewässern durch unsachgemäße Entsorgung von Arzneimitteln ist gefährlich. Wir wollen das Rücknahmesystem von Medikamenten (wieder) einführen.

■ Wir setzen uns für den Schutz der Natura-2000-Gebiete in Nord- und Ostsee ein. Die Schutzgebiete sollen frei von Fischerei, militärischer Nutzung, Ressourcenabbau und sonstigen wirtschaftlichen Eingriffen sein. Wir wollen alternative Fangmethoden fördern, um auf grundberührende (Schleppnetze) und lebensraumschädliche Methoden zu verzichten, und eine nachhaltige Fischerei mit Fangquoten, die auf wissenschaftlichen Empfehlungen basieren.

■ Die militärischen Altlasten an Land und in Gewässern müssen beseitigt werden. Insbesondere ehemalige, bisher unberäumte Truppenübungsplätze und die Hinterlassenschaften zweier Weltkriege in Nord- und Ostsee stellen Zeitbomben dar, deren Entschärfung endlich mit Nachdruck angegangen werden muss. Die Finanzierung ist aus dem Etat der Bundeswehr bereitzustellen.

There is no planet B: Ressourcen im Kreislauf führen

Die globalen Ressourcen sind begrenzt; auch nachwachsende Rohstoffe benötigen Zeit zur Erneuerung. Wir müssen raus aus der Wegwerfgesellschaft, rein in eine Kreislaufwirtschaft.

■ Um die natürlichen Ressourcen zu schützen und den Einsatz von Recyclingmaterial zu erhöhen, wollen wir regionale Wirtschaftskreisläufe fördern und eine Ressourcenverbrauchsabgabe für Primärrohstoffe und Einwegprodukte einführen.

■ Wir wollen die Ökodesignvorgaben für Produkte erweitern, um Anforderungen an Lebensdauer, Update-, Upgrade-, Reparier-, Weiterverwend- und Recycelbarkeit zu schaffen. Wir unterstützen das »Top-Runner-Modell« für die Produktion von Geräten (das nachhaltigste Gerät zu einem bestimmten Zeitpunkt setzt den neuen Standard).

■ Für Reparaturdienstleistungen und Demontage wollen wir die Mehrwertsteuer auf 7 Prozent senken. Reparatur und Wiedernutzung muss Vorrang vor Recycling haben.

■ Abfallbehandlung und Abfallentsorgung muss als Bestandteil der Daseinsvorsorge in die öffentliche Hand. Sie darf nicht privatisiert werden. Ist die Privatisierung bereits erfolgt, kämpft DIE LINKE für Rekommunalisierung.

■ Müll soll möglichst nahe am Standort der Entstehung entsorgt und verarbeitet werden. Wir wollen ein Pfandsystem für Energiesparlampen, Einwegbecher, Mobiltelefone, Fernseher und weitere Elektrogeräte einführen und Batterien, um die Sammelquote zu erhöhen und die Verwertung zu verbessern.

■ Wir wollen quantitative Abfallvermeidungsziele einführen (»Zero Waste«), einen Rückgang des absoluten Ressourcenverbrauchs erreichen und die Plastikflut in den Griff bekommen. Einen Beitrag dazu sollen standardisierte Mehrwegsysteme leisten, die mindestens deutschlandweit in jedem Geschäft abgebbar sein sollen, und das nicht nur im »To go«-Bereich, sondern auch im Versandhandel und bei Geschäften zwischen Unternehmen. Die Mehrwegsysteme sind auch für Nahrungsmittel, Reinigungsmittel, Kosmetik etc. zu schaffen. Wo diese Systeme einsatzfähig sind, sind Einwegverpackungen zu verbieten. Was noch an Plastikverpackungen übrig bleibt, muss so gestaltet werden, dass die Recyclingfähigkeit gewährleistet ist.

■ Holz wird auch als Baustoff immer wichtiger. Um einer Holzarmut vorzubeugen, müssen wir auch mit der Ressource Holz sparsam umgehen. Wir wollen ein viel besseres Holzrecycling mit einer Nutzungskaskade, in der die Holzverbrennung zur Energiegewinnung erst ganz am Ende steht. Energie direkt aus dem Wald ist kein Beitrag zum Klimaschutz.

Unternehmen, Banken und Konzerne sitzen gegenüber Verbraucher*innen am längeren Hebel und nutzen ihre Macht oft zum Nachteil der Verbraucher*innen aus. DIE LINKE setzt hier nicht allein auf Transparenz, sondern will die Rechte von Verbraucher*innen stärken. Sie verbindet Verbraucherpolitik mit der sozialen Frage, denn die windigen Geschäftspraktiken zielen vor allem auf Menschen mit geringem Einkommen und Senior*innen ab – denen tut diese Abzocke im Portemonnaie besonders weh. Wir wollen eine eigenständige Verbraucherschutzbehörde mit starken Durchsetzungsbefugnissen. Die Verbraucherschutzverbände sollen finanziell besser ausgestattet, ihre Rechte sollen gestärkt werden. Dazu sollen sie auch Einnahmen des Bundes aus den Geldbußen der Kartellstrafen erhalten.

■ Inkassoabzocke muss durch klare, gesetzlich gedeckelte Gebühren und durch eine Erhöhung der Mahnanforderungen an Unternehmen gestoppt werden. Mehr als 15 Euro Inkassokosten bzw. 5 Euro bei Forderungen bis 50 Euro sind unseriös.

■ Wir wollen die Macht der Schufa und anderer Wirtschaftsauskunftsdateien auf den Lebensalltag der Menschen stark eindämmen. Eine Schufa-Anfrage darf nur noch bei tatsächlichen Kreditgeschäften erlaubt sein, nicht mehr für Verbraucher*innenverträge des täglichen Bedarfs wie Miete, Strom- und Handyrechnungen. Ein negativer Schufa-Score muss nach einem Jahr wieder gelöscht werden. Darüber hinaus sollen in Zukunft Bonitätsauskünfte nicht mehr durch ein privates Unternehmen, sondern nur noch durch die öffentliche Hand erlaubt sein.

■ Unlautere Telefonwerbung muss unterbunden werden. Telefonisch abgeschlossene Verträge dürfen erst wirksam werden, wenn Verbraucher*innen den Vertrag schriftlich bestätigen.

■ Kostenfallen durch zweijährige Vertragslaufzeiten zum Beispiel bei Fitness- und Handyverträgen und automatische Vertragsverlängerung wollen wir abschaffen.

■ Wucherpreise bei Verbraucher*innen krediten durch aufgedrängte oder untergeschobene Restschuldversicherungen müssen beendet werden.

■ Verbraucher*innen müssen gegen Insolvenz von Reiseveranstaltern und Airlines geschützt werden.

■ Damit sich Verbraucher*innen gemeinsam gegen Tricks von Unternehmen und Bereicherung auf Verbraucher*innenkosten wehren können, machen wir uns für Sammelklagen stark, die unmittelbar zu einem Schadensersatz durch die Unternehmen führen.

■ Für langlebige technische Geräte wie Kühlschränke, Waschmaschinen und Fahrzeuge, IT- und Elektrogeräte soll eine gesetzlich garantierte Mindestnutzungsdauer von fünf Jahren Pflicht werden. Darüber hinaus müssen IT-Produkte und Haushaltsgeräte leicht reparierbar und Upgrades jederzeit möglich sein. Wir fordern eine Anpassung der Produkthaftung an das digitale Zeitalter.

■ Verbraucher*innen haben ein Recht auf transparente Informationen durch Behörden und Unternehmen. Dazu brauchen wir ein starkes Verbaucher*inneninformationsgesetz. Wir wollen einen Anspruch der Verbraucher*innen auf kurze, klare und vergleichbare Informationen, zum Beispiel über Kosten und Vertragslaufzeiten bei Krediten und Geldanlagen, bei Internetverträgen und Versicherungen. Wir wollen einen strengeren Transparenzstandard für Onlinemarktplätze und Onlineplattformen.

■ Wir wollen eine schrittweise Einschränkung der Produkt- und Markenwerbung im öffentlichen Raum. Sofort fordern wir ein Verbot von Werbung in Schulen und Kitas.

■ Verbraucher*innen bildung muss soziale und ökologische Auswirkungen mit einbeziehen.

■ Verbraucher*innen müssen das Recht darauf haben, selbst zu bestimmen, was mit ihren Daten geschieht, ohne benachteiligt zu werden. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) beinhaltet hierfür wichtige Rechte, die bisher jedoch nicht ausreichend schützen und genutzt werden.

■ Guter Verbraucher*innenschutz ist auf Hinweisgeber*innen angewiesen, die auf Missstände in Unternehmen, Behörden und anderen Einrichtungen aufmerksam machen. Wir brauchen ein Whistleblower-Schutzgesetz in Deutschland, damit diese Personen geschützt werden und nicht aus Angst vor Repressalien schweigen.

Verbraucher *innenschutz bei Finanzprodukten!

Unabhängige Beratung statt Drückerkolonnen. Wir werden den provisionsbasierten Verkauf von Finanz- und Versicherungsprodukten abschaffen. Honorarberatung und unabhängige Finanzberatung durch Verbraucherzentralen müssen gestärkt werden.

Zusagen an Verbraucher*innen einhalten. Wir verpflichten Versicherer und andere Finanzdienstleister, auch unter Niedrigzinsbedingungen die gemachten Garantien und Zusagen ihrer Produkte einzuhalten. Bei klassischen Lebensversicherungen dürfen Bewertungsreserven und Überschüsse, die grundsätzlich den Verbraucher*innen zustehen, nicht gekürzt werden.

Den gesamten Kapitalmarkt regulieren und Gebühren begrenzen. Wir unterstellen den fast unregulierten »grauen« Kapital- bzw. Kreditmarkt einer wirksamen einheitlichen Finanzaufsicht und regulieren ihn strikt. Zu einem guten finanziellen Verbraucher*innenschutz gehört auch die Begrenzung unangemessener Gebühren und Entgelte für Bankdienstleistungen. Außerdem begrenzen wir die Vorfälligkeitsentschädigungen bei vorzeitiger Rückzahlung von Darlehen deutlich.

Ostdeutschland verdient mehr: mehr Selbstbewusstsein, mehr Sichtbarkeit, mehr Respekt, mehr Ehrlichkeit. Doch jenseits der Gedenkstunden zum Mauerfall erlischt das bundesweite Interesse immer schnell. Dabei gibt es viel zu bereden. Die unvollendete Einheit stellt die Frage nach dem Zustand von Gleichberechtigung und Zusammenhalt in der Bundesrepublik. Die Frage nach Teilhabe – und nach Aufstiegsmöglichkeiten, unabhängig von Herkunft und sozialem Status. Wir müssen sprechen über den Osten als neoliberales Versuchsfeld der Bonner Politik, über die Folgen eines radikalen Wirtschaftsumbaus der Treuhand und den Verlust öffentlicher Infrastruktur. Entscheidungen, die die Treuhand und die Politik des sogenannten Aufbaus Ost getroffen haben, bestimmen noch heute die Entwicklungspfade der ostdeutschen Gesellschaft. Deindustrialisierung, Massenarbeitslosigkeit und Bevölkerungsrückgang waren und sind die Folge. Wir müssen reden über rechte Gewalt und Organisierung und die lange Geschichte ihrer Verharmlosung. Reden über die schwache Verankerung politischer Institutionen, Skepsis gegenüber der Parteiendemokratie, über fehlenden Einfluss der Ostdeutschen. Denn die Konsequenzen sind bis heute sichtbar. Schaut man auf Unterschiede bei Lohn und Rente, auf Spitzenfunktionen und Vermögen, auf Armut oder Abwanderung – der alte Grenzverlauf zwischen West- und Ostdeutschland tritt weiterhin hervor. Viele Ostdeutsche wünschen sich, auf andere Weise sichtbar zu sein. Mit dem, was sie erarbeitet und geleistet haben, sowohl in der vergangenen DDR als auch in den dreißig Jahren danach.

Ostdeutschland steht für den Lebensmut verschiedener Generationen. Viele, gerade unter den Jüngeren, sind nicht mehr gewillt, die strukturellen Benachteiligungen hinzunehmen und die Probleme im Osten zu beschweigen. Viele kennen das Gefühl, dass die eigenen Fähigkeiten und Leistungen – oder die der Eltern – nicht anerkannt werden. Fast jede*r Zweite im Osten fühlt sich in seiner oder ihrer Arbeit nicht wertgeschätzt. Ostdeutsche Beschäftigte waren lang bereit, Leistung auch unter harten Bedingungen zu erbringen und eigene Interessen zurückzustellen: im Interesse des Betriebs und mit Blick auf die für alle schlechteren Perspektiven im Osten. Die verlorenen Kämpfe gegen die Treuhand steckten vielen lange in den Knochen. Jetzt wächst wieder die Bereitschaft zu streiken und zu kämpfen. Der Kampf geht um mehr als »nur« die Lohnhöhe und Arbeitsplätze: Streiks sind zum Symbol geworden für Gerechtigkeit, Anerkennung, mehr Mit- und Selbstbestimmung. Sie kämpfen für die eigenen Rechte, den Eigensinn des Ostens und einen Aufbruch Ost. DIE LINKE ist den Erfahrungen und den Kämpfen der Menschen in Ostdeutschland verbunden. Wir sind die Stimme des Ostens. In den Bundesländern, in denen wir Regierungsverantwortung tragen, setzen wir das um: mit der Einführung beitragsfreier Kindergartenjahre und längerem gemeinsamen Lernen für mehr Bildungsgerechtigkeit, durch mehr Tarifbindung und durch Vergabegesetze mit einer Tariftreueklausel bei öffentlichen Aufträgen für höhere Löhne. Wir kümmern uns um bezahlbaren Wohnraum, Arbeitszeitverkürzung zum Beispiel durch zusätzliche Feiertage, um Qualitätsverbesserung in der Krankenhausversorgung. Die Demokratisierung der Hochschulen, der Schulen, der Kommunen oder generell der Landespolitik zählt ebenso zu unserer Regierungspolitik wie das Ziel, den Bodenausverkauf durch den Aufkauf großer landwirtschaftlicher Betriebe durch agrarfremde Investoren zu verhindern. Es geht uns um eine praktische, solidarische, gerechte und demokratische Politik. Es geht uns um einen eigenen Aufbruch.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – Was sonst?

Das Fortbestehen ungleichwertiger Lebensverhältnisse ist kein Betriebsunfall der deutschen Einheit, sondern politisch gewollt. Statt Niedriglöhne zu verhindern, warben die Bundes- und Landesregierungen jahrzehntelang damit um Investoren. Herausgekommen sind Konzernnebenstellen, die die Ost-West-Unterschiede ausbeuten, aber nicht beheben. Jeder dritte (!) Beschäftigte in den ostdeutschen Ländern arbeitet im Niedriglohnbereich. Im Westen sind es 16 Prozent. Das wirkt sich aus auf geringere Kaufkraft, Vermögensbildung und Rentenansprüche. Der Hälfte der Vollzeitbeschäftigten in den neuen Ländern droht eine Minirente, trotz jahrzehntelanger Arbeit.

Im Vergleich der mittleren Bruttoentgelte (2019) in Ost- und in Westdeutschland lagen 700 Euro brutto mehr in der Lohntüte West. In jedem Monat. In Sachsen-Anhalt arbeiten die Menschen durchschnittlich 75 Stunden länger im Jahr und erhalten fast 3.000 Euro weniger Jahreslohn als im Nachbarland Niedersachsen. Fast 4 Millionen Menschen sind aus dem Osten abgewandert. Das hat die strukturelle Überalterung im Osten massiv erhöht. In den nächsten Jahren ist eine riesige Pensionierungswelle in den ostdeutschen Ländern auszugleichen. Dafür braucht es Perspektiven, auch für Rückkehrer und neu Zugewanderte.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit bei gleicher Arbeitszeit zwischen Frau und Mann, in Ost und West – das ist unser Anspruch:

■ Der Niedriglohnsektor muss geschlossen und der gesetzliche Mindestlohn zügig auf 13 Euro angehoben werden. Insbesondere Arbeitnehmer*innen in Ostdeutschland würden davon profitieren.

■ DIE LINKE fordert eine Lohnoffensive Ost durch mehr Tarifbindung und flächendeckende Tarifverträge, um die Löhne in den neuen Ländern bis zum Ende der kommenden Legislaturperiode im Jahr 2025 zu 100 Prozent an das Westniveau anzugleichen.

■ Wir wollen einheitliche Tarifgebiete in Ost und West. Dass eine Lohnangleichung möglich ist, hat die IG Bau bewiesen. Die Ost-West-Lohnmauer lässt sich dort überwinden, wo Gewerkschaften besonders einflussreich sind.

■ In vergleichbaren Branchen müssen bundesweit gleiche Arbeitszeiten und Urlaubsregelungen gelten.

■ Wir wollen einen Vergabemindestlohn, der sich an der Höhe der niedrigsten Gehaltsklasse des Tarifvertrags für den Öffentlichen Dienst der Länder (TVL) orientiert, verbindlich für die Vergabe machen.

Lebensleistung Ost anerkennen – Gleiche Rente für gleiche Lebensleistung

30 Jahre nach dem Ende der DDR ist die Arbeits- und Lebensleistung immer noch nicht gleich viel wert. Erst im Jahr 2024 sollen die Renten komplett angeglichen werden. Die Angleichung der Ostrenten darf nicht zum Nachteil der heutigen Beschäftigten führen. Rund 20 Prozent weniger Gehalt und Lohn im Osten bedeuten weniger Rentenanspruch im Alter. Bei den Menschen, die in zwanzig Jahren im Osten Rente gehen (werden), ist das Armutsrisiko doppelt so hoch wie im Westen.

Wer beim Mauerfall 30 Jahre alt war, muss auch dann noch mit Benachteiligungen rechnen, wenn er selbst 2027 in Rente gehen wird. Die Vielfalt der DDR-Alterssicherungssysteme passte nicht zum Rentensystem der BRD. Bei der Überleitung ins bundesdeutsche Recht kam es zu Lücken oder gar Streichungen. Ungerechtigkeiten, die noch immer bestehen. Das betrifft die große Gruppe der wissenschaftlichen, technischen, pädagogischen, medizinischen und künstlerischen Intelligenz. Ebenso entfielen Rentenzusagen für bestimmte Berufsgruppen, so für die Beschäftigten der DDR bei der Reichsbahn, der Post oder in der Braunkohleveredlung. Vor allem Frauen sind betroffen, gerade wenn sie beispielsweise im Gesundheitswesen gearbeitet haben, mithelfende Ehefrauen waren oder in der DDR geschieden wurden. Seit den 1990er Jahren fordern die vom bundesdeutschen Gesetzgeber vergessenen Gruppen die Wiederherstellung ihrer Ansprüche. Seitdem haben sie unsere Unterstützung.

■ DIE LINKE will eine sofortige Angleichung der Ostrenten zu 100 Prozent an das Westniveau. Das bedeutet, der Rentenwert (Ost) muss sofort auf das Westniveau des allgemeinen Rentenwerts angeehoben werden.

■ Rentenkürzung verhindern! Solange die Löhne der ostdeutschen Beschäftigten strukturell deutlich niedriger sind, muss die Umrechnung bei der Rente erhalten bleiben.

■ Eine rechtliche Korrektur der Rentenüberleitung bleibt notwendig. Auch angemessene Entschädigungszahlungen können ein Weg sein, diese Ansprüche wenigstens zum Teil endlich anzuerkennen.

■ Für Zeiten des Niedriglohns wollen wir generell für alle Beschäftigten in Ost wie West eine Hochwertung der Rente einführen. Darum wollen wir die Rente nach Mindestentgeltpunkten entfristen und verbessern.

Mehr Posten für den Osten – Mehr plurale Sichtbarkeit

Auch 30 Jahre nach dem Ende der DDR sind die Führungspositionen im vereinten Deutschland fest in westdeutscher Hand. Im Osten und erst recht im Westen. Denn der gesellschaftliche Umbau in den 1990er-Jahren war mehr als ein politisch erwünschter und notwendiger Elitenwechsel. Fast ausnahmslos rückten Menschen aus der ehemaligen DDR in die zweite Reihe, machten Platz für neue Chefs aus dem Westen. Dieser Zustand hat sich verfestigt.

Die neue Thematisierung der Benachteiligung Ostdeutscher ist Teil eines mühsam errungenen Emanzipationsprozesses. Jahrzehntelang berichteten Zeitungen westdeutscher Verlage und westdeutsche Redakteure aus ostdeutschen Landesfunkhäusern, und dabei meist einseitig. Die größere Skepsis gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat hier eine ihrer Ursachen. Über Jahrzehnte hinweg war die Annäherung an die Norm des Westens vorherrschendes Thema.

Wer Demokratie stärken will, muss alle beteiligen. Führungspositionen müssen Spiegelbild einer Gesellschaft sein, sonst verletzen sie den demokratischen Grundsatz der Gleichwertigkeit aller. Das bedeutet mehr Frauen, mehr Ostdeutsche, mehr Migrant*innen in die Führungsetagen bundesweit! Es ist Zeit für politisch gesteuerte Verfahren, die die Benachteiligung beenden: Wir brauchen einen Sprung in der Begabtenförderung, um Karrieren vorzubereiten und zu ermöglichen, statt Unterrepräsentanz zu verschleiern.

■ Wir fordern die Umsetzung des vorgeschlagenen Transformationszentrums in Ostdeutschland als Forschungs- und Förderstätte für die Arbeitsgesellschaft im digitalen und ökologischen Wandel.

■ Der öffentliche Dienst muss Motor werden, um Karrierewege Ostdeutscher zu ermöglichen, mit geeigneten Förderinstrumenten zur Hebung unterrepräsentierter Gruppen. Dafür setzen wir uns ein.

■ Wir wollen Sichtbarkeit für Diskriminierung herstellen, statt sie hinter der Formel der »Einheit« zu verstecken: Wir fordern die freiwillige Erhebung der Geburtsorte und biografischer Daten bei Bundes- und Landesbehörden, bei Hochschulförderprogrammen, Stiftungen und Förderwerken.

■ Unser Ziel ist die Verlagerung weiterer Bereiche des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in die ostdeutschen Bundesländer mit mehr Entscheider*innen mit Ostbiografie.

■ Wir streiten dafür, dass Bundesbehörden oder Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist, ihren Hauptsitz nach Ostdeutschland verlegen. Neu entstehende Bundesbehörden wollen wir im Osten ansiedeln.

Treuhand-Vergangenheit aufarbeiten

Während die Ostdeutschen ihre Wartenummern beim Arbeitsamt zogen, gaben sich westdeutsche und ausländische Unternehmer*innen bei der Treuhandanstalt die Klinke in die Hand. Man konnte reich werden im Osten, wenn man aus dem Westen kam. 94 Prozent der durch die Bundesregierung privatisierten DDR-Betriebe gingen in westdeutsche oder ausländische Hände. Samt dazugehöriger Grundstücke und Immobilien. Die Mehrzahl der Vermieter ostdeutscher Wohnungen sitzt seitdem in Westdeutschland, oder die Wohnungen sind heute im Besitz von Immobilienkonzernen.

Das Wirken der Treuhand hat nicht nur bis in die Gegenwart reichende Folgen, es war ebenso von politischen und wirtschaftlichen Skandalen begleitet. Tausende derjenigen, die in Leipzig 1989 auf der Straße alles riskierten, standen bereits 1991 wieder auf dem Leipziger Augustusplatz. Profitinteressen westdeutscher Konzerne standen über dem Schicksal von Millionen. Diese Enttäuschung wirkt im Osten bis heute fort. DIE LINKE kämpft dafür, dass dieses Unrecht aufgearbeitet wird.

■ DIE LINKE will in der kommenden Legislaturperiode einen Untersuchungsausschuss zur Treuhand.

■ Auch den Einigungsvertrag will DIE LINKE nochmals genauer unter die Lupe nehmen. Seinen Gehalt und seine Wirkungen gilt es zu untersuchen – auch im Hinblick darauf, ob Ansprüche Ostdeutscher bei der Umsetzung des Vertrags vernachlässigt oder ignoriert wurden, und ob sie gegebenenfalls noch einklagbar sind. Dazu schlagen wir eine Enquetekommission vor.

Für einen wirtschaftlichen Aufbruch Ost

Der Osten hat wirtschaftlich in den vergangenen dreißig Jahren eine enorme Entwicklung durchlaufen. Jedoch liegt die Wirtschaftsleistung der Ostländer noch immer hinter den Westländern. Vielversprechende Ansätze, die es bereits gab, wie die Solarbranche in Ostdeutschland, wurden durch falsche politische Weichenstellung von der CDU und ihren jeweiligen Koalitionspartnern zerstört. Zehntausende Arbeitsplätze in einer Zukunftsbranche wurden damit leichtfertig aufs Spiel gesetzt.

Wir setzen auf eine regional verankerte Wirtschaft, die sich an den Bedürfnissen der Menschen in den jeweiligen Regionen ausrichtet. Das gilt auch für die Landwirtschaft. Der Osten soll nicht mehr die verlängerte Werkbank westdeutscher Großkonzerne sein. DIE LINKE setzt auf gemeinwohlorientierte und genossenschaftliche Wirtschaftskonzepte. Gegen die Dominanz marktwirtschaftlicher Verwertungs- und Effizienzlogik setzen wir uns für eine gute Versorgung, öffentliche Daseinsvorsorge und den Stopp der Privatisierung von öffentlichem Eigentum ein.

Arbeiter*innen in Ostdeutschland haben in den letzten Jahren ein neues Selbstvertrauen entwickelt. Viele traten für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen in den Streik. Wir stehen solidarisch an der Seite der Arbeiter*innen und Gewerkschaften, insbesondere bei den Arbeitskämpfen in Ostdeutschland und unterstützen sie dabei.

Nach der Wiedervereinigung brach dem Osten die industrielle Basis weg, einschließlich Verarbeitung und Vermarktung von Lebensmitteln. Wir wollen nun eine Reindustrialisierung des Ostens vorantreiben, um langfristig gut bezahlte und sichere Arbeitsplätze dauerhaft zu schaffen. Wir wollen den Osten zu einer Zukunftsregion machen, in der klimagerechte Industriearbeitsplätze entstehen.

■ Wir wollen regionale Produkte, Verarbeitungs- und Vertriebsstrukturen stärken. Produktionsgenossenschaften und Vertriebsgenossenschaften aus den Regionen sollen miteinander verbunden werden.

■ Wir wollen ein Reindustrialisierungsprogramm Ost. Damit soll überall im Osten die Entstehung klimagerechter Industriearbeitsplätze gefördert werden.

Reaktivierung öffentlicher Infrastruktur

Die Geschichte des Ostens nach der Wiedervereinigung ist auch eine Geschichte des Abbaus von (sozialer) Infrastruktur. Geschlossene Schulen, Schwimmbäder, Sparkassen oder stillgelegte Bahnstrecken prägen das Bild im gesamten Osten des Landes. Diesen Trend wollen wir umkehren. Wir wollen soziale Zentren in den Dörfern schaffen. Die Betreuung der sozialen Zentren findet über tariflich bezahlte Arbeitsplätze statt.

Allein in Sachsen wurde seit 1994 knapp ein Viertel des Schienennetzes stillgelegt. Knapp 2 500 Kilometer Schienenstrecke im gesamten Osten. Das war klimapolitisch und strukturpolitisch ein schwerer Fehler. Vielerorts werden die Bahnverbindungen schmerzlich vermisst. Ganze Regionen sind so dauerhaft abgehängt. Der Bund als Eigentümer der Deutschen Bahn ist in der Pflicht, diesen Kurs zu ändern. Die Bahn muss zurück in die Fläche.

Auch die digitale Infrastruktur in Ostdeutschland braucht einen kräftigen Schub. Schlechtes Mobilfunknetz und mangelnder Breitbandausbau sind in vielen Regionen in Ostdeutschland leider an der Tagesordnung. Für rein nach Profitlogik agierende Konzerne lohnt sich der Ausbau in dünn besiedelten Regionen nicht.

In vielen ostdeutschen Kommunen besteht erheblicher Investitionsbedarf beim altersgerechten und barrierefreien Umbau von Wohnungen. Der altersgerechte Umbau von Wohnungen wird zu einer großen Aufgabe für viele ostdeutsche Städte und Gemeinden. In vielen ostdeutschen Kommunen fehlt ein ausreichendes Angebot an barrierefreien Wohnungen und Wohnungen für Menschen mit Behinderung. Oft sind durch den Abriss von Plattenbauten ganze Nachbarschaften und Stadtteile verschwunden. Wir wollen die soziale Durchmischung in den bestehenden Wohnungsbeständen in industrieller Bauweise generationsübergreifend fördern, etwa durch flexible Wohnungsgrundrisse mit der Option, Wohnungen vertikal und horizontal zusammenzulegen, und mit Gemeinschaftsräumen ausstatten (Fitness, Bibliothek, Kleinkino, Co-Working-Spaces).

■ Wir schlagen ein Förderprogramm »Jedes Dorf braucht einen Laden!« und eine Reform des Gewerbemietrechts zum Schutz und für die Wiederansiedlung kleiner Läden, Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe vor.

■ Wir wollen ein Reaktivierungsprogramm der Deutschen Bahn für stillgelegte Strecken in Abstimmung mit den Bundesländern, und eine flächendeckende Versorgung mit Bussen und Bahnen.

■ Wir setzen uns für ein Sanierungsprogramm für Bahnhöfe ein. Gerade der Osten braucht lebendige Bahnhöfe als Orte der Begegnung und des Austauschs.

■ Funklöcher schließen und flächendeckendes Breitbandinternet: Das ist für uns elementarer Bestandteil für einen zukunftsfähigen Osten.

■ Ein Schwerpunkt der Förderung soll künftig beim alters- und behindertengerechten Umbau von Gebäuden und der Verbesserung des Wohnumfelds in Stadtteilen liegen. Der kommunale Eigenanteil bei Aufwertungsmaßnahmen ist zu streichen. Hier muss wie beim sogenannten Rückbau, also dem Abriss, 100 Prozent Förderung möglich sein.

■ Wir wollen ein Förderprogramm für kollektives Wohnen mit Mietpreisbindung für die in Ostdeutschland weit verbreiteten Plattenbauten einrichten.

■ Kooperative Wohnformen mit Genossenschaftsgedanken wollen wir durch Beratung für Neugründung und Finanzierung oder beim Erwerb von Grundstücken und Gebäuden etwa durch Konzeptvergaben unterstützen.

Gegen alte und neue Nazis

Der Vereinigungsprozess hat eine Schattenseite, über die endlich mehr gesprochen wird. Vieles ist noch immer nicht aufgearbeitet oder einer breiten Öffentlichkeit bekannt: Befreit von der Repression in der DDR entlud sich rechte Gewalt in den 1990er-Jahren in einem zuvor nicht gekannten Ausmaß. Verbündete in Geist und Tat fanden sich schnell, hüben wie drüben: Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Solingen, die Mordserie des NSU-tödliche Gewalt überzog das Land. Die Neonazis versuchten, den öffentlichen Raum zu dominieren, und übten die Kontrolle aus – zumindest in Stadtteilen und Wohnquartieren. Die ostdeutschen Landesregierungen waren Vorreiter einer beschämenden Verharmlosung und führten damit die gängige politische Praxis des Westens fort. Auch in der ostdeutschen Gesellschaft blieb der Aufschrei aus. Es oblag wenigen Aktivist*innen, Antifagruppen, Journalist*innen sowie Engagierten in linken Parteien, die Gefahren zu benennen.

Demokratiearbeit, Bildungs- und Beratungsstellen für Betroffene rechter Gewalt leisten seit über zwanzig Jahren viel für ein solidarisches und menschenrechtsorientiertes Gemeinwesen. Oftmals sind sie das einzige Angebot, das Menschen nach rechten und rassistischen Angriffen hilft, ihre Rechte und ihre Würde zu verteidigen.

Vor Ort, in den Kommunen, entscheidet sich die Lebensqualität im Alltag. Die Privatisierung von öffentlichem Eigentum und öffentlicher Daseinsvorsorge hat den Alltag in vielen Kommunen und Nachbarschaften erschwert. Viele Kommunen in wirtschaftlich benachteiligten Regionen sind überschuldet und unter Zwangsverwaltung. Der Abstand zwischen armen und reichen Kommunen in Deutschland wächst weiter. Die Schuldenbremse wirkt sich verheerend auf die Lebensqualität von Menschen mit geringerem Einkommen und auf die kommunale Demokratie aus. Wenn im Stadt- oder Gemeinderat bisweilen nur noch über die Verwaltung des Mangels und über vermeintliche Sachzwänge entschieden wird, wird die Demokratie in der Kommune erstickt.

Wir wollen die öffentlichen Dienstleitungen zurück in die öffentliche Hand holen und die eigenwirtschaftliche Tätigkeit der Kommunen stärken. Kommunale Daseinsvorsorge darf nicht auf den Markt geworfen werden!

■ Privatisierte Bereiche der Daseinsvorsorge wollen wir rekommunalisieren. Wir wollen dafür sorgen, dass der Bund den Kommunen Mittel für die Rekommunalisierung von Wohnungen, Krankenhäusern, Wasser- und Energieversorgung zur Verfügung stellt. Das kann über einen Rekommunalisierungsfonds geschehen. Unterstützung und rechtliche Beratung können durch eine Rekommunalisierungsagentur organisiert werden, damit nicht in jeder Kommune das Rad neu erfunden werden muss.

■ Vorhandene Einschränkungen bei der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen müssen abgebaut, interkommunale Zusammenarbeit muss zum Vorbild gemacht und im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge eine Präferenz zugunsten der öffentlichen Hand erreicht werden. Wir wollen Anreize für den Aufbau regionaler Wirtschaftskreisläufe.

■ Um gleichwertige Lebensbedingungen in allen Regionen und Kommunen zu schaffen, soll die Mitwirkung der kommunalen Spitzenverbände durch ein verbindliches Anhörungs- und Mitwirkungsrecht der Kommunen auf Bundesebene gesichert werden.

■ Verfestigte Kassenkredite der Kommunen müssen vom Bund in einen Altschuldenfonds übernommen und mit vom Bund getilgt werden. Die eigentlich als kurzfristige Finanzierung gedachten Kassenkredite sind in den vergangenen zwanzig Jahren um 40 Milliarden Euro gestiegen. Sie sind oftmals die einzige Möglichkeit, die kommunalen Pflichtaufgaben zu erfüllen.

■ Die kommunalen Haushalte müssen von den Sozialleistungen entlastet werden. Diese müssen in vollem Umfang vom Bund getragen werden. Kosten, die von Bund oder Ländern verursacht werden, müssen auch von dort finanziert werden (Konnexität).

■ DIE LINKE tritt für eine Reform der Gewerbesteuer in eine Gemeindewirtschaftsteuer ein. Verbunden mit der Umsetzung von Konnexität können die Kommunen wieder auf verlässliche finanzielle Füße kommen.

■ Viele kommunale Aufgabenfelder sind inzwischen durch Gesetze und Verordnungen bis ins Detail »fremdbestimmt« und örtliche Gegebenheiten finden kaum Berücksichtigung. Das muss sich ändern. Die Selbstverwaltung muss gestärkt und der Spielraum der Kommunen bei Wirtschafts- und Bauangelegenheiten vergrößert werden.

■ Die Förderung des Ehrenamts muss gewährleistet werden, und deshalb dürfen kommunale Aufwandsentschädigungen nicht auf Leistungen des SGB II und des BAföG angerechnet werden.

■ Laufende Bundesprogramme für Kommunen müssen verstetigt, kombinierbar und dem Bedarf angepasst werden. Eine Vielzahl von Kommunen kann sich nicht einmal die im Verhältnis geringen Eigenanteile an Bundesprogrammen leisten, um Fördermittel für nötige und allein kaum finanzierbare Investitionen zu bekommen. Deshalb müssen die Eigenanteile zumindest für Kommunen in schwieriger Haushaltslage abgeschafft werden.

■ Für gerechte Kommunalfinanzierung braucht es die 100-prozentige Anrechnung der kommunalen Finanzkraft im Länderfinanzausgleich.

Noch nie waren Einkommen und Vermögen so ungleich verteilt. Immer größere Vermögen haben sich in immer weniger Händen konzentriert: Zwei Drittel aller Vermögen sind in der Hand der oberen 10 Prozent der Bevölkerung. Allein die 45 reichsten Haushalte besitzen so viel wie die gesamte ärmere Hälfte der Bevölkerung zusammengenommen. Das reichste Prozent der Bevölkerung vereint rund 35 Prozent des Vermögens auf sich, also mehr als ein Drittel. Die reichsten 5 Prozent haben mehr als die »restlichen« 95 Prozent.

Wer viel hat, kann es leicht vermehren. Auf Gewinne aus Kapital und Aktien wird eine Billigsteuer erhoben. Wer hingegen wenig oder nichts hat, zahlt mehr und mehrfach: Lohnsteuer kann man nicht hinterziehen, sie wird sofort abgezogen. Die Mehrwertsteuer belastet Menschen mit niedrigem Einkommen stärker. Weil öffentliches Eigentum privatisiert wurde, müssen viele Dienstleistungen privat bezahlt werden. Ein Großteil der Vermögen in Deutschland wird vererbt. Hohe Einkommen werden weniger besteuert als noch in den 1990er Jahren. Jahrzehntelang ist in Deutschland eine Vermögensteuer erhoben worden – seit 1997 nicht mehr. Das wollen wir ändern, um die skandalöse Ungleichheit in Deutschland zu bekämpfen.

Dem privaten Reichtum steht eine verarmte öffentliche Infrastruktur gegenüber: Bibliotheken und Schwimmbäder schließen, Personal im Krankenhaus wird entlassen, um notwendige Reparaturen finanzieren zu können, Bus und Bahn kommen auf dem Land nur noch selten und sind in der Stadt oft überfüllt, weil die Kapazitäten nicht ausreichen. Hier würden die Einnahmen aus einer Millionärsteuer besonders helfen: Sie geht an die Länder und kann die öffentliche Infrastruktur stärken.

Noch nie war die Armutsgefahr so hoch: Mehr als jede*r Sechste im reichen Deutschland ist arm oder von Armut bedroht. Die Reichen haben viele Verbündete in der Politik. Sie können ihrer Stimme mehr Gewicht verleihen. Wir halten dagegen! Mehr Gerechtigkeit und eine starke öffentliche Daseinsvorsorge gibt es nur, wenn die Unteren entlastet werden – und die Oberen stärker belastet. Hohe Vermögen und Einkommen, Erbschaften und Gewinne aus Kapital und Aktien müssen stärker besteuert werden. Damit finanzieren wir Investitionen in eine gute öffentliche Versorgung und einen Sozialstaat, der alle Menschen sicher vor Armut schützt. Wir stärken solidarische und ökologische Formen der Wirtschaft und schaffen Arbeitsplätze. Das ist machbar, und wir wissen, wie wir es bezahlen werden. Es ist genug für alle da, wenn alle genug beisteuern:

■ DIE LINKE fordert eine Vermögensteuer mit einem progressiven Tarif und einem Freibetrag für Privatvermögen von 1 Million Euro pro Person (ohne Schulden). Wer etwa mit einer Eigentumswohnung in der Innenstadt »Papiermillionär« ist, wird nicht belastet. Das ist insbesondere wegen der Entwicklung der Immobilienpreise wichtig, die zu massivem Vermögenszuwachs für Eigenheimbesitzer führten, was aber anders als bei großen Immobilienhaien nicht mit hohen Renditen einhergeht. Der Freibetrag für Betriebsvermögen liegt bei 5 Millionen Euro. Altersvorsorge soll von der Steuer ausgenommen werden.

Der Eingangssteuersatz der Vermögensteuer startet bei 1 Prozent und steigt bis zu einem Nettovermögen von 50 Millionen Euro stetig an. Ab 50 Millionen Euro greift der Höchststeuersatz von 5 Prozent. Das ist angemessen, weil große Vermögen besonders hohe Renditen abwerfen. Zudem ist bei sehr großen Vermögen auch eine Umverteilung zulasten von Vermögenssubstanz erforderlich. Die geschätzten Einnahmen liegen dann jährlich bei 58 Milliarden Euro.

■ Starke Schultern tragen mehr: Für die Bewältigung der Coronakrise wollen wir eine Vermögensabgabe erheben. Diese soll für Nettovermögen über 2 Millionen Euro (für Betriebsvermögen ist der Freibetrag 5 Millionen Euro) erhoben werden. Die Vermögensabgabe ist progressiv von 10 bis 30 Prozent gestaffelt und kann über zwanzig Jahre in Raten gezahlt werden. Die jährliche Belastung des Nettovermögens beträgt so zwischen 0,1 und 1,5 Prozent. Die geschätzten Einnahmen liegen bei 310 Milliarden Euro über zwanzig Jahre.

Erbschaftsteuer: Reichtum wird vererbt, – meist ohne dass nennenswerte Steuern bezahlt werden. Gerade die Superreichen können ihr Millionenvermögen in Unternehmensanteilen steuerfrei vererben oder verschenken. Wir werden dafür sorgen, dass die Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Zu dem Zweck sollen die heute existierenden Privilegien für Betriebsvermögen bei Erbschaften und Schenkungen entfallen. Wir werden die Erbschaftsteuer auf hohe Erbschaften erhöhen. Normales, selbstgenutztes Wohneigentum bleibt freigestellt. Mehreinnahmen im Jahr: 8 bis 10 Milliarden Euro.

■ Die Unternehmensteuern wurden schon vor Jahren massiv gesenkt. Die Körperschaftsteuer muss wieder auf 25 Prozent erhöht werden. Wir wollen den Wettlauf der Unternehmen um Steuervermeidung unterbinden und drängen auf europaweite und globale Mindestsätze für Unternehmensteuern. Wenn Gewinne in Niedrigsteuergebiete verschoben werden, sollen sie in den einzelnen Ländern, in denen ein Konzern aktiv ist, nachversteuert werden. Wir werden sicherstellen, dass Unternehmen und Konzerne sich nicht den Steuern entziehen. Megakonzerne wie Amazon wurden in der Coronakrise noch mächtiger, zahlen aber kaum Unternehmensteuer. Wir brauchen deshalb eine Steuerreform, die solche Konzerne stärker am Ort ihrer wirtschaftlichen Aktivitäten und der Umsätze besteuert.

■ Zudem müssen außerordentliche Gewinne von Unternehmen wie Amazon, die wegen der Coronakrise erzielt wurden, mit einer Übergewinnsteuer (Excess Profit Tax) abgeschöpft werden, um die Marktmacht der Krisengewinner zu begrenzen.

Umsatzsteuer: Für arbeitsintensives Handwerk, Produkte für Kinder sowie Arzneimittel wollen wir ermäßigte Steuersätze.

Steuerhinterziehung: Geldwäsche und Subventionsbetrug wollen wir wirksamer bekämpfen und somit Steueroasen – auch »made in Germany« – austrocknen. Dafür wollen wir eine Bundesfinanzpolizei aufbauen und das Personal im Steuervollzug bedarfsgerecht aufstocken. Es ist realistisch, mit einem konsequenteren Steuervollzug und der Bekämpfung von Steuerhinterziehung in Steueroasen jährlich etwa 15 Milliarden Euro mehr einzunehmen.

Finanztransaktionssteuer: Wir dämmen die Spekulation auf den Finanzmärkten ein. Bei jeder Finanztransaktion soll ein Steuersatz von 0,1 Prozent fällig werden. Die eingenommenen Gelder sollen einerseits für nachhaltige Entwicklung in den Ländern des Südens und für globalen Klimaschutz und andererseits für den sozialökologischen Umbau unserer Industriegesellschaft genutzt werden.

Gemeindewirtschaftsteuer: Wir wollen die bisherige Gewerbesteuer in eine Gemeindewirtschaftsteuer umwandeln. Die Bemessungsgrundlage wird ausgeweitet (Pachten, Mieten, Leasingraten und Lizenzgebühren werden berücksichtigt) und gut verdienende Selbstständige und Freiberufler werden einbezogen. Dafür werden wir den Freibetrag auf 30.000 Euro anheben und die festgesetzte Steuer bei der Einkommensteuer berücksichtigen. Die Gewerbesteuerumlage wird abgeschafft, was Städte und Gemeinden finanziell entlastet.

■ DIE LINKE setzt sich für die Abschaffung der Schaumweinsteuer ein.

Was langfristig wirkt, muss auch langfristig finanziert werden: Die Schuldenbremse und der Europäische Fiskalpakt blockieren langfristige Entwicklungen und sollen Privatisierung vorantreiben.

■ Die Schuldenbremse ist volkswirtschaftlich unsinnig und gehört abgeschafft.

Sie befördert die Privatisierung der öffentlichen Infrastruktur, die häufig noch teurer für die Steuerzahler*innen ist, da die Allgemeinheit dann den privaten Investoren hohe Renditen finanzieren muss. Stattdessen müssen wieder Kredite im Umfang der Investitionen möglich sein. Denn die Zinsen, die der Staat derzeit am Kapitalmarkt aufbringen muss, sind extrem niedrig, und eine gute Infrastruktur nützt auch noch unseren Enkelkindern. Deshalb ist es sinnvoll, die Finanzierung von Investitionen auch über Kredite zu strecken. Solange die Schuldenbremse existiert und eine Tilgungsverpflichtung für die Coronakredite des Bundes besteht, muss die Tilgung auf mindestens fünfzig Jahre gestreckt werden. Aufwendungen für Zinszahlungen dürfen den Verschuldungsspielraum nicht zusätzlich einschränken. Dadurch wird der finanzielle Spielraum auch innerhalb der Schuldenbremse erweitert.

Gerechter Haushalt: Bildung, Gesundheit und Klimaschutz statt Aufrüstung. Der Bundeshaushalt umfasst eine Erhöhung der Militärausgaben. Die Bundesregierung nähert sich weiter der Marke von 2 Prozent des BIP für Rüstungsausgaben. Diese Prioritätensetzung ist falsch. Wir lehnen das entschieden ab und fordern eine jährliche Senkung der Militärausgaben. Auch der Abbau klimaschädlicher Subventionen kann den Bundeshaushalt entlasten. Insgesamt sind Einsparungen im Umfang von 12 Milliarden Euro jährlich problemlos möglich.

Mit diesen Mehreinnahmen können wir den Einstieg in eine solidarische Gesellschaft finanzieren: bessere soziale Sicherheit, mehr Personal in Bildung, Gesundheit und Pflege und einen Neustart im gemeinnützigen Wohnungsbau, Barrierefreiheit und den Einstieg in einen sozialökologischen Umbau der Wirtschaft. Unsere Forderungen sind gegengerechnet und realistisch.

Einkommensteuer gerecht reformieren

Auch die Besteuerung von Einkommen wollen wir gerechter machen. Niedrige und mittlere Einkommen wollen wir entlasten. Hohe Einkommen müssen stärker besteuert werden. Als Faustregel gilt: Wer (als Single, Steuerklasse I) weniger als 6.500 Euro im Monat brutto hat, zahlt nach unserem Tarif weniger Steuern. Alle haben Vorteile von der verbesserten öffentlichen Daseinsvorsorge und den geringeren Beiträgen zu unserer solidarischen Gesundheitsversicherung.

■ Alle zu versteuernden Einkommen unter 14.400 Euro im Jahr bleiben steuerfrei. Der Steuerverlauf wird abgeflacht. Gerade mittlere Einkommen profitieren, da ein höherer Freibetrag bedeutet, dass nur auf das darüberhinaus gehende Einkommen überhaupt Steuern gezahlt werden müssen.

■ Höhere Einkommen wollen wir stärker besteuern. Ab 70.000 Euro zu versteuerndem Einkommen im Jahr beträgt der Steuersatz 53 Prozent. Zu versteuerndes Einkommen bedeutet: das, was vom Bruttoeinkommen nach den üblichen Abzügen (pauschale Freibeträge und Sonderausgaben) übrigbleibt. 70.000 Euro zu versteuerndes Einkommen entspricht etwa 81.000 Euro Bruttoverdienst eines*einer Alleinstehenden ohne Kinder. 53 Prozent Steuersatz gilt für das Einkommen ab 70.000 Euro. Der durchschnittliche Steuersatz für 70.000 Euro Einkommen liegt bei circa 30 Prozent.

■ Wir sehen zwei Stufen einer gesonderten Reichensteuer vor: 60 Prozent für Einkommen oberhalb der aktuellen Reichensteuergrenze von 260.533 Euro und 75 Prozent für Einkommen oberhalb von 1 Million Euro zu versteuerndem Einkommen.

Einkommen aus Kapitalerträgen sollen nicht weiter bevorzugt werden, sondern nach denselben Sätzen versteuert werden wie alle Einkommen. Die Abgeltungsteuer von 25 Prozent werden wir abschaffen, Einschränkungen der Verrechnung von Verlusten aus Kapitalvermögen sowie den Sparerpauschbetrag allerdings beibehalten.

■ Das Ehegattensplitting wird mit sozialverträglichen Übergangsregelungen durch eine geschlechtergerechte Individualbesteuerung ersetzt. Dabei muss das nicht ausgeschöpfte steuerliche Existenzminimum zwischen Eheleuten bzw. Lebenspartner*innen übertragbar sein.

■ Bei Entlassungen wollen wir Steuerfreibeträge für Abfindungen wieder einführen.

■ Die Entfernungspauschale wird durch ein Mobilitätsgeld ersetzt, das pro Entfernungskilometer zur Arbeitsstätte allen Arbeitnehmer*innen unabhängig von ihrem Einkommen dieselbe Steuerbegünstigung verschafft.

■ DIE LINKE will den Solidaritätszuschlag für hohe Einkommen erhalten und zu einem Solidaritätspakt III umbauen. Der Soli ist die sozial gerechteste Steuer: mit der stärksten Entlastung im unteren Bereich und für Menschen mit Kindern – und der stärksten Belastung für die im oberen Bereich, besonders Menschen ohne Kinder.

■ DIE LINKE fordert einen Solidarpakt III zur Bewältigung des Strukturwandels in Regionen in und nach dem industriellen Umbruch. Das finanzielle Volumen muss an den Solidarpakt II anknüpfen, deshalb fordern wir mindestens 10 Milliarden Euro jährlich aus Bundesmitteln für den Strukturwandel und Kohäsion zur Verfügung zu stellen.

Unser Solidarpakt III richtet sich an alle strukturschwachen Regionen in Deutschland. Wir schlagen für die Planungssicherheit einen Zeitraum bis 2035 für den Solidarpakt III vor und somit ein Gesamtvolumen von mindesten 150 Milliarden Euro.

Grunderwerbsteuer und Share Deals. Durch steigende Immobilienpreise und die in fast allen Bundesländern angehobenen Steuersätze der Grunderwerbsteuer ist die Steuerbelastung für die meisten Immobilienerwerbe deutlich gestiegen. Immobilienkonzerne hingegen, die große und sehr große Immobilienpakete kaufen, kommen durch sogenannte Share Deals meist davon, ohne Steuern zu zahlen. Sie kaufen formal nicht die Immobilien, sondern die Mehrheit (bis zu 90 Prozent) der Anteile (englisch »shares«) an den jeweiligen Firmen, die die Immobilien besitzen. Wir fordern eine Reform der Grunderwerbsteuer, sodass auch anteilige Immobilienkäufe (ab über 50 Prozent) dann entsprechend auch anteilig besteuert werden. Dadurch werden Share Deals weitgehend unattraktiv.

Gemeinnützigkeit. In den vergangenen Jahren wurde immer mehr politisch engagierten Vereinen vom Finanzamt oder vor Gericht die Gemeinnützigkeit aberkannt. Die Demokratie lebt jedoch von ihrer Beteiligung und von einer vielfältigen Debatte. Wir brauchen eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts mit einer Ausweitung der als gemeinnützig anerkannten Zwecke (zum Beispiel die Förderung der Menschen- und Grundrechte, des Friedens, des Klimaschutzes oder der sozialen Gerechtigkeit). Die Mitwirkung an der politischen Willensbildung muss ausdrücklich als unschädlich für die Gemeinnützigkeit benannt werden, ob zur Verfolgung eigener Zwecke oder darüber hinaus für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte. Dabei ist zu beachten, dass es nicht zu einer verdeckten Parteienfinanzierung kommt und die Grenzen zur Parteienfinanzierung gewahrt sind. Auch darf die Erwähnung eines Vereins in einem Verfassungsschutzbericht des Bundes oder der Länder nicht mehr automatisch zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen, wie es zuletzt im Fall der VVN/BdA passiert ist.

■ Die Nutzung gemeinnütziger Stiftungen zur Steuervermeidung muss stärker eingeschränkt werden.

Steuervollzug. Die großen Probleme im Steuervollzug müssen endlich gelöst werden. Dazu braucht es einerseits deutlich mehr Personal und IT-Kapazitäten der Finanzbehörden, mindestens ebenso wichtig ist aber eine bundesweit einheitliche Umsetzung und Durchsetzung der Steuergesetze des Bundes. Die Frequenz, mit der Großbetriebe und reiche Einzelpersonen durch Betriebs- und Steueraußenprüfungen kontrolliert werden, variiert stark zwischen den Ländern. Wir brauchen viel häufigere und intensivere Steuerprüfungen für Unternehmen und reiche Einzelpersonen. Die wirksame Lösung für diese interessengeleitete Kleinstaaterei wäre die Übertragung des Steuervollzugs auf die Bundesebene (»Bundessteuerverwaltung«). Auch bei der Verfolgung und Bekämpfung halblegaler und verbotener Steuergestaltungsmodelle sind die Finanzbehörden oft untätig (vgl. folgendes Kapitel).

Mehr als zehn Jahre nach der Finanz- und Weltwirtschaftskrise sind deren Ursachen nicht überwunden. Die Regierung hat es versäumt, das Finanzsystem grundlegend zu verändern und auf die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung auszurichten. Dafür braucht es den Mut, sich mit den Großbanken, Hedgefonds und den Multimilliardären anzulegen. Wir wollen die Gesellschaft und die Demokratie aus dem Würgegriff der Finanzkonzerne befreien:

■ Aus kapitalgedeckter Altersvorsorge fließen den Finanzmärkten Milliardenbeträge zu. Wir wollen die Rentenprivatisierungen zurücknehmen und die Mittel der Spekulation entziehen (vgl. Kapitel »Rente«).

■ Gerade die hochkomplexen Finanzinstrumente (zum Beispiel Derivate höheren Grades), von denen im Krisenfall die größten Risiken ausgehen, nutzen dem Gemeinwesen kaum DIE LINKE will den Finanzsektor deshalb auf eine dienende Funktion für Gesellschaft und Realwirtschaft zurückführen. Die Finanzmärkte sollen entschleunigt und im Volumen geschrumpft werden.

■ Wenn immer größere Teile der öffentlichen Daseinsvorsorge privat organisiert werden, dann müssen Renditen erwirtschaftet werden, der Finanzmarkt übernimmt die Kontrolle. Wir wollen Krankenhaus-, Pflege- und Immobilienkonzernen die Börsenzulassung entziehen.

DIE LINKE will den Finanzsektor auf gesellschaftlich sinnvolle Kernaufgaben konzentrieren. Das sind vor allem Angebote im Bereich Zahlungsverkehr und sicherer Ersparnisbildung sowie die Finanzierung privater und öffentlicher Investitionen. Die Banken sollen auf ein an den Bedürfnissen der Realwirtschaft und der Gesellschaft orientiertes Geschäftsmodell zurückgeführt werden:

■ Die Basis eines neuen Finanzsektors sind Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Sie wollen wir fördern. Die Geschäftsbanken müssen wie Sparkassen auf das Gemeinwohl verpflichtet werden.

■ Der überwiegende Teil des sogenannten Kapitalmarktgeschäfts der Banken folgt spekulativen Motiven. Sie dienen nicht den Bedürfnissen der Realwirtschaft oder der Mehrheit der Bevölkerung. Kurzfristig ausgerichtetes Investmentbanking – das nur in Betriebe investiert, um schnell hohe Renditen zu erzielen – wollen wir als Geschäftsfeld abwickeln. Schattenbanken, außerbilanzielle Zweckgesellschaften, Derivate, Hedgefonds und Private-Equity-Gesellschaften müssen aufgelöst oder streng reguliert werden. In diesem Sinne muss Banking wieder langweilig werden. Die Spekulation mit Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln wollen wir verbieten.

■ Mit einer demokratischen Kontrolle der Banken durch Vertreter von Beschäftigten, Gewerkschaften und öffentlicher Hand könnten die Ressourcen der Banken dazu genutzt werden, die Wirtschaft im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung zu lenken. Nur so können die Einlagen der Kleinsparer*innen geschützt und Gewerbetreibende mit günstigen Krediten versorgt werden. In den Kontrollgremien müssen auch Sozialverbände, Verbraucherschutz- und Umweltverbände und andere zivilgesellschaftliche Akteure vertreten sein.

■ Alle Menschen müssen einen Rechtsanspruch auf ein kostenfreies Girokonto erhalten. Dispozinsen wollen wir auf höchstens 5 Prozent oberhalb des Zinssatzes der Zentralbank begrenzen.

Finanzkriminalität stoppen!

Deutschland ist ein Paradies für Finanzkriminalität und Geldwäsche. Die großen privaten Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen sind zu mächtig – das zeigt der Wirecard-Skandal.

Bei den sogenannten Cum/Ex- und Cum-Cum-Geschäften ließen sich kriminelle Händler auf dem Finanzmarkt vom Staat Steuern erstatten, die nie bezahlt wurden. Ein Netzwerk aus Banken, Beratern, Anwälten und Investoren bereicherte sich so auf Kosten der Allgemeinheit. Der Schaden in den letzten zwanzig Jahren wird auf über 35 Milliarden Euro geschätzt. Cum/Ex- und Cum-Cum-Geschäfte verhindern: Steuerbetrug mit Cum/Ex-ähnlichen Aktiengeschäften muss endlich wirksam unterbunden werden. Deshalb brauchen wir einen automatisierten und datenbankgestützten Abgleich zwischen jenen, die Erstattung von Kapitalertragsteuern beantragen, und jenen, die tatsächlich Kapitalertragsteuern entrichtet haben.

Geldwäsche bekämpfen

■ Die Strafverfolgung muss verbessert werden. Ohne ein Strafrecht für Unternehmen kommen die großen Banken in Beihilfeverfahren oft glimpflich davon. Wir brauchen ein solches Unternehmensstrafrecht, um nicht nur einzelne Personen, sondern große Konzerne zur Verantwortung zu ziehen. Das erfordert wirksame Sanktionen und Verschärfungen im Kreditwesengesetz, um Banken bei wiederholter Beihilfe zu Straftaten die Lizenz zu entziehen.

■ Die Antigeldwäscheeinheit des Zolls (FIU) hat im Kampf gegen Geldwäsche versagt und verfügt nicht über kriminalistisch geschultes Personal. Wir brauchen eine stärkere Einbeziehung der Kriminalämter in die Analyse von Geldwäscheverdachtsmeldungen. Insbesondere der Immobilien- bzw. Nichtfinanzsektor sowie die neuen Fintech-Unternehmen, die Zahlungen im Internet abwickeln oder Kryptotechnologie nutzen, müssen besser beaufsichtigt werden.

Eigentumsstrukturen müssen aufgedeckt werden: Das 2017 eingeführte Transparenzregister zur zentralen Identifikation der Eigentümer von Firmen und Stiftungen enthält zu viele Schlupflöcher bei den Meldepflichten und ist nicht europäisch vernetzt. Wir brauchen ein Immobilienregister mit den wahren Eigentümern von Immobilien und Grundstücken.

Finanzaufsicht reformieren, finanziellen Verbraucherschutz stärken: Jede Geld- und Vermögensanlage sowie jedes Kreditgeschäft muss erfasst und durch ein laufendes materielles Prüfungsrecht (Produktaufsicht) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterstellt werden. Die BaFin muss durch mehr Personal mit Wirtschaftsprüferexamen zu einer eigenständigen Bilanzkontrolle befähigt werden.

Die Macht der großen Wirtschaftsprüfer (»Big Four«) brechen: Wirtschaftsprüfer dürfen nicht länger gleichzeitig prüfen und beraten. Das Haftungsprivileg der Wirtschaftsprüfer und die damit verbundene Haftungsgrenze von 4 Millionen Euro bei Aktiengesellschaften gehören abgeschafft. Wir brauchen ein Vieraugenprinzip (Joint Audits) sowie eine Poolfinanzierung der Wirtschaftsprüfer, damit nicht das zu prüfende Unternehmen die Prüfer direkt bezahlt. Wirtschaftsprüfer müssen alle drei bis fünf Jahre rotieren.

Finanz-TÜV einführen: In Zukunft sollen nur noch solche Finanztransaktionen und -instrumente erlaubt sein, die auch einen gesamtwirtschaftlichen und/oder gesellschaftlichen Nutzen stiften. Statt wie bisher alle Finanzpraktiken zuzulassen, die nicht ausdrücklich verboten sind, müssen Finanzinstrumente in Zukunft eine ausdrückliche Zulassung durch einen »Finanz-TÜV« erhalten, bevor sie in Umlauf gebracht werden dürfen.

Steueroasen trockenlegen

Durch Steueroasen und Steuertricks entziehen die Reichen und Konzerne der Allgemeinheit jedes Jahr Hunderte Milliarden Euro.

■ Geldströme werden oft über Briefkastenfirmen und andere Rechtskonstrukte verschleiert. Das wollen wir unmöglich machen. Transnationale Konzerne sollen dazu verpflichtet werden, ihre Kerndaten wie ihre Wertschöpfung, Umsätze, Gewinne und Steuerzahlungen länderweise offenzulegen.

■ Doppelbesteuerungsabkommen mit unkooperativen Staaten müssen sofort gekündigt und ihren Finanzinstituten muss die Lizenz in Deutschland entzogen werden. Durch eine Quellensteuer von 50 Prozent auf alle in nicht kooperative Staaten abfließenden Zahlungen, auf Dividenden, Zinsen und Lizenzabgaben von Unternehmen wollen wir Steuerflucht unattraktiv machen. Das ist auch im nationalen Alleingang sofort möglich. Die Beweislast muss bei den Unternehmen und Vermögenden liegen durch eine Anrechnung der Quellensteuer nur bei Offenlegung aller steuerrelevanten Informationen.

■ Wir wollen die Verlagerung von Konzerngewinnen ins Ausland bekämpfen: Bestehende Steuerbefreiungen für ins Ausland abfließende Kapitalerträge müssen abgeschafft werden. Steuervorteile für in einem Niedrigsteuerland erzielte Kapitalerträge wollen wir beseitigen: Die Steuerdifferenz muss in Deutschland erhoben werden.

■ Strafverfolgungsbehörden und Finanzämter müssen personell, technisch und vom gesetzlichen Rahmen her in die Lage versetzt werden, Steuerhinterziehung als Geschäftsmodell konsequent zu verfolgen. Jede*r Steuerfahnder*in bringt etwa 1 Million Euro mehr ein, als sie oder er kostet.

■ Banken, Wirtschaftsprüfer*innen und Kanzleien, die Beihilfe zur Steuerhinterziehung leisten, müssen empfindlich bestraft werden – bis hin zum Entzug der Bank- bzw. Geschäftslizenz. Nach dem Vorbild des US-amerikanischen Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) werden Finanzinstitute zur Weitergabe von steuerrelevanten Informationen verpflichtet.

Die Digitalisierung kann Chancen eröffnen für selbstbestimmtes Arbeiten und Leben, für neue Formen der Demokratie, die Alltag, Arbeit und Wirtschaft einschließen. Die Digitalstrategie der Bundesregierung ist jedoch eine milliardenschwere Subvention für private Konzerne. Die Unternehmerverbände trommeln für weitere »Flexibilisierung der Arbeit«, für den Zwölfstundentag. Sie nutzen das Schlagwort »Digitalisierung« für die Aushöhlung von Rechten der Beschäftigten und als Gelegenheit, Gelder für öffentliche Dienstleistungen in ihre privaten auf ihre privaten Konten umzulenken. Auf dem neoliberalen Weg wird Digitalisierung zu mehr prekärer Arbeit führen, die soziale Spaltung vertiefen, werden Überwachungstechnologien und wachsende Konzernmacht die Demokratie weiter aushöhlen. Wir wollen die Gestaltung der Digitalisierung den Profitinteressen der Konzerne entziehen, um Wohlstandsgewinn für alle Menschen zu nutzen. Wem die Digitalisierung nutzt, wird jetzt entschieden.

Beschäftigte und ihre Rechte stärken

Im Betrieb genutzte Digitaltechnologien und digitalisierte Arbeitsprozesse müssen den Beschäftigten zugutekommen. Richtig eingesetzt, können Sie die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben fördern und mehr Freiheit bei der Wahl von Arbeitsort und Arbeitszeit schaffen. Das ist einem Vorgehen entgegenzusetzen, bei dem Unternehmen in digitale Arbeitsabläufe investieren, um sich Gewinnmöglichkeiten zu sichern, den Arbeitsdruck zu erhöhen und Arbeit zu verdichten. In dieser Logik ermöglicht die Arbeit in digitalen Umgebungen eine umfassende Leistungs- und Verhaltenssteuerung. Digitale Plattformen werden genutzt, um Arbeitsrechte auszuhebeln. Dass das auch anders geht, zeigen unsere Forderungen und Ziele.

■ Die Arbeitszeit in Vollzeit wollen wir auf dreißig Stunden pro Woche mit vollem Lohn- und notwendigem Personalausgleich verkürzen. Dabei unterstützen wir die Gewerkschaften in ihrem Kampf (vgl. Kapitel »Gute Arbeit«).

■ Das Mitbestimmungsrecht von Betriebs- und Personalräten muss bei der Einführung von Digitaltechnologien und digitalen Arbeitsprozessen gestärkt und erweitert werden, damit Betriebs- und Dienstvereinbarungen im Interesse der Beschäftigten getroffen werden können. Betriebs- und Personalräte müssen über Personalbemessung, Leistungsanforderungen und Weiterbildungsbedarf mitbestimmen können und Initiativrecht erhalten. Die Auslagerungsmöglichkeit auf Subunternehmen muss eng begrenzt werden und an die Fortgeltung der bestehenden Tarifverträge gebunden werden (vgl. Kapitel »Gute Arbeit«).

Über Plattformen Beschäftigten müssen die vollen Arbeits- und Mitbestimmungsrechte sowie Sozialversicherungsschutz zustehen. Das betrifft auch die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sowie die Pflicht der Arbeitgeber*innen, die Arbeitsgeräte zu stellen. Der Betriebsbegriff muss angepasst und die Beschäftigteneigenschaft klargestellt werden. Beschäftigte müssen das Recht haben, für mehrere Plattformen gleichzeitig zu arbeiten. Gewerkschaften brauchen ein digitales Zugangsrecht zu Betrieben, insbesondere wenn sie über digitale Plattformen organisiert sind.

■ Wir brauchen ein Beschäftigtendatenschutzgesetz, das die Verwertung der im Arbeitsprozess digital anfallenden personenbezogenen Daten sowie die Überwachung von Beschäftigten verbietet und Verstöße hart sanktioniert.

■ Wir wollen die Rechte von Beschäftigten bei mobilem Arbeiten stärken (vgl. Kapitel »Gute Arbeit«)

Macht der Internetkonzerne und Plattformen begrenzen

Technologische, wirtschaftliche und politische Macht ist extrem konzentriert in den Händen einiger weniger Digitalkonzerne. Die »Big Five«, Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft vereinen enormes Vermögen, Markt- und Monopolmacht: über 6,4 Billionen US-Dollar (Juli 2020).

In der Pandemie haben sie ihre Profite weiter gesteigert.

Wir brauchen ein Kartellrecht, das auch online scharfe Zähne hat: Monopole müssen zerschlagen werden. Wir setzen auf commonsbasierte öffentliche Alternativen. Nur so haben alternative Plattformen eine Überlebensmöglichkeit und können für viele Menschen attraktiv werden. Auf europäischer Ebene setzen wir uns für Richtlinien und Vorgaben zur Entflechtung marktbeherrschender Monopole ein. Es darf nicht den Profitinteressen dieser Konzerne überlassen bleiben, über Inhalte und Zugang zum Internet zu entscheiden.

Digitalkonzerne müssen in den Ländern Steuern zahlen, in denen sie wirtschaftlich aktiv sind. Dazu fordern wir eine stärkere Quellenbesteuerung der Gewinne am Ort der Umsätze und die Einschränkung der Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben (zum Beispiel Lizenzgebühren), die einzig der Gewinnverlagerung dienen. Das Konzept der virtuellen Betriebsstätte muss auch im Steuerrecht verankert werden.

■ Wir wollen Plattformgenossenschaften und öffentlich-rechtlich betriebene Plattformen als Alternativen fördern. Durch ein Plattformstrukturgesetz wollen wir Selbstbegünstigung der IT-Unternehmen verbieten, Datenschutz sicherstellen und die Interoperabilität und Portabilität der Nutzerdaten sanktionsbewehrt garantieren. Alle kommerziellen Dienste und Softwarehersteller müssen verpflichtet werden, den Import und Export aller persönlichen Inhalte in offenen Formaten anzubieten. Diese Hersteller müssen auch verpflichtet werden, auf ihren Plattformen die Nutzung auf ihre privaten Konten mit ihren Diensten konkurrierenden Angeboten zu ermöglichen.

■ Kommerzielle Softwarehersteller müssen verpflichtet werden, alle gängigen und insbesondere freie Betriebssysteme und Plattformen zu unterstützen, um fairen Wettbewerb zwischen Betriebssystemen zu ermöglichen und Nutzer*innen die freie Wahl zwischen Betriebssystemen zu lassen. Auch kommerzielle Software muss ihren Quellcode mitliefern.

■ Plattformen wie Airbnb müssen verpflichtet werden, ihre Daten mit öffentlichen Behörden zu teilen. Wettbewerber sollen ein Zugriffsrecht auf Daten von Plattformen bekommen, die auf Datenmonopolen basieren. Das kann über Treuhänder organisiert werden. Airbnb wollen wir durch eine gemeinwohlorientierte Alternative für rein privaten Wohnungstausch ersetzen (vgl. Kapitel »Keine Profite mit der Miete«).

■ Den Einsatz von Uploadfiltern und Netzsperren lehnen wir ab. Plattformbetreiber dürfen weder verpflichtet werden, ohne richterlichen Beschluss Inhalte zu löschen, noch dürfen große Plattformen sich ihr eigenes Parallelrecht ohne öffentliche Kontrolle schaffen. Gegen Desinformation brauchen wir eine stärkere Medienbildung statt Zensur.

Digitale Infrastruktur für alle ausbauen

Die profitorientierten Mobilfunkbetreiber haben kein Interesse an einem flächendeckenden Netzausbau. Zahlreiche Menschen leben immer noch in Regionen mit schlechtem Internet. Der Netzausbau muss am Ziel zuverlässiger Versorgung und am Gemeinwohl orientiert erfolgen. Dazu müssen die Breitband- und Mobilfunknetze in öffentliche Hand.

■ Wir fördern den Glasfaserausbau mit Investitionen von 10 Milliarden Euro jährlich in ganz Deutschland. Die Kommunen sollen die Netze dauerhaft in öffentlicher Hand betreiben können. Alle Wohnungen sollen Glasfaseranschluss (FFTH) erhalten. Wir wollen ein einheitliches Mobilfunknetz aus einer Hand, das eine Abdeckung der gesamten Fläche sichert. Ein einziges Netz ist kostengünstiger als parallele Netze und mindert die Strahlenbelastung. Die Konkurrenz der Anbieter führt zu unnötigen Mehrfachstrukturen und an vielen Stellen zu gar keinem Netz. Netzausbau und -betrieb sollen deswegen durch die öffentliche Hand erfolgen. Das sichert eine flächendeckend gute Netzqualität sowie die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Eine bundeseigene Gesellschaft betreibt das öffentliche Mobilfunknetz. Die Telekommunikationsunternehmen können ihre Dienstleistungen über das öffentliche Netz anbieten.

DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass alle Menschen digitale und andere öffentliche Dienstleistungen nutzen können, unabhängig vom Geldbeutel. Internet muss zur Grundversorgung zählen. Telefonanschluss und Internet dürfen (wie Strom und Wasser) nicht abgestellt werden, auch nicht bei Zahlungsrückstand.

■ Die Kosten dafür müssen in der Mindestsicherung berücksichtigt werden, ebenso für die Endgeräte.

■ Jedes Kind braucht von der Schule ein kostenfreies Leihgerät für die gesamte Schulzeit. Die Leihgeräte sind mit quelloffenen Betriebssystemen und freier Software sowie jugendgerecht auszustatten (vgl. Kapitel »Eine Schule für alle«).

■ Wir wollen wohnortnahe soziale Zentren in den Dörfern schaffen, die als Orte der Begegnung dienen und grundlegende Dienstleistungen wie Post, Bank und öffentlichen Internetzugang anbieten.

■ Die öffentliche Hand einschließlich öffentlicher Unternehmen soll Ende-zu-Ende verschlüsselte Kommunikationswege via E-Mail und Chat bereitstellen, die anbieterunabhängig betrieben und dezentral genutzt werden können.

■ Es muss immer auch nichtdigitale Arten geben, eine Karte fürs Schwimmbad und einen Termin beim Amt etc. zu bekommen, um sicherzustellen, dass niemand ausgeschlossen wird. Digitale Angebote dürfen nicht zum Personalabbau im öffentlichen Dienst genutzt werden.

■ Netzneutralität muss grundgesetzlich gesichert werden.

Digitale Infrastruktur für alle barrierefrei ausbauen

Die beschleunigte Digitalisierung der Gesellschaft und die damit in Zusammenhang stehende wachsende mediale Abhängigkeit von profitorientierten Unternehmen bergen hohe Risiken für das gleichberechtigte Zusammenleben der Menschen. Immer mehr Menschen werden ausgegrenzt – Menschen mit Behinderung, alte Menschen und Menschen – darunter viele Kinder und Jugendliche – aus armen Verhältnissen. DIE LINKE macht sich gegen den immer stärkeren Trend stark, Menschen auszugrenzen, und will stattdessen Chancen nutzen, die digitalen Beteiligungsmöglichkeiten in allen Lebensbereichen zu erhöhen.

Allerdings gibt es vielfältige Barrieren, die es Anwender*innen erschweren oder gar unmöglich machen, das Internet, digitale Systeme und Software umfassend zu nutzen. Gerade in den letzten Monaten ist ein deutliches Ungleichgewicht bei der Sicherstellung des alltäglichen Lebens deutlich geworden, vor allem bei der Gesundheitsversorgung, der Teilhabe an digitaler Bildung, Arbeit, im sozialen Leben und bei politischer Partizipation sowie bei der Befriedigung elementarer Grundbedürfnisse, zum Beispiel bei der Erledigung von Bankgeschäften, beim Onlineeinkauf oder bei der Nutzung von Mobiltelefonen.

DIE LINKE will die digitalen Beteiligungsmöglichkeiten der Menschen in allen Lebensbereichen erhöhen, um der zunehmenden Ausgrenzung insbesondere von Menschen mit Behinderung, alten Menschen sowie Menschen aus armen Verhältnissen entgegenzuwirken. Dazu braucht es inklusive digitale Formate und die ausreichende Bereitstellung der dafür benötigten finanziellen Mittel, um den gleichberechtigten und chancengerechten Zugang zu Produkten und Dienstleistungen für alle sicherzustellen.

Datensicherheit und Datenschutz

Wenn künftig Autos, Kühlschränke und Stromzähler digital gesteuert und ans Internet angeschlossen sein sollen, muss schon bei der Herstellung ausgeschlossen werden, dass Unberechtigte sich Zugriff zu diesen Systemen, den Daten der Nutzer*innen und die Kontrolle über diese Geräte verschaffen können. Dies betrifft besonders IT- und IoT-Geräte in Haushalten und kleinen Betrieben. Die Verantwortung für Sicherheit der Daten muss »by Design« gewährleistet sein und darf nicht auf die Nutzenden abgeschoben werden. Wir müssen darauf vertrauen können, dass unser Onlinebanking, unsere elektronische Krankenakte, unsere Daten bei allen Ämtern sicher sind und nicht in falsche Hände geraten. Anbieter der Technologien müssen die Sicherheit wirksam gewährleisten.

■ Die Haftung der Hersteller für IT-Sicherheit muss ausgeweitet werden. Wir brauchen gesetzliche Vorgaben zur Produktlebensdauer, die den verpflichtenden Support und Sicherheitsupdates für diese Zeit vorsehen. Per Verordnung muss Security by Design und by Default vorgeschrieben werden. Das sollte auf europäischer Ebene als Regelung für den Binnenmarkt umgesetzt werden. Eine Sicherheitszertifizierung muss obligatorisch für den Marktzugang werden.

■ Der Aufkauf von Informationen über und Beauftragung von Sicherheitslücken in IT-Systemen durch Geheimdienste muss verboten und unterbunden werden. Sie gefährden die Datensicherheit für alle, da diese Sicherheitslücken nicht nur vom Staat, sondern auch von Kriminellen ausgenutzt werden. Es muss eine Verpflichtung zur Meldung von Sicherheitslücken geben. Forschung zur IT-Sicherheit muss stärker gefördert werden und darf nicht kriminalisiert werden.

■ Im Bereich der Abwehr von Angriffen auf die IT-Sicherheit haben Bundeswehr und Geheimdienste nichts zu suchen, stattdessen werden wir die Unabhängigkeit des Bundesamts für die Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) stärken und dessen Beratungs- und Hilfsangebote ausbauen.

■ Wir setzen uns gegen die Bestrebungen der EU-Kommission ein, Ende-zu-Ende-Verschlüsselung zu kriminalisieren. Die Möglichkeit der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist essenzieller Bestandteil des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung.

■ Wir wollen Entwicklung und Betrieb von Open-Source-Betriebssystemen und Anwendungen staatlich fördern, um die Nachvollziehbarkeit, Kontrolle und Verbesserung der Systeme zu ermöglichen. Die Möglichkeit der Überprüfung hilft, Fehler zu finden und auszubessern, auch ehrenamtlich und nicht nur über Verträge und Geldfluss mit Softwarefirmen. Mit der Förderung von Open-Source-Technologien lässt sich auch die Entwicklung von Privacy-by-Design-Standards verbinden. Öffentliche Stellen müssen zur Anwendung von Open-Source-Technologie verpflichtet werden, um die vollständige Kontrolle der Behörden und der Gesellschaft über die eingesetzte Technologie zu gewährleisten. Der Bund soll Geld zur Verfügung stellen, um auch die Instandhaltung von freien Betriebssystemen zu unterstützen. Die Interessen von Nutzer*innen und Beschäftigten am Schutz ihrer Daten und Persönlichkeitsrechte bei der Nutzung digitaler Systeme müssen gegenüber dem Interesse von Unternehmen, durch Aus- und Verwertung möglichst großer Datenmengen neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, verteidigt werden.

■ Die Nutzung öffentlich zugänglicher Angebote muss möglich sein, ohne dass die dabei entstehenden Daten wirtschaftlich verwertet werden, wie derzeit durch Tracking, Profilbildung und personalisierte Werbung. Geschäftsbedingungen müssen allgemeinverständlich sein und die Möglichkeit beinhalten, die Weiterverwendung der anfallenden Daten auszuschließen. Den Geschäftsbedingungen muss eine vereinfachte und barrierefreie Fassung beigefügt sein.

■ Die Datenschutzgrundverordnung muss gefestigt und erweitert werden. Unternehmen, die gegen Datenschutzauflagen verstoßen, sind konsequent zu sanktionieren. Dazu gehört eine Stärkung der Datenschutzbehörden.

■ Es muss möglich sein, Daten zwischen verschiedenen sozialen Netzwerken zu teilen. Wir wollen eine Wahlfreiheit durch Interoperabilität und Datenportabilität zwischen den Diensten. Das darf nicht zulasten von Sicherheitsstandards gehen.

■ Verträge müssen auf die gleiche Art kündbar sein, in der sie abgeschlossen wurden.

Grundrechte schützen

DIE LINKE steht für eine lebendige Demokratie. Die digitalen technischen Möglichkeiten dürfen nicht zur Überwachung der Bürger*innen und zur Einschränkung der Demokratie genutzt werden.

Videoüberwachung im öffentlichen Raum muss beendet werden. Automatisierte Gesichtserkennung wollen wir verbieten. Wir brauchen stattdessen mehr Personal im öffentlichen Raum und auf Bahnhöfen, das Unterstützung, Auskunft und Hilfe bieten kann. Eine Kamera verhindert keine Gewalt und leistet keine Hilfe.

■ Wir lehnen die anlasslose Vorhaltung und zentrale Speicherung von biometrischen Daten wie Fotos von Gesichtern und Fingerabdrücken ab. Entsprechende Speicherungen in Registern und in Ausweisdokumenten wollen wir rückgängig machen.

Quellen Telekommunikationsüberwachung und Onlinedurchsuchung (Staatstrojaner) müssen verboten werden. Wir wollen das Recht auf Privatsphäre, sichere Kommunikation und Verschlüsselung gesetzlich verankern. Spyware aller Art muss verboten werden.

■ Die Vorratsdatenspeicherung von IP-Verbindungen, Mobilfunkverbindungen und -standorten muss verboten werden. Eine Ausweispflicht für E-Mail-, Messengerdienste und Ähnliches lehnen wir ab.

■ Den Export von Überwachungstechnologie und den Einsatz autonomer Waffensysteme und bewaffneter Drohnen wollen wir verbieten.

■ Die behördliche Speicherung personenbezogener Daten muss auch für Geflüchtete der Verhältnismäßigkeit und dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung entsprechen. Das Ausländerzentralregister ist zum Instrument der Totalerfassung geworden, das Zugriff auf nahezu sämtliche persönliche Daten zahlreicher Behörden erlaubt. Mobiltelefone Schutzsuchender werden für Asylentscheidungen systematisch ausgelesen und analysiert. Das schafft gefährliche Präzedenzfälle und bedroht die Grundrechte aller Menschen.

Digitale Gewalt im Netz muss juristisch anerkannt und verfolgt werden. Dazu muss auch Kompetenz in den Strafverfolgungsbehörden aufgebaut werden. Das betrifft besonders digitale Gewalt gegen Frauen, Kinder/Jugendliche und Angehörige von Minderheiten.

■ Die Impressumspflicht wollen wir überarbeiten, um die Privatsphäre von Websitebetreiber*innen zu sichern.

■ Das Fernmeldegeheimnis und der Schutz gespeicherter Daten muss auch für Jugendliche gelten: Eltern dürfen sich zu offensichtlich geschützten Daten keinen Zugang verschaffen. Apps zur Überwachung beispielsweise des Standorts lehnen wir ab.

■ Nicht kommerzielle Vervielfältigung und Nutzung urheberrechtlich geschützten Materials darf nicht kriminalisiert werden.

■ Ein modernes Urheberrecht muss den neuen Nutzungsmöglichkeiten im Netz gerecht werden und gleichzeitig den Urheber*innen den Rücken stärken (vgl. Kapitel »Kultur«). Für eine gerechte Vergütung müssen keine Nutzer*innenrechte eingeschränkt werden. Wir werden uns auch auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass Alltagsnutzungen flexibler erlaubt werden. Leistungsschutzrecht und Datenbankschutzrecht sollen für Presseverlage abgeschafft werden.

■ Der Einsatz sogenannter künstlicher Intelligenz (KI) muss gesetzlich reguliert werden, um gemeinwohlorientierte Anwendung sicherzustellen.

■ Sämtliche für Entscheidungen eingesetzte Algorithmen müssen von unabhängigen Stellen auf Diskriminierungsfreiheit geprüft werden. Wir wollen ethische Richtlinien für die Schaffung von Algorithmen.

■ Bei Anwendung von KI auf personenbezogene Daten müssen demokratische Gestaltungsmöglichkeiten, weitgehender Datenschutz und freie Meinungsbildung in digitalen Medien gewährleistet sein. KI muss hierbei sozialer Spaltung, Monopolisierungstendenzen in der Wirtschaft durch wenige Technologiekonzerne und Überwachung entgegenwirken. Auf dieser Grundlage sollen Potenzial und Regulierungsansätze von KI weiter erforscht und genutzt werden. Entscheidungen beispielsweise über Sozialleistungsansprüche, Kreditwürdigkeit oder Prognosen über Straffälligkeit sind deshalb bis auf Weiteres abzulehnen.

Wir wollen Whistleblower schützen. Personen und Strukturen, die Missstände und Verbrechen in der Wirtschaft und in demokratischen Institutionen öffentlich machen, sind für eine Demokratie lebensnotwendig.

Digitale Zahlungssysteme regulieren

Internetkonzerne entwickeln für ihre Hard- und Softwareprodukte eigene Bezahlsysteme (zum Beispiel ApplePay, AmazonPay, PayPal) oder denken über die Etablierung eigener Parallelwährungen nach (beispielsweise Facebooks Pläne für die Komplementärwährung Diem).

■ Digitale Zahlungen ermöglichen die Erstellung von persönlichen Profilen und Rückschlüsse auf sensible persönliche Informationen. Deshalb wollen wir das Recht auf Bargeldzahlung unterhalb von Obergrenzen zur Verhinderung von Geldwäsche gesetzlich verankern. Digitales Bezahlen muss mindestens bei kleineren Beträgen auch anonym möglich sein.

■ Den Datenschutz bei digitalen Zahlungsdiensten regulieren wir streng. Wir setzen eine strikte Trennung zwischen Bezahl- und anderen Diensten der Konzerne durch.

■ Geld und Währung müssen Teil staatlicher Souveränität bleiben, eine schleichende Privatisierung lehnen wir ab. Innovative Finanztechnologieunternehmen (Fintech) bzw. ihre Plattformen müssen mit ihren Finanzdienstleistungen denselben Regeln und Gesetzen unterworfen sein, wie sie heute für konventionelle Finanzdienstleister (zum Beispiel Banken und Versicherungen) gelten.

Öffentliche Verwaltung demokratisch und digital

Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung erleichtert neue Beteiligungsformate für demokratische Entscheidungen, transparente Entscheidungen und schnellere Bearbeitung von Bürgeranliegen. Das darf aber nicht dazu führen, dass die Abhängikeit von externen Dienstleistern und der Einsatz externer »Berater« noch zunimmt. Vielmehr brauchen die öffentlichen Verwaltungen ausreichend kompetentes Personal, um die digitalen Systeme zu warten, Bürger*innen bei der Benutzung zu unterstützen und die persönliche Ansprechbarkeit für alle Anliegen sicherzustellen.

■ Wir wollen neue digitale Beteiligungsformate für demokratische Entscheidungen entwickeln.

■ Das Informationsfreiheitsgesetz wollen wir zu einem Transparenzgesetz ausbauen. Mit öffentlichen Mitteln erstellte Informationen müssen im Sinne von Open Data kostenlos öffentlich zugänglich sein. Insbesondere sollten Daten, die demokratische Kontrolle ermöglichen, wie Verträge für steuerfinanzierte Aufträge, Plenarprotokolle und Dokumente, maschinenlesbar und mit offenen Schnittstellen automatisiert abrufbar sein. Im Rahmen kommerzieller Smart-City-Projekte gesammelte Daten müssen der Allgemeinheit kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

■ In der öffentlichen Verwaltung müssen freie Software und offene Datenformate eingesetzt werden. Das dient sowohl der Datensicherheit als auch dem Schutz öffentlicher und demokratischer Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit. Das Vergaberecht muss entsprechend angepasst werden. Durch öffentliche Gelder finanzierte Software muss als freie Software veröffentlicht werden und zur Wiederverwendung in anderen Städten und Verwaltungen sowie durch die Allgemeinheit zur Verfügung stehen. Ebenso sollte das für öffentlich finanzierte Hardware und andere Technologien gelten: Sie werden öffentlich dokumentiert und kommen damit auch anderen Anwendungsfeldern zugute.

■ Öffentliches WLAN in den Kommunen und öffentlichen Gebäuden wollen wir durch Freifunk ausbauen, statt durch kommerzielle Anbieter.

■ Öffentliche Verwaltungen und Meldeämter dürfen keine persönlichen Daten von Menschen ohne deren ausdrückliche Zustimmung an Dritte weitergeben.

Schule und Lernen digital unterstützen

Digitale Anwendungen können sowohl bei z.B. Erstellen des Schulbetriebs, wie der Organisation von Stundenplänen oder Abhalten von Fernunterricht, als auch beim Lernen selbst helfen. Allerdings können und sollen die besten Programme keine Lehrpersonen ersetzen, sondern sie und ihre Schüler*innen beim Lernen unterstützen. Die Anwendung von Lernsoftware muss deshalb immer in ein pädagogisches Konzept eingebettet sein. Gesundheitliche und lernpsychologische Aspekte sind dabei zu berücksichtigen. Die Auseinandersetzung mit verbreiteten Technologien ist darüber hinaus ein wichtiger Teil des Erlernens gesellschaftlicher Handlungsfähigkeit. Digitalisierung in der Bildung darf jedoch nicht zum Einfallstor der Profitinteressen von Unternehmen werden (vgl. Kapitel »Gute Bildung«).

Die Lehr- und Lernmittelfreiheit muss an allen Schulen auch für digitale Geräte sichergestellt sein. In den Schulen muss eine ausreichende Netzwerkinfrastruktur geschaffen werden.

■ Die Lehrer*innen müssen fortgebildet werden in der Benutzung dieser Technologien und in Datenschutz- und Datensicherheitsfragen. Sie müssen die Technik anwenden und verstehen können, um sie mit den Schüler*innen zu benutzen und sie ihnen erklären zu können. Die sichere Nutzung und Bedienung digitaler Lehr- und Lernmittel sowie digitaler Konzepte muss zwingend Bestandteil der Lehrer*innenausbildung sein. Sie muss entsprechend umgestaltet werden.

Keinesfalls darf Lernsoftware als Ersatz für fehlendes Lehrpersonal eingesetzt werden. Der Einsatz von Digitaltechnologie in Schulen erfordert einen höheren Personalschlüssel für die Betreuung der Schüler*innen wie der Software und Geräte. Dafür müssen zusätzliche Lehrer*innen und Fachpersonal für die Technik eingestellt werden.

■ Bildungspläne, Unterrichtskonzeptionen und Medieneinsatz müssen vom Menschen, von Lernprozessen und von den konkreten Fächern her konzipiert werden. Medien und Digitaltechnik sind Hilfsmittel im Unterricht und kein Selbstzweck. Die Frage ist nicht, was man mit der neuesten Digitaltechnik alles machen kann, sondern was die Lehrkraft an medialer und technischer Unterstützung braucht.

■ Eingesetzte Lernsoftware darf keine personenbezogenen Daten der Schüler*innen (wie Lernfortschritte) außerhalb der Schule speichern. Sämtliche erhobenen Daten müssen transparent und für alle nachweislich auf den Geräten verbleiben oder im Rahmen der Schule gespeichert werden. Aus den von eingesetzter Lernsoftware gespeicherten Daten dürfen keine Prognosen zum Lernerfolg oder der weiteren schulischen Entwicklung erstellt werden. Die Datenspeicherung muss datenschutzkonform und dezentral erfolgen. Schüler*innen haben darüber hinaus ein »Recht auf Vergessenwerden«, zumal es sich um Minderjährige und Heranwachsende handelt. Die Erhebung von biometrischen Daten von Lernenden sowie KI-basierte Prognosesysteme, die Lernerfolge voraussagen, lehnen wir ab.

■ Die Abhängigkeit von bestimmten IT-Unternehmen und Produkten muss von vornherein vermieden werden. Die verwendete Software soll den Standards quelloffener freier Software entsprechen. Lernprogramme müssen öffentlich erstellt, verwaltet und gewartet werden. Sogenannte Open Educational Resources (OER), das heißt freie Lehr- und Lernmaterialien mit einer offenen Lizenz, sind stets vorzuziehen.

■ Technikfolgenabschätzung in der Bildungsforschung muss gefördert werden, um Erfahrungen, Chancen und Risiken beim Lernen mit digitalen Technologien offenzulegen.

■ Die Medien- und Datenschutzkompetenz der Kinder und Jugendlichen muss möglichst früh gefördert werden.

Auch in der Erwachsenenbildung muss der digitale Kompetenzaufbau gefördert werden. Digitale Bildung sollte vorrangig über freie Bildungsmaterialen (OER) erfolgen, die gemeinsam weiterentwickelt, geteilt und weiterverwendet werden können. Das schließt Open Hardware ein. In der Wissenschaft wollen wir Open Access für Forschungsergebnisse standardmäßig durchsetzen. Was mit öffentlichen Geldern gefördert wurde, muss der Öffentlichkeit kostenfrei zur Verfügung stehen.

Digitalisierung im Gesundheitswesen

Den Einsatz digitaler Anwendungen und Methoden zur bloßen Kostenreduzierung unter Inkaufnahme der Verschlechterung der medizinischen Versorgung lehnen wir ab. Der Schwerpunkt muss auf einer sinnvollen, die Pflegekräfte entlastenden Digitalisierung liegen. Staatliche Gelder sollen zuerst in die Bekämpfung des Pflegenotstands und die Verbesserung der Gesundheitsinfrastruktur fließen, statt sie für die Subventionierung von IT-Konzernen zu nutzen.

■ Ein Umlegen der Kosten von digitalen Anwendungen auf die Bewohner*innen von Pflegeeinrichtungen lehnen wir ab. Nur ein radikaler Richtungswechsel bei der Finanzierung von Gesundheit und Pflege durch eine Pflegevollversicherung verhindert, dass die Digitalisierung für einen Stellenabbau genutzt wird.

■ Krankenkassen dürfen die von den Versicherten eingezahlten Rücklagen nicht für die Spekulation auf Erfolge von IT-Konzernen nutzen!

■ Für E-Health-Anwendungen brauchen wir evidenzbasierte Bewertungsverfahren analog zu anderen medizinischen Behandlungsmethoden. Routinedaten der Krankenkassen, Registerdaten oder andere Daten, die direkt im Behandlungsalltag anfallen (Real World Data) sind dafür nicht geeignet. Für Gesundheits-Apps braucht es eine Zertifizierung nach staatlichen Vorgaben.

■ Die informationelle Selbstbestimmung von Patient*innen und Versicherten muss jederzeit gewahrt werden. Die Weitergabe der sensiblen Daten darf nur erfolgen, wenn eine Zustimmung entsprechend der DSGVO vorliegt.

■ Daten, die mit der elektronischen Gesundheitskarte erhoben werden, dürfen nicht zentral gespeichert oder für wirtschaftliche Zwecke missbraucht werden. Die Erlaubnis zur Einsicht Dritter muss entsprechend der DSGVO vorliegen.

■ Digitale Gesundheitstechnologien sollen barrierefrei gestaltet und allen Menschen diskriminierungsfrei zugänglich sein, dies geht Hand in Hand mit angemessenen Weiterbildungs- und Informationsmöglichkeiten für die Versicherten, Patient*innen und Heilmittelerbringer*innen. Die Mitsprache der betroffenen Menschen mit Pflegebedarf, einschließlich eines Vetorechts für zum Beispiel den Robotereinsatz, ist zu definieren.

■ Möglichkeiten zu Onlinesprechstunden, gerade im ländlichen Raum, sollten als Ergänzungsangebot ausgebaut werden.

ÖPNV für alle durch Digitalisierung verbessern

Die Auto- und IT-Konzerne sind dabei, sich mit digitalen Mobilitätsangeboten neue Profitquellen zu erschließen. Sie wollen ihre Angebote als Teil des ÖPNV definieren und Gelder für den öffentlichen Nahverkehr in ihre Kassen umleiten. Dabei kann der öffentliche Verkehr durch eine digitale Verkehrssteuerung attraktiver werden. Die Übersicht und Buchbarkeit aller Verkehrsangebote in einer App sind überfällig. Der Einsatz geteilter Kleinfahrzeuge (Ridesharing) kann eine sinnvolle Ergänzung des öffentlichen Nahverkehrs sein.

Wirklicher Klimaschutz im Verkehr lässt sich nicht mit digitalen Pkw-Flotten erreichen. Entscheidend ist der Wille, öffentliche Mobilität für alle verfügbar zu machen und aus Steuermitteln so zu finanzieren, dass es nicht auf den Geldbeutel des Einzelnen ankommt, ob ökologische Alternativen erschwinglich sind. Und dass Kommunen nicht aufgrund leerer Kassen auf profitorientierte Angebote der Konzerne zurückgreifen müssen.

■ Wir setzen uns ein für eine öffentliche Mobilitätsplattform, auf der alle Angebote aus allen Verkehrsverbünden sichtbar und buchbar sind. Perspektivisch muss diese Plattform alle europäischen Regionen einbeziehen.

Die dabei anfallenden Daten dürfen nur aggregiert öffentlich gemacht werden. Keinesfalls dürfen anonymisierte Daten der Nutzer*innen öffentlich gemacht werden, da auch anonymisierte Bewegungsprofile Rückschlüsse auf konkrete Personen erlauben. Die Pflicht zur Bereitstellung von aggregierten Verkehrsdaten betrifft selbstverständlich auch alle privaten Anbieter von Verkehrsdienstleistungen.

■ Die Zugänglichkeit zu allen Verkehrsangeboten auch ohne Smartphone und App muss möglich bleiben, um nicht Menschen auszuschließen, die Smartphones und Computer nicht nutzen können oder möchten. In zu regelmäßigen Zeiten verkehrende Straßenbahnen und Busse können auch Kinder und Menschen mit Behinderung selbstständig einsteigen. Das muss auch in einer digitalisierten Verkehrswelt erhalten bleiben.

■ Preissysteme, die im ÖPNV nach gefahrenen Kilometern und Tageszeit abrechnen, lehnen wir ab. Sie ermöglichen gewinnorientierten und (teil)privaten Anbietern höhere Profite, aber machen die Nutzung für die meisten Menschen teurer. Auch die sogenannte letzte Meile muss im ÖPNV-Ticket inbegriffen sein. Ticketpreise müssen sinken, perspektivisch für alle kostenlos sein.

■ Bei Ausschreibungen bzw. Vergabe öffentlichen Verkehrs an private Anbieter sind zwingend geltende Tarifverträge einzuhalten, um gute Arbeitsbedingungen zu sichern. DIE LINKE setzt sich für bundesweit gültige Flächentarifverträge im Nahverkehr ein.

■ Soweit selbstfahrende Fahrzeuge eingesetzt werden, muss die Begleitung durch menschliches Personal zwingend sichergestellt werden, das in Notsituationen unmittelbar Hilfe leisten kann und Menschen mit Behinderung beim Besteigen und Verlassen des Fahrzeugs helfen kann. Wir brauchen auch endlich wieder Personal auf allen Bahnhöfen. Kameras und Informationssäulen bieten keine Unterstützung und keinen Schutz in Notfällen!

Nachhaltige Digitalisierung: ökologisch und sozial

Die ökologischen Kosten neuer Anwendungen müssen gegen den gesellschaftlichen Nutzen abgewogen werden. Die Digitalisierung erfordert einen hohen Energie- und Ressourcenverbrauch für Rechenzentren und Endgeräte. Das betrifft sowohl den benötigten Strom als auch die erforderlichen Rohstoffe. Zudem sind die Arbeitsbedingungen in vielen Ländern im Rohstoffabbau, bei der Herstellung der Geräte und auch im IT-Service oft schlecht. Viele neue Technologien sind zwar energieeffizient, doch werden die Einsparungen durch größere Endgeräte, höhere Auflösung, stärkere Nutzung und kürzere Lebensdauer der Geräte wieder aufgefressen. Durch diesen »Reboundeffekt« steigen sowohl der Rohstoffbedarf als auch der Stromverbrauch deutlich. Soll dieser zunehmende Stromverbrauch ökologisch erzeugt werden, um das Klima nicht weiter zu schädigen, werden umso mehr Windkraftanlagen, Solarfelder und Wasserkraftwerke gebaut werden müssen – die ihrerseits Flächen, Material, seltene Metalle und Energie für ihre Herstellung verbrauchen. Ein zunehmender Bedarf an Rohstoffen, die aus anderen Ländern kommen, erhöht in einer kapitalistischen Welt auch die Kriegsgefahr. DIE LINKE setzt sich deshalb für eine gesellschaftliche Diskussion darüber ein, in welchen Bereichen wir digitale Anwendungen nutzen wollen, und wo das im Sinne des Umweltschutzes, des Schutzes der Arbeits- und Menschenrechte sowie im Rahmen einer international gerechten Handelspolitik neu geregelt werden muss.

■ Für die öffentliche Beschaffung müssen strenge sozialökologische Vorgaben gelten in Bezug auf Arbeits- und Umweltschutz in den Herstellerländern, Langlebigkeit und Reparierbarkeit. Unternehmen, die gegen ihre Sorgfaltspflicht in der Lieferkette verstoßen, müssen von öffentlichen Aufträgen und der Außenwirtschaftsförderung ausgeschlossen werden (vgl. Abschnitt »Lieferkettengesetz« im Kapitel »Global gerecht«).

■ Für digitale Endgeräte brauchen wir gesetzliche Vorgaben zu Mindestlebensdauer, Energieeffizienz, modularem Aufbau, Reparierbarkeit durch Nutzer*innen und Werkstätten sowie verpflichtenden Software-Updates und zur Ersatzteilverfügbarkeit (vgl. Ökodesignvorgaben im Kapitel »Verbraucherschutz«). Hersteller müssen Reparaturanleitungen mitliefern. Spätestens wenn Hersteller den Support beenden und keine Sicherheitsupdates mehr liefern, muss der Quellcode veröffentlicht werden, damit andere Sicherheitsupdates schreiben und bereitstellen können.

■ Für Batterien und Elektrogeräte soll durch Einführung eines Pfandsystems die wirksame Rückführung der Rohstoffe in den Produktionskreislauf und Wiederverwertung der Bestandteile ermöglicht werden. Reparatur und Wiedernutzung müssen Vorrang vor Recycling der Materialien haben (vgl. Kapitel »Klima- und Umweltschutz«).

■ Die Abwärme von Rechenzentren muss verpflichtend zur Gebäudeheizung (Nah- und Fernwärmeversorgung) eingesetzt werden. Alle Rechenzentren müssen in ein Kataster mit Energieausweis.

■ Wir streben ein Verbot der energie- und ressourcenverschwendenden Erzeugung sogenannter Kryptowährungen an.

■ Auch für Rechenzentren und Software muss das »Top-Runner-Modell« (vgl. Ökodesignvorgaben im Kapitel »Verbraucherschutz«) gelten. Der CO2-Fußabdruck von IT-Produkten, Rechenzentren oder Software muss transparent und vergleichbar sein.

■ Für die Softwareprogrammierung müssen Vorgaben zur energiesparenden Programmierung erfolgen. Das Prinzip der Datensparsamkeit muss gesetzlich wirksam verankert werden. Neben der Erfüllung des Datenschutzes senkt das auch den Stromverbrauch digitaler Anwendungen. Bei Streaming- und Video-on-Demand-Diensten müssen Vorgaben für energiesparende Standardeinstellungen gemacht werden.

Geld, Zeit, Anerkennung und Macht sind zwischen den Geschlechtern ungleich verteilt. Wir wollen nicht länger zulassen, dass Menschen aufgrund ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung abgewertet werden – auch nicht, dass Menschen gezwungen werden, einer bestimmten Norm zu entsprechen. Jeder Mensch ist gleich viel wert und »All genders are beautiful«.

Linker Feminismus – Zeit für ein selbstbestimmtes, sicheres und gerechtes Leben

Als LINKE stehen wir für einen Feminismus, der an die Wurzeln geht. Das heißt zuallererst, Geld, Arbeit und Zeit zwischen den Geschlechtern gerecht zu verteilen. Wir wollen eine Gesellschaft, in der alle frei, sicher und selbstbestimmt leben können, Zeit für Familie und Freund*innen haben und gleichzeitig einer sinnvollen und gut bezahlten Arbeit nachgehen können. Damit wirken wir einer Retraditionalisierung der Geschlechterrollen entgegen, nach der Frauen die Hauptverantwortung für die Sorgearbeit in Familien tragen. Wir wollen eine Gesellschaft, in der Frauen genauso an politischen Entscheidungen mitwirken können wie Männer. In der sich das Leben nicht nur um die Lohnarbeit dreht. Der Kapitalismus ist mit der einhergehenden Entwertung unbezahlter (Care-)Arbeit eine maßgebliche Stütze des Patriarchats – und andersherum. Da patriarchale Strukturen ohne einen Systemwechsel nicht endgültig abgeschafft werden können, kämpfen wir neben unseren kurz- und mittelfristigen Forderungen für die Aufwertung von Frauen und ihrer Arbeit auch für die Überwindung des Kapitalismus als systematisierten Sexismus.

(Sorge-)Arbeit und Zeit umverteilen

Frauen und queere Menschen erhalten im Durchschnitt niedrigere Löhne und dann auch weniger Rente. Und sie verfügen über ein geringeres Vermögen als Männer (Gender-Pay-Gap). Sorgearbeit, die als Frauensache gilt, wird in der kapitalistischen Ökonomie systematisch abgewertet. Frauen machen den Großteil der entlohnten und der nicht entlohnten Pflege- und Erziehungsarbeit, sie arbeiten häufiger in Teilzeit oder in weniger gut bezahlten Jobs. Wer wegen Elternzeit länger ausfällt und im Job zurücksteckt, findet seltener eine gute und sichere Anstellung und kann schlechter aufsteigen. Auch deshalb ist der Großteil der Arbeiter*innen im Niedriglohnsektor weiblich. Viele von ihnen haben eine Migrationsgeschichte. In Ostdeutschland sind die Lohnunterschiede zwar geringer, aber die Löhne insgesamt viel niedriger – mehr als jede*r Dritte arbeitet für Niedriglohn.

In Deutschland leisten Frauen 50 Prozent mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer (Gender-Care-Gap). Entsprechend haben Frauen weniger Zeit für andere Tätigkeiten oder sind gezwungen, sich zwischen Familie, Job und Freizeit aufzureiben. Nicht selten endet diese Vielfachbelastung in Burnout und anderen Krankheiten. Es geht nicht nur um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, damit Frauen ihre Kinder und Karriere noch schneller jonglieren können. Wir brauchen neue Arbeitszeitmodelle – und zwar für alle! Deshalb streiten wir für eine Gesellschaft, in der alle Tätigkeiten und Bedürfnisse zu ihrem Recht kommen und nicht die Erwerbsarbeit den Takt vorgibt. DIE LINKE unterstützt die Gewerkschaften in ihrem Kampf für eine deutliche Arbeitszeitverkürzung in Richtung eines neuen Normalarbeitsverhältnisses mit einer 30-Stunden -Woche, die zum Beispiel auch in Form einer Viertagewoche ausgestaltet werden könnte (vgl. Kapitel »Gute Arbeit«). So bleibt allen mehr Zeit für Familie, für sich selbst und für die Beteiligung an Politik und Gesellschaft. Dazu gehören auch die Begrenzung von Überstunden, ein Anspruch auf familienfreundliche Schichtzeiten und ein Mindestlohn von 13 Euro. Insbesondere Pflege-, Sorge- und Dienstleistungsberufe, in denen besonders viele Frauen arbeiten, wollen wir aufwerten und endlich anständig bezahlen. Den Niedriglohnsektor schaffen wir ab, sodass alle von ihrer Arbeit leben können (vgl. Kapitel »Gute Arbeit«). Das nützt vor allem Frauen.

Wir wollen unsere Wirtschaft grundsätzlich umstrukturieren. Sie soll nicht nur nachhaltiger und demokratischer werden, sondern die Sorgearbeit (Care-Arbeit) muss ins Zentrum gestellt werden. Denn dass Kranken- oder Altenpfleger*innen, Erzieher*innen oder Beschäftigte in haushaltsnahen Dienstleistungen häufig schlecht entlohnt und unter miserablen Bedingungen arbeiten, hat System. Wir brauchen nicht nur besser bezahlte Pflegekräfte und Erzieher*innen, sondern auch mehr von ihnen! 100.000 Pflegekräfte werden jeweils in den Krankenhäusern und Altenheimen gebraucht, damit die Pflegenden endlich wieder Zeit für die von ihnen gepflegten Menschen haben. Durch eine Solidarische Gesundheitsversicherung und eine Solidarische Pflegevollversicherung können wir das finanzieren. Fallpauschalen schaffen wir ab und überführen Krankenhäuser und Pflegeheime wieder in gemeinnützige Hand, jenseits von Markt und Profitmacherei (vgl. Kapitel »Pflegenotstand stoppen! Systemwechsel in Gesundheit und Pflege«). Wir wollen die Kindertagesbetreuung flächendeckend ausbauen, die Qualität verbessern und mehr Erzieher*innen einstellen. Und natürlich müssen Erzieher*innen gut bezahlt werden, damit der Beruf attraktiv für viele ist. Denn nur mit flächendeckender Ganztagsbetreuung müssen Eltern sich nicht zwischen der Betreuung ihrer Kinder und ihrem Beruf entscheiden (vgl. Kapitel »Gute Bildung«).

■ Mit würdigen Löhnen für alle beenden wir auch endlich die unwürdigen Renten, von denen vor allem viele Frauen leben müssen. Durch die bessere Anrechnung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten wird auch unbezahlte Sorgearbeit entsprechend wertgeschätzt (vgl. Kapitel »Gute Rente«). Aktuell gibt es keine echten Lohnersatzleistungen für pflegende Angehörige, die noch im Beruf stehen. Wir wollen sechs Wochen Freistellung bei vollem, arbeitgeberfinanziertem Lohnausgleich (vgl. Kapitel »Pflegenotstand stoppen!«) und unabhängig vom Verwandtschaftsgrad.

■ Im Einzelhandel oder im Reinigungsgewerbe sind mehrheitlich Frauen beschäftigt und besonders häufig in prekärer Beschäftigung gefangen. Wir fordern die Abschaffung sachgrundloser Befristung und die Überführung von Minijobs in sozial voll abgesicherte Beschäftigungsverhältnisse. Unfreiwillige Teilzeit wollen wir beenden: Alle Beschäftigten müssen einen Rechtsanspruch auf eine Vollzeitstelle bekommen.

■ Wir wollen gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit! Dafür werden wir ein verbindliches Entgeltgleichheitsgesetz samt Verbandsklagerecht einführen, damit Frauen nicht mehr allein vor Gericht ziehen müssen. Auch private Unternehmen dürfen sich dem nicht länger entziehen. Wir unterstützen den gewerkschaftlichen Einsatz für flächendeckende Tarifverträge, damit Frauen gar nicht erst in solch eine Situation geraten. Unsere Forderung, die Grundgehälter in der Pflege um 500 Euro anzuheben, ist ein Beitrag zur Aufwertung dieser Arbeit.

■ Um die partnerschaftliche Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit in den Familien zu fördern, wollen wir den Elterngeldanspruch auf zwölf Monate pro Elternteil verlängern. Der Elterngeldanspruch gilt individuell und ist nicht auf den anderen Elternteil übertragbar. Zudem braucht es einen zusätzlichen Elternschutz von zehn Tagen bezahlter Freistellung für den zweiten Elternteil nach der Geburt des Kindes.

■ In Wirtschaft, Wissenschaft und Politik sind Frauen seltener in Führungspositionen vertreten. Das muss sich ändern. Deshalb fordern wir eine Frauenquote in Führungspositionen von 50 Prozent und eine stärkere Teilung von Führungsaufgaben und -positionen durch Jobsharing oder andere Arbeitsmodelle (im Gegensatz zur 30-Prozent-Quote der Großen Koalition).

■ Gesellschaftliche Machtverhältnisse schlagen sich auch in der Sexarbeit nieder. In der LINKEN werden unterschiedliche Wege diskutiert, mit Prostitution politisch umzugehen. Einig sind wir uns darin, dass wir die Kriminalisierung und Stigmatisierung von Sexarbeiter*innen ablehnen. Gestärkt werden müssen die Selbstorganisation, freiwillige Beratungs-, Umschulungs- und Fortbildungsangebote, eine angemessene Gesundheitsversorgung sowie die sozialen Rechte von Sexarbeiter*innen insgesamt, die auch als Selbstständige vielen Benachteiligungen ausgesetzt sind. Wir fordern auch einen Anspruch auf Sozialleistungen und sozialversicherte Beschäftigung sowiedie Einbeziehung in eine Solidarische Erwerbstätigenversicherung.

Niemals am Leben sparen – keine Kürzungen zulasten von Frauen und Familien

Privatisierung und Kürzungsmaßnahmen treffen insbesondere Erziehung, Pflege, soziale Arbeit und Bildung. Darunter leiden Frauen doppelt: als Beschäftigte und als unbezahlte Care-Arbeiterinnen in den Familien, wo sie die Kürzungen durch Mehrarbeit auffangen müssen. Das führt zu Mehrbelastung und verstärkt alte Rollenbilder.

Die milliardenschweren Rettungspakete für Unternehmen in der Coronakrise dürfen nicht durch Kürzungen im Sozialbereich aufgefangen werden. Im Gegenteil: Wir treten für einen sozialökologischen Systemwechsel ein, der die Bereiche in Wirtschaft und Beschäftigung stärkt, die klimafreundlich sind und das Leben für alle besser machen: personennahe Dienstleistungen, Bildung, Erziehung, eine Ausweitung des Schienen- und öffentlichen Nahverkehrs. Unser Umbau von Wirtschaft und Sozialstaat macht unsere Gesellschaft in Zukunft krisenfest und befördert die Lebensmöglichkeiten (nicht nur) von Frauen:

■ Die Schuldenbremse schaffen wir ab. Stattdessen fördern wir Investitionen in den Ausbau sozialer Dienstleistungen in öffentlicher Hand, jenseits von Markt und Profit. Die notwendigen Mittel dafür nehmen wir durch die Wiedereinführung der Vermögensteuer ein (vgl. Kapitel »Mit Steuern umsteuern«). Von guten und kostenfreien sozialen Infrastrukturen profitieren Frauen, Alleinerziehende und Kinder am meisten – und Menschen mit geringem Einkommen.

■ Die Sozial- und Haushaltspolitik muss auf ihre Geschlechtergerechtigkeit geprüft und entsprechend verändert werden im Sinne eines Gender-Budgeting.

Gewalt an Frauen beenden

Wir wollen, dass jeder Mensch – unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung und Lebensentwurf – ohne Angst vor Gewalt leben kann. Durch das Grundgesetz und durch internationale Abkommen muss der Staat dafür Sorge tragen, tut es aber nicht ausreichend. Gewalt gegen Frauen ist Ausdruck und Folge einer gesellschaftlichen Abwertung und Unterdrückung von Frauen, von hierarchischen und patriarchalen Geschlechterverhältnissen. Sie hat viele Formen und kommt in Familien genauso vor wie im öffentlichen Raum. Gewalt gegen Frauen hängt nicht vom sozialen Status ab, es gibt sie in der digitalen Welt wie im analogen Leben. Viel zu oft endet sie für Frauen tödlich. Jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Diese Gewalt als »eskalierten Beziehungsstreit« oder Privatangelegenheit abzutun, verkennt das strukturelle Problem: Den Mord an Frauen, weil sie Frauen sind, nennen wir Femizid. Um Frauen effektiv vor Gewalt zu schützen, brauchen wir gesellschaftliche Verhältnisse, in denen Frauen unabhängig und selbstbestimmt leben können – dazu gehört auch ökonomische Unabhängigkeit. Wenn Frauen Gewalt erleben, brauchen sie schnellen sowie bedarfsgerechten Schutz und qualifizierte Hilfe in Frauenhäusern und anderen Schutzräumen. Beratungsstellen müssen leicht zugänglich sein – unabhängig von körperlicher Beeinträchtigung, dem Aufenthaltsstatus oder der Lebenssituation der Betroffenen. Wir wollen die patriarchalen Strukturen verändern, nur so kann Gewalt gegen Frauen nachhaltig verhindert werden:

■ Die Istanbul-Konvention, das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, muss konsequent und vollständig umgesetzt werden. Die durch die Bundesregierung bei der Ratifizierung vorgenommenen Einschränkungen wollen wir zurücknehmen, damit zahlreichen geflüchteten oder migrierten Frauen nicht der Zugang zu Schutz verweigert wird.

■ Strukturen des Gewaltschutzes und Hilfesysteme wollen wir ausbauen und mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausstatten. Die Finanzierung von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen darf nicht länger eine freiwillige Leistung sein. Hier brauchen wir eine bundeseinheitliche Pauschalfinanzierung, an der sich der Bund beteiligt.

■ Gewalt gegen die Mutter gefährdet massiv das Kindeswohl und kann für Mütter und Kinder lebensgefährlich sein. Bei Entscheidungen zum Sorge- und Umgangsrecht muss Gewaltschutz oberste Priorität haben.

■ Staatliche Behörden wie Polizei, Gerichte und Ämter sowie medizinisches Personal müssen für geschlechtsspezifische Gewalt – auch in digitaler Form – sensibilisiert werden. Es müssen explizit alternative (Erst-)Anlaufstellen zur Polizei in Form von Nichtregierungsorganisationen geschaffen und finanziert werden, an die sich Betroffene wenden können.

■ Geflüchtete Frauen erleben häufig sexualisierte Gewalt, nicht nur im Herkunftsland und auf der Flucht, sondern auch im Zufluchtsland. Im Fall von Gewalt in der Partnerschaft muss das bisher vom Ehemann abhängige Aufenthaltsrecht aufgehoben und in einen eigenständigen Aufenthaltstitel umgewandelt werden. Auch Massenunterkünfte sind Orte, die Gewalt gegen Frauen begünstigen und müssen aufgelöst werden.

■ Auf der Flucht, nach Zurückweisung und Pushbacks an der europäischen Grenze und in den Lagern sind Frauen oft massiver sexueller Gewalt und Vergewaltigungen ausgesetzt. Eine offene, solidarische und humane Flüchtlingspolitik ist die einzig wirksame Maßnahme gegen die systematische Gewalt gegen Frauen.

■ Es muss bekämpft werden, dass Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft müssen bekämpft werden, ohne die Betroffenen zu kriminalisieren und zu stigmatisieren! Solange die Betroffenen keinen sicheren und eigenständigen Aufenthaltsstatus erhalten, sind die Täter durch die Angst der Opfer geschützt. Aufenthaltstitel, Schutz und Entschädigung müssen unabhängig von der Bereitschaft des Opfers, als Zeug*in in einem Strafverfahren auszusagen, gewährt werden. Für die Betroffenen fordern wir Therapiemittel, medizinische sowie psychologische Betreuung, Rechtsbeistand und Rechtshilfe, Zugang zu sozialen Leistungen und Bildungsangeboten.

■ Alle Formen von Gewalt und Gewaltverherrlichung gegen Frauen, Kinder und LSBTIQA* (lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche, queere und asexuelle Personen) müssen konsequent geahndet werden.

■ Die öffentliche Filmförderung braucht eine Geschlechterquotierung und die Einrichtung einer wirksamen wie unabhängigen Kontrolle außerhalb des Deutschen Werberats zur Unterbindung sexistischer Werbung.

■ Frauen müssen Zugang zu gesellschaftlichen Positionen haben, ohne dass ihnen Lebensformen aufgedrängt werden. Sowohl das Verbot von Kopftüchern wie der Zwang dazu wären eine Einschränkung der Entfaltungsmöglichkeiten von Frauen. Es gilt, Frauen in ihrer persönlichen Entscheidung, wie sie sich kleiden, nicht zu bevormunden und keinen Druck auf sie auszuüben – weder in die eine noch die andere Richtung.

Unser Feminismus: Solidarisch und international

In Brasilien und Polen, Indien und Nigeria, Deutschland und Irland gehen Frauen für ihre Rechte auf die Straße. Sie prangern Gewalt gegen Frauen an, sie streiten für ihr Recht auf Abtreibung und gegen Rassismus. Sie eint die gemeinsame Erfahrung von sexistischen Strukturen und Gewalt – und sie vereinen sich im Kampf dagegen: im Netz, auf der Straße, im Arbeitsalltag, vor Gericht, zu Hause, in den Mühen der Ebene. Frauen und Kinder weltweit sind besonders vom Klimawandel betroffen und machen den Großteil der Menschen auf der Flucht aus. Aber sie sind nicht nur Opfer, sondern auch wichtige klimapolitische Akteurinnen und kämpfen gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur. LINKER Feminismus ist immer konkret vor Ort und ist sich gleichzeitig internationaler Verantwortung und Solidarität bewusst.

■ Bei wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen müssen Werte wie Fürsorge, Nachhaltigkeit und Gesundheit im Zentrum stehen.

■ Wir fordern die Anwendung ziviler Maßnahmen der Gewaltprävention und Konfliktlösung. Deutsche Außen-, Entwicklungs- und Menschenrechtspolitik muss Friedenspolitik und Geschlechtergerechtigkeit weltweit voranbringen. Die UN-Resolution 1.325 »Frauen, Frieden und Sicherheit« muss umgesetzt werden – weder die Beteiligung von Frauen an Friedensprozessen noch an Konflikten darf ausgeblendet werden.

■ Die Zustände in den Unterbringungen für Geflüchtete sind menschenunwürdig. Wir fordern funktonierende und abschließbare sanitäre Einrichtungen, Schutzzonen sowie gute Gesundheits- und Lebensmittelversorgung.

■ Zu einer gendergerechten Klimapolitik gehört es, die besondere Gefährdung von Frauen durch die Klimakatastrophe einzubeziehen.

■ Wir wollen den Internationalen Frauentag am 8. März bundesweit zum Feiertag machen, um der weltweiten Kämpfe von Frauen an unterschiedlichsten Orten, bei unterschiedlichsten Voraussetzungen zu gedenken und den gemeinsamen Kampf für die Überwindung von Abwertung, Ausgrenzung und Gewalt zu würdigen – Berlin hat es vorgemacht.

Reproduktive Gerechtigkeit: Freie Entscheidung für ein Leben mit und ohne Kinder für alle

Um selbstbestimmt leben zu können, müssen Frauen und queere Menschen echte Wahlmöglichkeit haben. Wir wollen, dass alle Menschen entscheiden können, ob und wie sie mit Kindern leben möchten. Erst dann können wir reproduktive, körperliche und sexuelle Selbstbestimmung für Frauen und queere Menschen erreichen. Dazu gehören umfassende Aufklärung, der Zugang zu Verhütungsmitteln und die freie Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch. Nur wenn Frauen sich ohne Zwänge für oder gegen eine Schwangerschaft und Elternschaft entscheiden können, ist eine selbstbestimmte Familienplanung möglich. Aber auch ein Leben mit Kindern muss gesellschaftlich abgesichert werden: Das beginnt mit einer guten gesundheitlichen Versorgung und Aufklärung während einer Schwangerschaft und Geburt. Mit Kindern zu leben, darf kein Armutsrisiko sein. Eltern und Alleinerziehende müssen Kinder unter sicheren und gesunden Bedingungen aufziehen können (vgl. Kapitel »Familien dort unterstützen, wo sie es brauchen«).

■ Wir wollen für Frauen, Trans* und nicht binäre Menschen einen legalen Zugang zu Schwangerschaftsabbruch. Die Paragrafen 218 bis 219b Strafgesetzbuch (StGB) wollen wir streichen. Laufende Verfahren nach 219 a müssen umgehend eingestellt werden. Öffentliche Krankenhäuser müssen in ihrer Planung dafür sorgen, dass die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen gesichert ist. Schwangerschaftsabbrüche sind Teil der Gesundheitsversorgung und müssen, wie andere medizinische Leistungen, geregelt werden. Die nötige fachliche Ausbildung dafür muss zum Teil des Medizinstudiums werden.

■ Sämtliche Verhütungsmethoden müssen von ausnahmslos allen Krankenkassen bezahlt werden.

■ Es müssen Mittel zur Forschung an neuen Verhütungsmethoden zur Verfügung gestellt werden, um auch für Männer zusätzliche Methoden zu entwickeln und Verhütungsmethoden für alle verträglicher zu machen.

■ Hygieneprodukte für Menstruation müssen von öffentlichen Gesundheitsstellen und in öffentlichen Einrichtungen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

■ Künstliche Befruchtung muss allen Menschen kostenfrei durch Kostenübernahme der Krankenkasse zur Verfügung stehen, auch nicht-verheirateten, lesbischen, Singlefrauen, Trans* und queeren Menschen.

■ Frauen mit Behinderung haben ein Recht auf reproduktive Selbstbestimmung und Elternschaft. Dazu gehören das Recht auf Erhalt und Förderung ihrer Fruchtbarkeit sowie der Zugang zu Unterstützungsangeboten, zum Beispiel Assistenz zur Elternschaft, und der barrierefreie Zugang zu umfassender, unabhängiger Beratung. Zur Umsetzung des Rechts auf Elternschaft müssen flächendeckend Wohn- und Unterstützungsleistungen im Rahmen der begleiteten Elternschaft zur Verfügung gestellt werden.

Für körperliche und sexuelle Selbstbestimmung und Gleichstellung aller Lebensweisen

Wir wollen, dass die vielfältigen Lebensweisen rechtlich gleichgestellt werden.

Der besondere Schutz und die Förderung durch Staat und Gesellschaft sollen in Zukunft nicht Ehepaaren vorbehalten sein, sondern denjenigen zugutekommen, die mit Kindern oder Pflegebedürftigen leben – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität. Wir wollen die Gleichberechtigung aller Lebensweisen, bei denen Verantwortung für andere übernommen wird.

■ Wir fordern ein Wahlverwandtschaftsrecht, in dem nicht nur (heterosexuelle) Paare Verantwortung füreinander übernehmen dürfen, sondern jede Gemeinschaft, die sich einander verbunden fühlt. Das kann auch eine mehr als zwei Personen umfassende Beziehung sein (zum Beispiel eine Mehrelternfamilie mit zwei lesbischen Müttern und zwei schwulen Vätern). Diesen Menschen ist ein umfangreiches Besuchsrecht im Krankheitsfall, Adoptionsrecht und Aussageverweigerungsrecht einzuräumen. Gleichzeitig werden besondere Zuwendungen fällig, wenn ein Angehöriger (nach dem Wahlverwandtschaftsrecht) gepflegt werden muss oder sich Kinder in einer Wahlverwandtschaft befinden.

■ Das Abstammungsrecht wollen wir so reformieren, dass bestehende Benachteiligungen von lesbischen und schwulen Ehen und Lebensgemeinschaften gegenüber heterosexuellen Ehen und Lebensgemeinschaften beseitigt werden. Das beinhaltet auch die rechtliche Anerkennung der Co-Elternschaft sowie von Trans*, intergeschlechtlichen und nicht binären Eltern. Dies muss auch rückwirkend gelten.

■ Das Ehegattensplitting werden wir durch familien- und geschlechtergerechte Steuermodelle und frei übertragbares Existenzminimum ersetzen (vgl. Kapitel »Mit Steuern umsteuern«).

In den Lehrplänen der Schulen muss die real existierende Vielfalt an Lebensentwürfen sowie geschlechtlichen und sexuellen Identitäten umfassend abgebildet werden. Aufklärungsinitiativen zu sexueller Gesundheit in Schulen, Arbeitswelt, Gesellschaft und den queeren Szenen müssen gestärkt werden. Auf die Bewertung verschiedener Lebensentwürfe im schulischen Unterricht muss verzichtet werden. Erziehungsberechtigten darf nicht die Möglichkeit zum Ausschluss ihrer Kinder vom Aufklärungsunterricht angeboten werden.

Offensiv und sozial für LSBTIQA*

Die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, intergeschlechtlichen, queeren und asexuellen Personen (LSBTIQA*) sind für uns nicht verhandelbar. Wir wollen, dass LSBTIQA* als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Realität anerkannt im Alter. Deshalb wollen wir mehr queere Bildungsangebote in allen gesellschaftlichen Bereichen. Wir treten für eine diskriminierungsfreie Sprache ein, die der Vielfalt geschlechtlicher und sexueller Identitäten gerecht wird.

Queere Communitys stärken: Rettungsschirm gegen die Coronafolgen

Corona hat auch die Einrichtungen und Strukturen der queeren Communities getroffen: Viele Vereinsräume, Clubs, Bars und Cafés mussten schließen. In Zeiten leerer Kassen wird zuerst bei queeren Projekten gespart. Das wollen wir verhindern. Wir fordern einen queeren Rettungsschirm zum Schutz der Strukturen und Einrichtungen der Communities.

Bei der Vergabe von öffentlichen Fördermitteln wollen wir strukturelle Diskriminierungen von lesbischen, trans* und inter* Initiativen und Projekten abbauen: Lesbische und schwule Projekte sollen in gleichem Umfang gefördert werden. Lesbische Communities sollen sichtbarer werden! Insbesondere in den ländlichen Regionen und kleineren Städten wollen wir queere Strukturen aufbauen.

Gegen Armut und soziale Ausgrenzung

Jede dritte queere Person in Europa kommt finanziell nur mit Mühe über die Runden. Für intergeschlechtliche und trans* Personen ist die Situation noch prekärer. Queere Jugendliche sind nach dem Coming-out häufig von Wohnungslosigkeit betroffen.

■ Wir wollen Zufluchts- und Wohnorte für junge queere Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht sind. Die aufsuchende Jugendarbeit und Wohnungslosenhilfe müssen die spezifischen (Not-)Lagen von LSBTIQA* im Blick haben.

■ Strukturelle Ausschlüsse und Problemlagen von Lesben (zum Beispiel mangelnde Sichtbarkeit, Altersarmut) wollen wir beseitigen. Gleiches gilt für die strukturellen Ausschlüsse und Probleme von trans* und inter* Personen.

■ Für queere Menschen wollen wir mehr Angebote für selbstbestimmtes Wohnen im Alter mit entsprechenden Pflege- und Unterstützungsmöglichkeiten. Vor allem nicht kommerzielle gemeinwirtschaftliche und alternative Wohn- und Hausprojekte wie Mehrgenerationenhäuser oder Wohngenossenschaften sollen gefördert werden.

Diskriminierung bekämpfen

Der Kampf gegen LSBTIQA*-Feindlichkeit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir wollen deshalb einen Nationalen Aktionsplan gegen LSBTIQA*-Feindlichkeit und für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Zur Erforschung intersektionaler Diskriminierungsformen und geschlechtsspezifischer Gewalt gegen LSBTIQA* wollen wir Studien öffentlich beauftragen und finanzieren.

Diskriminierungen und gewalttätige Übergriffe gehören für queere Menschen weiterhin zum Alltag. Die offizielle Kriminalstatistik bildet nur einen Bruchteil davon ab.

■ DIE LINKE setzt sich für die umfassende Unterstützung von Präventionsprojekten und Organisationen ein, die sich mit der Hilfe für Gewaltopfer beschäftigen. Die Strafverfolgung von queerfeindlicher Gewalt muss stärker verfolgt und geahndet werden als bisher.

■ Hasskriminalität gegen queere Menschen, Communities oder ihre Unterstützer*innen muss bundesweit erfasst und strafrechtlich verfolgt werden.

■ Die Selbsthilfe- und Aufklärungsprojekte der LSBTIQA*-Communities müssen unterstützt und gefördert werden, um die gesellschaftliche Akzeptanz zu erhöhen.

Queere Menschen erleben noch immer Diskriminierung am Arbeitsplatz. Trans* Personen sind überdurchschnittlich häufig von Erwerbslosigkeit betroffen. Auch Menschen mit HIV erleben Diskriminierung im Beruf. Die strukturellen Ausschlüsse verstärken sich für Menschen, die Mehrfachdiskriminierung erleben, etwa Rassismus oder Behindertenfeindlichkeit.

■ Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes soll finanziell so ausgestattet werden, dass sie Beratungsangebote zielgruppengerecht, mehrsprachig und barrierefrei in die Arbeitswelt hineintragen kann. Wir wollen den Diskriminierungsschutz für trans* und intergeschlechtliche Personen stärken. Ein wichtiger Schlüssel im Kampf gegen Diskriminierung am

■ Arbeitsplatz ist die Selbstorganisation der Beschäftigten. Wir wollen mehr queere Bildungsangebote, die Impulse zur Selbstorganisation in der Arbeitswelt geben. Initiativen, die sich für einen offenen, angst- und diskriminierungsfreien Arbeitsplatz in den Betrieben einsetzen, müssen gefördert werden.

■ Die Blutspenderichtlinie muss dem Stand der Wissenschaft angepasst werden. Ausschlusskriterien und -zeiten, die schwule und bisexuelle Männer sowie trans* Personen diskriminieren, müssen entsprechend abgeschafft bzw. verkürzt werden.

■ Wir wollen den Schutz vor Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität, sexuellen Orientierung und Lebensweise in Artikel 3 des Grundgesetzes aufnehmen. Um dieses erweiterte Grundrecht zu garantieren, braucht es Antidiskriminierungsstellen und ein Verbandsklagerecht im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Selbstbestimmung für trans*- und intergeschlechtliche Menschen

Wir wollen einen selbstbestimmten Geschlechtseintrag für alle. Eine Vornamens- und Personenstandsänderung muss mit einer einfachen Erklärung beim Standesamt möglich werden – ohne die bisherigen Zwangsberatungen, Gutachten, ärztlichen Atteste und Gerichtsverfahren.

■ Das Transsexuellengesetz (TSG) pathologisiert. Wir wollen es abschaffen und durch ein Selbstbestimmungsrecht ersetzen.

■ Die fremdbestimmten Operationen an trans* Personen und intergeschlechtlichen Menschen aufgrund der gesetzlichen OP- und Sterilisationspflicht im TSG in den Jahren 1981 bis 2011 müssen historisch aufgearbeitet werden. Die davon betroffenen Menschen müssen angemessen entschädigt werden. Wir wollen einen Entschädigungsfonds einrichten.

■ Wir wollen die Rechte von trans* und intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen stärken. Der Anspruch auf körperliche Unversehrtheit ist ein Grund- und Menschenrecht. Alle medizinisch nicht notwendigen Eingriffe an den inneren oder äußeren Geschlechtsmerkmalen von Kindern verbieten wir. Dazu gehört die Anerkennung der von ihnen selbst benannten Geschlechtszugehörigkeit.

■ Wir setzen uns für geschlechtsneutrale Toiletten und Waschräume, insbesondere in öffentlichen Gebäuden ein, um Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität abzubauen.

■ Trans* Personen brauchen freien Zugang zu allen notwendigen medizinischen Leistungen (medikamentöse Therapien, Psychotherapie, falls gewünscht Operationen) und die Übernahme der dafür anfallenden Kosten durch die Krankenkassen – auch wenn sie keine Krankenversicherung haben und unabhängig von dem aktuellen Aufenthaltsstatus.

■ Konversionsbehandlungen müssen komplett verboten werden, auch an Erwachsenen. Fürsorge- oder Erziehungsberechtigte müssen zukünftig rechtlich belangt werden können, wenn sie dennoch Konversionsbehandlungen hinnehmen oder veranlassen.

■ Wir setzen uns für queere Gesundheitszentren mit Schwerpunkt trans* und inter* auch in Kleinstädten und ländlichen Gebieten ein.

■ Die Rechte und besonderen Belange von trans* und intergeschlechtlichen Personen müssen auch im Strafvollzug und bei polizeilicher Durchsuchung gewahrt bleiben.

Queere Geflüchtete absichern und stärken!

Menschen, die nach Deutschland flüchten, sind mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert. Die Covid-19-Pandemie hat das Recht auf Asyl noch mehr eingeschränkt und die prekäre Situation vieler Geflüchteter verschärft. Die Forderung nach physischer Distanz in Zeiten einer Pandemie stellt sich für Massenunterkünfte als besonders problematisch heraus. Die noch verstärkte Isolation setzt die psychische Gesundheit vieler Geflüchteter aufs Spiel (vgl. Kapitel »Solidarische Einwanderungsgesellschaft«).

■ Wir fordern dezentrale Unterbringung von queeren Geflüchteten (wie insgesamt von geflüchteten Menschen), Zugang zum Internet, Recht auf barrierefreie, gesundheitliche Versorgung unabhängig vom Aufenthaltsstatus und den Ausbau spezifischer Vernetzungs- und Hilfsangebote für queere Geflüchtete.

■ Queeren Menschen, die verfolgt werden, muss uneingeschränkt Asyl bzw. Schutz gewährt werden. Sie dürfen nicht abgeschoben werden – auch nicht in sogenannte sichere Herkunftsländer. Wir wollen flächendeckend Fachstellen für LSBTIQA*-Geflüchtete einrichten. Dort können sich queere Geflüchtete zum Asylverfahren sowie zum Aufenthalts- und Migrationsrecht beraten lassen. Außerdem braucht es Möglichkeiten der psychologischen Beratung für LSBTIQA*-Geflüchtete.

Wir wollen ein Land, in dem alle Menschen gleichberechtigt zusammenleben und an den demokratischen Entscheidungen beteiligt werden – unabhängig von ihren individuellen Fähigkeiten, ihrer körperlichen Verfassung, ihrer Herkunft und sozialen Stellung, ihrem Geschlecht, Alter oder ihrer sexuellen Orientierung. Eine inklusive Gesellschaft, in der niemand ausgegrenzt wird.

Die Realität sieht anders aus. Rund 16 Prozent der Bevölkerung leben mit anerkannten Behinderungen und chronischen Erkrankungen. Durch vielfältige Barrieren im Alltag – zum Beispiel in Verkehrsmitteln, Arbeitsstätten, Bildungseinrichtungen, Arztpraxen, Behörden oder im digitalen Bereich – ist Teilhabe für sie nur eingeschränkt möglich. Der allgemeine Arbeitsmarkt ist auch über zehn Jahre nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) nicht barrierefrei und inklusiv. Vielmehr droht den Betroffenen eine Armutsspirale. Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung sind überproportional oft erwerbslos, von Sozialhilfe abhängig und in Heimen untergebracht.

DIE LINKE tritt für die volle und wirksame Teilhabe aller Menschen auch mit Behinderung ein. Grundvoraussetzung dafür ist Barrierefreiheit – in baulicher, kommunikativer und struktureller Hinsicht. Barrierefreiheit nützt allen Menschen. Sie muss deshalb sowohl für den öffentlichen als auch den privatwirtschaftlichen Bereich als bindende Verpflichtung gelten.

Wir verstehen Inklusion als einen Prozess zum Abbau von gesellschaftlichen Ungleichheiten. Er bezieht sich auf all die Menschen, die von Teilhabe ausgeschlossen und an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden: Menschen mit Behinderung, alte Menschen, Geflüchtete, Sinti*zze und Rom*nja, sprachliche und kulturelle Minderheiten, Menschen mit anderen Glaubensbekenntnissen und anderer sexueller Orientierung und viele mehr. Inklusion eröffnet allen Menschen die Möglichkeit, überall im politischen, sozialen und kulturellen Leben nicht nur dabei zu sein, sondern es selbstbestimmt aktiv mitgestalten zu können.

Politik für Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung muss als menschenrechtliche Aufgabe gestaltet werden – die Konvention der Vereinten Nationen macht hier klare Vorgaben. Die sind auch für Deutschland verbindlich und müssen umgesetzt werden. Menschenrechte dürfen nicht unter Kostenvorbehalt gestellt werden. Deshalb wollen wir Selbstbestimmung als wichtigstes Prinzip in der Behindertenpolitik verankern und einklagbar machen. Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung haben einen Anspruch auf Selbstverwirklichung. Barrieren müssen abgebaut werden – auch in den Köpfen und in der digitalen Welt. Barrierefreiheit ist Grundlage für gleiche Teilhabe und fördert den solidarischen Zusammenhalt.

■ Wir wollen ein garantiertes Recht auf persönliche Assistenz in allen Lebensbereichen für ein selbstbestimmtes Leben in Arbeit, Bildung, Wohnen, Freizeit, Familie und Elternschaft sowie im Ehrenamt. Auch für diejenigen, die ihre persönliche Assistenz-/Unterstützungskräfte nicht über das Arbeitgebermodell selbst organisieren, muss es möglich sein, die persönlichen Assistent*innen bei einem notwendigen Aufenthalt im Krankenhaus sowie in Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen mitzunehmen.

■ Wir wollen die Arbeitsbedingungen der Assistenz- und Unterstützungskräfte verbessern. Ihre Arbeit soll tariflich entlohnt werden, auch wenn sie im sogenannten Arbeitgebermodell direkt bei den Assistenznehmer*innen beschäftigt sind. Damit das funktionieren kann, müssen die kommunalen Kostenträger dazu verpflichtet werden, die Tariflöhne zu refinanzieren. Die Tariflöhne sollen mindestens auf dem Niveau der Tarifverträge für den öffentlichen Dienst sein. Zudem soll für öffentliche Aufträge eine Tariftreueregelung gelten.

■ Wir wollen die bundesweit circa 500 Beratungsstellen der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung (EUTB), finanziell und personell so ausstatten, dass sie ihre Beratungsdienste langfristig und barrierefrei anbieten können. Die dort tätigen Beschäftigten wollen wir nach Tarif entlohnen. Insbesondere Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung sollen als sozialversicherungspflichtig beschäftigte Berater*innen tätig sein. Die Antragsverfahren zur Mittelbewilligung müssen vereinfacht werden.

■ Die gesundheitliche und pflegerische Versorgung muss wohnort- und patientennah sichergestellt und zur kommunalen Pflichtaufgabe gemacht werden.

Gute Arbeit und Einkommen, von dem man leben kann, müssen auch für Menschen mit Behinderung auf einem inklusiven Arbeitsmarkt stärker gefördert werden. Das schließt die Beschäftigten in Werkstätten ein! Menschen mit Behinderungen sind überdurchschnittlich von Erwerbslosigkeit betroffen: Weil es zu viele Barrieren gibt und aufgrund anderer Diskriminierungen. Wir brauchen einen inklusiven Arbeitsmarkt. Die gesetzliche Beschäftigungspflicht von Unternehmen muss wieder auf sechs Prozent angehoben und konsequent – unter der Maßgabe von Sanktionen – umgesetzt werden. Initiativen zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit müssen gezielt auch Menschen mit Behinderungen einschließen. Dabei sind Frauen mit Behinderungen besonders zu berücksichtigen.

■ Die Ausgleichsabgabe wollen wir deutlich anheben. Alle Regelungen sollen beseitigt werden, die es Unternehmen ermöglichen, die Zahlung der Ausgleichsabgabe zu reduzieren und so die Beschäftigungspflicht faktisch auszuhebeln. Wir stellen sicher, dass die Mittel der Ausgleichsabgabe nur für die Schaffung und Sicherung inklusiver Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und nicht für institutionelle Förderungen verwendet werden.

■ Inklusionsunternehmen mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen wollen wir deutlich stärker fördern und ausweiten.

■ Sonderarbeitswelten (Werkstätten für behinderte Menschen) wollen wir Schritt für Schritt überflüssig machen – mithilfe von sofort durchsetzbaren Ausstiegsstrategien und Zeitplänen sowie durch Anreize für die Beschäftigung bei öffentlichen und privaten Arbeitgebern im allgemeinen Arbeitsmarkt. Dabei wollen wir sicherstellen, dass Menschen mit Behinderungen keine Minderung ihres sozialen Schutzes bzw. der Alterssicherung erfahren, die gegenwärtig an die Werkstätten für behinderte Menschen geknüpft sind. Als einen Zwischenschritt für Beschäftigte der Werkstätten für behinderte Menschen betrachten wir die sofortige Einführung des Tarif- bzw. des gesetzlichen Mindestlohnes.

■ Zur Umsetzung dieser Forderungen wollen wir die Rechte der Schwerbehindertenvertretungen und der Werkstatträte an die Rechte der Betriebs- und Personalräte angleichen. Menschen mit Behinderungen müssen für ihre politische Arbeit eine Arbeitsassistenz bereitgestellt bekommen. Die Tätigkeiten der Frauenbeauftragten und der Werkstatträte müssen bedarfsdeckend finanziert und abgesichert werden.

■ Öffentliche Investitionen und Fördergelder müssen an das Kriterium der Barrierefreiheit gebunden werden, unter anderem in Arztpraxen, medizinischen Einrichtungen und bei Umbaumaßnahmen.

■ Auch die Privatwirtschaft muss umfassende Barrierefreiheit ermöglichen. Wir wollen dazu verbindliche und wirksame Regelungen in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und in das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) sowie in alle Gesetze aufnehmen, mit denen private Anbieter*innen von öffentlich zugänglichen Gütern und Dienstleistungen zur Herstellung von Barrierefreiheit gemäß UN-BRK verpflichtet werden. Wir wollen ein Verbandsklagerecht einführen, damit Antidiskriminierungsverbände klagen können.

■ Für den Wohnungsbau gilt zukünftig ein grundsätzliches Gebot der Barrierefreiheit. Für die Umsetzung eines sozialen, gemeinnützigen Wohnungsbaus mit barrierefreien Wohnungen und inklusiven Wohnangeboten – auch im Bestand – bedarf es einer Investitionsoffensive. Vermieter*innen dürfen die Zustimmung zu einem behindertengerechten Umbau ihrer Wohnung nicht mehr verweigern können.

■ Die Städtebauförderung muss auf die Entwicklung von inklusiven und umfassend barrierefreien Lebensräumen und Stadtquartieren ausgerichtet werden, in denen ein gleichberechtigtes, am Sozialraum orientiertes Zusammenleben aller Menschen mit und ohne Behinderung erreicht wird: ein universelles Design (Design für alle bzw. Nutzen-für-alle-Konzept) gemäß Artikel 2 der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen.

Eine Schule für alle! Wir wollen inklusive Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung in allen Entwicklungsphasen mit entsprechender Qualifizierung des Personals und ausreichender Personal- und Sachausstattung der Einrichtungen (vgl. Kapitel »Gute Bildung«).

Alle Gesetze und Verordnungen müssen überprüft werden, ob sie der UN-BRK entsprechen und bei Bedarf entsprechend geändert werden. Dabei soll auch die Stellung von Menschen mit schwerer sogenannter geistiger und Mehrfachbehinderung, psychischer Beeinträchtigung und chronischer Erkrankung verbessert werden.

■ Ein menschenrechtskonformes Bundesteilhabegesetz, das keine Kostenvorbehalte, Einkommens- sowie Vermögensanrechnungen und Zumutbarkeitsprüfungen vorsieht und so tatsächliche Chancengerechtigkeit schafft. Wir wollen, dass die Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung bedarfsdeckend sowie einkommens- und vermögensunabhängig in allen Lebensbereichen nach bundesweit einheitlichen Kriterien und durch Bundesmittel finanziert werden. Auch wollen wir ein Teilhabegeld einführen.

Einwanderung ist keine Bedrohung, sondern Alltag für viele, Bestandteil unserer Gesellschaft und Recht jedes einzelnen Menschen. Deutschland ist Heimat für Menschen aus verschiedensten Orten, mit unterschiedlichen Geschichten und so vielfältig wie noch nie. Wir leben, lieben und arbeiten zusammen. Wir machen nicht mit, wenn Beschäftigte und Rentner*innen in Deutschland ausgespielt werden gegen Menschen, die vor Armut, Unterdrückung, den Folgen der Klimakatastrophe und Krieg fliehen. Würde der Reichtum gerechter verteilt, gäbe es genug für gutes Leben, Wohnen und Arbeiten – für alle.

Die Wirtschaft basiert vielfach auf der Ausbeutung und auf schlechten Arbeitsbedingungen von Migrant*innen mit oft prekärem Aufenthaltsstatus und teilweise eingeschränkter gesundheitlicher Versorgung, zum Beispiel in Schlachthöfen, auf Spargelfeldern und in der Pflege. Menschen mit Migrationsgeschichte sind nach Generationen noch häufiger von Armut, Ausgrenzung und Arbeitslosigkeit betroffen. Ihre Kinder werden im Bildungssystem systematisch benachteiligt, wer einen migrantisch klingenden Nachnamen trägt, hat häufiger Probleme bei der Wohnungs- und Jobsuche. Diese rechtlichen und sozialen Diskriminierungen müssen abgebaut werden.

Doch die Bundesregierung setzt stattdessen weiter auf Abschreckung, Spaltung und Abschottung. Das Ergebnis: wachsender Rassismus in Gesellschaft und staatlichen Institutionen wie der Polizei, wo extrem rechte Netzwerke (Stichwort NSU 2.0!) ihr Unwesen treiben. Und immer wieder rechter Terror.

Unsere Agenda gegen Rassismus: Soziale Offensive und gleiche Rechte für alle

Um Rassismus und Diskriminierung zu überwinden, braucht es eine gerechte Verteilung von Rechten, Reichtum und Ressourcen. Wir wollen Teilhabe statt Integration. Denn Demokratie setzt Teilhabe im Alltag voraus. Wir wollen, dass alle Menschen, die hier leben, im Rahmen einer Teilhabeagenda rechtlich, politisch und sozial gleichgestellt werden. Zusammen mit zahlreichen Bewegungen und antirassistischen Initiativen wie Seebrücke, Aufstehen gegen Rassismus und Black Lives Matter stehen wir #unteilbar gegen soziale Spaltung, Rassismus und rechte Hetze. Antirassismus ist für uns viel mehr als Symbolpolitik. Es braucht Investitionen in Zusammenhalt und Partizipation statt in Ausgrenzung und Abschottung. Und gleiche Rechte für alle.

Unser Ziel ist ein grundlegender Politikwechsel – in Richtung globale Bewegungsfreiheit, gleiche Rechte für alle und einer solidarischen Einwanderungsgesellschaft. Wir stellen uns Alltagsrassismus und strukturellem Rassismus in Staat und Gesellschaft entgegen. DIE LINKE steht für offene Grenzen für alle Menschen in einem solidarischen Europa, das sich nicht abschottet. Wir streiten für sichere Fluchtwege und eine Gesellschaft, die Menschenrechte verwirklicht – statt Mauern zu bauen und Grundrechte der aktuellen Haushalts- und Stimmungslage anzupassen.

■ Es braucht Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse unabhängig von Beschäftigungsdauer und Arbeitgeber sowie flächendeckende Kontrollen zur Durchsetzung

des Mindestlohns von 13 Euro für alle Menschen (vgl. Kapitel »Arbeit«). Gegen einen eventuellen Fachkräftemangel braucht es keine gezielte Abwerbung von qualifizierten Menschen im Ausland, sondern anständige Ausbildung, Arbeitsbedingungen und Bezahlung für alle Menschen hierzulande.

■ Es braucht eine bessere Anerkennung der Qualifikationen und Abschlüsse von Nicht-EU-Bürger*innen, damit sie ihre Berufe weiter ausüben können.

■ Der Einschränkung sozialer Sicherheiten für Migrant*innen aus EU-Ländern und anderen Staaten durch die Bundesregierung stellen wir uns entgegen. Gesundheitsschutz darf nicht eingeschränkt werden: Es braucht einen bundesweiten Härtefallfonds und einen anonymen Krankenschein für die Behandlung von Menschen ohne Absicherung, Ausnahmen von der Versicherungspflicht wollen wir aufheben (vgl. Kapitel »Gesundheit«).

■ Auf Dolmetscher*innen-Leistungen soll es im Rahmen medizinischer Leistungen einen gesetzlichen Anspruch geben. Auch Inklusion, Teilhabe und Barrierefreiheit dürfen keine Frage des Aufenthaltstitels mehr sein.

■ Wir wollen das aktive und passive Wahlrecht auf allen Ebenen für alle langfristig in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationsgeschichte, damit sie gleichberechtigt die Gesellschaft mitgestalten können. Alle hier geborenen Kinder und Jugendlichen, deren Eltern dauerhaft im Land wohnen, sollen die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten und ein Recht auf Mehrstaatlichkeit haben – ohne die Staatsbürgerschaft der Eltern ablegen zu müssen. Migrant*innen sollen nach fünf Jahren Aufenthalt in der Bundesrepublik einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung haben.

■ Wir fordern Legalisierungsmöglichkeiten für Menschen ohne Aufenthaltsstatus und effektive Bleiberechtsregelungen für Menschen, die in einem unsicheren Aufenthaltsstatus oder mit Kettenduldung leben müssen. Für sie wollen wir einen sicheren Zugang zu Bildung, Gesundheit und arbeitsrechtlichem Schutz vor Ausbeutung schaffen.

Abschiebungen, insbesondere in Krieg, Verfolgung und Elend oder als Form der Doppelbestrafung, lehnen wir ab – im Gegensatz zu allen anderen im Bundestag vertretenen Parteien. Wir haben hier immer dagegen gestimmt und werden das auch in Zukunft tun.

■ Antirassismus ins Gesetz: Es braucht, wie in Thüringen, eine klare Arbeitsdefinition von institutionellem und strukturellem Rassismus. Zudem fordern wir eine grundlegende Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und ein Verbandsklagerecht. Es braucht einen Diskriminierungsschutz, der auch staatliches Handeln einbezieht. Wir fordern ein Bundesantidiskriminierungsgesetz (BADG) zum Schutz vor Diskriminierung durch staatliche Stellen. Es braucht eine*n Antirassismus-Beauftragte*n mit echten Befugnissen.

■ Es braucht institutionalisierte Hilfs- und Beratungsstrukturen für Menschen mit Rassismuserfahrungen, die niedrigschwellig und angemessen sind. Diese Strukturen sollen flächendeckend regelfinanziert werden.

■ DIE LINKE fordert, in Artikel 3 des Grundgesetzes eine Schutz- und Förderklausel gegen rassistische Diskriminierung aufzunehmen.

■ Rassismus und Korpsgeist in den Behörden müssen endlich angegangen werden! Dafür braucht es eine Organisationsentwicklung in der Verwaltung, die für Diskriminierungen sensibel ist und eine Polizeireform (vgl. Kapitel »Sicherheit für alle«).

■ Wir wollen ein Partizipationsgesetz, um Menschen mit Rassismuserfahrung besser einzubeziehen und mehr in der Gesellschaft zu repräsentieren. Dazu gehören eine Quote, um den Anteil von Menschen mit Migrationsgeschichte in der öffentlichen Verwaltung entsprechend ihrem Anteil an der Bevölkerung zu erhöhen, und ein Partizipationsrat, der in wichtige Entscheidungen in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik einbezogen wird. Hier ist es für uns zentral, dass migrantische Selbstorganisationen Teil des Partizipationsrats sind und es eine Vertretung entsprechend einer Gleichstellungsbeauftragten oder einem Gleichstellungsbeauftragten ist. Wir fordern, dass eine Enquetekommission eingesetzt wird, die den Bundestag bei der Umsetzung der Forderungen aus dem NSU-Ausschuss sowie dem UN-Antirassismus-Ausschuss (ICERD) berät.

■ Wir fordern ein humanitäres Bleiberecht für Betroffene rechter Gewalt ohne festen Aufenthaltsstatus. Opfer von Rassismus und ihre Angehörige müssen besser unterstützt werden. Es braucht eine Ausweitung der Entschädigungsleistungen für Betroffene von rassistisch und antisemitisch motivierten Attacken.

■ Menschen mit Rassismuserfahrungen sind kein Sicherheitsproblem. Die Zuständigkeit für Migration und Integration muss dem Bundesinnenministerium entzogen werden. Wir fordern ein Bundesministerium für Migration und Partizipation.

■ Zivilgesellschaftliche Gruppen, die sich gegen Rassismus, Antisemitismus, Homo- und Transfeindlichkeit, Antiziganismus, religiösen Fundamentalismus, antimuslimischen Rassismus und für mehr Demokratie engagieren, sowie Flüchtlingsräte, migrantische Verbände, selbstverwaltete Beratungsangebote und die Selbstorganisation von Migrant*innen wollen wir durch ein Demokratiefördergesetz stärker und endlich dauerhaft fördern (vgl. Kapitel »Gegen rechte Gewalt«).

Antirassistische Initiativen sollen mehr finanzielle Unterstützung erhalten. Trainer*innen, Betreuer*innen und ehrenamtliche Verantwortliche in Vereinen und (Fan-)Projekten, die Partizipationsarbeit leisten, müssen stärker unterstützt werden.

Es braucht deutlich mehr Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und den sozialen Zusammenhalt, d.h. eine bessere Ausstattung, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal in Schulen, Kitas, Verwaltung, Jugend- und Kulturzentren (vgl. Kapitel »Investitionen«). Niedrigschwellige Angebote, insbesondere für Migrant*innen und geflüchtete Frauen sowie queere Geflüchtete und Migrant*innen, wollen wir ausbauen und sie unterstützen.

■ Wir wollen einen Fonds für Willkommenskommunen, der Geflüchteten Bewegungsfreiheit sichert und aufnahmebereiten Kommunen und solidarischen Städten hilft. Kommunen, die die Bedingungen für Willkommenskultur verbessern wollen, können damit Mittel für Versorgung und Integration von Geflüchteten beantragen. Diese Investitionsmittel können dann allgemein für die öffentliche Daseinsvorsorge genutzt werden.

■ Wir werden ein Sofortprogramm auflegen, um zusätzliche Schulsozialarbeiter*innen und Lehrkräfte auszubilden und einzustellen, die Deutsch als Zweitsprache unterrichten. Das Recht auf schulische Bildung muss für alle Kinder bundesweit und unabhängig vom Aufenthaltsstatus gelten, auch der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung und Ganztagesplätze. Qualifikationen für die Berufsausbildung müssen unabhängig vom Alter angeboten werden. Bildungs- und Integrationsangebote wollen wir unabhängig vom aufenthaltsrechtlichen Status gewähren.

Geflüchtete wollen wir bundesweit dezentral und in Wohnungen unterbringen und ihnen flächendeckend kostenlose Sprachkurse anbieten. Statt diskriminierender Sachleistungen wollen wir reguläre Geldleistungen in Höhe der solidarischen Mindestsicherung für alle Menschen.

Menschlichkeit verteidigen: Menschen retten, Fluchtwege frei machen, Fluchtursachen bekämpfen

Deutsche Konzerne exportieren Waffen in die ganze Welt, aber Menschen, die vor diesen Waffen und den mit ihnen geführten Kriegen fliehen, sollen ausgesperrt werden. Viele flüchten, weil westliche Konzerne ihre Länder zerstören. Doch ihre Einreise nach Europa wird mit unmenschlichen Mitteln erschwert. Mehr als 20.000 Menschen sind in den vergangenen sieben Jahren auf dem Weg nach Europa gestorben, ertrunken im Mittelmeer, verdurstet in der Wüste. In den Lagern an den Grenzen, auf dem Boden der EU gibt es unerträgliches Elend. Deutschland macht sich politisch abhängig von Regimen, die den Job der Geflüchtetenabwehr an den europäischen Außengrenzen übernehmen; im Innern macht die extreme Rechte mobil.

Dabei würde es anders gehen. Denn Platz und Ressourcen sind genug vorhanden. Würde der Reichtum gerechter verteilt, gäbe es genug für alle. Menschenleben und Würde dürfen nicht vom Pass oder Aufenthaltstitel abhängen. Deswegen stehen wir auf gegen Abschottung und Abschiebungen, für das Recht zu gehen, zu kommen und zu bleiben. Und für eine Überwindung der wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten und der Ideologien der Ungleichheit wie Rassismus und Nationalismus, die immer wieder zu populären Waffen in der Konkurrenz um Ressourcen, Reichtum und Lebenschancen werden. Schluss damit! Statt uns gegeneinander ausspielen zu lassen, wollen wir gemeinsam für Gerechtigkeit eintreten: die Menschen retten, soziale Gerechtigkeit globalisieren und Fluchtursachen – nicht die Geflüchteten – tatsächlich bekämpfen.

■ Schluss mit den Ausreden: Die Menschen retten! Die EU-Abschottungsagentur Frontex muss aufgelöst und durch ein ziviles europäisches Seenotrettungsprogramm ersetzt werden. Bestehende Instrumente zur Überwachung des Mittelmeers und der Außengrenzen wollen wir in den Dienst der Seenotrettung stellen. Die Kriminalisierung der zivilgesellschaftlichen Seenotrettung muss umgehend beendet werden. Alle europäischen »Hotspots«, wie das Elendslager Moria und seine Nachfolger, müssen aufgelöst werden. Es braucht ein humanitäres Sofortprogramm zur Aufnahme der Menschen. Solange eine europäische Lösung nicht durchsetzbar ist, muss die Bundesregierung mit einer Koalition der Willigen vorangehen.

■ Wir wollen legale und sichere Einreisemöglichkeiten in die EU. Das entzieht Schleppern die Geschäftsgrundlage. Die Genfer Flüchtlingskonvention, die UN-Kinderrechtskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention müssen eingehalten werden. Das UN-Flüchtlingskommissariat hat im Januar 2021 die Praxis der Zurückweisung an Europas Grenzen angeprangert und sieht das Asylrecht in Gefahr. Der Grundsatz der Nichtzurückweisung an den EU-Außengrenzen und auf hoher See muss ohne Einschränkung befolgt werden! Der Flüchtlingsdeal mit der Türkei und ähnliche Abkommen oder Formen der Zusammenarbeit mit Milizen und Diktatoren in Staaten wie Libyen, Ägypten, Sudan und Marokko müssen aufgekündigt werden.

■ Flucht ist kein Verbrechen! Der individuelle Zugang zu Asylverfahren und Rechtsschutz muss für Asylsuchende an den EU-Außengrenzen sichergestellt werden. Frauen, Kranke, Alte, Kinder, religiöse und ethnische Minderheiten sowie Menschen mit Behinderung und queere Menschen sind besonders schutzbedürftige Personen. Sie müssen vor Gewalt, Elend und Ausbeutung sicher sein. Schnellverfahren und Inhaftierung von Schutzsuchenden (ob in sogenannten Rückkehr-, Transit-, kontrollierten Zentren oder »Hotspots«) lehnen wir ab.

■ Asylrecht ausweiten und durchsetzen! Wir wollen einheitliche Schutzstandards auf hohem Niveau; die Verlagerung der Verantwortung auf andere Staaten mithilfe von sicheren Drittstaaten- oder Herkunftsländerregelungen wollen wir beenden. Verfolgung wegen sexueller Orientierung und von trans* und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTIQA*) muss in der Praxis als Fluchtgrund anerkannt werden. Der Negativwettbewerb durch abgesenkte Standards bei Unterbringung, Versorgung und Rechten gehört abgeschafft!

■ Die Bundesregierung muss endlich darauf drängen, dass die EU gegen Mitgliedstaaten vorgeht, die ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen systematisch missachten.

■ Wir fordern eine flächendeckende unabhängige Asylverfahrensberatung durch Wohlfahrtsverbände und Vereine, die öffentlich finanziert sein muss; pauschale Asylwiderrufsprüfungen soll es nicht geben; die Qualität der Asylprüfung und internen Kontrolle muss deutlich verbessert werden, um die Vielzahl der rechtswidrigen und fehlerhaften Bescheide des BAMF wirksam zu reduzieren

■ Es gibt keine »Wirtschaftsflüchtlinge« – niemand flieht freiwillig! Wir fordern die Ausweitung verbindlicher Flüchtlingsrechte auf Armuts-, Umwelt- und Klimaflüchtlinge sowie eine entsprechende humanitäre Visavergabe. Es braucht umfassende Aufnahmekontingente über das Resettlement-Programm des UNHCR und die Aufhebung des Visumszwangs für Schutzsuchende.

■ Das Dublin-System muss überwunden werden: Wir wollen eine europäische Fluchtumlage zur Verantwortungsteilung, die an den Wünschen und Interessen der Geflüchteten anknüpft und bestehende Familienbindungen, sprachliche Kenntnisse und individuelle Umstände maßgeblich berücksichtigt. Ungleiche Verteilung kann dann durch Ausgleichszahlungen der Länder mit geringen Aufnahmezahlen ausgeglichen werden; Länder, Regionen und Städte, die bereit sind, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, werden mit EU-Mitteln finanziell unterstützt.

■ Das Recht auf Familiennachzug muss uneingeschränkt gelten – auch für »subsidiär« Schutzberechtigte. Bei unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten muss es ein Recht auf Nachzug der Geschwisterkinder geben.

■ Wir fordern, dass die Kommunen selbst entscheiden dürfen, ob sie über die ihnen zugeteilten Menschen hinaus weitere Geflüchtete aufnehmen. Auch kommunal verankerte Gremien sollen künftig Härtefallerlaubnisse anordnen können.

■ Kein Mensch ist illegal! Das Recht auf Bewegungsfreiheit darf nicht vom Zufall des Geburtsorts oder der ökonomischen Verwertbarkeit abhängig sein. DIE LINKE setzt sich für eine umfassende Visaliberalisierung sowie ein offenes und solidarisches Einwanderungsrecht ein, das sich nicht mehr am Maßstab von Herkunft oder ökonomischer Verwertbarkeit orientiert.

Wer Fluchtursachen wirklich bekämpfen will, muss endlich die Verhältnisse verändern, die immer wieder zur Flucht zwingen und Hilfe notwendig machen. Statt weiter systematisch Fluchtursachen wie Waffen, Umwelt- und Klimazerstörung sowie Armut zu exportieren, wollen wir deshalb globale Ungerechtigkeiten überwinden, Demokratie und soziale Bewegungen von unten unterstützen und Menschen in Not effektiv helfen (vgl. Kapitel »Soziale Gerechtigkeit weltweit«).

Rechten Terror und Gewalt stoppen

Die extreme Rechte hat die Schwelle zum Terror längst überschritten. Die Liste rechter Attentate allein aus den letzten zwei Jahren ist lang. Wir erinnern besonders an die Anschläge in Kassel und Halle im Jahr 2019 und Hanau im Jahr 2020 mit mehreren Toten. Rechte begehen Mordanschläge auf Migrant*innen, Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens, Linke und andere Andersdenkende; die Sicherheitsbehörden erweisen sich immer wieder als unfähig, die Täter*innen zu fassen. Das hat in der Bundesrepublik eine schreckliche Tradition, vom Attentat auf das Münchner Oktoberfest bis zu den Morden des NSU. Deutschland hat spätestens seit den Achtzigerjahren eine erschreckende rechtsterroristische Kontinuität. Die Täter*innen werden durch ein gesellschaftliches Klima ermutigt, in dem der Wert von Menschenlebeninfrage gestellt wird. Der Weg zu Bluttaten beginnt mit Hetze im Alltag.

Rechte Gruppen und Parteien versuchen, Ängste und Nöte der Menschen angesichts der Folgen neoliberaler Politik zu bedienen. Sie lenken ab von sozialen Kämpfen für bessere Löhne und Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums und deuten sie in ethnische, religiöse und kulturelle Konflikte um, bekämpfen die Gleichberechtigung der Geschlechter und sexuelle Vielfalt. Und sie verbreiten – gerade angesichts der Coronapandemie – antisemitische Verschwörungstheorien. Weil die Verfassungsschutzbehörde dem Schutz von Informanten*innen Vorrang einräumt, behindert sie immer wieder polizeiliche Ermittlungen und juristische Aufklärung – und baut extrem rechte Strukturen sogar mit auf. Aufklärung und Widerstand gegen rechts wird von anderen geleistet: Meist sind es ehrenamtlich organisierte Projekte der Zivilgesellschaft und Antifa-Initiativen, die Aufklärungsarbeit betreiben, Solidarität praktisch erlebbar machen und dahin gehen, wo es weh tut. Dafür werden sie von Konservativen als »Nestbeschmutzer« beschimpft, ihnen werden öffentliche Gelder entzogen und sie werden als »Linksextremisten« kriminalisiert. Die AfD versucht, missliebige Vereine und Akteure der Zivilgesellschaft bis hin zu Landeszentralen für politische Bildung zu diskreditieren. Konservative fordern, Grundrechte einzuschränken, und (noch) mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden. Offensichtlich gibt es dort aber kein Defizit an Informationen, Ausrüstung und Befugnissen – wohl aber ein Haltungsproblem.

DIE LINKE hält dagegen – auf der Straße, in den Betrieben, in den Parlamenten. Zusammen mit breiten Bündnissen blockieren wir Naziaufmärsche und kämpfen gegen rechte Angriffe und für die gesellschaftliche Ächtung von rechtem Gedankengut. Wir stellen uns gegen jede Form von Menschenfeindlichkeit, egal ob vom rechten Rand oder aus der vermeintlich seriösen Mitte der Gesellschaft. Ziviler Ungehorsam gehört zum demokratischen Protest und darf nicht kriminalisiert werden. Die Große Koalition hat mit ihrer Politik den Nährboden bereitet, auf dem Rassismus und Ideologien der Ausgrenzung gedeihen. Der Aufstieg und die Radikalisierung der AfD sind Ergebnis dieser verfehlten Politik sowie der erfolgreichen rassistischen Umdeutung der Ursachen der sozialen Spaltung. Mit dem Erstarken der AfD besteht die Gefahr des Wiederentstehens einer faschistischen Partei mit bundesweitem Masseneinfluss. Es ist deshalb notwendig, die AfD auf der Straße und in den Parlamenten zu stoppen. Eine wirksame Politik muss Ursachen bekämpfen und aufklären: Armut und Niedriglöhne überwinden, die extreme Rechte zurückdrängen, die Demokratisierung der Gesellschaft vorantreiben, soziale Sicherheit schaffen und die antifaschistischen Grundwerte mit allen demokratischen Mitteln verteidigen.

Die Gegenkräfte in der Zivilgesellschaft stärken! Protest und Aufklärung gegen rechts sind eine Bedingung von Demokratie und dürfen nicht mehr kriminalisiert werden. Projekte der mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, Opferberatungen und zivilgesellschaftliche Demokratiebündnisse sowie Antifa-Initiativen müssen mit einem echten Demokratiefördergesetz stärker und langfristig finanziell unterstützt werden. Dabei darf es kein strukturelles Misstrauen und keinen Kooperationszwang mit Polizei und Inlandsgeheimdienst geben. Zivilgesellschaftliche Vereine wie Change.org, Campact und Attac müssen durch eine Reform der Abgabenordnung wieder als gemeinnützig gelten.

Verfassungsschutz durch eine unabhängige Beobachtungsstelle ersetzen! Die Verfassungsschutzbehörde ist ein Inlandsgeheimdienst. Er ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Er muss durch eine unabhängige »Beobachtungsstelle Autoritarismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit« ersetzt werden. Sie soll Rechtsextremismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus, religiösen Fundamentalismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit beobachten und darüber aufklären (vgl. Kapitel »Sicherheit für alle«). Als erster Schritt muss das V-Leute-System des Inlandsgeheimdienstes und seine Verstrickungen mit der extremen Rechten aufgedeckt und beendet werden.

Den Rechten den sozialen Nährboden entziehen! Die Zustimmung zu rechter Politik baut auf Rassismus und der Erfahrung auf, dass Interessen nur gegen andere durchgesetzt werden können. Dass die Regierung den rechten Forderungen bei Flucht und Asylrecht nachgegeben hat, hat die extreme Rechte stärker gemacht, nicht schwächer. Die Spaltung der Gesellschaft stärkt zudem religiöse Fundamentalisten. Dagegen braucht es eine soziale Politik für alle Menschen. Mit gleichen Rechten für alle und massiven Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, die eine Gesellschaft zusammenhält – bezahlbarer Wohnraum, kostenfreier ÖPNV, gute Gesundheitsversorgung, Arbeit und Bildung (vgl. Kapitel »Solidarische Einwanderungsgesellschaft«).

Entwaffnung der extremen Rechten und Ermittlungsschwerpunkte für rechten Terror! Ermittlungsschwerpunkte bei BKA und Bundesanwaltschaft müssen die Vernetzung der militanten Naziszene, insbesondere entsprechende Netzwerke bei Polizei, Bundeswehr und Spezialeinheiten stärker in den Blick nehmen. Sie dürfen Fälle rechter Gewalt nicht mehr als Einzelfälle verharmlosen. Reichsbürgern und Neonazis muss endlich die waffenrechtliche Erlaubnis entzogen werden.

■ Wir wollen ein Bleiberecht für die Opfer rechter Gewalt, um der auf Vertreibung gerichteten Intention der Täter*innen entgegenzutreten, und verurteilen die Angriffe auf Moscheen, Synagogen sowie andere sakrale oder symbolische Orte. Auch linke Menschen und Strukturen geraten immer wieder in den Fokus rechter Angriffe. Wir stehen zusammen und sind solidarisch mit Opfern rechter Gewalt und ihren Angehörigen. Sie müssen besser und langfristig unterstützt werden.

Demokratisierung der Sicherheitsbehörden! Es braucht eine wissenschaftliche Untersuchung extrem rechter Einstellungen und rassistischer Praktiken bei Polizei und Bundeswehr. Gegen Rassismus und Korpsgeist bei der Polizei sind eine unabhängige Beschwerde- und Ermittlungsstelle auf Bundesebene, eine Kennzeichnungspflicht, eine Überarbeitung der Ausbildung sowie Rotationsmodelle für geschlossene Einheiten nötig. Rassistische, antisemitische, homo- und transfeindliche, sowie sexistische Ansichten müssen auch in den Behörden aktiv bekämpft werden (vgl. Kapitel »Sicherheit für alle!«).

■ Wir fordern die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Rechtsterrorismus, um die Aufklärung fortzusetzen und die lange Geschichte rechtsterroristischer Strukturen in der Bundesrepublik sowie die Verantwortung staatlicher Stellen aufzuarbeiten. Alle NSU-Akten müssen endlich der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

■ Wir werden die parlamentarische Aufklärung des Rechtsterrors im Bundestag vorantreiben, Druck machen für die Freigabe der Akten der Geheimdienste u.a. zum Oktoberfest-Attentat und zum NSU-Komplex und unabhängige Recherche weiterhin nach Kräften unterstützen. Wir fordern das Verbot militanter, bewaffneter, neonazistischer Organisationen.

■ Wir setzen uns für eine antifaschistische Erinnerungskultur ein, um das Gedenken an die Opfer von damals und heute zu bewahren. Der 8. Mai soll als Tag der Befreiung vom Faschismus endlich ein bundeseinheitlicher Feiertag werden. Die politische Bildung an den Schulen sowie kritische Sozialwissenschaften an den Hochschulen wollen wir stärken.

Deutschland hat wegen der beispiellosen Verbrechen der Deutschen an jüdischen Menschen und an Sinti*zze und Rom*nja wegen der Entfesselung des Zweiten Weltkriegs und der Verbrechen an den Völkern Europas – besonders an Polen und den Völkern der Sowjetunion – an politisch Andersdenkenden, behinderten Menschen und Homosexuellen – eine besondere Verantwortung und muss jeder Art von Menschenfeindlichkeit, Antisemitismus, Antiziganismus, antimuslimischem und anderem Rassismus und Sexismus entgegentreten.

Die Rechte von Minderheiten stärken

Dän*innen, Fries*innen, Sinti*zze und Rom*nja sowie Sorb*innen/Wend*innen leben seit Jahrhunderten in Deutschland, die Regionalsprache Niederdeutsch wird bis heute gesprochen. Zur Schaffung kultureller und sprachlicher Vielfalt gehört deshalb die Förderung von Regional- und Minderheitensprachen, die entsprechend der Europäischen Minderheitencharta (Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen) anerkannt sind.

■ Wir fordern bundespolitische Grundsätze zur Wahrung und Weiterentwicklung der Identität, Sprache und Kultur der ethnischen Minderheiten sowie Minderheitenschutz im Grundgesetz.

■ Bei der Strukturförderung von Regionen sind die Bedürfnisse der ethnischen Minderheiten angemessen zu berücksichtigen. In ganz besonderer Weise betrifft das die erneut vor einem Umbruch stehende Lausitz/Łužyca/Łužica.

■ Wir stehen dafür, Institutionen und Projekte zu Erhalt, Pflege und Entwicklung der Minderheitensprachen und -kulturen finanziell gemäß den gewachsenen Aufgaben auszustatten.

■ Wir setzen uns dafür ein, die Sinti*zze und Rom*nja zu schützen und zu fördern. Wir setzen uns für die Fortsetzung der gesellschaftlichen Aufarbeitung der Verfolgungsgeschichte der Sinti*zze und Rom*nja während der NS-Zeit ein. Wir unterstützen Maßnahmen gegen Antiziganismus sowie zur Stärkung der Teilhabe von Sinti*zze und Rom*nja und wollen den gesellschaftlichen Beitrag der Minderheit in Deutschland umfassender vermitteln, um der strukturellen Ungleichheit und der tief sitzenden Ablehnung gegenüber der Minderheit entgegenzuwirken. Die Empfehlungen der unabhängigen Expertenkommission Antiziganismus müssen schnell umgesetzt werden.

Wir unterstützen die europaweiten Bemühungen um die Schaffung von verlässlichen minderheitenpolitischen Instrumenten auf der Ebene der Europäischen Union – die Ablehnung der Minority-Safepack-Initiative durch die EU-Kommission darf nicht das letzte Wort sein.

Sicherheit für alle statt Überwachungsstaat

Die Gewaltkriminalität geht seit Jahren zurück. Aber das Gefühl der Verunsicherung wächst. Bei jedem Bericht über Straftaten fordern Innenpolitiker der Regierung Gesetzesverschärfungen und die Einschränkung von Grundrechten. Diese Sicherheitspolitik verwaltet die Probleme, anstatt sie zu lösen. Genützt hat das vor allem dem Machtstreben der Konservativen und den Profiten der Sicherheitsbranche.

Die herrschende Sicherheitspolitik ist ungerecht. Sie trifft Menschen mit wenig Geld und ohne Lobby härter. Ersatzfreiheitsstrafen für kleine Delikte wie Fahren ohne Fahrschein bringen jedes Jahr Tausende Menschen ins Gefängnis. Kontrollen von Wirtschaftskriminalität und Steuerhinterziehung werden hingegen heruntergefahren – die Großen lässt man laufen. Für viele Menschen bedeutet die Einschränkung von Grundrechten und die Aufrüstung der Polizei neue Unsicherheiten. So werden Spaltung und Aggression im Alltag verstärkt. Umso mehr, als immer mehr extrem rechte Netzwerke in Polizei und Justiz aufgedeckt werden. Auch das Vorgehen der Bundesregierung in der Coronapandemie entsprach viel zu oft falschen Maßstäben. Die Einschränkung von Bürgerrechten und der Versammlungsfreiheit war schwerwiegend, oft wurde die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt. Der Arbeitsschutz bei großen Konzernen wie Tönnies und Amazon wurde nur mangelhaft durchgesetzt, dagegen wurden Menschen im Park polizeilich schikaniert. Menschen mit niedrigen Einkommen und in kleinen Wohnungen waren von dieser Schieflage der Krisenpolitik besonders betroffen.

Mehr Sicherheit gibt es nicht durch die Aufrüstung von Polizei und Geheimdiensten, sondern durch Bekämpfung der sozialen Ursachen von Kriminalität, Verunsicherung und Gewalt. Der Vollzug bestehenden Rechts und die Abwendung von Gefahren müssen ebenso gewährleistet sein wie der Schutz der Freiheits- und Bürgerrechte – für alle! Wir wollen deshalb einen Politikwechsel – weg von der einseitigen Fokussierung auf repressive Maßnahmen und Symbolpolitik hin zum umfassenden Ansatz einer demokratischen Sicherheitspolitik, die Grundrechte schützt, Prävention stärkt, soziale Sicherheiten ausbaut, in das Öffentliche investiert und die Sicherheitsbehörden demokratisiert. Staatliche Gewalt wollen wir als Mittel zur Konfliktlösung langfristig zurückdrängen und durch zivilgesellschaftliche Prävention und Kooperation ersetzen.

■ Grundrechte umfassend durchsetzen! Es braucht ein bundesweit wirksames Antidiskriminierungsrecht, das sich am Berliner Antidiskriminierungsgesetz orientiert. Wir stellen uns gegen rechte Kampagnen, die Minderheiten zu kriminalisieren versuchen und soziale Probleme in ethnische bzw. kulturelle Konflikte umdeuten wollen.

■ Mehr Sicherheit durch mehr Beteiligung! Wir wollen eine Sicherheitspolitik, die keine autoritäre Schlagseite hat, sondern alle Betroffenen miteinbezieht. Im Pandemiefall braucht es in Zukunft etwa Pandemie- und Gesundheitsräte, die bundesweit und kommunal die Zivilgesellschaft in all ihrer Vielfalt in Umsetzung und Konzeption von Infektionsschutzmaßnahmen einbeziehen.

■ Die Verhältnismäßigkeit wahren! Bagatelldelikte wie »Fahren ohne Fahrschein« und »Containern« sowie opferlose Vergehen wie Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz oder »illegale Einreise« müssen endlich entkriminalisiert werden. Ersatzfreiheitsstrafen für Geldstrafen sind sozial ungerecht, sie gehören abgeschafft!

■ Rechtsstaat stärken! Geheimdienste sind Fremdkörper in der Demokratie. Durch ihre Intransparenz und den Vorrang des Informant*innen-Schutzes behindern sie polizeiliche Ermittlungen und juristische Aufklärung. Dabei ist Abwehr von Gefahren Aufgabe einer demokratisch kontrollierten Polizei. Deshalb wollen wir den Verfassungsschutz und perspektivisch alle Geheimdienste abschaffen und ihn durch eine Beobachtungsstelle »Autoritarismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit« ersetzen. Als Erstes muss der Einsatz von V-Leuten beendet werden (vgl. Kapitel »Rechten Terror und Gewalt stoppen«).

■ Datenschutz wirksam machen! Wir wollen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sichern: gegen Vorratsdatenspeicherung, Bestandsdatenauskunft und Onlinedurchsuchungen (»Staatstrojaner«), nichtindividualisierte Funkzellenabfrage, allgegenwärtige Videoüberwachung, Späh- und Lauschangriffe und Rasterfahndung.

■ Gerade in Krisenzeiten: Kein Lockdown für die Demokratie – Bürgerrechte sind systemrelevant! Es darf keine Entmachtung der Parlamente geben, keine (Selbst-)Ermächtigung der Exekutive. Politische Betätigung und Versammlungen müssen möglich bleiben. Allgemeine Versammlungsverbote sind Gift für die Demokratie. Auch das Arbeitsrecht darf nicht ausgehebelt werden.

■ Das Recht auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung gilt auch für Beschäftigte. Das fängt schon beim Schutz gegen Videoüberwachung am Arbeitsplatz an, beim Einsatz von Detektiven oder der Überwachung des E-Mail-Verkehrs. Angesichts neuer Möglichkeiten zur digitalen Leistungsüberwachung fordern wir ein Beschäftigtendatenschutzgesetz.

■ Sicherheit ist eine öffentliche Aufgabe! Die Privatisierung von Sicherheit durch private Sicherheitsdienste, »Schwarze Sheriffs« usw. wollen wir verhindern bzw. rückgängig machen. Es ist schon schwierig genug, staatliche Sicherheitsbehörden zu überwachen, bei privaten Diensten ist das unmöglich.

Sonderstrafrecht stoppen! Die Antiterrorgesetzgebung der Bundesregierungen der vergangenen 20 Jahre gehört auf den bürgerrechtlichen Prüfstand. Verbrechen zu bekämpfen und Gefahren abzuwehren ist Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden. Hierfür braucht es kein politisches Sonderstrafrecht (wie die Paragrafen 129a und 129b StGB), wir wollen diese Paragrafen abschaffen. Wir fordern die Aufhebung des PKK-Verbots.

■ Staatliche und zivile Organisationen dürfen nicht militarisiert werden. Wir wollen die zivil-militärische Zusammenarbeit (ZMZ) zugunsten einer Stärkung des Technischen Hilfswerks und des Katastrophenschutzes beenden. Die schon bestehenden Strukturen der ZMZ sowie die in Aufbau befindlichen Strukturen der Reservekräfte der Bundeswehr müssen aufgelöst werden.

■ Gewalt stoppen – Opfer schützen! Um die Gewalt gegen Frauen und Kinder zu bekämpfen braucht es endlich eine Vollfinanzierung von Frauenberatungsstellen und -notrufen, ausreichend Frauenhausplätze und Präventionsprogramme für gewalttätige Männer (vgl. Kapitel »Feminismus«).

Waffenbesitz erschweren! Waffen- und Munitionsbesitz sollen strenger reglementiert werden. Gewalttäter*innen müssen konsequent mit einem Waffenverbot belegt werden.

Für eingriffsintensive Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen, Leibesvisitationen, Telekommunikationsüberwachung u.ä. wollen wir eine Entschädigung, wenn sie sich im Nachhinein als rechtswidrig oder missbräuchlich herausstellen.

Polizei im Rechtsstaat

Die Arbeitsbedingungen für viele Polizist*innen sind von Belastungen und Überstunden geprägt. Das liegt auch daran, dass ihnen immer neue Aufgaben zugewiesen werden. Das wollen wir ändern und Arbeitsbedingungen verbessern. Im Rechtsstaat darf die Polizei nicht als Universalmittel zur Bearbeitung von Problemen eingesetzt werden, sie sollte auf die Kernaufgaben der Abwehr konkreter Gefahren und der Straftatenbekämpfung unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes beschränkt sein. Die dokumentierten Fälle von Diskriminierung durch die Polizei haben sich 2019 verdoppelt. Jedes Jahr gibt es Hunderte Fälle von rechtswidriger Polizeigewalt, für die sich niemand verantworten muss – eine strafrechtliche Verfolgung findet kaum statt. Übergriffe werden selten angezeigt und noch seltener angeklagt. Vielfach werden Einsatzstrategien angewandt, die einer Demokratie widersprechen. So entsteht eine Polizeikultur, die missbräuchliche Gewaltanwendung zulässt und befördert. Hier braucht es ein Umsteuern!

Die Ausübung des staatlichen Gewaltmonopols muss besser kontrolliert werden. Gerade für die vielen Polizist*innen, die rechtsstaatlich handeln und sich dem Schutz aller Menschen verpflichtet fühlen, müssen die Strukturen so verändert werden, dass alle diesem Anspruch gerecht werden. Weniger Übergriffe sind nur durch einen Wandel des polizeilichen Selbstverständnisses, von Einsatzformen und Polizeikultur zu erreichen. Neben einer Aufgabenstraffung braucht die Polizei deshalb ein modernes, menschenrechtsorientiertes Leitbild, das auf der Grundlage von Verhältnismäßigkeit, Deeskalation und demokratischer Kontrolle aufbaut. Eine bürgernahe Polizei muss die Rechte von Migrant*innen und Demonstrant*innen genauso schützen wie für die Menschen erreichbar und ansprechbar sein. DIE LINKE steht an der Seite von allen, die sich gegen Polizeigewalt und Rassismus einsetzen und für den Ausbau von Grundrechten und Demokratie eintreten. Die Bewegungen gegen Polizeigewalt und Polizeigesetzverschärfungen, Black Lives Matter sowie die migrantischen Initiativen und Verbände sind unsere Verbündeten (vgl. Kapitel »Solidarische Einwanderungsgesellschaft«). DIE LINKE wird sich an keiner Regierung beteiligen, die Polizeibefugnisse weiter ausweitet und demokratische Freiheitsrechte abbaut.

Gute Arbeitsbedingungen! Polizist*innen brauchen eine gute und moderne Ausbildung. Zudem benötigen wir eine moderne Personalmitbestimmung für die Polizei.

■ Einrichtung von unabhängigen Beschwerde- und Ermittlungsstellen gegen Polizeigewalt und Diskriminierung durch Polizeibeamt*innen! Wirksame Kontrolle kann nur durch eine unabhängige Instanz erfolgen. Sie erfordert einen kritischen Blick, institutionelle Unabhängigkeit von Polizei und Innenverwaltung sowie eine hinreichende Ausstattung mit Befugnissen und Ressourcen.

■ Vielfalt leben! Die Zusammensetzung der Polizei muss die Bevölkerung widerspiegeln. Mittel dafür können anonymisierte Bewerbungsverfahren oder Quoten sein.

■ Sicherheit durch Nachvollziehbarkeit! Zur Aufklärung und Vermeidung von Übergriffen sollen Einsatzprotokolle und Polizeivideos bei Treuhandstellen aufbewahrt werden.

■ Transparenz jetzt! Eine individuelle Kennzeichnungspflicht muss sofort und überall eingeführt werden. Es muss selbstverständlich werden, dass Polizeibeamt*innen den Bürger*innen individuell erkennbar gegenübertreten.

Rechtsstaatliche Begrenzung von Befugnissen! Die Polizeigesetze der letzten Jahre haben die Grenzen aufgeweicht. Die Strafverschärfungen für Widerstandsdelikte wollen wir rückgängig machen. Auch die Ausweitung der Befugnisse der Bundespolizei lehnen wir ab.

■ Probleme angehen! In der Polizei muss ein humanistisches Menschenbild gestärkt und menschenfeindlichen Einstellungen entgegengewirkt werden. Diese müssen mithilfe von unabhängigen Studien festgestellt, eingestanden, bewusst gemacht und bekämpft werden.

■ Klarheit schaffen! Es braucht klare Regeln, um Racial Profiling zu verhindern: Verdachtsunabhängige Kontrollen auf der Basis von Gummiparagrafen wie im Bundespolizeigesetz müssen gestrichen werden.

Keine Toleranz für Intoleranz im Staatsdienst! Polizist*innen und Beamt*innen, denen rassistisches, sexistisches oder homofeindliches Verhalten nachgewiesen wird, müssen konsequent disziplinarisch verfolgt werden, gegebenenfalls bis zur Entlassung aus dem Dienst.

Deeskalation statt Aufrüstung! Die Militarisierung der Polizei, ihre zunehmende Ausstattung mit Maschinenpistolen und »weniger tödlichen Waffen« wie zum Beispiel Taser, den Einsatz von Gummigeschossen oder bewaffnetem SEK gegen Demonstrationen lehnen wir ab. Den Einsatz von Pfefferspray durch die Polizei wollen wir massiv einschränken; im Zusammenhang mit Versammlungen, Ansammlungen im öffentlichen Raum und Veranstaltungen soll er verboten werden.

■ Die Ausbildung muss sich ändern! Die Polizeiausbildung des gehobenen Dienstes sollte überwiegend in den allgemeinen Hochschulen erfolgen. Es braucht mehr kritische Polizeiforschung und -lehre sowie eine fortdauernde Evaluation polizeilichen Handelns.

■ Unterstützung geben! Es braucht verbindliche Unterstützungsangebote wie Supervisionen, Fortbildungen zu Vielfalt und diskriminierungsfreiem Verhalten sowie psychologische Betreuung. Ziel ist es, Beamt*innen bei der Bewältigung ihrer Erfahrungen zu unterstützen und die Verfestigung diskriminierender Einstellungen zu verhindern.

■ Bürgernähe statt Kasernierung! Beamt*innen in geschlossenen Einheiten sollen rotieren, um die Herausbildung von Korpsgeist zu erschweren. Insgesamt wollen wir deutlich weniger geschlossene Einheiten und stattdessen eine bürgernahe Polizei.

Unabhängigkeit der Politik sichern

DIE LINKE ist die einzige Partei im Bundestag, die keine Spenden von Konzernen, Banken, Versicherungen oder Lobbyisten erhält. Dabei bleibt es. Der Einfluss des Lobbyismus auf die gesamte Politik muss zurückgedrängt werden. Gesetze dürfen nicht von denen geschrieben werden, die davon profitieren. Korruption und Bestechung, Vorteilsgewährung und Vorteilsnahme, Intransparenz und Parteiensponsoring dürfen nicht die Politik bestimmen.

■ Wir wollen ein verbindliches, maschinenlesbares und transparentes Lobbyregister einführen und treten für ein Beschäftigungsverbot von Lobbyisten in Bundesministerien und – bei Vollzeitparlamenten – von Abgeordneten als bezahlte Interessenvertreter für Dritte ein. Wir brauchen eine*n unabhängige*n Lobbybeauftragte*n zur Aufsicht und Kontrolle des Registers, der* die vom Bundestag gewählt wird.

■ Den Gesetzesvorlagen der Bundesregierung muss eine Auflistung der Interessenvertreter*innen sowie der Sachverständigen beigefügt werden, deren Stellungnahmen bei der Erstellung und Erarbeitung berücksichtigt wurden oder die sonst mitgewirkt haben (legislative Fußspur).

■ Kein Lobbyismus an Schulen! Soweit Forschung und Einrichtungen oder auch einzelne Studien von Lobbyisten bezahlt werden, muss das transparent gemacht werden.

■ Auch nachträgliche »Dankeschön-Spenden« und Bestechung mit dem Ziel der Imagepflege des Lobbyisten müssen uneingeschränkt als Abgeordnetenbestechung strafbar sein.

■ Abgeordneten muss es verboten sein, Spenden anzunehmen. Die Nebenverdienste von Abgeordneten sind auf Euro und Cent zeitnah zu veröffentlichen. Unternehmens- und Lobbyistenspenden an Parteien sowie das Parteiensponsoring wie Unternehmensstände auf Parteitagen wollen wir verbieten und Spenden von Privatpersonen auf 25.000 Euro im Jahr begrenzen.

■ Der Vermengung von politischen und wirtschaftlichen Interessen wollen wir Einhalt gebieten: Bundesminister*innen und parlamentarische Staatssekretär*innen müssen nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt mindestens drei Jahre bzw. für die Dauer des zeitlichen Anspruchs auf Übergangsgeld warten, bevor sie in Unternehmen wechseln, mit deren wirtschaftlichen Interessen sie zuvor politisch befasst waren.

■ Wir wollen die Europäische Antibetrugsbehörde OLAF ausbauen und stärken.

Die Demokratie demokratisieren!

Demokratie ist mehr, als alle vier Jahre seine Stimme abzugeben. Dafür müssen auf allen Ebenen und in allen Bereichen – von der europäischen, internationalen wie kommunalen Ebene bis hin zum Betrieb, zur Wirtschaft – mehr Mitbestimmung und Beteiligung geschaffen werden. Deshalb fordert DIE LINKE seit Jahren, dass Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide auch auf Bundesebene möglich sein müssen.

■ Wir wollen, dass die Privatisierung von öffentlichen Dienstleistungen ebenso gestoppt wird wie alle öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP). Bis das durchgesetzt ist, müssen alle Privatisierungsvorhaben den Bürger*innen zur direkten Abstimmung per Volksentscheid vorgelegt werden.

■ Demokratie braucht Meinungs- und Pressefreiheit, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und die Freiheit der Bürger*innen von staatlicher Ausspähung (vgl. »Kapitel Datensicherheit und Datenschutz«).

■ Wir wollen Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide auf Bundesebene einführen. Die Ausweitung der Mitbestimmungsrechte schließt auch die Einführung von Referenden ein, d.h., die Bürger*innen können gegen parlamentarische Entscheidungen ein Veto einlegen.

■ Wir wollen verbindliche Bürger*innenforen einrichten. Planfeststellungs- und Raumordnungsverfahren müssen so angelegt werden, dass allen ausreichend Zeit bleibt, sich zu informieren, zu überprüfen, ob ihre Interessen gewahrt bleiben und sich zu beteiligen. Eine Beschleunigung des Planfeststellungsverfahrens zulasten von Bürger*innenbeteiligung lehnen wir ab.

■ Das von der Zivilgesellschaft entwickelte Instrument der Bürger*innenräte, wonach zufällig geloste Menschen aus der Mitte der Gesellschaft Lösungen und Fragestellungen entwerfen, wollen wir unterstützen und fördern.

■ Das Petitionsrecht wollen wir als Bürgerrecht weiter ausbauen.

■ Die Oppositionsrechte in allen Parlamenten, Plenen und Ausschüssen wollen wir stärken. Ausschusssitzungen sollen grundsätzlich öffentlich sein.

■ DIE LINKE setzt sich für eine Absenkung des Wahlalters in allen demokratischen Entscheidungsprozessen auf europäischer, Bundes-, Länder- und Kommunalebene auf 14 Jahre ein. Das schließt das Wahlrecht für langfristig hier lebende Migrant*innen ein (vgl. Kapitel »Solidarische Einwanderungsgesellschaft«).

■ Die Bewegungsfreiheit ist ein essenzielles Recht, das niemandem pauschal genommen werden darf. Wir wollen den elterlichen Hausarrest verbieten. Dieser ist ein veraltetes Erziehungsinstrument, das den Grundrechten von Kindern und Jugendlichen entgegensteht.

■ Eine (automatische) Mitgliedschaft von Kindern in Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften der Eltern lehnen wir ab. Ein Beitritt darf nur selbst und nach Erreichen der Religionsmündigkeit erfolgen. Menschen, die unter Vollbetreuung stehen, dürfen nicht von Wahlen ausgeschlossen werden. Die Barrierefreiheit von Wahllokalen und Wahlvorgängen muss gewährleistet werden.

■ Jugendpolitik auf Augenhöhe. DIE LINKE bekennt sich zu einer Politik, die alle Generationen respektvoll einbezieht und sich für die Rechte von Rentner*innen genauso einsetzt wie für Kinder und Jugendliche. Junge Menschen sollen selbstverantwortlich handelnde Bürger*innen werden. Dafür wollen wir einen Paradigmenwechsel in der Jugendpolitik: weg von Fremdbestimmung und Restriktion, hin zu Selbstbestimmung und seriöser, wertneutraler Aufklärung auf Augenhöhe.

Bürgerschaftliches Engagement besser unterstützen

Mehr als 30 Millionen Menschen engagieren sich in diesem Land. In Vereinen, Initiativen, bei Rettungsdiensten, in der Freiwilligen Feuerwehr und an vielen anderen Stellen sorgen Engagierte für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Demokratie lebt von der kritischen und mitgestaltenden Beteiligung einer lebendigen Zivilgesellschaft. Wir wollen dieses vielfältige freiwillige Engagement besser unterstützen und die Barrieren für soziale Gruppen, die im Engagement unterrepräsentiert sind, senken. Das bürgerschaftliche Engagement darf dabei nicht als Ersatz öffentlicher Aufgaben in der Daseinsvorsorge missbraucht werden.

■ Ehrenamt braucht Hauptamt. Wir wollen Strukturen ausbauen und sichern, die freiwillig engagierte Menschen unterstützen.

■ Anerkennung von freiwilligem Engagement muss verbessert werden. Wir wollen zusammen mit den Ländern und Kommunen einen bundesweit einheitlichen Freiwilligenpass schaffen, der Vergünstigungen und kostenlose Nutzung von Freizeit-, Kultur-, und Bildungseinrichtungen ermöglicht.

Jugendfreiwilligendienste sind wichtige Bildungs- und Orientierungsprogramme für junge Menschen. Wir wollen sie ausbauen und ihre Qualität insbesondere in der pädagogischen Begleitung verbessern. Sozial benachteiligte junge Menschen wollen wir besser unterstützen, um ihnen die Teilhabe an den Freiwilligendiensten zu erleichtern. Wir unterstützen die Forderung vieler Freiwilligendienstleistender nach freier Fahrt für Freiwilligendienstleistende im ÖPNV.

■ Zivilgesellschaftliche Organisationen, die Engagement bündeln und Interessen sowie Forderungen sichtbar machen, sind unverzichtbar für eine lebendige Demokratie.

In den letzten Jahren sind vielen Organisationen mit dem Gemeinnützigkeitsrecht Steine in den Weg gelegt worden. Das wollen wir ändern und dazu das Gemeinnützigkeitsrecht reformieren (vgl. Kapitel »Einkommensteuer gerecht reformieren«).

■ Die neu gegründete Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt möchten wir stärker auf die Förderung bestehender Engagementsstrukturen ausrichten und die Rolle der Zivilgesellschaft weiter stärken.

■ Der Charakter von freiwilligem Engagement muss erhalten bleiben. Deswegen muss eine Monetarisierung verhindert werden, und Engagement darf keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze ersetzen oder verhindern.

■ Freiwilliges Engagement muss in der politischen Debatte einen höheren Stellenwert erhalten. Daher setzen wir uns für einen Hauptausschuss zum bürgerschaftlichen Engagement im Deutschen Bundestag ein.

Kultur und Kunst in ihren vielfältigen Formen sind für uns alle unverzichtbar und demokratierelevant. Die Freiheit der Kunst wird in Art. 5, Abs. 3 des Grundgesetzes geschützt und stellt damit ein Grundrecht dar. Kunst und Kultur können aber nur frei sein und ihre gesellschaftlichen Aufgaben erfüllen, wenn die Kulturförderung in weiten Teilen nicht als freiwillige Aufgabe der Länder und Kommunen betrachtet wird. DIE LINKE tritt dafür ein, dass Kulturförderung als Pflichtaufgabe angesehen wird, d.h. der Staat schützt nicht nur Kunst und Kultur, sondern er fördert sie. Kunst und Kultur helfen uns, unterschiedliche Perspektiven auf unser gesellschaftliches Miteinander sowie auf Missstände zu werfen, deren Ursachen zu ergründen und sie zu hinterfragen – um uns in die Lage zu versetzen, solidarisch die Bedingungen für alle Menschen zu verbessern. An der Überwindung der sozialen Ungleichheit und aller kulturellen Unterdrückung mitzuwirken ist Aufgabe fortschrittlicher, aufklärerischer Kultur, deren Inhalt und Ziel ein humanistisches Menschenbild und die umfassende solidarische Entfaltung der assoziierten Individuen ist.

DIE LINKE tritt für eine vielfältige, emanzipatorische und partizipative Kultur ein, die allen zugänglich und für alle erschwinglich ist. In Metropolen wie in ländlichen Räumen, in Kulturinstitutionen und freier Szene. Kulturelle Vielfalt lebt von einem breiten Kulturbegriff. Hierzu gehören partizipative Freiräume für Kinder und Jugendliche, soziokulturelle Zentren, urbane Clubkultur, Vereinskultur, kommunale Kinos und Theater, Orchester, inter- und transkulturelle Orte kultureller Bildung, Bibliotheken ebenso wie Räume für experimentelle Künste, museale Einrichtungen und eine lebendige Gedenkkultur. Dabei verstehen wir Kulturförderung weitergehend auch als Infrastrukturförderung. In diesem Sinne wollen wir die kulturelle Infrastruktur in Stadt und Land erhalten, auf- und ausbauen.

DIE LINKE stellt sich gegen die Ökonomisierung und Privatisierung von Aufgaben der Daseinsvorsorge. Kultur liegt vorrangig im Aufgabenbereich der Länder und Kommunen. Bereits vielerorts stattfindende Kürzungen im Kulturbereich auf kommunaler und Länderebene sind Vorboten von Verteilungskämpfen, die mit der veränderten Haushaltslage nach der Coronakrise anstehen. Die Coronakrise konfrontiert die Länder und Kommunen mit erheblichen finanziellen Problemen, die sie nicht aus eigener Kraft lösen können. Vor diesem Hintergrund fordert DIE LINKE u.a. eine Vermögensteuer sowie eine Vermögensabgabe zur Bewältigung der Krisenkosten und zur Finanzierung von dauerhaften Förderprogrammen (vgl. Kapitel »Mit Steuern umsteuern«). Kommunale Verschuldung und Sparzwang würden Kultur – als sogenannte freiwillige Aufgabe – nicht nur zuerst treffen, sondern auch die finanzielle Krise weiter verschärfen. Deshalb muss Kultur zur Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen werden.

Die ineffektive Pandemiebekämpfung der Bundesregierung wird auch auf dem Rücken der in der Kulturbranche tätigen Menschen ausgetragen, die sich über Monate hinweg im Dauer-Lockdown befanden. Die Regierung hat dabei versagt, für die Kulturschaffenden eine soziale Lösung aufzuzeigen. Zum einen greifen die Coronasoforthilfen nicht die Lebens- und Arbeitsrealität vieler Kulturschaffender auf. Zum anderen weisen viele Hilfsprogramme große Hürden für kleine und mittlere Kulturbetriebe auf. Die Coronakrise verstärkt jedoch auch Problemlagen, die bereits vor der Krise bestanden haben, denn Kultur ist nicht ausreichend finanziert. Wir stehen deshalb für den kontinuierlichen Dialog mit Akteur*innen der Kulturszene und unterstützen Proteste von Kulturschaffenden und Beschäftigten in der Veranstaltungsbranche. DIE LINKE will Selbstständige, Freiberufler*innen und dem Kunst-, Kultur-, Medien- und Kreativbereich eine gute Wiederaufnahme ihrer Tätigkeiten ermöglichen. In diesem Sinne soll für die Dauer der Coronapandemie der Zugang zu einer monatlichen Pauschale in Höhe von mindestens 1.200 Euro – auch rückwirkend ab März 2020 – ermöglicht werden. DIE LINKE will Kultur krisenfest gestalten und streitet für gute, existenzsichernde Arbeit und soziale Sicherung im Kulturbereich. Befristete, niedrig vergütete Arbeitsverhältnisse und der hohe Anteil von Projektförderung – insbesondere in der freien Szene – lassen keine Rücklagenbildung zu. Die damit einhergehenden instabilen Lebens- und Arbeitsverhältnisse stellen sich als wenig krisenfest dar. Durch den krisenbedingten Wandel bietet sich zudem die Möglichkeit, nachhaltigere, geschlechtergerechte und krisenfeste Fördersysteme zu etablieren.

■ Wir fordern die Einbeziehung aller in die gesetzlichen Sozialsicherungssysteme (Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung), um die soziale Absicherung von unstetig Beschäftigten und Soloselbstständigen zu verbessern.

■ Die Künstlersozialkasse muss für weitere Berufsgruppen geöffnet und der Bundeszuschuss erhöht werden.

■ Wir fordern verbindliche Mindeststandards der Honorierung in der freien Kunst- und Kulturarbeit, branchenspezifische Honoraruntergrenzen und eine rechtlich abgesicherte Ausstellungsvergütung für bildende Künstler*innen.

■ Die Verhandlungsposition von Kreativen muss im Urhebervertragsrecht gestärkt und ihre Mitbestimmungsrechte müssen gegenüber Verwertungsgesellschaften ausgebaut werden.

■ Den Trend von Hochschulen, zunehmend Verwertungsgesellschaften zu gründen, lehnen wir ab. Sie sind intransparent, schwer zu kontrollieren und richten Forschung an Profitorientierung statt an Erkenntnisgewinn und Allgemeinwohl aus. DIE LINKE kämpft für eine Wissenschaft, die dem Allgemeinwohl und nicht der Profitorientierung dient. DIE LINKE will die Bundeskulturförderung auf eine neue Grundlage stellen und Fördersysteme reformieren.

■ Die Bundeskulturförderung muss insgesamt nachhaltiger, prozesshafter, unbürokratischer und weniger projektorientiert gestaltet werden. In diesem Sinne sind langfristige Stipendienprogramme sinnvoll, die eine Rücklagenbildung ermöglichen, wie auch die Weiterführung der Flexibilisierung des Zuwendungsrechts von Fördermitteln.

■ Bei der Vergabe von Bundesfördermitteln sollen soziale Standards, Geschlechtergerechtigkeit und Diversität als Kriterien etabliert werden. Wir wollen die Kulturförderfonds bedarfsgerecht ausstatten und sie als zentrales Instrument der freien Szene stärken.

■ Das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern muss beendet werden. Wir wollen Kultur als Gemeinschaftsaufgabe und ein Staatsziel Kultur im Grundgesetz, um den kooperativen Kulturföderalismus zu stärken.

■ Wir wollen eine*n Bundeskulturminister*in mit Kabinettsrang und ein Kulturministerium, um die Belange der Kultur gegenüber anderen Ressorts sowie auf europäischer Ebene wirksamer vertreten zu können.

■ Länder und Kommunen müssen ausreichend Mittel erhalten, damit sie ihren Aufgaben in der Kulturpflege und Kulturförderung nachkommen, um Tarifflucht zu vermeiden und eine große Vielfalt der kulturellen Angebote im Bestand samt den notwendigen Investitionen dafür sichern können. DIE LINKE will »Kultur für alle« und kulturelle Teilhabegerechtigkeit realisieren. Um Chancengleichheit, Inklusion und Vielfalt zu stärken, muss sich ein diversitätsorientierter Strukturwandel im Kulturbereich an macht- und diskriminierungskritischen Kriterien orientieren. Vielfalt im Kulturbereich wirkt sich auf das Programm aus, sodass neue Perspektiven und Zugänge zu Kultur eröffnet und Besucher*innen dazugewonnen werden.

■ Hierfür müssen flächendeckend Antidiskriminierungsstrategien wirksam werden. Strukturelle Benachteiligung aufgrund der sozialen und ethnischen Herkunft, der Klasse, des Geschlechts, der sexuellen Identität, einer Behinderung, einer Religion oder Weltanschauung muss abgebaut werden.

■ Kulturelle Bildung schafft Zugänge zu Kunst und Kultur, um Menschen eine kreative Auseinandersetzung mit sich und ihrer Umgebung zu ermöglichen. Orte kultureller Bildung dienen deshalb als Räume der Selbstbildung und Selbstermächtigung. Aus diesem Grund wollen wir eine Fortführung und Verstetigung des Bundesprogramms »Kultur macht stark« mit erhöhten Mitteln.

■ Bundesregularien sollen es Stadtplaner*innen ermöglichen, verstärkt »Freiräume« zu berücksichtigen, die für eine partizipative und experimentelle Nutzung dienen sollen. Clubkultur ist ein wichtiger und wertvoller Teil unserer Kultur, Freiräume, in denen Menschen Musik genießen, tanzen und feiern können. Deshalb wollen wir die Club- und Festivalkultur fördern und erhalten. Das Clubsterben ist Teil des Ausverkaufs der Städte, wir wollen es stoppen. Clubs sind deshalb als Kultur anzuerkennen und mit anderen Kulturstätten gleichzustellen, insbesondere im Steuer- und Baurecht.

■ »Kunst am Bau«: 3 Prozent der Kosten öffentlicher Bauten sollen für Kunstwerke verwendet werden.

■ Wir bestehen auf der Einhaltung der UNESCO-Konvention für kulturelle Vielfalt bei internationalen Handelsabkommen.

DIE LINKE steht für einen barrierefreien und gleichberechtigten Zugang zur Kultur. Wir wollen Räume für Dialog und Austausch schaffen und einen Perspektivwechsel befördern.

■ Der Eintritt in vom Bund geförderte Museen und Sammlungen muss perspektivisch kostenfrei sein und das kulturpädagogische Personal aufgestockt werden.

■ Kultureinrichtungen müssen barrierefrei sein und inklusive Angebote unterbreiten.

■ Die Erfahrungen von Kultureinrichtungen und Projekten mit inter- bzw. transkulturellen Vermittlungskonzepten gilt es zu nutzen und zu verbreiten.

■ Wir fördern und fordern die Produktion und den Schutz von temporären und nichtinstitutionellen, frei zugänglichen Künsten, wie Street Art und Kunst im öffentlichen Raum, in soziokulturellen und selbstverwalteten Zentren.

■ Wir setzen uns für flächendeckende Kooperationen zwischen Schulen und Kunstinstitutionen sowie freien Künstler*innen ein.

DIE LINKE will Kulturgüter digital sichern und für alle zugänglich machen. Dafür brauchen wir eine gesamtstaatliche Digitalisierungsstrategie.

■ Wir setzen uns für eine Open-Access-Strategie auch im Kulturbereich ein. Wir schaffen Möglichkeiten und Anreize für Kultureinrichtungen, ihre digitalen Veröffentlichungen unter freie Lizenzen zu stellen. Die Kooperation mit der Deutschen Digitalen Bibliothek wollen wir ausbauen.

■ Für öffentliche Bibliotheken wollen wir den Verleih digitaler Medien vereinfachen.

■ Auch das filmische Erbe wollen wir dauerhaft bewahren und zugänglich machen.

DIE LINKE steht für eine lebendige und plurale Geschichts- und Erinnerungspolitik. Wir wollen zur kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte Deutschlands im 19. und 20. Jahrhundert anregen, insbesondere zur Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus. Die Aufarbeitung und Erinnerung an den Kolonialismus und damit verbunden Sklavenhandel und die Sklaverei muss präsenter werden. DIE LINKE steht für eine lebendige und plurale Geschichts- und Erinnerungspolitik. Wir wollen zur kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte Deutschlands im 19. und 20. Jahrhundert anregen, insbesondere zur Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus sowie der Geschichte beider deutscher Gesellschaften und Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Aufarbeitung und Erinnerung an den Kolonialismus und damit verbunden Sklavenhandel und die Sklaverei muss präsenter werden. Wir wollen Gedenkstätten als Gedenk- und Lernorte sowie als Dokumentationsstätten stärken.

■ Ehrenamtlich geführte Gedenkarbeit soll flächendeckend unterstützt werden.

■ Die Arbeitsbedingungen vor allem des pädagogischen Personals in Museen und Gedenkstätten müssen verbessert werden.

■ Gemeinsam mit lokalen Initiativen aus der Zivilgesellschaft wollen wir postkoloniale Kontinuitäten aufarbeiten und reflektieren, um zu einer demokratischen, antifaschistischen Kultur beizutragen, denn erinnern heißt handeln.

■ Wir wollen eine lebendige Erinnerungskultur fördern, die sich an den Realitäten der Einwanderungsgesellschaft orientiert.

■ Halle 2019 und Hanau 2020: Wir wollen das Gedenken und die Erinnerung an die Opfer von rassistischer und antisemitischer Gewalt in der jüngeren Geschichte Deutschland stärker verankern.

Es soll eine gesetzliche Grundlage für die Rückgabe von NS-Raubkunst geschaffen und die Provenienzforschung ausgebaut werden. Ebenso muss die Restitution von unrechtmäßig erworbenen Kulturgütern aus kolonialen Kontexten gesetzlich geregelt werden.

Medienvielfalt, unabhängigen Journalismus und Pressefreiheit stärken

Vielfältiger und unabhängiger Journalismus ist Voraussetzung einer demokratischen Meinungs- und Willensbildung und daher unerlässlich. Digitalisierung, Konzentrationsprozesse bei Zeitungen und Redaktionen, private Meinungs- und Marktmacht von Plattformen wie Facebook und Youtube, die Zunahme von Hassbotschaften und Fake News: Die Medienwelt befindet sich im radikalen Wandel. DIE LINKE will eine vielfältige Medienlandschaft, zu der neben privaten Anbietern ein starker öffentlich-rechtlicher Rundfunk und nicht kommerzielle Medien gehören. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht für mediale Teilhabe und Grundversorgung. Er muss auf veränderte Mediennutzungen reagieren können, journalistische Qualität sowie neben Nachrichten und Informationen auch umfassende Perspektiven, Bildung, Unterhaltung und kulturelle Vielfalt bieten.

DIE LINKE will, dass eine breite gesellschaftliche Debatte sowohl über die Reformen und den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wie auch über journalistische Standards in der Medienlandschaft geführt wird.

Unsere zentralen Anliegen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind:

■ Die Beitragsbefreiungen für Berechtigte wollen wir mit öffentlichen Mitteln kompensieren und automatisieren sowie auf soziale Einrichtungen und Menschen mit Behinderungen umfassend ausweiten. Das leidige Mahnwesen gehört zurückgefahren.

■ DIE LINKE will von der Rundfunkfreiheit geschützte Programmautonomie der Anstalten bewahren und eine aufgabengerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewährleisten.

■ Die Rechte der freien und arbeitnehmerähnlichen Mitarbeiter*innen müssen gestärkt und ihnen müssen sichere Einkommens- und Beschäftigungsperspektiven ermöglicht werden,

■ Wir wollen Regionalität ausbauen statt kürzen: Neue Gemeinschaftseinrichtungen der ARD sollten auch in ostdeutschen Bundesländern angesiedelt werden. Eine starke regionale und lokale Berichterstattung aller bestehenden Rundfunkanstalten muss dauerhaft gewährleistet sein.

■ Bei Dritten in Auftrag gegebene Produktionen sollen angemessen und fair vergütet und die Vergabe von Aufträgen an externe Produktionsfirmen an die Einhaltung von sozialen Standards wie Tariflöhnen, Mindestlohn und branchenspezifischen Mindesthonoraren gekoppelt werden.

■ Öffentlich-rechtliche Angebote sollen im Sinne einer unabhängigen Plattform ausgebaut werden; vollfinanzierte Auftragsproduktionen sollen unbegrenzt in den Mediatheken bleiben.

■ Die Vielfalt des Sports muss Programm abgebildet werden, weil Sport mehr ist als Fußball, Skisport und Großereignisse wie Olympia. Sportrechte demokratisieren: Gegenüber den Rechteinhabern, u.a. der Deutschen Fußballliga sollten finanzielle Verhältnismäßigkeit der Übertragungsrechte und eine gerechtere Verteilung unter den Vereinen (auch geschlechtergerecht!) geltend gemacht werden.

■ Wir setzen uns für transparente und diskriminierungsfreie Algorithmen ein.

Ob bei privaten oder öffentlich-rechtlichen Medienhäusern: für DIE LINKE muss sich die Vielfalt der Gesellschaft in der Personalstruktur und im Programm wiederfinden, damit mehr Lebensrealitäten widergespiegelt werden. Journalismus und Medienarbeit dürfen nicht zu einem Berufsfeld werden, das man sich leisten können muss. Wir wollen daher gute Arbeitsbedingungen, Geschlechtergerechtigkeit und Diversität in der Medien- und Filmbranche schaffen. Medienarbeit und -bildung müssen inklusiv sein und die Mediennutzungsmöglichkeiten vielfältig und barrierefrei.

Pressefreiheit und journalistische Arbeit muss gewährleistet sein.

■ Daher fordern wir, Medienschaffende besser vor Übergriffen, Verfolgung und Gewalt zu schützen.

■ Journalist*innen als Berufsgeheimnisträger*innen wie auch ihre Quellen müssen unter Schutz zu gestellt werden (Whistleblower-Schutzgesetz).

■ Informationsrechte der Öffentlichkeit stärken: DIE LINKE setzt sich für ein Presseauskunftsrecht ein, das die verfassungsrechtlich zugesicherten Auskunftsansprüche der Medien gegenüber Bundesbehörden sicherstellt.

■ Kollektive Verhandlungen und Honorarvereinbarungen für Selbstständige müssen gesetzlich verankert werden, Urheber*innen müssen gesetzlich verankert werden und müssen möglich sein.

Der Medienmarkt wird zunehmend, beschleunigt durch die Coronakrise, von Monopolen beherrscht. Die Markt- und Monopolmacht großer Digitalkonzerne und Plattformen muss zurückgedrängt und zum Beispiel durch staatsferne Aufsichtsstrukturen demokratisch kontrolliert werden (vgl. Kapitel »Digitalisierung«). Während einige Medienunternehmen von den aktuellen Entwicklungen profitieren, kämpfen andere aufgrund des drastischen Rückgangs der Werbeeinahmen.

DIE LINKE fordert einen bundesweiten Bericht zum Stand der Medienvielfalt und Pressefreiheit, in dem regelmäßig auch die Entwicklungen auf dem Medienmarkt untersucht und daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet werden, die die Medien- und Meinungsvielfalt sichern. Um Wettbewerbsnachteile auszugleichen, setzt sich DIE LINKE für eine Förderung der Presse ein, die journalistische Medienvielfalt mit guten Arbeitsbedingungen auf lokaler, regionaler, landesweiter und europäischer Ebene staatsfern stärkt und neben Printmedien auch angemessene Rechercheformate des Onlinejournalismus sowie nicht kommerzielle Angebote unterstützt.

DIE LINKE will Jugendschutz im Internet verbessern. Effektiver Jugendschutz besteht für uns insbesondere in flächendeckenden medienpädagogischen Angeboten für Eltern, Lehrkräfte, Kinder und Jugendliche. Medienbildung gehört in allen Bildungseinrichtungen – generationenübergreifend – auf die Tagesordnung. Medienkompetenzvermittlung spielt aber auch im Alter eine zentrale Rolle. Die Rolle der Landesmedienanstalten wollen wir stärken.

Der vereinfachte Zugang zu europäischer Förderung aus den Konjunkturprogrammen und den Investitionsprogrammen über die bisherige Medienförderung hinaus sollte sowohl der Überwindung der Folgen der Pandemie als auch den Bedarfen einer demokratischen Medienlandschaft gelten sowie verstärkt gemeinnützige Medienfreiheitsinitiativen fördern.

Wir verteidigen die Freiheit zur und von der Religion und die Trennung von Staat und Kirche

Wir verteidigen das Recht auf Religionsfreiheit: Es ist das Recht der Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses. Wir unterstützen den Kampf von Menschen für globale soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Frieden unabhängig von ihrer Weltanschauung und Religion. Wir treten für die institutionelle Trennung von Staat und Religion ein.

Das Recht auf Religionsfreiheit ist ein Schutz gerade für Minderheiten. Deshalb verteidigen wir jüdische Menschen, Muslim*innen und alle anderen religiösen Minderheiten, wenn sie wegen ihrer Religion diskriminiert werden. Drohungen, Übergriffe und Anschläge richten sich gegen Muslim*innen und jüdische Menschen und gegen Synagogen und Moscheen. Sie sind alltäglich geworden.

Antisemitismus und antimuslimischer Rassismus, wie jede andere Form des Rassismus, dürfen keinen Platz in der Gesellschaft haben. Wir treten für die Gleichbehandlung aller Religionen und Weltanschauungen mit den christlichen Kirchen ein.

■ DIE LINKE unterstützt den Kampf der Gewerkschaften und Kirchen für den erwerbsarbeitsfreien Sonntag.

■ Wir fordern die Abschaffung des kirchlichen Sonderarbeitsrechts für die Beschäftigten in den Kirchen, in Diakonie und Caritas.

■ Das Menschenrecht auf freie Religionsausübung schließt das Recht auf öffentliches Bekenntnis zu einer Religion ein. DIE LINKE verteidigt das Selbstbestimmungsrecht von muslimischen Frauen, spricht sich gegen ein Verbot religiös motivierter Bekleidung aus und lehnt eine Einschränkung von Beschäftigtenrechten auf dieser Grundlage ab.

■ Wir wollen einen Ethikunterricht, in dem alle Schüler*innen mit ihren unterschiedlichen weltanschaulichen, kulturellen und religiösen Hintergründen gemeinsam über ethische Fragen diskutieren können. Im Rahmen des Bildungsauftrages sollen Schulen auch weiterhin Wissen über Religionen vermitteln. Soweit bekenntnisorientierter Religionsunterricht an Schulen als Wahlfach angeboten wird, sollten sich alle Religionsgemeinschaften beteiligen können. Die Militärseelsorge in der jetzigen Form wollen wir abschaffen. Sie ist auch innerhalb der Kirchen umstritten. Sie muss durch einen Seelsorgevertrag für alle Angehörigen der Bundeswehr ersetzt werden, der eine gleichberechtigte Betreuung durch alle Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften garantiert. Die kirchlichen oder weltanschaulichen Betreuungspersonen sollen bei der Bundeswehr weder angestellt noch verbeamtet sein.

■ DIE LINKE fordert, dass die Kirchen in Zukunft ihre Steuern bzw. Beiträge selbstständig einziehen. Wir treten für den seit 1919 bestehenden Verfassungsauftrag zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen ein. In einer weltanschaulich und religiös vielfältigen Gesellschaft müssen alle die gleichen Möglichkeiten der Finanzierung haben.

■ DIE LINKE ist gegen ein Bauverbot für Sakralbauten.

■ Wir fordern die Einführung staatlich geschützter Feiertage für jüdische und muslimische Religionsgemeinschaften.

■ DIE LINKE tritt für die rechtliche Gleichstellung aller Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ein.

Sport ist kein Luxus

Sport ist für alle da. Dafür müssen wir die Zugangsbedingungen zum Sport verbessern. Sport treiben zu können, soll nicht vom Einkommen und sozialen Status abhängen. Sportvereine sind auch Orte erfolgreicher Integration. Wir fördern inklusiven, integrativen, natur- und umweltverträglichen Sport. Sportangebote und die Sportförderung müssen geschlechtergerecht sein und alle Altersgruppen angemessen berücksichtigen.

■ Viele Sporthallen, Sportplätze und Schwimmbäder sind baufällig, teilweise bereits gesperrt. Der Sanierungsbedarf beträgt rund 31 Milliarden Euro. Unser Zukunftsprogramm sieht ausreichende Investitionen vor, um die Einrichtungen barrierefrei und ökologisch sinnvoll zu sanieren. Die Eintrittspreise für Schwimmbäder müssen für alle erschwinglich sein.

■ Anerkannte Sportorganisationen, Schulen und Hochschulen sollen das Recht bekommen, Spiel- und Sportanlagen öffentlicher Träger unentgeltlich zu nutzen, wie es etwa im neuen Thüringer Sportfördergesetz geregelt ist.

■ Allen Schüler*innen soll die Teilnahme am Schwimmunterricht ermöglicht werden. Bis zum Ende der Primarstufe sollen alle Kinder sicher schwimmen können. DIE LINKE sieht Breitensport und Spitzensport als wechselseitiges Verhältnis. Sie will sowohl den Breitensport mit seiner positiven sozialen und gesundheitlichen Wirkung fördern als auch mögliche Sportkarrieren unterstützen. Die Spitzensportreform des Bundes wie auch das Konzept zur Förderung von Sportgroßveranstaltungen gehören auf den Prüfstand. Wir wollen eine offene Diskussion über die Rolle des Sports in der Gesellschaft – auch unter Berücksichtigung der Folgen der Coronapandemie.

■ Sport muss kommunale Pflichtaufgabe werden.

■ Die Rechte von Athlet*innen müssen weiter gestärkt, bestehende Ungleichheiten bei der Förderung des Sports von Menschen mit Behinderungen beseitigt werden.

■ Doping, alle Formen von Gewalt, Korruption und andere Manipulationen müssen bekämpft werden. Die Kommerzialisierung des Sports zum Zwecke der Profitmaximierung muss zurückgedrängt und die Vermittlung von Werten wie Toleranz, Respekt und Fairness gestärkt werden. Der Erhalt und die Förderung der Gesundheit müssen im Breiten- wie auch im Leistungssport einen höheren Stellenwert erhalten.

■ Die Mittel für Fanprojekte, Initiativen und Projekte gegen extreme Rechte, Diskriminierung und Gewalt sowie für die integrative Wirkung der Sportvereine sollen erhöht und nachhaltig festgeschrieben werden.

Schluss mit der Kriminalisierung der Drogen

DIE LINKE setzt sich für einen Paradigmenwechsel ein: weg von der Strafverfolgung, hin zu Prävention, Beratung und Hilfe. Wir sehen es nicht als Aufgabe der Politik an, Menschen zu erziehen, sondern ihnen eine informierte und risikobewusste Konsumentscheidung zu ermöglichen. Wir wollen den Wunsch nach Rausch nicht moralisch werten. Er ist ein Bestandteil der Kultur, auch wenn damit Risiken und mögliche Schäden verbunden sind.

Nur durch eine gute Gesundheits- und Sozialpolitik ist eine Schadensreduzierung möglich.Mit dem Verbot von Drogen werden die Risiken für Konsumierende und Gesellschaft nicht wirksam reduziert. Es verhindert weder den Drogenhandel noch senkt es wirksam den Konsum. Die Gesundheitsgefährdung durch Streckmittel, die Finanzierung der organisierten Kriminalität, Beschaffungskriminalität, sozialer Abstieg von Abhängigen, Begleiterkrankungen wie HIV/Aids und Hepatitis – viele drogenbezogene Probleme werden mehr durch die Repression verursacht als durch die Drogen selbst. Zugleich bindet die Repression große finanzielle Mittel: Mehrere Milliarden Euro werden für die Strafverfolgung ausgegeben, für Hilfe und Prävention nur ein Bruchteil davon. Drogen und Sucht sind ein Spiegel der Gesellschaft: Abhängig sein kann man nicht nur von illegalen oder legalen Substanzen, Tabak oder Alkohol, sondern zum Beispiel auch von Glücksspiel, Medikamenten und Energydrinks. Sucht hat vielfältige soziale und psychologische Ursachen und sollte – wie andere Erkrankungen auch – nicht als Versagen einzelner Menschen interpretiert werden.

■ Wir wollen Cannabis legalisieren. Wir wollen eine vorrangig nichtkommerzielle Bezugsmöglichkeit schaffen und den Besitz sowie Anbau zum eigenen Bedarf erlauben. Als zeitlich befristete Übergangslösung schlagen wir Modellprojekte zur legalen Verfügbarkeit in den Bundesländern bei gleichzeitiger bundesweiter Entkriminalisierung der Konsumierenden vor.

■ Die gesetzlichen Regeln zur medizinischen Verwendung von Cannabis müssen im Sinne der Patient*innen geändert werden. Der Zugang muss entbürokratisiert werden. Der Einsatz von Cannabis als Medizin muss auch bei weniger schweren Erkrankungen ermöglicht und der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen abgeschafft werden. Wir wollen die Versorgungssicherheit verbessern, indem mehr Cannabis als Medizin in Deutschland angebaut wird. Die Bestimmungen zum Fahren von Fahrzeugen bei medizinischer Verwendung von Cannabis müssen endlich klar geregelt werden.

■ Substitutionstherapie muss allen Opioidabhängigen offenstehen. Der Zugang und die Behandlung müssen vereinfacht werden, vor allem auch in Haftanstalten. Dazu brauchen wir unter anderem mehr Substitutionsärzte. Auch die diamorphingestützte Behandlung (Heroinvergabe) und die Take-Home-Regelung sollen ausgebaut werden. DIE LINKE fordert eine unabhängige wissenschaftliche Überprüfung, ob die bisherige repressive Drogenpolitik ihre Ziele erreicht und welche Nebenwirkungen sie entfaltet hat.

■ Wir wollen die Kriminalisierung von Konsumierenden beenden. Dafür sollen für häufig gebrauchte Drogen bundeseinheitliche Höchstmengen festgelegt werden, bei deren Besitz keine Strafverfolgung erfolgt. In diesen Fällen muss die Strafverfolgung durch Beratungs- und Hilfsangebote ersetzt werden. Zudem werden so Mittel frei, die Organisierte Kriminalität zu bekämpfen.

■ Im Vordergrund muss stehen: Schaden reduzieren und Leben retten. Deshalb wollen wir schadensminimierende Maßnahmen ausbauen. Wir wollen einen flächendeckenden Zugang zu Drogenkonsumräumen, zu sterilen Konsumutensilien und zur Take-home-Vergabe von Naloxon, das bei Opioidüberdosierung lebensrettend ist. Wir wollen, dass analysegestützte Präventionsprogramme (Drug Checking) ausdrücklich ermöglicht und von den Ländern durchgeführt werden. Wir wollen die Regelungen über Drogen im Straßenverkehr anpassen. Für alle Drogen werden Grenzwerte für die Blutkonzentration festgelegt, bei denen eine Einschränkung der Fahrtüchtigkeit praktisch ausgeschlossen werden kann. Dabei soll das Nüchternheitsgebot nicht angetastet werden. Cannabis- und alkoholkonsumierende Führerscheininhaber*innen wollen wir rechtlich gleichstellen.

■ Werbung und Sponsoring für Tabak- und Alkoholprodukte in der Öffentlichkeit wollen wir verbieten. Wir plädieren für die Einhaltung der Vorgaben der WHO-Tabakrahmenkonvention. Tabakprodukte sollten in einheitlichen Verpackungen angeboten werden wie beispielsweise in Australien. Wir wollen den Nichtraucher- und Jugendschutz weiter ausbauen. Der Konsum von E-Zigaretten sollte als weniger schädliche Alternative zum Tabakkonsum angesehen und daher auch in steuerlicher Hinsicht günstiger gehalten werden.

■ Wir wollen die Gefahren der Spielsucht verringern. Für das Automatenspiel muss ein staatlich lizenziertes Angebot eingeführt werden, das die Minimierung von gesundheitlichen und sozialen Folgen des Automatenspiels zum Ziel hat. Gleiches gilt für Onlineglücksspiele. Für gastronomische Einrichtungen wollen wir ein Automatenverbot. Die Glücksspielelemente im E-Gaming-Bereich müssen reguliert und eingedämmt werden.

DIE LINKE verteidigt das Prinzip des Friedens als Modus internationaler Politik. Die Kriegsgefahr war seit Jahrzehnten nicht so groß wie heute. Ein Blick auf die globalen Verhältnisse zeigt, in welche Richtungen es gehen kann: Verschärfte Konkurrenz und autoritärer Staat, auch innerhalb der Europäischen Union. Geopolitische Rivalitäten und Wirtschaftskriege nehmen zu. Wir setzen auf Entspannungspolitik und gerechte Wirtschaftsstrukturen. Die Achtung des Völkerrechts und der Menschenrechte sind für uns nicht verhandelbar. Darum kann es für DIE LINKE in diesen Fragen auch kein Messen mit zweierlei Maß geben.

»Ohne Gerechtigkeit gib es keinen Frieden. Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen.« (Jean Jaures) Doch die Bundesregierung setzt weiter auf die einseitige Durchsetzung wirtschaftlicher und geopolitischer Interessen in der Standortkonkurrenz. Das verstärkt die weltweite Ungleichheit und schwächt ausgerechnet in Zeiten der Klimakatastrophe Formen und Foren grenzübergreifender Kooperation. Die US-Regierung setzt auch mit neuem Präsidenten den Konfrontationskurs zum Erhalt der eigenen Vormachtstellung durch Sanktionen und militärische Interventionen fort. USA und EU versuchen, ihre Vormachtstellung gegen Russland und China durchzusetzen. Das droht in einen neuen Kalten Krieg zu eskalieren. In Strategiepapieren der NATO und EU werden Russland und China als Feindbilder beschrieben, das lehnen wir ab. Wir stellen uns gegen alle Formen des Imperialismus. Den Rüstungsausgaben der NATO in Höhe von 1,1 Billionen Dollar stehen 61 Mrd. von Russland gegenüber. Es geht also nicht um Gefahrenabwehr. Aber die Bundesregierung und die Europäische Union rüsten auf – und verschärfen so die Konflikte.

DIE LINKE ist sich der Geschichte des deutschen kriegerischen Hegemonialstrebens in Europa und der Welt bewusst. Wir sind der Überzeugung, dass der Bundesrepublik aus den Verbrechen, die durch Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg verursacht wurden, eine besondere Verantwortung zum Frieden gegenüber allen Ländern und ihren Menschen erwächst, die Opfer dieser Kriege wurden. Im Jahr, in dem sich der Beginn des Raub- und Vernichtungskriegs der faschistischen Wehrmacht im Osten zum 80. Mal jährt, erneuern wir gegenüber Russland und den anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion die Verpflichtung: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg von deutschem Boden!

Wir wollen einen Paradigmenwechsel in der Außenpolitik und stehen für gewaltfreie Konfliktlösung und grenzübergreifende Kooperation, statt Rüstungsexporte und Auslandseinsätze der Bundeswehr. Für Frieden und Stabilität brauchen wir in der internationalen Politik ein verbindliches Regelwerk, das immer gilt. Die Basis hierfür ist das Völkerrecht. Die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien CDU/CSU und SPD haben einen Aufrüstungs- und Konfrontationskurs gefahren, den DIE LINKE ablehnt. DIE LINKE ist die Friedenspartei und verlässliche Stimme der Friedensbewegung im Bundestag.

Wir wollen einen sofortigen Stopp aller Waffenexporte. Investitionen in Militarisierung und Aufrüstung lehnen wir ab. Wir stehen für gerechte Wirtschaftsbeziehungen, nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit und einen solidarischen Multilateralismus. An einer Regierung, die Kriege führt und Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland zulässt, die Aufrüstung und Militarisierung vorantreibt, werden wir uns nicht beteiligen. Langfristig halten wir an der Vision einer Welt ohne Armeen fest.

Keine Auslandseinsätze der Bundeswehr

Die Bundeswehr muss aus allen Auslandseinsätzen abgezogen werden. Vor 20 Jahren wurde erstmals eine Beteiligung der Bundeswehr am Krieg in Afghanistan beschlossen und seitdem von allen Bundesregierungen Jahr für Jahr verlängert. DIE LINKE hat die Bundeswehreinsätze in Afghanistan stets abgelehnt. Der Abzug aus Afghanistan ist zu begrüßen. Aber er offenbart das Desaster, das der Krieg angerichtet hat. Über 200.000 Afghan*innen haben ihr Leben verloren, darunter die mehr als 100 Opfer von Kundus. Millionen Menschen sind auf der Flucht. 3.600 westliche Soldat*innen verloren ihr Leben, darunter 59 Bundeswehrsoldaten. Der Krieg wurde damit begründet, Sicherheit, Demokratie und Frauenrechte zu schaffen. Keines der erklärten Ziele wurde erreicht, im Gegenteil. Die Taliban sind stark wie lange nicht mehr, die soziale und die wirtschaftliche Situation im Land sind katastrophal. Die Lehre aus der afghanischen Katastrophe ist die gleiche, wie die aus der syrischen, libyschen und irakischen: Demokratie und gesellschaftlicher Fortschritt können nicht mit Kriegen von außen aufgezwungen werden. Die Konsequenz muss sein, die ausländischen Truppen, Spezialkräfte und Geheimdienste dauerhaft zurückzuziehen. Aus Afghanistan, Mali und allen anderen Auslandseinsätzen. Derzeit befinden sich circa 3.000 Soldat*innen mit Mandaten des Deutschen Bundestages im Auslandseinsatz. Darüber hinaus sind über 10.000 Bundeswehrsoldat*innen ohne Mandat im Ausland aktiv, aktuell zum Beispiel in Litauen.

■ Die Bundeswehr muss aus allen Auslandseinsätzen zurückgeholt werden und darf nicht in neue entsendet werden. Wir wollen die Mittel, die bisher für Auslandseinsätze ausgegeben werden, in ein ziviles Aufbau- und Friedenssicherungsprogramm investieren.

■ Wir lehnen die vom Bundestag mandatierten Auslandseinsätze der Bundeswehr ab. Ebenso stellen wir uns gegen die Präsenz deutscher Soldaten im Ausland unter Verantwortung der NATO, wie derzeit etwa in Litauen.

■ Wir lehnen Ausbildungsmissionen für Soldat*innen und Sicherheitskräfte ab.

■ Wir fordern ein Verbot des Einsatzes militärischer Sicherheits- und Söldnerfirmen.

■ Wir wollen keine Beteiligung an internationalen Polizei- und Geheimdiensteinsätzen oder Ausbildungsmissionen, die der Unterstützung autoritärer Regime dienen.

■ Wir lehnen zivil-militärische Kooperationen ab. Wichtige zivile Hilfe darf nicht mit militärischen Maßnahmen verknüpft werden. Wir fordern, dass zivile Strukturen für internationalen Katastrophenschutz aufgebaut werden.

Bundeswehr abrüsten statt aufrüsten – Keine Bundeswehr als weltweite Einsatzarmee

Die Ausgaben der Bundesregierung für Rüstung und die Bundeswehr steigen stetig an. Die Bundesregierung steuert weiter auf das Ziel der NATO zu, 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung auszugeben. Wir setzen auf Abrüstung, Demokratie und friedliche Außenpolitik, die Ausgaben für Rüstung müssen drastisch gesenkt werden. Wir werden eine Steigerung der Militär- und Rüstungsausgaben ablehnen.

Der Militärhaushalt der Bundesregierung ist in den letzten Jahren massiv gestiegen und beträgt derzeit 47 Milliarden Euro, das entspricht mehr als 500 Euro aus Steuergeldern je Bürger*in. Der Preis für eine hochgerüstete Bundeswehr: Steuermilliarden fehlen beim Ausbau des Gesundheitssystems, der sozialen Infrastruktur, Bildung und Klimaschutz.

Der Verteidigungshaushalt des Bundes muss und kann deutlich reduziert werden, denn wir wollen die Bundeswehr verkleinern und auf große Rüstungsprojekte, wie das Future Combat Air System (FCAS) oder das Main Ground Combat System (MGCS) zur Entwicklung eines Kampfpanzers verzichten.

Wir rufen dazu auf, im kommenden Jahr in allen Staaten weltweit die Militärausgaben um 10 Prozent zu senken. Wenn alle Staaten das gleichzeitig tun, bleibt die relative Sicherheit für jedes Land gleich – und es würde auf einen Schlag 183 Milliarden Dollar freisetzen, um Soziales wie die Bekämpfung von Hunger, Armut und die Folgen der Coronakrise zu finanzieren.

Der Umbau der Bundeswehr zu einer weltweit agierenden Einsatzarmee dient nicht unserer Sicherheit, sondern den Interessen von Großkonzernen und Eliten im globalen Kampf um Rohstoffe, Einflusssphären und Absatzmärkte. Die Aufrüstung der Bundeswehr wird von einer Militarisierung der Gesellschaft begleitet.

■ Die Ausrichtung der Bundeswehr als Einsatzarmee lehnen wir ab. DIE LINKE setzt sich für eine schrittweise Abrüstung der Bundeswehr ein. Material und Truppenteile, die ausschließlich für Auslandseinsätze konzipiert sind, müssen zuerst abgebaut werden.

■ Der Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr muss aufgelöst werden. Den Paradigmenwechsel in der Militärtechnologie und -strategie zu »Revolution in militärischen Angelegenheiten« (RMA) und Cyberwar lehnt DIE LINKE strikt ab.

■ Bekämpfung von Kriminalität im Netz und Schutz kritischer Infrastruktur sind Aufgabe der Sicherheitsbehörden im Inneren, nicht der Bundeswehr (vgl. Kapitel »Digitalisierung«).

■ Extrem rechtes, rassistisches und demokratiegefährdendes Gedankengut in der Bundeswehr sowie in für die Bundesrepublik tätigen Sicherheitsunternehmen muss aufgedeckt und bekämpft werden. Daher fordern wir auch eine Studie zu Rassismus und rechtem Gedankengut in der Bundeswehr (vgl. Kapitel »Sicherheit für alle«).

■ Wir wollen die Spezialeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) auflösen. Es ist öffentlich geworden, dass es in der Bundeswehr und speziell in der Elitekampftruppe KSK rechte, neonazistische Akteure und Netzwerke gibt. Darüber hinaus gab es beim KSK umfangreiche Munitionsverluste. DIE LINKE hat einen Anteil an der Aufklärung dieses Skandals. Gegen rechte Akteure und Netzwerke in der Bundeswehr und in anderen Sicherheitsbehörden muss entschieden vorgegangen werden. Der Skandal um die rechten Netzwerke in der Bundeswehr zeigt, welche Gefahr für die Demokratie aus der Ausrichtung der Bundeswehr auf Kriegseinsätze erwächst.

■ Kein Werben fürs Sterben! Wir lehnen Werbung der Bundeswehr in Jobcentern, Schulen, auf Bildungs- und Ausbildungsmessen und in Hochschulen sowie die Reklame in der Öffentlichkeit ab.

■ Die Bundeswehr darf keine Minderjährigen aufnehmen – auch nicht im Rahmen des sogenannten freiwilligen Heimatschutzes. DIE LINKE lehnt den freiwilligen Heimatschutz als Form der Militarisierung der Gesellschaft ab.

■ Den Einsatz der Bundeswehr im Inneren lehnen wir ab. Der Katastrophenschutz muss für Notlagen besser ausgestattet werden, die Bundeswehr darf nicht als planmäßige Kompensation für den Katastrophenschutz herangezogen werden. Insbesondere darf die Bundeswehr niemals polizeiliche Befugnisse bekommen.

Rüstungsexporte stoppen: Kein Geschäft mit dem Krieg!

Deutschland ist die Nummer vier unter den weltweit führenden Ländern im Bereich der Rüstungsexporte. Selbst in Krieg führende Staaten wurden Waffen geliefert, so führen die Türkei oder Saudi-Arabien ihre Kriege auch mit Waffen aus Deutschland. Wir wollen auch alle Möglichkeiten beseitigen, mit denen Rüstungsfirmen die Kontrollen in Deutschland umgehen wollen. So müssen auch Produktionsstätten deutscher Firmen im Ausland unter die deutschen Rüstungsexportkontrollen fallen. Spezielle Kooperationsregelungen mit befreundeten Staaten wie mit Frankreich zur Erleichterung von Rüstungsexporten lehnt DIE LINKE ab, denn über diesen Umweg könnten deutsche Waffen in die ganze Welt gelangen.

■ Wir fordern einen sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte, insbesondere den Export von Waffenfabriken, Klein- und Leichtwaffen, da deren Endverbleib nicht kontrolliert werden kann.

■ Wir unterstützen ein Rüstungsexportkontrollgesetz für ein gesetzliches Verbot aller Rüstungsexporte.

■ Rüstungsexporte dürfen nicht mehr mit Steuergeldern unterstützt werden. Wir fordern ein Ende der Hermes-Bürgschaften.

■ Wir unterstützen die Hamburger Volksinitiative gegen Rüstungsexporte.

■ Europäische Rüstungskonzerne wie Airbus oder Rheinmetall müssen gezwungen werden, ihre Rüstungsproduktion für autoritäre Regime einzustellen. Gleiches muss für digitale Technik gelten, die in Konflikten als Waffe eingesetzt werden kann oder die Überwachung und Kontrolle von Telekommunikation und Endgeräten ermöglicht. Wir wollen Gesetzeslücken schließen, die es deutschen Unternehmen ermöglichen, die deutschen Gesetze zu umgehen.

■ Exporte von Dual-Use-Gütern, die zur Herstellung chemischer oder biologischer Waffen verwendbar sind, dürfen nicht an Staaten genehmigt werden, die die Chemiewaffen- bzw. Biowaffenkonvention nicht ratifiziert haben.

■ Das Verbot von Biowaffen- und Chemiewaffen muss wirksam kontrolliert werden. Die Ausfuhr von Stoffen, die zur Herstellung von Chemiewaffen geeignet sind, muss stärker kontrolliert werden.

■ Wir wollen mit gesellschaftlichen Partner*innen aus Gewerkschaften, Friedensbewegung und Kirchen Konversionsprogramme für die und mit den Beschäftigten in der Rüstungsindustrie entwickeln, um neue, zivile Arbeitsplätze zu schaffen.

■ Förderprogramme in der Wirtschaft sowie für Forschung an den Hochschulen sollen nur noch der zivilen Produktion dienen.

Keine Drohnen für den Krieg

Die Bundesregierung plant, die Heron-TP-Drohnen der Bundeswehr zu bewaffnen. Parallel dazu wird am Bau und Einsatz der sogenannten Eurodrohne gearbeitet, die neben Raketen auch Lenkbomben abwerfen soll. Der Bewaffnung der Drohnen wurde auf Druck von Zivilgesellschaft, Friedensbewegung und DIE LINKE vonseiten der SPD in der vergangenen Legislaturperiode noch nicht zugestimmt.

Wer Maschinen für sich kämpfen lässt, entscheidet sich schneller, Gewalt einzusetzen und Menschen anderswo zu töten. Und sie können überall auf der Welt ohne Kriegserklärung, eingesetzt werden, so wie die USA es seit Jahren machen.

■ Die Bewaffnung der Bundeswehr mit Kampfdrohnen muss verhindert werden. Wir sagen Nein zu Kampfdrohnen, auch nach der Wahl!

■ Deutschland muss einen ersten Schritt tun und generell auf die Bewaffnung von Drohnen verzichten und sich international für eine völkerrechtlich bindende Ächtung von bewaffneten Drohnen einsetzen.

■ Einsatz und Steuerung von Kampfdrohnen aus der Militärbasis in Ramstein durch die US-Armee wollen wir endlich stoppen. Kein Drohnenkrieg von deutschem Boden! Ramstein und die anderen US-Militärbasen in Deutschland müssen geschlossen werden.

■ Die Bewaffnung von Drohnen kann der erste Schritt auf dem Weg zu autonomen Waffensystemen sein. So sind bei dem milliardenschweren Rüstungsprojekt Future Combat Air System (FCAS) durch künstliche Intelligenz gesteuerte Drohnenschwärme geplant. Wir lehnen das ab.

■ Wir fordern eine weltweite Ächtung von autonomen Waffensystemen. Die Bundesregierung muss eine internationale Initiative dafür starten. In Deutschland soll es keine Forschung mehr für autonome Waffensysteme geben.

Für eine atomwaffenfreie Welt

Unser Ziel bleibt eine Welt ohne Atomwaffen. Aber die Atomwaffenmächte kommen ihrer Abrüstungsverpflichtung aus dem Nichtverbreitungsvertrag nicht nach. Die UN-Vollversammlung hat für einen Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) gestimmt, der Anfang 2021 in Kraft getreten ist. Die Bundesregierung hat nicht einmal an den Verhandlungen teilgenommen. Das war falsch. Das gefährliche Konzept der nuklearen Abschreckung lehnen wir ab. Auch wenn die Verlängerung des Atomwaffenreduktions-Vertrages, durch die Präsidenten Biden und Putin in letzter Minute der Weltgemeinschaft eine kurze Atempause verschafft hat, braucht es dringend neue Initiativen für Abrüstung und mehr Rüstungskontrolle.

In Deutschland lagern im Rahmen der nuklearen Teilhabe der NATO noch immer Atomwaffen. Das Verteidigungsministerium hat beschlossen, 138 neue Kampfflugzeuge anzuschaffen, davon 93 Eurofighter und 45 F-18-Kampfflugzeuge. 30 von ihnen sollen für die sogenannte nukleare Teilhabe innerhalb der NATO genutzt werden. Mit »nuklearer Teilhabe« ist gemeint, dass die Bundeswehr Kampfflugzeuge als Trägersysteme für die 20 US-Atomwaffen im rheinland-pfälzischen Büchel stellt.

■ Die US-Atomwaffen müssen sofort abgezogen und vernichtet werden. Es dürfen keine Atomwaffen in Deutschland stationiert sein und werden. Die Bundesregierung darf keine Trägersysteme und Pilot*innen dafür bereitstellen. Der Einsatz von Uran angereicherter Munition muss geächtet werden.

■ Die nukleare Teilhabe innerhalb der NATO muss beendet werden. Es dürfen dafür keine Kampfflugzeug-Trägersysteme zur Verfügung gestellt und neu angeschafft werden.

■ Deutschland muss endlich den Atomwaffenverbotsvertrag der UN unterzeichnen.

■ In Deutschland haben sich mehr als 700 Städte und Gemeinden – darunter die drei Stadtstaaten und alle Hauptstädte der Bundesländer – der Kampagne Mayors for Peace angeschlossen, die zum Ziel hat, Atomwaffen weltweit abzuschaffen. Diesen Appell muss die Bundesregierung ernst nehmen und die weltweite Ächtung von Atomwaffen vorantreiben.

■ Deutschland soll sich dafür einsetzen, dass die USA dem Atomabkommen mit dem Iran wieder beitreten, und sich alle Beteiligten an das Abkommen halten.

■ Deutschland soll sich für eine Wiederauflage des Vertrags zur Ächtung von Mittelstreckenraketen zwischen den USA und Russland einsetzen.

Kooperation statt Konfrontation: Für ein inklusives Sicherheitssystem

Die NATO ist ein Relikt des Kalten Kriegs und so agiert sie auch heute noch. Für DIE LINKE ist Krieg kein Mittel der Politik. Wir brauchen eine Politik der Entspannung gegenüber Russland statt weiterer Eskalation und Truppenaufmärsche oder Manöver an dessen Westgrenze. Das ist eine der großen Lehren und Verpflichtung aus dem Zweiten Weltkrieg. Konfrontation ist keine Grundlage für Sicherheit. Auch der »Krieg gegen den Terror« der NATO-Staaten hat keine Sicherheit geschaffen – im Gegenteil. Zeit, endlich umzusteuern.

■ Wir fordern die Auflösung der NATO und ihre Ersetzung durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands, das Abrüstung als ein zentrales Ziel hat. Wir fordern, Verhandlungen über einen deutsch-Russischen Vertrag aufzunehmen, um Versöhnung und Freundschaft zwischen Deutschland und Russland zu erreichen und zu verstetigen.

■ Unabhängig von einer Entscheidung über den Verbleib Deutschlands in der NATO wird DIE LINKE in jeder politischen Konstellation dafür eintreten, dass Deutschland aus den militärischen Strukturen des Militärbündnisses austritt und die Bundeswehr dem Oberkommando der NATO entzogen wird.

Manöver wie Defender 2021 lehnt DIE LINKE ab. Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte wenden wir uns insbesondere gegen jede Präsenz deutscher Soldaten östlich der Oder-Neiße-Grenze. Die Pläne, den Truppenübungsplatz Oberlausitz für die Eskalationspolitik in Osteuropa weiter auszubauen und dort auch autonome Waffen zu entwickeln und zu erproben, müssen gestoppt werden.

■ Jede Unterstützung für NATO-Staaten, die – wie die Türkei unter dem Erdoğan-Regime – das Völkerrecht missachten, muss umgehend gestoppt werden.

■ Statt weitere 500 US-Soldaten im Headquarter US-Army Europe and Africa in Wiesbaden zu stationieren, müssen alle ausländischen Militärbasen in Deutschland geschlossen werden. Entsprechende Verträge, auch mit den USA im Rahmen von Aufenthaltsvertrag und dem Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut, werden gekündigt.

■ Auf dem NATO-Stützpunkt Ramstein wird derzeit ein Weltraumcenter der NATO aufgebaut. Damit sollen nicht nur Satelliten verteidigt werden, die für unser Alltagsleben unentbehrlich geworden sind, sondern die militärische Handlungs- und Angriffsfähigkeit abgesichert werden. Die scheinbar passive Komponente der »Verteidigung im Weltall« hat einen offensiven Hintergrund. Damit soll die militärische Handlungs- und Angriffsfähigkeit abgesichert werden. DIE LINKE lehnt die Militarisierung des Alls ab. Auch die Pläne anderer Staaten für eine militärische Nutzung des Weltraums lehnt DIE LINKE ab. Die USA haben mithilfe des Stützpunkts Ramstein einen Drohnenkrieg geführt und damit von deutschem Territorium aus das Völkerrecht gebrochen. Die Konsequenz daraus kann nur sein, den Aufenthaltsvertrag zu kündigen bzw. dessen faktischen Bruch durch die USA festzustellen.

Zivile Konfliktbearbeitung und Krisenprävention

Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Frieden zu schaffen und zu bewahren bedeutet, die Bedingungen herzustellen, in denen ein Leben in Würde und Sicherheit möglich ist. Dabei umfasst Sicherheit mehr als die Abwesenheit von Gewalt. Sicherheit bedeutet auch, dass die Versorgung mit Lebensmitteln gewährleistet ist und es Zugang zu medizinischer Versorgung, zu Wohnraum, Kultur, Bildung und Ausbildung gibt.

■ Wir fordern ein Menschenrecht auf Frieden. Wir wollen, dass die Bundesregierung sich innerhalb der UN-Gremien für die Umsetzung des Rechts auf Frieden im Sinne der Santiago-Deklaration durch Verankerung in einem völkerrechtlichen Vertrag einsetzt und ihn in allem politischen Handeln konsequent umsetzt.

■ DIE LINKE lehnt eine Vermischung von zivilen und militärischen Maßnahmen ab. Internationale Hilfe darf niemals Teil einer militärischen Strategie sein, sondern muss sich am Gebot der Hilfe für von Hunger, Klimakatastrophen und Krieg betroffene Bevölkerungen orientieren.

■ Die Bundesregierung muss den Fokus auf zivile Friedensmaßnahmen richten wie die Einbindung von Fraueninitiativen, Ausbildungsprogramme, Abgabe von Schusswaffen und zivile Vermittler. Die für den zivilen Friedensdienst zur Verfügung gestellten Mittel müssen systematisch erhöht werden. International bereits bewährte Instrumente, wie unbewaffnetes ziviles Peacekeeping, müssen unkompliziert gefördert werden.

■ Wir wollen diese Ansätze im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit fördern und die Ausbildung dafür stärken. Auch ausländischen Friedenskräften wollen wir die Möglichkeit eröffnen, ihre Ausbildung in Deutschland zu absolvieren. Entsprechende Hochschulen und Ausbildungsstätten wollen wir auch im Ausland aufbauen.

Die Coronapandemie wirkt wie ein Brennglas: Soziale Ungleichheit nimmt weltweit zu. Etwa ein Prozent der Menschheit besitzt 45 Prozent des globalen Vermögens. Die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung hat so gut wie nichts, während die Reichen immer reicher werden. Dieser Trend beschleunigt sich in der Coronakrise dramatisch. Die UN rechneten das erste Mal seit 1990 wieder mit einem weltweiten Anstieg der Armut.

Bundesregierung und EU verschärften mit ihrer Handelspolitik und Standortkonkurrenz die internationalen Gegensätze, schwächen internationale Abkommen und Institutionen. Längst gibt es einen neuen Rüstungswettlauf: Die Rüstungsexporte in aller Welt haben den höchsten Stand seit dem Ende des Kalten Krieges erreicht. Die Militarisierung der Außenpolitik hat weder den Terror nachhaltig bekämpft noch mehr Sicherheit geschaffen. Demokratie und Menschenrechte ruft die Bundesregierung zwar gerne an, im politischen Alltag zählen andere Ziele: wirtschaftliche Interessen durchzusetzen oder Europa gegen Geflüchtete abzuschotten.

Wir wollen soziale Gerechtigkeit – weltweit! Wir wollen die Krise nicht nur für Deutschland oder Europa überwinden, sondern global. Niemand ist sicher, bevor nicht alle sicher sind. Den neoliberalen Kapitalismus, der von Deregulierung, Privatisierung und Sozialabbau gekennzeichnet ist, wollen wir überwinden. Wir wollen Fluchtursachen bekämpfen und nicht Geflüchtete. Wir wollen dazu beitragen, dass aus passivem Unmut aktive Gegenwehr wird. Wir wollen die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse verändern. Wir kämpfen für einen Systemwechsel.

Unsere Außenpolitik muss Demokratie, Menschenrechte und Frieden fördern sowie die Zivilgesellschaft unterstützen, statt nur Wirtschaftsinteressen zu dienen und Deals mit Diktatoren zu machen. Sie muss feministisch, sozial und ökologisch werden – also Frauenorganisationen, Gewerkschaften und soziale Bewegungen einbeziehen. Wir kämpfen gemeinsam mit Partnerparteien, mit Gewerkschafter*innen und sozialen Bewegungen für soziale Gerechtigkeit, Frieden, Klimaschutz, Demokratie und gegen Rassismus. Starke Bewegungen geben uns Hoffnung, wie Fridays for Future oder die Black-Lives-Matter-Bewegung in den USA. Gemeinsam können wir die Welt verändern.

Sozialökologisch gerechte Weltwirtschaft

Gerechte Handelspolitik ist eine Voraussetzung für eine friedliche Welt und für globale soziale Gerechtigkeit. Deutsche und europäische Außenwirtschaftspolitik darf nicht länger von dem bornierten Ziel geprägt sein, kurzfristige Eigeninteressen nach vorne zu stellen: Wer andere arm macht und bleiben lässt, kann nicht gewinnen. Und wer Fluchtursachen wirklich bekämpfen will, muss aufhören, sie immer wieder neu zu schaffen – und zu exportieren. Partnerländer müssen eigene Volkswirtschaften und Wertschöpfungsketten aufbauen und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) bis 2030 erreichen können. Wo es möglich ist, wollen wir regionale Wirtschaftskreisläufe stärken, um die teilweise absurden Auswüchse globalisierter Liefer- und Produktionsketten zurückzudrängen. Wir wollen die Handelspolitik endlich zu einem Instrument der weltweiten Kooperation, des sozialökologischen Fortschritts und der Demokratisierung machen. Wir wenden uns gegen eine heuchlerische Politik, die die Kosten der »ökologischen Modernisierung« hierzulande einfach Mensch und Natur in anderen Weltregionen aufbürdet sowie deren Umwelt und Rohstoffe gnadenlos ausbeutet.

Neben gerechter Handelspolitik brauchen wir eine globale soziale Grundversorgung. Die können wir nur aufbauen und finanzieren, wenn der Reichtum weltweit umverteilt wird.

Handelskonflikte beenden! Handelskonflikte wie die zwischen den USA und China bzw. der EU haben wirtschaftliche und soziale Schäden angerichtet und die Standortkonkurrenz verschärft. Handelspolitik darf nicht mehr zur politischen Erpressung benutzt werden.

Kooperations- statt Freihandelsabkommen! Wirtschaftsabkommen müssen ein Regelwerk für die Produktionsbedingungen enthalten. So wollen wir gute Arbeit und Umweltschutz entlang der globalen Produktions- und Lieferketten sicherstellen. Die europäischen Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) zementieren Abhängigkeiten des Globalen Südens als Rohstofflieferant und müssen durch faire Handelsabkommen ersetzt werden.

■ Wir fordern ein Lieferkettengesetz, das seinen Namen verdient. Das Gesetz der Bundesregierung lässt zu viele Lücken. Unternehmen ab 250 Mitarbeiter*innen sowie kleine und mittlere Unternehmen in Risikobranchen müssen verpflichtet werden, entlang ihrer gesamten Wertschöpfungsketten Menschenrechtsverletzungen, Kinderarbeit und Umweltzerstörungen auszuschließen. Das beinhaltet eine wirksame zivilrechtliche Haftungsregel, um die Rechte von Betroffenen zu stärken und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Eigenständige umweltbezogene Sorgfaltspflichten, der Einbezug von betroffenen Personengruppen in Entscheidungsprozesse sowie Maßnahmen zur Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit müssen viel stärker gefördert werden.

■ Die Einfuhr von Rohstoffen, die Konflikte und schwere Menschenrechtsverletzungen auslösen, wollen wir beenden. Deshalb fordern wir eine Überarbeitung der Konfliktmineralien-Verordnung, deren Erweiterung um weitere Rohstoffe sowie auf die gesamte Wertschöpfungskette und wollen Schlupflöcher schließen.

Arbeitsrecht globalisieren! Wir unterstützen das Abkommen (UN-Treaty), das Unternehmen in die Pflicht nimmt, die Rechte und die Würde der Beschäftigten zu beachten. Beschäftigte erhalten dadurch die Möglichkeit, überall auf der Welt am Ort ihrer Tätigkeit ihre Rechte einklagen zu können. Fairer Handel soll die normale Form von Handel werden, international wie auf lokalen Wochenmärkten.

■ Der UN-Migrationspakt will die Rechte von Geflüchteten und Arbeitsmigrant*innen stärken. Als Land mit dem weltweit größten Überschuss im Warenhandel und Kapitalverkehr muss sich Deutschland für die Rechtsverbindlichkeit des internationalen ILO-Übereinkommens zum Schutz der globalen Wanderarbeitnehmer*innen einsetzen. Wir fordern, dass die globalen Rekrutierungsagenturen für Arbeitsmigration nur noch lizenziert arbeiten dürfen, ihre Gebühren und Verträge müssen transparent sein und Anwerbegebühren von Arbeitgebern getragen werden.

Weltweit sichere Arbeitsplätze! Wir fordern einheitliche und weltweit gültige Mindestvoraussetzungen, die Arbeiter*innen am Arbeitsplatz schützen sollen. Einsturzgefährdete Fabrikgebäude, der Einsatz gefährlicher Chemikalien ohne entsprechende Schutzausrüstung und andere lebensbedrohliche Arbeitsbedingungen müssen vermieden werden. Damit die Superreichen noch reicher werden, produzieren Menschen unter Lebensgefahr. Wir fordern ein Ende dieser gefährlichen Billigproduktion!

Nachhaltige Wirtschaftspolitik statt nationaler Standortkonkurrenz! Es braucht einen internationalen Ausgleichsmechanismus, der die Staaten mit Exportüberschüssen auf ausgeglichene Handelsbilanzen verpflichtet. So wird die Wirtschaft stärker auf Nachfrage im Inneren ausgerichtet. Dafür braucht es ein Ende der Kürzungspolitik, die den Niedriglohnsektor befördert und Löhne in Europa künstlich niedrig hält. Das exportiert weltweit Armut und ist volkswirtschaftlich schädlich.

■ Nicht schon wieder! Hunderttausende wehrten sich gegen das geplante Freihandelsabkommen mit den USA, TTIP, weil es vor allem den Interessen der exportorientierten Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks diente. Wir wollen, dass TTIP endgültig aufgegeben wird. Auch das Abkommen mit Kanada (CETA) und mit südamerikanischen Staaten (Mercosur) lehnen wir ab. Ökologische und soziale Standards dürfen nicht mehr zu kurz kommen. Sonderklagerechte, die Demokratie und Grundrechte den Profitinteressen unterordnen, lehnen wir ab.

■ Wir wollen den Energiecharta-Vertrag stoppen, denn er verhindert die Energiewende: Fossile Konzerne nutzen ihn, um Staaten zu verklagen, wenn sie aus Kohle, Öl und Gas aussteigen wollen. In ganz Europa sind fast 350 Milliarden Euro fossiler Investitionen durch den Vertrag geschützt. Das heizt den Klimawandel an und lässt die Kosten für seine Bekämpfung extrem steigen. Derzeit gibt es eine Chance, aus dem Vertrag auszusteigen. Italien ist bereits 2016 ausgetreten, Frankreich und Spanien ziehen einen Austritt in Erwägung.

■ Zugang zu einer universellen und öffentlichen Gesundheitsversorgung und Stärkung des Menschenrechts auf Gesundheit! Medikamente, die über mit Steuergeldern finanzierte Forschung entwickelt werden, müssen lizenzfrei zur Nachproduktion zur Verfügung gestellt werden. Die Forschung und Entwicklung zur Bekämpfung der tödlichsten Infektionskrankheiten und häufig vernachlässigten Krankheiten wie HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose wollen wir ausbauen. Wir fordern den Aufbau einer globalen medizinischen Grundversorgung mit Zugang zu den besten vorhandenen Therapien.

■ Wir fordern eine solidarische Pandemiebekämpfung für alle Menschen statt Impfnationalismus und Bevorteilung des Globalen Nordens! Die Entwicklung von Impfstoffen kann nur gemeinschaftlich entstehen und darf nicht von Pharmakonzernen zur Profitmaximierung oder nur auf nationaler Ebene gedacht werden. Der Weltgesundheitsorganisation WHO muss eine breite finanzielle Basis zur Verfügung gestellt werden. Wir brauchen Impfstoffe, die überall einsetzbar sind, schnell produziert werden können und hinter denen keine wirtschaftlichen Interessen stehen – dafür ist der weltweite Aufbau einer öffentlichen Impfstoffproduktion nötig (vgl. Kapitel »Die Macht der Pharmaindustrie brechen!«).

■ Spekulation mit Nahrungsmitteln verbieten! Seit 2014 steigt die Zahl der hungernden Menschen weltweit wieder, diese Krise wird durch die Coronapandemie noch verschärft. Unser Ziel ist: Recht auf Nahrung und Ernährungssouveränität für alle sowie ein Verbot von Patenten auf Saatgut! Für Nahrungsmittelhandel sollte nicht mehr die Welthandelsorganisation zuständig sein, sondern die Welternährungsorganisation der UN.

■ Überwindung von Hunger und Armut heißt: Existenzsicherung für bäuerliche Betriebe und Landarbeiter*innen weltweit! Wir wollen Regionen darin unterstützen, Landwirtschaft nicht vorrangig für den Export zu betreiben. Es muss Schluss damit sein, dass Nahrungsmittelmärkte von außen mit Lebensmitteln – wie durch in der EU subventionierte Lebensmittel – überschwemmt werden. Wir wollen die ökologische Produktion in aller Welt fördern und dafür international Systeme vereinbaren, die vor Preisverfall schützen.

■ Landraub effektiv bekämpfen! Wir wollen großen Agrarkonzernen, die mit Massentierhaltung oder dem Anbau von Monokulturen viel Geld verdiene, das Handwerk legen. Die Einfuhr von Lebensmitteln, die auf gestohlenem Land produziert wurden, wollen wir verbieten. Wir fordern eine internationale Aufarbeitung und ein Verbot des Landraubes. Gestohlenes Land muss an die ursprünglichen Besitzer zurückgegeben werden. Zur Förderung von ökologischer und regionaler Landwirtschaft sollen deutsche Konzerne und ihre internationalen Partner, die am Landraub beteiligt sind, Entschädigungen zahlen.

■ Die von der Bundesregierung vorgelegte Rohstoffstrategie folgt vor allem den Interessen der Industrie. Es braucht aber eine Senkung des Rohstoffverbrauches. Dafür fordern wir eine neue europäische Rohstoffstrategie. Die Abhängigkeit der Länder des Südens von Rohstoffexporten muss beendet werden.

■ Eigenständige Entwicklung ermöglichen! Internationale Kooperation kann Armut durch Technologietransfer und gezielten Aufbau von Unternehmen vor Ort überwinden helfen. Rohstoffe sollen dort weiterverarbeitet werden, wo sie aus der Erde geholt werden. Es gibt kein Anrecht europäischer Konzerne auf Zugang zu Rohstoffen. Wertschöpfung muss in den Ländern des Globalen Südens ermöglicht und gefördert werden.

■ Wir wollen Datenschutz und Transparenz weltweit! In allen Technologiebereichen brauchen wir globale Kooperation, um ein Regelwerk zu schaffen, das verbindliche Datenschutzregeln für Robotik, Datenflüsse und künstliche Intelligenz festlegt und die Algorithmen transparent macht.

■ Wir unterstützen transnationale Organisationen von Beschäftigten und die Bildung internationaler gewerkschaftlicher Kooperationen mit dem Ziel, die Situation der Beschäftigten deutlich zu verbessern.

■ Wir lehnen die Bestrebungen großer Digitalkonzerne ab, ihre Interessen in internationalen Handelsverträgen zu E-Commerce bzw. im Rahmen der WTO festzuschreiben. So soll den Staaten die Möglichkeiten genommen werden, Tätigkeiten der Konzerne zu regulieren und zu besteuern. Wir wollen Regulierungs- und Besteuerungsmöglichkeiten sichern und Mindeststandards durchsetzen.

Entwicklung durch Gerechtigkeit

Die Ungleichheit nimmt – trotz Jahrzehnten westlicher »Entwicklungspolitik« – weltweit zu und hemmt wirtschaftliche wie soziale Entwicklung. Die bisherige Entwicklungspolitik ist nicht einfach gescheitert. Sie ist ein Instrument (post-)kolonialer Unterdrückung und Ausbeutung. Entwicklungszusammenarbeit muss endlich Würde und Solidarität in den Mittelpunkt stellen, nicht eigene wirtschaftliche Interessen, – und die zerstörerische Dynamik der grenzenlosen Kapitalverwertung durchbrechen. Dafür wollen wir öffentliche und zivilgesellschaftliche Strukturen stärken. Entwicklungszusammenarbeit muss sich an den Zielen der Partnerländer und ihrer Gesellschaftenorientieren und sie dabei unterstützen, eigenständige Entwicklungswege zu beschreiten. Die ungleiche Einbindung der Länder in den Weltmarkt verstärkt die wirtschaftlichen Krisen und schwächt die Länder des Globalen Südens auch politisch.

Unser Plan für eine solidarische Entwicklungsarbeit:

Frauen- und Mädchenrechte stärken – Gesundheit und Bildung für alle weltweit! Wir wollen den universellen Zugang zu einer effektiven, hochwertigen und bedürfnisorientierten Gesundheitsversorgung, inklusive dem Zugang zu den eigenen sexuellen und reproduktiven Rechten, zu einem Ziel der deutschen und europäischen Entwicklungszusammenarbeit machen. Wir wollen eine flächendeckende öffentliche, kostenfreie und qualitativ hochwertige Grundbildung für alle Menschen.

Recht auf Nahrung und sauberes Wasser für alle! Ernährungssouveränität und soziale Sicherheit sind das Fundament von Sicherheit und Stabilität. Dazu müssen Nahrungsmittelmärkte vor Ort und agrarökologische Anbaumethoden gestärkt werden, die die bäuerliche Vielfalt erhalten und die Pflanzen- und Tierwelt schützen. Der Missbrauch von Agrarentwicklungsprogrammen durch transnationale Konzerne muss beendet werden. Der Export von hochgefährlichen Pestiziden muss verboten werden.

■ Schluss mit Ausbeutung im Gewand der Entwicklungszusammenarbeit! Entwicklungsgelder dürfen nicht mehr als Investitionsanreize für deutsches oder internationales Kapital missbraucht werden. Initiativen wie den Marshallplan mit Afrika oder Compact with Africa wollen wir einstellen.

■ Entwicklungsfinanzierung aus öffentlicher Hand! Das Geld für Entwicklungszusammenarbeit muss aus öffentlichen Mitteln stammen. Den undemokratischen Einfluss privater Stiftungen und großer Kapitalgeber wollen wir ebenso beenden wie öffentlich-private Partnerschaften. Das Instrument der Budgethilfe wollen wir stärken. Die Gelder für Entwicklungszusammenarbeit wollen wir auf die zugesagten Summen anheben.

■ Nicht nur mehr, sondern anders! Wir wollen, dass sich Entwicklungszusammenarbeit an den Bedürfnissen der Menschen in den ärmeren Ländern orientiert – anstatt weiter vor allem den Interessen europäischer Unternehmen zu dienen! Die Verzahnung von Entwicklungs- und Sicherheitspolitik im Sinne des sogenannten Grenzschutzes und der Migrationskontrolle lehnen wir ab. Abschottung ist keine Entwicklungspolitik! Geld soll den Ländern des Globalen Südens zur Verfügung gestellt werden, um eine eigenständige Entwicklung zu ermöglichen. Wir kritisieren die Einstellung der entwicklungspolitischen Kooperation mit Kuba und setzen uns für eine Wiederaufnahme ein.

Klimagerechtigkeit global

Die Länder des Globalen Südens sind von der Klima- und Umweltzerstörung besonders stark betroffen, obwohl die Hauptverursacher*innen im Globalen Norden liegen. Dabei verursachen, laut Oxfam, die reichsten 10 Prozent der Weltbevölkerung genauso viele CO2-Emissionen, wie die ärmeren 50 Prozent der Bevölkerung. Die weltweiten Folgen des Klimawandels sind bereits jetzt katastrophal. Besonders betroffen sind Frauen und Kinder, denen oft die rechtlichen oder finanziellen Ressourcen fehlen, sich gegen Klimafolgen zu schützen. Frauen sind weit überdurchschnittlich von Umweltkatastrophen betroffen. Wassermangel, Dürre, Überschwemmungen nehmen Menschen ihre Lebensgrundlage, die Folge sind Verteilungskämpfe um schwindende Ressourcen, die immer mehr Menschen zur Flucht zwingen. Damit muss Schluss sein: Die Reichen müssen zur Verantwortung gezogen werden. Wir brauchen einen Kurswechsel in der Handelspolitik und beim Rohstoffverbrauch. Das Pariser Klimaabkommen war ein Minimalkonsens zwischen den Staaten. Die bislang von den einzelnen Ländern zugesagten Minderungsvolumen sind aber längst nicht ausreichend, um diese Ziele zu erreichen (vgl. Kapitel »Klima«).

■ Auch Deutschland muss nachlegen und – als einer der Hauptverursacher für den Klimawandel – mehr Mittel für den Globalen Süden bereitstellen, damit dieser seine Entwicklung klimaneutral und gerecht gestalten kann.

■ Auf UN-Ebene wollen wir einen Kompensationsfonds für die Folgen von Klimawandel und Kolonialismus einrichten, der von den Industriestaaten finanziert wird. In diesen Fonds sollten ehemalige Kolonialmächte mehr einzahlen als andere Staaten. Die entsprechenden Klimafinanztransfers wollen wir jährlich erhöhen.

■ Solange die Länder im Globalen Süden ihren Eigenbedarf nicht aus Ökostrom decken können, lehnen wir deshalb Wasserstoffimporte aus diesen Ländern ab (vgl. Kapitel »Energiewende«).

■ Klimagerechtigkeit statt Greenwashing und Ablasshandel! Immer häufiger lagern Industrieländer Klima- und Umweltschutzmaßnahmen, zum Beispiel Waldschutzinitiativen, in den Globalen Süden aus und entziehen sich so ihrer Verantwortung.

■ Die gezielte Zerstörung natürlicher Lebensgrundlagen wie Ozeane, Regenwälder und Klima bleibt weiter größtenteils ohne rechtliche Folgen. DIE LINKE will die Zerstörer von Umwelt, Klima und Artenvielfalt vor Gericht stellen. Dafür wollen wir die Einführung des Straftatbestandes des Ökozids als Verbrechen ins deutsche Strafrecht und ins Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofes in internationales Recht.

■ Klimageflüchteten darf das Recht auf Asyl nicht weiter verweigert werden. Um der historischen Verantwortung westlicher Staaten als Hauptverursacher klimaschädigender Treibhausgase gerecht zu werden, wollen wir zudem, dass die EU-Bewohner*innen von bedrohten Staaten, die durch die Klimakrise unbewohnbar werden, Klimapässe anbietet. Sie sollen zusätzlich und nicht alternativ zu bestehenden Initiativen und Forderungen etabliert werden.

Gerechte Steuern weltweit

Reiche und Konzerne müssen an den globalen Kosten von Krisen und Klimawandel beteiligt werden. Es braucht ein gerechtes internationales Steuersystem mit einer Finanztransaktionssteuer. Steueroasen müssen trockengelegt werden, um transnationale Konzerne endlich stärker an der Entwicklung der Länder zu beteiligen, von deren Ausbeutung und Ressourcen sie profitieren (vgl. Kapitel »Gerechte Steuern« und Kapitel »Banken und Finanzen«).

■ Doppelbesteuerungsabkommen, die Deutschland mit vielen Ländern des Globalen Südens abgeschlossen hat, verhindern oft eine faire Besteuerung vor Ort, und das meiste Geld fließt nach Deutschland. Das muss beendet werden!

■ Wir fordern einen Schuldenschnitt und eine nachhaltige Entschuldungsinitiative für alle Länder des Globalen Südens, deren Schuldenlast nicht tragfähig ist. Private Gläubiger müssen gezwungen werden, sich an dieser Schuldeninitiative zu beteiligen. Wir fordern die Einführung eines Staateninsolvenzverfahrens.

UN und internationale Zusammenarbeit stärken

Es braucht auf der internationalen Ebene ein System stärkerer Zusammenarbeit, doch der Multilateralismus ist in der Krise. In den internationalen Beziehungen gibt es eine Eiszeit. Die USA und ihre Verbündeten auf der einen, China und Russland auf der anderen Seite haben den Sicherheitsrat und die Vereinten Nationen (UN) in den vergangenen Jahren blockiert.

Zum Fundament der UN gehören die Friedenssicherung und Verhinderung von Konflikten, die Wahrung von Menschenrechten, Förderung gesellschaftlichen Fortschritts und sozialer Entwicklung sowie die internationale Zusammenarbeit. Die Ziele der Vereinten Nationen zu fördern, bedeutet die friedliche Schlichtung aller Streitigkeiten und Verzicht auf Gewaltanwendung zu gewährleisten sowie die Gleichheit und nationale Souveränität aller Staaten zu achten. Die UN soll den Rahmen für Staaten geben, indem sie die Regeln festlegt. Ihre 17 Entwicklungsziele (SDG), darunter Armutsbekämpfung, Gleichberechtigung, Bildung und Gesundheit, sollen bis zum Jahr 2030 erreicht werden. Doch davon ist die Welt heute weit entfernt. Armut und Hunger wachsen durch die Coronapandemie rasant: Bis zu 235 Millionen Menschen werden im Jahr 2021 laut Schätzungen der UN keinen ausreichenden Zugang zu Nahrung und Trinkwasser haben. Während sich auf den Finanzmärkten der Reichtum ballt, fehlt es der UN überall an Geld. Das macht sie abhängig von der Unterstützung durch private Unternehmen und Stiftungen, die vor allem ihre eigenen Interessen verfolgen. Die Unabhängigkeit und Neutralität der UN wird so unterlaufen.

■ Rückbesinnung auf die Charta der Vereinten Nationen: »Die Organisation beruht auf dem Grundsatz der souveränen Gleichheit aller ihrer Mitglieder. (…) Jeder Staat hat das Recht, seine politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Ordnung frei zu wählen und zu entwickeln. (…) Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.«

■ Stärkung und Demokratisierung der UN! Die Generalversammlung muss gegenüber dem Sicherheitsrat gestärkt werden. Die Forderung nach einem ständigen Sitz Deutschlands im Sicherheitsrat lehnen wir deshalb ab.

■ Die Länder des Globalen Südens brauchen mehr Einfluss! Die sozial- und wirtschaftspolitischen Kompetenzen, wie im Wirtschafts- und Sozialrat der UN (ECOSOC), müssen gestärkt werden. Exklusive Foren wie die G 7 sollen darin aufgehen. Die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) soll gegenüber der Welthandelsorganisation (WTO) gestärkt werden, um die Interessen des Globalen Südens in Handels- und Entwicklungspolitik zu stärken.

■ Die Sonderorganisationen der UN, wie das Welternährungsprogramm (WFP), die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) oder das Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) sind aufgrund von Unterfinanzierung nicht in der Lage, den Krisen angemessen zu begegnen. Die reichen Mitgliedsländer müssen endlich ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen und die Finanzierungslücke schließen. Im Fall des UNHCR geht es um knapp 4 Milliarden Euro, also nur einen Bruchteil der deutschen Rüstungsausgaben.

■ Um den Einfluss privater Akteure zurückzudrängen, wollen wir die Basisbeiträge anheben. Die Ausgaben der UN für Militäreinsätze müssen zugunsten der Mittel für Hungerbekämpfung, friedlicher Konfliktbearbeitung und ziviler Krisenprävention umverteilt werden.

■ Wir unterstützen den Appell des UN-Generalsekretärs António Guterres für einen globalen Waffenstillstand.

Wirtschaftssanktionen treffen vor allem die einfache Bevölkerung und müssen beendet werden. Unilaterale Sanktionen der USA und EU, wie beispielsweise gegen Iran, Kuba, Syrien oder Russland, sind völkerrechtswidrig und drehen die Eskalationsspirale immer weiter.

■ Wir verurteilen die Blockade Kubas durch die Biden-Administration und alle Versuche von USA und EU, unliebsame Regierungen in Lateinamerika, wie in Venezuela und Bolivien, wegzuputschen und durch Wirtschaftssanktionen zu destabilisieren. Im Fall Kubas ist ein ganzes Land in seiner wirtschaftlichen Entwicklung blockiert. Sogar die Bundesregierung stimmt regelmäßig in der UN gegen die US-Blockade. Daher fordern wir von einer neuen Bundesregierung, dass sie endlich ihren Worten Taten folgen lässt und die EU-Blocking-Regulation von 1996 konsequent umsetzt.

■ DIE LINKE unterstützt den Vorschlag, den kubanischen Ärztemissionen den Friedensnobelpreis zu verleihen. Sie haben in bislang 40 Ländern 260.000 Patient*innen behandelt und die medizinische Versorgung der Bevölkerung in armen Ländern gewährleistet – auch gegen Corona und andere Viren.

■ Wir treten für eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts auf der Basis zweier unabhängiger Staaten Israel und Palästina und der Grenzen von 1967 ein.

■ Die Zusammenarbeit mit Organisationen und Zusammenschlüssen von Staaten des Globalen Südens, die sich für die sozialen Belange der Menschen, eine gerechte wirtschaftliche Entwicklung, die Rechte der Indigenen, friedliche Zusammenarbeit und regionaler Integration bemühen, wollen wir durch politische Zusammenarbeit stärken.

Menschenrechte durchsetzen

Menschenrechte sind universell und verpflichten zu politischem Handeln. Alle Menschenrechte sind für uns gleich wichtig: soziale, wirtschaftliche, kulturelle und politische. Den Bruch des Menschenrechts kritisieren wir als LINKE überall. Den doppelten Standards der Bundesregierung stellen wir uns entgegen.

■ Wir wollen Menschenrechte global durchsetzen, dafür muss die internationale Gerichtsbarkeit gestärkt werden.

■ Frieden ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Verwirklichung der Menschenrechte und umfassende menschliche Entwicklung. Wir wollen, dass im Völkerrecht das Recht auf Frieden verankert wird. Menschenrechte dürfen nicht zur Kriegsführung instrumentalisiert werden.

■ Wir wollen, dass die Bundesregierung das Zusatzprotokoll zum Internationalen Pakt über Menschenrechte unterzeichnet, damit Einzelpersonen die Möglichkeit des Beschwerdewegs bei den UN haben.

■ Die Grundrechte sollen für alle in Deutschland lebenden Menschen gelten und nicht vom deutschen Pass abhängig sein.

■ Wir wollen die Kräfte für Demokratie, Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit fördern, statt Deals mit Diktatoren zu schließen! Deswegen unterstützen wir die fortschrittlichen sozialen Bewegungen von Kurdistan über die Westsahara bis nach Kolumbien in ihrem Kampf.

■ Deutschland muss sich aktiv für die Freilassung politischer Gefangener einsetzen. Die willkürliche Kriminalisierung fortschrittlicher Bewegungen, auch durch NATO-Verbündete und Behörden hierzulande wollen wir beenden. Wir sind solidarisch mit verfolgten Whistleblowern wie Chelsea Manning oder Edward Snowden und Journalisten wie Julian Assange, die Kriegsverbrechen und millionenfache rechtswidrige weltweite Überwachung durch die USA öffentlich gemacht haben und deshalb verfolgt werden.

■ Die Menschenrechte sind als Gesamtes erkämpft und unteilbar. Als diese Einheit müssen sie auch verwirklicht werden. Das Recht auf Arbeit und auf gleichen Lohn, bei gleicher Arbeit, muss mit Leben gefüllt werden. Recht auf sauberes Trinkwasser und auf ein gesundes Ökosystem müssen als Menschenrechte verstanden werden. Lasst uns die Menschenrechte gemeinsam verbessern.

Deutschen und europäischen Kolonialismus aufarbeiten

DIE LINKE fordert, dass der deutsche Kolonialismus und seine Wirkung in den internationalen Beziehungen bis heute aufgearbeitet werden. Kolonialismus muss endlich als Unrechtsherrschaft anerkannt werden.

■ Wir wollen eine öffentliche Debatte innerhalb bundesdeutscher Einrichtungen sowie eine Unterstützung der antikolonialen Erinnerungskultur in den ehemaligen Kolonien. Dazu fordern wir die Einsetzung einer Enquetekommission des Bundestags und unterstützen die Initiative zur Errichtung eines zentralen Denk- und Mahnmals für die Opfer des deutschen Kolonialismus am Ort der sogenannten Afrika-Konferenz in Berlin. Der Bund soll unter Einbeziehung von Wissenschaftler*innen aus den ehemaligen Kolonien eine Institution zur Geschichte des Kolonialismus aufbauen. Sie soll insbesondere die deutsche Rolle in den afrikanischen, asiatischen und südpazifischen Kolonien beleuchten.

■ Bundesregierung und Bundestag müssen den Genozid an den Herero und Nama vollumfänglich als Völkermord anerkennen. Die im Mai 2021 angekündigte Bitte um Entschuldigung für den Völkermord in der ehemaligen deutschen Kolonie Südwestafrika ist nur ein erster Schritt in der Aufarbeitung. Das über einen Zeitraum von 30 Jahren angekündigte Programm zum Wiederaufbau und zur Entwicklung ist keine Entschädigungsleistung, sondern muss als technische Entwicklungshilfe bewertet werden. Es ersetzt keine Politik der Versöhnung und Entschädigung für das Leid, das Generationen von Herero und Nama entstanden ist. In den gleichberechtigten Dialog über einen angemessenen Umgang mit der Schuld und über Entschädigungen müssen die Vertreter*innen der betroffenen Gemeinschaften in Namibia neben der namibischen Regierung einbezogen werden.

Kultur- und Naturobjekte müssen in die Herkunftsländer zurückgeführt werden. Nur nach offizieller Genehmigung dürfen Artefakte als Leihgaben in der Bundesrepublik ausgestellt werden. Sterbliche Überreste müssen an die Herkunfts-Communitys übergeben werden. Forschungen an unrechtmäßig erworbenen Sammlungen müssen gestoppt werden.

Wir kämpfen für ein soziales, demokratisches und friedliches Europa, für eine andere Europäische Union, in der alle gut leben und arbeiten können. Ein solidarisches Europa, in dem alle Menschen vor Armut geschützt sind. In dem nicht Standortkonkurrenz und Profit, sondern Demokratie und Solidarität an erster Stelle stehen. Ein Europa, in dem Konzerne und Reiche endlich ihren Anteil zur Finanzierung des Gemeinwohls leisten. Für eine EU, die keine Deals mit Diktator*innen und multinationalen Konzernen macht, die Krieg als Mittel der Politik ächtet und verhindert, dass Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken. Wir wollen eine Union, die Klimaschutz und eine Energie- und Verkehrswende endlich voranbringt, anstatt sie zu blockieren. Wir wollen ein friedliches Europa ohne Rüstungswettlauf. Wir fordern soziale Mindeststandards, gute Gesundheitsversorgung und Bildung für alle.

Wir müssen die ökologischen Herausforderungen mit einer Antwort auf die sozialen Probleme verbinden. Doch die EU-Kommission hat einen »Green Deal« aufgelegt, mit dem die EU nicht mal in der Lage ist, ihre Klimaziele zu erreichen. Deshalb wollen wir umsteuern – mit einem sozialökologischen Systemwechsel in Europa. Der muss den Umbau der Wirtschaft mit massiven öffentlichen Investitionen in gute Jobs, Innovation für klimaneutrale Produktion und Infrastruktur schaffen. Die natürlichen Lebensgrundlagen und Gemeinschaftsgüter wie Wasser, Energie, Luft, eine saubere Umwelt und unsere Gesundheit dürfen nicht mehr den Profitinteressen einiger weniger untergeordnet werden. Wir streiten für eine sinnvolle Regionalisierung der Warenströme.

Es braucht in Europa endlich höhere Steuern für Reiche und Konzerne. Gelder aus dem EU-Haushalt müssen umgewidmet werden: Statt in militärische Aufrüstung muss in solidarische und ökologische Zukunftsprojekte investiert werden. Denn wir brauchen eine historische Kraftanstrengung, um die Klimakatstrophe aufzuhalten und gleichzeitig alle Menschen mitzunehmen. Wir streiten für Umverteilung des Reichtums, für Geschlechtergerechtigkeit und Demokratie, für eine neue Industriestrategie und eine tragfähige öffentliche Infrastruktur in Europa – für eine gute Zukunft für alle.

Für die EU ist die Coronapandemie der zweite schwere Schock nach der Finanzkrise. Für zahllose Menschen bedeutet er erneut Einkommensverlust, Existenzangst und zerstörte Lebensplanung. Die Mitgliedsländer haben versucht, die Krise durch wirtschaftliche Maßnahmen in Schach zu halten und sozial abzufedern. Die EU-Kommission setzte die Defizitbeschränkungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts der EU aus. Doch aufgrund der Kürzungspolitik der vergangenen Jahre ist die öffentliche Daseinsvorsorge unterfinanziert. Banken wurden mit Milliarden gerettet, aber Krankenhäuser kaputtgespart. Hunderttausende Menschen sind gestorben, auch weil sie nicht ausreichend behandelt werden konnten.

Die Spaltung zwischen Nord- und Süd-, Ost- und Westeuropa wächst. Die deutsche Politik von Niedriglöhnen und Exporterfolgen um jeden Preis hat die Krise mitverursacht und auch innerhalb der EU Ungleichheit und Konkurrenz verstärkt. Austerität, Privatisierung, Sozialabbau und Deindustrialisierung haben Arbeitsplätze vernichtet, Armut geschaffen und damit dem Rechtspopulismus Auftrieb gegeben. Die Herausforderungen von Klimawandel und globaler sozialer Gerechtigkeit kann kein Land allein stemmen. Wir müssen grenzübergreifende – globale – Lösungen finden. All das zeigt: Es ist höchste Zeit für ein soziales und solidarisches Europa!

Anders als noch in der Finanzkrise 2008/2009 reagierte die EU bisher nicht mit einem Kürzungsdiktat auf die Krise. Aber die Gefahr ist groß, dass die EU nach der Krise wieder in die alte Kürzungspolitik zurückfällt. Denn das Diktat der schwarzen Null ist nur ausgesetzt. Klar ist deshalb: Wir brauchen einen Paradigmenwechsel, weg von Kürzungen, Freihandelsabkommen und Marktradikalismus, hin zu öffentlichen Investitionen, grenzübergreifender Kooperation und Solidarität. Weg von Aufrüstung, hin zu sinnvollen Investitionen und konsequenter Entspannungs- und Friedenspolitik. Dieser Politikwechsel muss in Berlin beginnen.

Wir wollen eine EU, die sich für ein System der internationalen Zusammenarbeit auf Augenhöhe einsetzt. Wir wollen eine EU, deren Außenpolitik von friedlicher Kooperation geprägt ist und nicht von der gewalttätigen Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen. Die Verträge von Maastricht und Lissabon haben den Neoliberalismus in die Grundlagen der Union eingeschrieben. Wir wollen neue Verträge, um die EU sozialer, gerechter und ökologischer zu machen. Nur so hat die Union eine gemeinsame Zukunft. Für diese Zukunft setzen wir uns zusammen mit sozialen Bewegungen, mit Gewerkschaften, mit der Europäischen Linken und anderen Parteien ein. Gewerkschaften und Bewegungen, der Einsatz für das Klima, für Demokratie und Frauenrechte und gegen Rassismus überall zeigen: Gemeinsam können wir Europa verändern.

Investieren statt Zukunft blockieren!

Der EU-Haushalt und die Wiederaufbaumittel und Hilfsgelder bleiben weit hinter dem zurück, was notwendig wäre, um die Folgen der Pandemie zu bewältigen und für eine gerechte und klimaneutrale Zukunft umzusteuern. Teile des EU-Haushalts sind versteckte Subventionen für Großkonzerne. Profitiert haben davon vor allem die Reichen. Besonders fahrlässig ist, dass Investitionen und Gesundheitsausgaben aus dem Wiederaufbaupaket gekürzt wurden. Denn die Wirtschaft lahmt, viele Länder sind von Massenerwerbslosigkeit geplagt, und die Infrastruktur wird schon lange auf Verschleiß gefahren. Wir wollen Geld für Zukunftsinvestitionen statt für Aufrüstung. Was einzelne Staaten überfordern könnte, ist für die europäische Staatengemeinschaft insgesamt gut leistbar, denn mit ihrer großen Wirtschaftskraft und der Europäischen Zentralbank (EZB) im Rücken verfügt sie über ausreichend wirtschaftliche Stärke.

■ Der Stabilitäts- und Wachstumspakt beschneidet die Demokratie in den einzelnen Mitgliedstaaten und legt sie auf eine neoliberale Finanzpolitik fest. Wir wollen das ändern: Die EU braucht eine Investitionsoffensive ohne Handbremse.

■ Die Defizit- und Schuldenregeln müssen angepasst werden. Damit die EU eine Zukunft hat, müssen wir uns um die Defizite kümmern, die wirklich zählen: Den Investitionsstau im Sozialstaat, in der Bildung, der Infrastruktur, auf dem Arbeitsmarkt und beim Klimaschutz.

■ Angesichts der Herausforderungen durch Corona und Klimakatastrophe muss der EU-Haushalt durch die Ausgabe europäischer Anleihen ausgeweitet werden. In Anbetracht des größten Einbruchs der Weltwirtschaft seit Jahrzehnten ist ein Umfang von 1 bis 2 Billionen Euro für das europäische Investitions- und Ausgabenprogramm erforderlich.

■ Es braucht ein sozialökologisches Investitionsprogramm! Die finanziellen Mittel der EU müssen ausgeweitet und gezielt für die wirtschaftlich schwächeren Länder, Regionen, Branchen und für Zukunftsaufgaben wie eine sozialökologische Industriepolitik, das Gesundheitswesen, die digitale Infrastruktur, Bildung und Forschung sowie die Energie- und Verkehrswende eingesetzt werden.

■ Troika und Austerität sind Ausdrücke für die unsolidarische EU. Die Kompetenzen der EU-Kommission zur Kontrolle und Lenkung der Mittelvergabe müssen beschränkt und das Europäische Parlament muss stärker einbezogen werden. Die demokratische Kontrolle der Verwendung von EU-Mitteln muss auf europäischer Ebene erfolgen. Dabei dürfen keine Kürzungsauflagen mehr verhängt werden, wie etwa der Abbau von Arbeitsrechten.

■ Wir fordern Schuldenschnitte und sinnvolle Investitionsprogramme für die ärmeren Regionen Europas. Wir lehnen es ab, dass die Vergabe von Mitteln aus dem EU-Wiederaufbaufonds an Konditionen geknüpft wird, mit denen die Empfehlungen der EU-Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters faktisch zu Vorschriften gemacht werden.

■ Ohne Ausgleichsmaßnahmen verstärkt der Euro als gemeinsame Währung von stark unterschiedlichen Wirtschaftsräumen die Schieflage zwischen den reichen Staaten in Nord- und Westeuropa gegenüber den Staaten in Südeuropa. Wir müssen eine gerechte und gemeinsame europäische Wirtschaft aufbauen, statt den Konkurrenzkampf fortzuführen.

Europaweit: Reichtum von oben nach unten verteilen

Investitionen für die Zukunft kosten Geld. Aber die gute Nachricht ist: Geld ist da – es ist nur falsch verteilt. Denn die Unternehmen, die die größten Gewinne machen, zahlen in Europa immer noch die wenigsten Steuern. Auch große Vermögen werden kaum besteuert. Steuervermeidung und Steueroasen boomen. Das Ergebnis: Während gerade in der Coronakrise die Reichen immer reicher werden, wächst die Armut der Mehrheit der Menschen. Schluss damit!

■ Es braucht einen EU-weiten Mindeststeuersatz für Unternehmen mit breiten und einheitlichen Bemessungsgrundlagen.

■ Wir fordern gemeinsame Mindeststandards für die Besteuerung großer Vermögen und Spitzeneinkommen.

■ Der Kampf gegen Steuerflucht muss verschärft werden. Banken, die in Steueroasen operieren, werden wir die Lizenz entziehen.

■ Es braucht europäische Eigenmittel, etwa aus einer Finanztransaktionssteuer.

Digitalkonzerne wie Google und Amazon machen Milliardengewinne und zahlen kaum Steuern. Wir werden sie endlich zur Kasse bitten!

Europäische Zentralbank demokratisch kontrollieren und sozial und ökologisch nutzen

Die Europäische Zentralbank (EZB) muss endlich am Gemeinwohl statt am Kriterium der Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet werden. Die EZB muss sozialökologische Investitionen der Mitgliedstaaten ermöglichen und diese vom Wohlwollen der Finanzmärkte unabhängig machen. Dafür würde es schon ausreichen, wenn die EZB die Solvenz der Mitgliedstaaten garantiert, indem sie verpflichtet wird, Kreditgeber in letzter Instanz zu sein. Ein inflationäres Risiko gibt es nicht, weil die EZB weiterhin ihrem Inflationsziel verpflichtet ist.

■ Die EU-Verträge müssen geändert werden, um der EZB die Staatsfinanzierung zu ermöglichen.

■ Wir wollen, dass die EZB demokratisch vom Europäischen Parlament kontrolliert wird – anstatt weiter dem Einfluss von Finanzlobbyisten ausgeliefert zu sein.

■ Die EZB darf nicht weiter Anleihen von Unternehmen mit hohen CO2-Emissionen aufkaufen und dadurch den Klimaschutz unterlaufen. Sie braucht starke soziale und ökologische Standards. Das gilt auch für die Coronahilfen.

Die Wirtschaft umbauen

Wir dürfen nach der Krise nicht weitermachen wie bisher. Wir wollen Europa gerechter machen und einen sozialökologischen Systemwechsel voranbringen. Wir wollen, dass der sozial-ökologische Umbau in allen Mitgliedstaaten möglich ist. Unser Ziel ist es, Stromerzeugung, Industrie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft klimaneutral zu machen, ohne Menschen oder Regionen abzuhängen (vgl. Kapitel »Für einen sozialökologischen Systemwechsel«). Die jüngste Anhebung des Treibhausgasminderungsziels der EU von 40 auf 55 Prozent gegenüber 1990 ist immer noch zu niedrig, um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen. Wir wollen die EU bis spätestens 2035 klimaneutral machen.

Investitionen: Die EU hat die Programme für einen gerechten Umbau von 40 Milliarden Euro auf 17,5 Milliarden Euro drückt – so kann der Umbau nicht gelingen. Wir wollen den Just Transition Fund – den Fonds für einen gerechten Übergang – stärken. Er soll Menschen, die in Bereichen wie Bergbau und klimaschädlichen Industrien tätig sind, vor allem in benachteiligten Regionen, sozial absichern und ihnen neue berufliche Perspektiven eröffnen.

■ Um Massenerwerbslosigkeit, Armut und Perspektivlosigkeit zu bekämpfen, braucht es eine konsequente europäische Vollbeschäftigungspolitik und eine echte Industriestrategie. Sie muss Klimaneutralität zum Ziel haben und vor allem deindustrialisierten Regionen eine Zukunft geben.

■ Energiewende: Der Kohleausstieg muss europaweit sofort beginnen und 2030 abgeschlossen sein. Wir wollen keine neue fossile Infrastruktur. Erneuerbare Energien müssen ausgebaut werden – bürgernah und in öffentlichem oder genossenschaftlichem Eigentum. Wir setzen uns für die Einrichtung einer alternativen »Europäischen Gemeinschaft zur Förderung von erneuerbaren Energien und Energieeinsparung« ein. Atomkraft und Fracking erteilen wir eine Absage.

■ Verkehrswende: Es braucht eine europäische Mobilitätsrevolution. Das geht, wenn wir Bus und Bahn ausbauen und die Preise drastisch senken, vernetzte Mobilität schaffen und kurze Wege fördern. Statt Flugstrecken wollen wir Bahnverbindungen ausbauen. Ein Großteil des Güterverkehrs und des innereuropäischen Flugverkehrs muss auf die Schiene verlagert werden.

■ Agrarwende: Wir setzen auf nachhaltige Landwirtschaft und regionale Kreisläufe statt langer Transportwege und industrielle Massenproduktion. Das System der EU-Agrarsubventionen ist nicht nachhaltig, wir wollen Subventionen an sozialen und ökologischen Kriterien orientieren und nicht mehr an der Fläche. Exportsubventionen für landwirtschaftliche Produkte wollen wir beenden.

Soziale Absicherung und Gute Arbeit

Alle Menschen müssen von ihrer Arbeit leben können. Doch die Politik in der EU stellt die Interessen der Unternehmen vor die der meisten Menschen. Das Ergebnis ist Armut, Lohndumping und Ausbeutung. Dramatisch ist der Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit, in Spanien und Griechenland droht sie in Folge der Coronakrise auf 40 Prozent zu steigen. Fast jede*r zweite Jugendliche, der*die einen Job sucht, geht leer aus. Die Profite der Unternehmen dürfen nicht mehr über den Arbeitsrechten der Beschäftigten und den sozialen Grundrechten der Menschen stehen.

■ Wir fordern für alle Bürger*innen in der EU soziale Rechte und Mindestlöhne, die die Existenz sichern.

■ Das Prinzip »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort« muss rechtlich verankert werden, um Lohndumping zu unterbinden.

Saisonarbeiter*innen können ohne Sozialversicherung für 100 Tage in Deutschland arbeiten. Wir wollen, dass alle Menschen, die in Deutschland und Europa arbeiten, gut versichert sind und wollen Sozialversicherungen für alle und vom ersten Tag an.

■ Wir wollen gesetzliche Mindestlöhne in Höhe von mindestens 60 Prozent des mittleren Lohns des jeweiligen Landes. Zudem sind Mindestregelungen erforderlich, um Tarifverträge und gewerkschaftliche Rechte zu schützen und zu fördern.

■ Wir wollen, dass Mitbestimmungsrechte und Rechte von Gewerkschaften wie Beschäftigten wiederhergestellt und ausgebaut werden.

■ Wir fordern deshalb mit dem Europäischen Gewerkschaftsbund die Einführung einer europäischen Rahmenrichtlinie zur Sicherung der Unternehmensmitbestimmung.

■ Soziale Sicherheit durchsetzen! Wir wollen soziale Sicherheit mit verbindlicher sozialer Mindestsicherung und sozialen Mindeststandards – im Zweifel gilt der bessere Standard (Günstigkeitsklausel).

■ Freizügigkeit für alle! Ungleiche Lebensverhältnisse zwingen vor allem junge Menschen zur Abwanderung. Niemand darf deswegen von Sozialleistungen ausgeschlossen werden, Menschenrechte sind unteilbar, und das Existenzminimum ist nicht verhandelbar. Wir wollen die Menschen dabei unterstützen, Gute Arbeit zu finden.

Demokratie statt Herrschaft der Lobbyisten

Wir brauchen mehr Demokratie in Europa. Viele Menschen haben sich in den letzten Jahren enttäuscht von der EU abgewandt. Es fehlt an Vertrauen, für viele Menschen ist die EU weit weg. Denn Demokratie ist mehr als eine Wahl alle fünf Jahre. Wir wollen eine Europäische Union, die Grundrechte ernst nimmt und verteidigt. Die Demokratie darf nicht mehr den Finanzmärkten untergeordnet werden. Wir weisen alle Angriffe auf die Demokratie in Europa, etwa durch die Etablierung von Durchgriffsrechten auf nationale Haushalte, zurück. Wir brauchen eine friedliche, soziale, demokratische und ökologische EU – mit neuen Verträgen, neuen Strukturen, neuen Hoffnungen. Das bedeutet ein starkes Europaparlament und umfassende Beteiligungsmöglichkeiten. Deshalb wollen wir eine neue Verfassung für Europa, die von den Bürger*innen mitgestaltet wird und über die sie gleichzeitig in allen EU-Mitgliedstaaten in Volksabstimmungen entscheiden können.

■ Wir wollen, dass das Europäische Parlament das Initiativrecht bekommt und eigene Gesetzesvorschläge einbringen kann. Grundlegende Entscheidungen müssen vom Europaparlament getroffen werden – statt von exekutiven Gremien wie Kommission, Eurogruppe oder Rat. Außerdem sollen die Abgeordneten den Kommissionspräsidenten und die Kommissare wählen und abwählen können.

■ Der Europäische Rat bestimmt maßgeblich die Gesetzgebungsverfahren in der EU, arbeitet aber intransparent, im Ergebnis agieren nationale Regierungen hier oft ohne demokratische Kontrolle. Wir wollen den Rat endlich zur Transparenz verpflichten.

■ Wir wollen, dass Entscheidungen auf den Ebenen getroffen werden, die am stärksten davon betroffen sind: kommunale Angelegenheiten in den Kommunen, bundesweite Angelegenheiten in den nationalen Parlamenten, europäische Angelegenheiten im EU-Parlament.

■ Keine Grenzen für die Demokratie! Die hohen Hürden für europäische Bürgerinitiativen müssen gesenkt werden: Wir wollen EU-weite Volksbegehren und Volksentscheide ermöglichen. Alle Menschen sollen in den EU-Staaten, in denen sie leben, die gleichen Rechte haben.

■ Wir wollen, dass die Lage von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechten der EU regelmäßig evaluiert und Verstöße sanktioniert werden. Es braucht mehr Verbindlichkeit für die Einhaltung von Demokratie und Menschenrechten in allen Mitgliedstaaten.

■ Wir wollen, dass sich aktuelle und kommende EU-Beitrittskandidaten ohne Vorbehalt zu Demokratie und Menschenrechten bekennen. Das gilt insbesondere für den Beitrittskandidaten Türkei. Die aktuelle Regierung der Türkei muss die Urteile des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte umsetzen, Demokratie und Meinungsfreiheit garantieren, die Verfolgung der demokratischen Opposition beenden sowie alle inhaftierten Parlamentarier*innen und Bürgermeister*innen der oppositionellen kurdischen Partei HDP freilassen.

■ Wir wollen, dass die EU der Europäischen Menschenrechtskonvention beitritt. Auch die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik muss vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kontrolliert werden. Soziale Grundrechte müssen für einzelne Personen beim Europäischen Gerichtshof einklagbar werden.

■ Wir wollen, dass alle Entscheidungen und die dahin führenden Prozesse transparent gemacht werden. Bisher nehmen Lobbyisten oft Einfluss auf politische Entscheidungen in der EU, ohne dass die Bürgerinnen davon erfahren können. Wir fordern ein EU-Transparenzregister und eine Transparenzverordnung.

Europäische Entspannungspolitik statt Aufrüstung

Auf die Krisen reagiert die EU ausgerechnet mit Aufrüstung. Wirtschaftliche Entwicklung wird als Rüstungsförderung betrieben. Diktatoren sind Geschäftspartner bei Rüstungsdeals und werden zu Stabilitätsankern verklärt. Der Ausbau einer »Militärunion«, die Schaffung einer zusätzlichen europäischen Armee und Rüstungsexporte, führen aber nicht zu mehr Sicherheit für die Menschen. Die sogenannte Ständige Strukturierte (militärische) Zusammenarbeit (engl. kurz: PESCO) soll dafür sorgen, dass Milliarden für Rüstung ausgegeben werden, während es einen enormen Mangel an Rüstungskontrolle und zivilem Konfliktmanagement gibt. Die beteiligten Staaten werden zur ständigen Steigerung ihres Verteidigungshaushalts und ihrer Rüstungsinvestitionen, einer Beteiligung an Rüstungsgroßprojekten und der Aufstellung europäischer Truppenverbände verpflichtet. Mit der Europäischen Friedensfazilität (EFF) wird die Europäische Union selbst zum Waffen- und Munitionslieferanten.

Wir wollen ein friedliches Europa und eine Union der Abrüstung, die Demokratie fördert, statt mit Diktatoren Geschäfte zu machen. Wir treten für eine europäische Friedens- und Entspannungspolitik ein und wollen die Militarisierung der EU beenden. Sicherheit gibt es nur mit konsequenter Friedenspolitik und Förderung globaler Gerechtigkeit statt Standortkonkurrenz.

■ Wir wollen die EU-Rüstungsagentur abschaffen und setzen uns für ein EU-weites Verbot von Rüstungsexporten ein. Exporte in autoritäre Regime wie Ägypten und die Türkei müssen sofort gestoppt werden.

■ Wir lehnen die Pläne zu einer europäischen Verteidigungsunion und einer Kooperation von EU und NATO ab. Der Ausbau einer »Verteidigungsunion« oder »Militärunion« mit eigenständiger Militärpolitik, eine europäische Armee und andere Vorhaben der Militarisierung führen nicht zu mehr Sicherheit für die Menschen in Europa, sondern sichern nur Konzerninteressen militärisch ab.

■ Wir wollen den Euratom-Vertrag auflösen und von den vertraglichen Grundlagen der EU abkoppeln, denn er blockiert eine nachhaltige, sozial und demokratisch gestaltete Energiewende.

■ Wir lehnen den Europäischen Verteidigungsfonds ab. Durch ihn sollen Milliardenbeträge aus dem gemeinsamen EU-Haushalt in Rüstungsforschung und -entwicklung fließen. Das nützt nur der Rüstungsindustrie und fördert weder Sicherheit noch Frieden.

■ Statt einer geplanten Ausweitung durch Beteiligung von Drittstaaten fordern wir die Beendigung von PESCO und aller militärbezogenen EU-Programme und Fonds, wie der Europäischen Friedensfazilität (EFF). Die Gelder wollen wir in sozialen Zusammenhalt, Klimaschutz und globale Gerechtigkeit investieren.

Menschenrechte statt Festung Europa

Die EU-Kommission will einen »Migrationspakt« durchsetzen, der weiter auf Abschottung, Abschiebung und Entrechtung zielt. Die Bundesregierung unterstützt dieses Vorgehen. Wir stellen uns dagegen. Es ist mit einem solidarischen und menschlichen Europa nicht vereinbar, dass Tausende von Menschen auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken oder in rechtsfreien Räumen in Auffanglagern und Abschiebezentren an und vor den Grenzen der EU gefangen gehalten werden. Kooperationen zum Zweck der Abschottung mit autoritären Regimen der EU, wie beim unmenschlichen EU-Türkei-Deal oder dem Abkommen mit der libyschen Küstenwache, stellen wir uns entgegen: Sie sind nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. DIE LINKE will Menschen retten, Fluchtwege frei machen und Fluchtursachen bekämpfen (vgl. Kapitel »Solidarische Einwanderungsgesellschaft«): Ohne die Grenzschutzagentur und Küstenwache Frontex, mit legalen Fluchtwegen. Mit Rechtssicherheit und Durchsetzung von Flüchtlings-, Kinderrechts- und Europäischer Menschenrechtskonvention. Ohne Freiheitsberaubung und Pushbacks in Folter und Tod (vgl. Kapitel »Menschlichkeit verteidigen«).

DIE LINKE kämpft für soziale Gerechtigkeit und Frieden, wir streiten für einen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft, der die Menschen überall auf dieser Welt in den Mittelpunkt stellt: die Beschäftigten, Rentner*innen, die Erwerbslosen – und die Menschen von morgen, unsere Kinder und Enkel. Ihnen wollen wir eine lebenswerte, inklusive und klimagerechte Gesellschaft übergeben.

Mit einer gut ausgestatteten öffentlichen Daseinsvorsorge, in der das, was für alle da ist, auch allen gehört. Mit Orten, die den demokratischen Austausch befördern, gesellschaftlichen Zusammenhalt erfahrbar machen und die allen Zugang und Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum eröffnen. Auf einem lebensfähigen Planeten, mit guter Luft zum Atmen. Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um das Ziel zu erreichen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen – und die Wirtschaft und Gesellschaft sozial- und klimagerecht zu verändern.

Wir wollen Menschen Mut machen. Wir wollen für fünf Punkte gesellschaftliche Mehrheiten gewinnen. Sie sind realistisch und radikal. Sie verbessern das Leben der Mehrheit – und sind zugleich Weichenstellungen für eine andere Gesellschaft. Es sind entschiedene Schritte in eine soziale und ökologische Zukunft.

Wir werden uns nur an einer Regierung beteiligen, die sich an folgenden Punkten messen lässt:

1. In der Pandemie wurde viel Beifall geklatscht, aber an den Löhnen hat sich kaum etwas geändert. Notwendig sind höhere Löhne und sichere statt prekäre Arbeit. Gegen den Niedriglohnsektor brauchen wir einen Mindestlohn, der jetzt und im Alter vor Armut schützt, die Umwandlung von Minijobs in sozialversicherte Arbeit und flächendeckende Tarifverträge. Die gesetzliche Rente muss so gestaltet sein, dass niemand unterhalb der Armutsgrenze leben muss, und das Renteneintrittsalter muss wieder abgesenkt werden. Hartz IV muss armuts- und sanktionsfrei sein. Ohne eine Besteuerung der Millionär*innen gibt es keinen Politikwechsel. Ohne eine Vermögensteuer lassen sich die notwendigen Investitionen in bezahlbares Wohnen, Bildungsgerechtigkeit und Klimaschutz nicht gerecht finanzieren.

2. Statt warmer Worte bekommen die Kolleg*innen in der Pflege endlich eine bessere Bezahlung, mehr Personal und eine gesetzliche bedarfsorientierte Personalbemessung. Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen gehören flächendeckend wieder in öffentliche und gemeinwohlorientierte Hand. Die Fallpauschalen müssen abgeschafft werden.

3. Der Mietendeckel in Berlin hat gezeigt, dass die Mieten nicht immer weiter steigen müssen. Der Mietendeckel wurde kassiert, weil das Bundesverfassungsgericht der Auffassung ist, das sei nicht Aufgabe eines Bundeslandes, sondern des Bundestages für das ganze Land. Das sehen wir als Auftrag. Mit uns wird es einen Mietendeckel für alle Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt geben. Außerdem braucht es ein Programm für den Bau von dauerhaft bezahlbaren Wohnungen – in öffentlicher und genossenschaftlicher Hand.

4. Für uns gehören konsequenter Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zusammen – denn gerade die Armen werden am meisten unter dem Klimawandel leiden. Es braucht eine Wende hin zu Zukunftsinvestitionen für eine klimaneutrale Wirtschaft und Gute Arbeit für alle. In Schulen, Kitas, Gesundheitsversorgung, durch die Energiewende und den sozial-ökologischen Umbau der Industrie können Hunderttausende gut bezahlte, zukunftsfeste Arbeitsplätze geschaffen werden. Wir werden die Investitionen in Busse und Bahnen massiv steigern und die Tickets deutlich günstiger machen.

5. Die Aufrüstungsspirale verschlingt Steuergelder, die für Soziales und Klimaschutz benötigt werden und heizt die Gefahr neuer Kriege weiter an. Wir brauchen eine friedenspolitische Wende: Weg vom 2-Prozent-Ziel der NATO-Staaten, hin zu Entspannungspolitik. Die Rüstungsausgaben müssen gesenkt, die Rüstungsexporte gestoppt und die Auslandseinsätze der Bundeswehr beendet werden. Wir werden die Fluchtursachen, nicht die Geflüchteten bekämpfen. Alle Menschen, die dauerhaft hier leben, sollen die gleichen sozialen Rechte erhalten.

Wir wollen Veränderung für soziale Sicherheit, Frieden und Klimagerechtigkeit. Diese Veränderung werden wir als rebellischer Teil einer Mitte-links-Regierung vorantreiben oder aus der Opposition heraus die politische Agenda bestimmen.

DIE LINKE will diese Bundestagswahl zur Richtungsentscheidung machen. Endlich scheint die Mehrheit für eine fortschrittliche Regierung in Deutschland möglich. Diese Mehrheit und alle Verbesserungen, die sie verspricht, gibt es nur mit der LINKEN. Dafür stehen wir bereit. Für einen sozialökologischen Politikwechsel in Deutschland wollen wir Verantwortung übernehmen. Wir wollen regieren, um zu verändern! Eine andere Politik wird nicht maßgeblich im Parlament gemacht. Sie braucht Druck aus der Gesellschaft, von Gewerkschaften, sozialen und Klimabewegungen, von NGOs, Sozial- und Umweltverbänden und der Friedensbewegung. Druck von unten und Druck von der Straße. DIE LINKE ist in diesen Bewegungen verankert. Gemeinsam können wir die Kräfteverhältnisse in der Gesellschaft nach links verschieben. Wir sind die Adresse im Parlament, die frei von Konzern- und Lobbyinteressen ist. Wir geben denen eine Stimme, die von den anderen Parteien überhört werden.

Wir versprechen: DIE LINKE akzeptiert keine Unternehmensspenden, kein Parteiensponsoring und keine privaten Großspenden. Die Abgeordneten der LINKEN stehen für die hier vorgestellten Ziele und Projekte. Sie erklären,

■ dass sie keine Spenden oder Geschenke von Lobbygruppen oder Großunternehmen annehmen. Bürger*innenwille und Gemeinwohl gehen vor Einzelinteresse! Nebeneinkünfte werden alle offengelegt;

■ dass sie nicht mit Geheimdiensten zusammenarbeiten und gegen Demokratieabbau stehen;

■ dass sie Informationen und Wissen aus ihrer parlamentarischen Tätigkeit zum allgemeinen Interesse einsetzen. Wir sind keine Partei der Hinterzimmer. Informationsfreiheit statt Geheimniskrämerei!

■ dass sie Mittel und Infrastruktur der Abgeordnetenbüros der lokalen Bevölkerung, sozialen Bewegungen oder Solidaritäts- und Hilfsprojekten zur Verfügung stellen.

■ dass sie in allen Politikbereichen Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit zusammen denken und priorisieren.

■ Die Abgeordneten werden sich dafür einsetzen, dass sie in Zukunft mit Selbstständigen und Beamt*innen in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen und in eine solidarische Gesundheits- und Pflegevollversicherung und dass die Beitragsbemessungsgrenzen – soweit verfassungsrechtlich zulässig – abgeschafft werden.

Fridays for Future hat weltweit Klimagerechtigkeit und den Umbau der Wirtschaft eingefordert. Die Proteste der Pflegekräfte haben den Pflegenotstand auf die Tagesordnung gesetzt. Beschäftigte organisieren sich unter widrigen Bedingungen und streiken für ihre Interessen, für Gute Arbeit, die zum Leben passt, und eine planbare Zukunft. An vielen Orten wehren sich Mieter*innen gegen steigende Mieten und Wohnungsnot. Diese Anliegen sind unser Programm.

Wir wollen Verbesserungen im Alltag der großen Mehrheit der Menschen durchsetzen und uns gemeinsam mit ihnen auf den Weg zu einer sozialen, klimagerechten Gesellschaft machen.

Lassen Sie uns gemeinsam das Land verändern. Geben Sie der LINKEN Ihre Stimme: Gemeinsam sind wir stark, um die Interessen der Vielen gegen die Profitinteressen der Wenigen durchzusetzen. Kämpfen wir gemeinsam für neue gesellschaftliche Mehrheiten. Für einen sozialen, ökologischen und friedenspolitischen Aufbruch!


Das Wahlprogramm als Video

Das Wahlprogramm der LINKEN erklärt

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